Wenn ein Intendant sich schneller als ein Windrad dreht

NDR-Intendant Joachim Knuth distanzierte sich von den skandalösen Verhältnissen beim Schwester-Sender RBB. Doch in Hamburg könnte man sich vielleicht sogar glücklich schätzen, wenn man beim eigenen Sender Verhältnisse wie in Potsdam und Berlin hätte. 

IMAGO / Future Image
NDR-Intendant Joachim Knuth

Wenn der Slogan des NDR über sich selbst – Das Beste am Norden – stimmt, muss man sich wirklich Sorgen um den NDR machen. Bereits am 25. August hat TE über die Missstände beim NDR berichtet. Doch schon in früheren Befragungen wurde der „robuste Führungsstil von oben herab“, ein „radikal machtstrategisches Kommandoverhalten, fehlende Kritikfähigkeit, Selbstgerechtigkeit und Irrationalität“ bemängelt. Ein unangemessener Ton habe „viele Mitarbeiter verunsichert, eingeschüchtert, verletzt und das innerbetriebliche Klima vergiftet“.

Recherchen beim NDR
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Propagandaabteilung der Regierung
Intendant Joachim Knuth – 346.000 Euro Jahresgehalt plus 23.400 Euro im Jahr für diverse Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsposten – hatte noch mit Blick auf seine teure Kollegin Patricia Schlesinger 2022 getönt: „Vieles läuft hier nicht wie offensichtlich beim RBB.“ Beim NDR gäbe es keine Boni, die Gehälter der Senderspitze seien komplett transparent und seit zwei Jahren nicht gestiegen. Klagt Knuth tatsächlich, dass er sich seit Jahren mit 346.000 Euro Jahresgehalt abfinden muss? Dass er auch ohne Erhöhung dem Zwangsgebührenzahler teurer kommt als seine Kollegin in Potsdam, erwähnte er dabei nicht. Und auch nicht, dass am Ende die Zustände in seinem Sender womöglich weitaus schlimmer sind als im RBB. Mit anderen Worten, man könnte sich in Hamburg vielleicht sogar am Ende glücklich schätzen, wenn man Verhältnisse wie in Potsdam hat. 

Schon im August 2022 drangen Vorwürfe aus dem Sender, dass politische Filter existierten, dass Autoren von Recherchen und Beiträgen abgezogen werden würden, wenn sie zu genau nachfragten, besonders wenn es um so eifrige Verfechter des Zwangsgebührensystems wie Schleswig-Holsteins grünen Ministerpräsidenten mit dem schwarzen Parteibuch, Daniel Günther, geht. Von einem Klima der Angst war die Rede.

In dieser Situation dachte sich wahrscheinlich Joachim Knuth, dass es zur Beruhigung der Gemüter eine gute Idee wäre, Transparenz zu simulieren. Er beauftragte den Theologen und ehemaligen Rundfunkrat Stephan Reimers mit einem Gutachten – und hoffte wohl auch, dass der Theologe mit evangelischer Barmherzigkeit die Zustände beim Sender unter der Decke lassen würde. Reimers und seine Leute führten 620 Einzel- und Gruppengespräche und sprachen dabei mit über tausend Mitarbeitern. Auch mit den Mitgliedern der Aufsichtsgremien.

Ob Reimers hat Milde walten lassen, oder nicht, und wenn ja, wie viel, ist nicht bekannt. Das Bild, das sich ergibt, ist jedenfalls verheerend. So heißt es zum Beispiel über die Art und Weise, wie gut dotierte Führungspositionen besetzt werden: „Die Besetzung erfolgt in den allermeisten Fällen hinter verschlossenen Türen nach individuellen Präferenzen und machtstrategischen Logiken.“ Denn in der Regel erfolge die Besetzung „nach keinem transparenten Verfahren“, nach „keiner einheitlichen Ausschreibungspraxis“. 

Umfrageergebnisse
Über 80 Prozent lehnen Rundfunkgebühren-Erhöhung ab
Knuth kommentierte den „Klimabericht“ über den Sender, wie man die Studie zeitgeistig nannte, mit den Worten: „Da wird einem der Spiegel vorgehalten und es gibt Ansichten, die nicht schön sind.“ Man fragt sich allerdings, wie gut der Intendant seinen eigenen Sender kennt, wenn er dazu ein externes Team benötigt, um die Missstände in seiner Anstalt zu erkennen. 

Da der Fisch nach einem Sprichwort immer am Kopf zu stinken beginnt, liegt es vielleicht daran, dass die Führung, wie der „Klimabericht“ belegt, abgehoben agiert. „Viele Mitarbeitende haben kein Vertrauen in die Geschäftsleitung“, heißt es da, und: „Die Führungsschicht ist abgekoppelt und lebt in ihrer eigenen Welt.“ Das Management kommuniziere häufig „empathielos und glatt“. „Die Intendanz meint zwar, sie würde zuhören, weil sie in Schulungen gelernt hat, wie wichtig das ist. Aber das ist nicht echt. Rhetorisch brillant, aber nicht echt.“

Der wichtigste Satz, den ein Mitarbeiter äußerte, lautet: „Ich traue es dieser Führungsriege nicht zu, dass sie das hier in den Griff kriegen.“ Das Arbeitsklima sei „stellenweise deutlich von gegenseitigem Misstrauen und Konflikten geprägt“. Denn im Sender existiere eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“. Im NDR gebe es zwar „kein generelles Klima der Angst“, aber „Tendenzen der Folgsamkeit, der gefühlten Unmündigkeit bis hin zu Grundformen der Angst“.

