Wie Öffentlich-Rechtliche zweierlei Recht propagieren

Es gilt inzwischen zweierlei Recht in Deutschland – und die öffentlich-rechtlichen Medien propagieren es fleißig. Als AfD-Delegierte in Essen in einer Bäckerei belagert werden, stellt ein WDR-Reporter fest, dass die AfD-Delegierten doch immerhin Brötchen und Kaffee gehabt hätten. Auch bei Phoenix hielt man von Neutralität nur wenig.

Screenprints: via X - Collage: TE

Wie oft wurde schon in den letzten Jahren der woken Selbstermächtigung der hellsichtige Satz von Ignacio Silone, den er im Gespräch mit François Bondy geäußert haben soll, zitiert: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‹Ich bin der Faschismus›. Nein, er wird sagen: ‹Ich bin der Antifaschismus›“ Unter dem Eindruck der Ausschreitungen vor der Grugahalle in Essen, in der der Parteitag der AfD stattfindet, beginnt Alice Weidel ihrer Parteitagsrede mit diesen Worten, da waren aber noch nicht alle Delegierten eingetroffen, weil sie sich teils auf Schleichwegen zum ordentlichen Parteitag durchschlagen mussten, als wäre die Partei schon in der Illegalität. Einige Delegierten flüchteten vor dem Mob in eine Bäckerei, aus der sie dann schließlich von Polizisten befreit unter Polizeischutz zum Parteitag gelangen konnten. Über sie spottete der aktivistische Journalist des WDR, dass die AfD-Delegierten immerhin Brötchen und Kaffee gehabt hätten und lobte dann die linksextremen Proteste, die eben eine „Politik der kleinen Nadelstiche“ seien.

Von einem anderen Journalisten forderten Demonstranten, als seien sie eine Hilfspolizei, den Presseausweise zu sehen. Ein Journalist beschrieb die Proteste als „recht angespannt“. „An der letzten Straßenblockade wollte man dann sogar meine Tattoos kontrollieren (!) und mir wurde schließlich von einer Wortführerin noch erklärt, dass man schließlich auch nicht wissen könne, ob „Du für uns oder gegen uns schreibst“. Beim WDR-Mann im ARD-T-Shirt war klar, dass er für sie schreibt oder sendet. Die Gulag-Frage-Wer-Wen war geklärt. Dass der WDR blind ist für das, was sich in der Wirklichkeit abspielt, hat er zum Jahreswechsel von 2015 zu 2016 bewiesen, als er nicht wahrnahm, was sich direkt vor seiner Haustür auf der Domplatte und im Bahnhof in Köln abspielte. Alle bis auf den WDR sahen heute in Essen Szenen eines hässlichen Deutschlands, Szene, die ein Déjà-vu wecken.

Bleiben wir bei den Fakten, die in den öffentlich-rechtlichen Medien gern vergessen oder weg geframed werden. Eine Partei hat in Deutschland nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht ordentliche Parteitage abzuhalten. Jeder Bürger besitzt das Recht zu wählen, hat das Recht Parteien und Kandidaten zu küren, und anderen seine Stimme zu verweigern. Auch wenn das Linken oder Grünen für andere als sie selbst nicht einleuchten will, aber jeder Bürger hat das gleiche Recht. In Deutschland existiert kein abgestuftes Wahlrecht, jedenfalls noch nicht. Niemand darf einen anderen drangsalieren, weil er eine andere Partei wählt als er selbst, niemand darf andere Bürger zur Wahl einer Partei zwingen. Auch hat niemand, nicht einmal die CDU oder die EKD die Ermächtigung dazu, eine Partei an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte und Pflichten zu hindern. So schreibt es das Grundgesetz vor, wer dagegen verstößt, verstößt gegen das Grundgesetz.

Demokratie heißt Wettstreit und Wettbewerb der politischen Ideen der gesellschaftlichen Entwicklung und der politischen Lösungsangebote von Problemen. Diesen Wettstreit kann und darf niemand verhindern, er gilt für alle, er lässt alle im Rahmen des Grundgesetzes zu. Wer sich dem Wettbewerb durch die Organisation von Massenaufläufen, durch die billige Inkaufnahme von Gewalt entziehen will, kann noch so viel von komplexen Lösungen schwadronieren, er hat keine Lösungen, für den ist Komplexität nur ein Synonym für Vakuum, wäre es anders, könnte er sich der offenen Diskussion stellen.

Doch statt Argumente zu bringen, treiben Gewerkschaften, die in ihrer Ideologisierung immer stärker an die Zwangsgewerkschaft der DDR, den FDGB erinnern, Kirchen, die selbst nicht mehr an den Gott glauben, dessen Namen sie im Munde führen, Parteien, die immer mehr zu einer Brandmauereinheitspartei verschmelzen, Menschen auf die Straße, um andere Menschen daran zu hindern, ihre unveräußerlichen Bürgerrechte, ihre Freiheitsrechte wahrzunehmen – unter Beihilfe und Applaus der Medien.

Rasch fand sich ein Bündnis „Widersetzen“ zusammen. Die üblichen Künstler und NGO-Aktivisten, Leute wie die Berliner Band Kafvka, die in einem Instagram-Beitrag geschrieben hat: „Am kommenden Wochenende wird die AfD versuchen, einen ruhigen Parteitag in Essen zu haben – aber das werden einige Leute zu verhindern wissen“. Man kennt „einige Leute“ zu Genüge aus der Geschichte. Ein Aufruf zur Verhinderung von Demokratie? Auch das kennt man. Weiter: Joshi von der Band ZSK schrieb: „Alle meine Freunde hassen die AfD“ Vom wem kam noch mal „Hass und Hetze“?