Öffentlich-Rechtliche Versorgung
RBB-Ex-Intendantin Schlesinger will über 18.000 Euro pro Monat
Zwar will der Theologe glauben, dass der NDR „quicklebendig, der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch lange nicht erledigt“ sei, zwar kündigt Intendant Knuth wieder einmal einen „Kulturwandel“ in der Rundfunkanstalt an, zwar will er „erkennen, welche blockierenden Muster es gibt“, diese dann „verstehen und dann“ sie „verändern“, doch ist der öffentlich finanzierte Rundfunk im politischen Bereich einseitig grün und propagandistisch, im kulturellen Bereich kulturfeindlich, im Bereich Film und Serien jenseits vom geringsten erzählerischen Vermögen und im Kinder- und Jugendbereich kinder- und jugendgefährdend, zudem auf den Führungsetagen mit bei weitem zu viel Geld ausgestattet, sodass er nicht mehr zu reformieren ist. Er erfüllt weder seinen Informationsauftrag, weil er Information mit aktivistischer Propaganda verwechselt, wie man nicht nur in „Hart, aber Neubauer“ besichtigen kann, noch seinen Kultur-, noch seinen Bildungsauftrag. 

Die einzig denkbare Reform besteht darin, das Gebührensystem auf ein Streamingmodell umzustellen. Soll für das Programm bezahlen, wer will. Und wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk wirklich so gut ist, wie seine Hierarchen behaupten, so „quicklebendig“, wie der Theologe Reimers erkannt haben will, dann dürfte ja mehr Geld über ein freiwilliges Streaming-, als über ein Zwangsabgabemodell in die Sendeanstalten fließen. So hat es jedenfalls den Anschein, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur noch durch den äußersten Zwang aufrechterhalten lässt.

Mag auch Intendant Knuth sich schneller als jedes Rad im Wind drehen, um einen Kulturwandel nach dem anderen auszurufen. Es hilft nichts, denn auch Windräder drehen sich nur im Kreise. 


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Kommentare ( 39 )

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Dellson
1 Jahr her

Der ÖRR egal ob ARD oder ZDF hat ein Erkenntnisproblem. Er ist immer noch nicht im 21.Jhd. angekommen. Die Bürger sind digital mehrheitlich weiter wie man es sich im Elfenbeinturm der Intendantenriege und Programmdirektoren vorstellt. Da wird allen ernstes noch fabuliert, mit Haltungssendungen wie Tatort, wo der böse deutsche Unternehmer und seine Kartoffelhelfer vom guten Migrantenkommissar und seiner eingewanderten Pathologin, dank dem muslimischen Zeugen und dem afrikanischen Profiler überführt werden konnte, das wäre die Superunterhaltung auf die alle gewartet haben. Und dafür soll der Gebührenbüttel noch dankbar sein und die Traumgagen der ÖRR Goldschürfer bezahlen. Das ist fast schon ein… Mehr

Kartoffelstaerke
1 Jahr her

Der Begriff „Rundfunk“ sagt es bereits. Er stammt aus einer Zeit, in der es noch keine global vernetzte. dezentrale Informationsstruktur wie das heutige Internet gab, sondern nur einen rundherum abstrahlenden Sender mit abnehmender Reichweite, der zum Ausgleich seiner monopolistischen Macht staatlicherseits zur Neutralität verpflichtet wurde. Alternativen dazu gab es kaum. Nun haben wir den Zustand, daß im ÖRR heute von neutraler Politikferne keine Rede mehr sein kann, wie vielfach durch Studien belegt ist. Gleichzeitig kann praktisch jeder alle News dieser Welt aus verschiedensten Quellen in real time über Internet abrufen. Die Organisationsstruktur des ÖRR heute noch beizubehalten, ist also ungefähr… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Kartoffelstaerke
Querdenker73
1 Jahr her

Bei jeder gewünschten Information im Netz (und auch im privaten FS.) werden unter dem „Strengen Schutz“ der Privatsphäre hunderte Informationen „für ein besseres Informationserlebnis“ per Cookie abgefragt! Dabei ist das Informationserlebnis absolut einseitig – jedoch nicht beim Nutzer. Eine Nutzerveralberung ersten Ranges! Damit wäre aber die Technik zur Verfügung, wirklich genutzte Programme anstatt sogenannte Einschaltquoten festzustellen. Es ließen sich mit zunehmender Genauigkeit die „erreichten“ Gebühren ermitteln! Das ist natürlich nicht gewollt! Denn für ideologisch aufgepeppten, gegenderten Müll in Form von Nachrichten, Berichten jeglicher Art, Filmen 3. Klasse und sonstiger geistloser Unterhaltung zahlen dann nur noch Wenige. Das würde zur qualitativen… Mehr

Klartexter
1 Jahr her

Was macht so ein Intendant eigentlich den ganzen lieben langen Tag für seine 200 € in der Stunde? Hat er Intentionen oder etwa Visionen, überlegt er die Tagesschau zu verlegen, telefoniert er mit den 9 Kollegen, welche Sendungen zum xten Mal wiederholt werden sollen????
Eine unfassbare Geldverschwendung – was ja egal wäre, wenn es nicht durch Zwangsabgaben finanziert würde.
Z W A N G S A B G A B E !!!!!

Boris G
1 Jahr her

Ich erinnere noch einen pädagogisch wertvollen „Schulfunk“ in den 60er Jahren, exzellente Einführungen in die Physik in den 70ern – alles verschwunden. Im Vergleich zum radikalen links-grünen Propaganda-Sender DLF ist der NDR noch moderat. Wahrscheinlich könnte man die Absahner aus der Führungsetage problemlos auf halbes Gehalt setzen – auf die Qualität des Programms hätte das gar keinen Einfluss. Um Bewerber für solche halbierten Positionen muss man sich nicht sorgen. Dafür tummeln sich zu viele unterbeschäftigte Akademiker in diesem obskuren Feld, das so wenig zur echten Wertschöpfung beiträgt.

Budgie
1 Jahr her

Vor ~30 Jahren wurden schon einmal alle Rundfunk- und Fernsehanstalten eines Landes abgeschalten ohne das es danach zu Problemen gekommen wäre. Heute ist es so wichtig wie damals, diesen Schritt zu gehen. Diese Sender des ÖRR erfüllen ihre „staatsbürgerliche“ Pflicht gegenüber ihren ideologischen Auftraggebern in den Blockparteien genauso wie damals Radio DDR oder der DFF. Nur ist heute die Zentrale innen und außen mit einer Farbmischung aus grün&rot versehen. Damals war es nur tiefrot. Aber dem Totalitarismus ist die Farbe eigentlich egal, Hauptsache man kann mit der passenden Ideologie sowie dem Machtapparat das „Schweigen der Lämmer“ mit allen Mitteln durchsetzen.

Last edited 1 Jahr her by Budgie
ramseshelge
1 Jahr her

Genau aus diesen Gründen habe ich Anzeige gegen diesen linksgrün-gestrikten Schwurbelomatenappatat erstattet und bin bei denen mit 486 -€ im Rückstand. Ich weiß, daß das aussichtslos ist, wirft aber doch Sand ins Getriebe. Diese Abzockschwurblet kann man nur am Geld strafen. Denn nur dort tut es denen weh.

Bernd Bueter
1 Jahr her

Seit über vierzig Jahren immer die gleichen Probleme beim ÖR. Immer. Mediale Insolvenzverschleppung, sonst nichts. Zwangsbeitrag abschaffen. Alles andere erledigt der Markt. GEZ Dieser kriminelle GEZ Selbstbedienungsladen ist doch nichts Neues. Bereits am 20.08.1983!! erschien in der HAZ ein Artikel zum Saustall GEZ mit genau den Mißständen, die bis heute in dieser GEZ Mafia Alltag sind: „Pflichtverletzung“ von Hans-Peter Sattler. „Die Landesrechnungshöfe haben schwarz auf weiß belegt, was bisher nur zu vermuten war: Der Norddeutsche Rundfunk ist eine Art Selbstbedienungsladen, der kaum einen Wunsch seines Personals unerwünscht lässt. Auf Kosten der Allgemeinheit und ohne erkennbaren Widerstand der Aufsichtsorgane ..ist ein… Mehr

Niklas
1 Jahr her

Das Ganze stinkt von Kopf bis Fuß nach Staatsbetrieb. Führungskräfte wollen und MÜSSEN führen und weil der wirtschaftliche Aspekt scheißegal ist, führen sie eben mit ideologischen Zielen im Visier. Weil das natürlich nur als „Hidden Agenda“ geht, entstehen Spannungen zwischen der Führungs- und der Arbeitsebene, die letztere nicht versteht.

Riffelblech
1 Jahr her

Bei allerbestem Willen ist absolut nicht zu verstehen warum Intendantengehälter in einem Bereich von mehreren hunderttausend Euro liegen müssen . Es sind erstens Gelder die Otto Normalverbraucher wegen einer Wohnung zwangsweise abzugeben hat . Und zwar monatlich ,was sich auf einen erkleckliche Jahresbeitrag addiert. Zweitens was macht diesen Posten so anspruchsvoll das er dieses Salär verdient ? Die Personalführung? Die Koordinierung der Sendeanstalten ? Das kann es nicht sein . Es wird daran liegen das dieser Posten die Regierungsarbeit medienwirksam zu begleiten hat und der Intendant schließlich von den diversen Räten bestimmt wird ,die in den der Regel politische hochrangige… Mehr