Mitmachen bei der Verhinderung von Demokratie wollten unbedingt Anna Nicole Heinrich, für fast alle Menschen in Deutschland sei es erklärt, Anna Nicole Heinrich ist Präses der Evangelischen Kirche, ein Amt, das die Vizepräsidentin des deutschen Bundestages Katrin Göring-Eckardt, die in einem Tweet die Hautfarbe von Fußballspielern problematisierte, auch schon einmal ausübte, Klimaaktivisten und natürlich Gregor Gysi von der Sekte „Die Linke“, Verdi und die Berliner Stadtreinigung. Vielleicht versinkt Berlin auch deshalb im Schmutz, weil die Berliner Stadtreinigung ihre Aufgabe darin sieht, in anderen Städten Bürger an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte und Parteitagsdelegierte an dem Nachkommen ihrer demokratischen Pflicht zu hindern.

Auch die CDU in Essen übte fleißig auf der Blockflöte, wenn ihr Oberbürgermeister Thomas Kufen an der Demonstration teilnehmen wollte, von der die Polizei Essen berichtete: „Demonstranten haben sich teilweise vermummt und Einsatzkräfte angegriffen.“ Auch bei Thomas Kufen von der CDU dürfen sich die bis jetzt 11 Polizisten, die im Einsatz verletzt worden sind, bedanken. Einzelne Parteitagsdelegierte konnten den Parteitag nur unter Polizeischutz erreichen.

Der Focus juxt voller Häme unter der Überschrift „Plötzlich schleicht AfD-Frau von Storch aus den Büschen – und sprintet los“: „Linke Demonstranten haben beim AfD-Parteitag Straßen blockiert und Delegierte umzingelt. Die Polizei muss AfD-Politiker eskortieren. Unter anderem auch Beatrix von Storch, die zu ihrem Auto sprintete. Kuriose Szene beim AfD-Parteitag am Samstag in Essen.“ Man sieht, wie verroht inzwischen der Diskurs, wie vergiftet er es, wenn Zeitschriften wie der Focus es nur „kurios“, also irgendwie possierlich finden, wenn eine Abgeordnete des Deutschen Bundestages und Delegierte eines Parteitages unter körperlicher Gefahr zu ihrem Auto „sprinten“ muss, um zum Parteitag zu kommen. Jagdszenen aus dem Rheinland? Man darf gespannt sein, was noch an Kuriosem im Sinne des Focus sich alles ereignen wird.

Aber im Vergleich zum zwangsgebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk zeigte sich der Focus noch zurückhaltend. Der aktivistische WDR-Mann Robert Wiederwald berichtet voller Freude wie „mehrere kleine, ich sag jetzt mal, Protesteinheiten versucht haben den Zugang zum Parteitag zu verhindern“. Die Auseinandersetzungen mit der Polizei waren natürlich nur „kleiner“. Und natürlich demonstriert die „große, gesellschaftliche Mitte“ gegen die AfD. Wie groß die Mitte ist, sieht man übrigens am Verlust der Zustimmung zu den Grünen, aber egal, wo der WDR ist, ist die Mitte und der WDR ist bei den Grünen.

Wiederwald framte den ganzen Tag, was das Zeug hält, die kleinen, süßen Protesteinheiten haben nur etwas versucht zu protestieren und etwas den Parteitag zu stören, ein wenig die AfD-Delegierten zu jagen, aber die böse, böse Polizei hat doch wirklich „robust“ reagiert.

Der WDR bringt es fertig von zwei „Rechtsgütern“ zu salbadern, die sich gleichwertig gegenüberständen. Sber auch hier framed der aktivistische Journalist, denn die Demonstrierenden haben zwar das Recht zu demonstrieren – sie haben aber nicht das Recht, den Zugang zum Parteitag zu blockieren, sie haben nicht das Recht, Bürger gewaltsam an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte zu hindern.

Nancy Faeser hatte einst gepostet: „Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen.“ Und Robert Habeck, als er sich nicht von der Fähre in Schüttsiel traute, weil Bauern mit ihm diskutieren wollten, übrigens Bauern aus seinem Bundesland, deren Minister er einmal war, kommentierte den Vorgang mit den markigen Worten, die seine Feigheit bemänteln sollten: „Was mir Gedanken, ja Sorgen macht, ist, dass sich die Stimmung im Land so sehr aufheizt“, erklärte der Vizekanzler. Protestieren in Deutschland sei „ein hohes Gut“. Nötigung und Gewalt zerstörten dieses Gut. „In Worten wie Taten sollten wir dem entgegentreten.“

Für den WDR-Mann Wiederwald gilt das natürlich nicht für alle Bürger, denn als AfD-Delegierte in Essen in einer Bäckerei belagert wurden, eine Belagerung, die Wiederwald als „Riegel“ verharmlost, stellte Wiederwald fest, dass die AfD-Delegierten immerhin Brötchen und Kaffee gehabt hätten. Wie neutral und überparteilich sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk verhält, hat ein Reporter von Phönix demonstriert, der auf die Aufforderung eines Demo-Teilnehmers: „Lassen Sie die Kamera liegen, kommen Sie mit“, bedauernd antwortete: „Würden wir gern…“ ja, würden sie gern, sehr gern.

Nur einmal stieß der WDR Reporter Wiederwald auf Gegenwehr, nicht von einem AfD-Delegierten, sondern von einem Mann mit Palästinenser-Tuch, der brüllte: „Free Palastine“.

Es gilt inzwischen zweierlei Recht in Deutschland – und die öffentlich-rechtlichen Rechtlichen propagieren es fleißig. Nur Cem Özdemir von den Grünen beschleicht die Ahnung, dass man sich auf keine Spielregel wird berufen können, die man selbst aufgelöst hat, wenn er twittert:

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