Ein Hauch von GroKo

Haushaltsdebatten können tatsächlich spannend sein. Weniger wegen der Redebeiträge, dafür aber wegen der politischen Signale. Freitagvormittag stehen die Zeichen im Bundestag auf Große Koalition. Es ist nicht mehr zu übersehen: Die Ampel hat fertig.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Es gibt so Wörter, gegen die sind unsere Regierungspolitiker sozusagen von Amts wegen allergisch. Ganz weit oben auf der Liste der bösen Begriffe: „sparen“.

Gerade hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ja die buchhalterischen Hütchenspielertricks der Ampel kassiert. Jetzt klafft im Haushalt ein 60-Milliarden-Loch. Aber Finanzminister Christian Lindner von der FDP kann sich – wie schon Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag – trotzdem nicht dazu durchringen, auch nur ein einziges Mal das Wort „sparen“ in den Mund zu nehmen.

Dafür wird in seinem kurzen Vortrag – wie ebenfalls schon bei Scholz – deutlich, mit welcher Erzählung die Bundesregierung sich und dem Publikum das Etat-Desaster schönreden will. Die Kurzfassung geht so: Um den Opfern der Ahrtal-Flut weiter helfen zu können, hat man arglos und in gutem Glauben ein paar Kredite neu verbucht. Das BVerfG hat nun völlig überraschend diese Umschichtungen untersagt. Jetzt muss man halt einen gewissen Betrag wieder neu verbuchen, deshalb fehlt kurzfristig etwas Geld. Aber die Regierung hat die Lage im Griff.

Das ist natürlich Quatsch. In Wahrheit wussten alle Beteiligten, dass die kreative Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit grundgesetzwidrig war. Es gab zahllose Warnungen aus allen nur möglichen Richtungen. Die Ampel hat es schlicht darauf ankommen lassen und wohl darauf gehofft, dass die Verfassungsrichter in Karlsruhe ihrer zuletzt extrem regierungstreuen Linie auch diesmal folgen würden. Dumm gelaufen.

Lindner verschweigt auch, dass es auf ein paar hundert Millionen für das Ahrtal kaum ankommt. Wirklich Geld – richtig Geld – kosten die SPD-Wünsche nach quasi ständiger und endloser Erhöhung der staatlichen Alimentierung von Menschen, die nicht arbeiten (Stichwort: Bürgergeld). Echte Unsummen fließen in die diversen grünen Transformationsträume, vor allem beim Klima. Und kaum fassbare Beträge verdunsten durch die Weigerung der Ampel, den Zustrom von Wirtschaftsflüchtlingen aus aller Welt zu stoppen.

Von all dem hört man bei Lindner: nichts.

Normalerweise wäre das für die Opposition eine Steilvorlage. Aber Mathias Middelberg von der CDU lässt sie liegen. Statt anzugreifen, verteidigt er noch einmal die Klage der Union vor dem BVerfG. Man fragt sich unwillkürlich: Warum tut der Mann das? Die Ampel bietet nun wirklich mehr als genug offene Flanken, doch Middelberg ist kurz davor, sich dafür zu entschuldigen, dass die CDU einen dreisten Verfassungsbruch der Regierung hat stoppen lassen.

Aber das passt zu dieser Debatte, in der Union und SPD auffallend pfleglich miteinander umgehen. Der Sozialdemokrat Dennis Rohde mag irgendwie auch kein böses Wort über die CDU verlieren. Er arbeitet sich lieber an der AfD ab. Deren Hauptredner Peter Boehringer bringt als Einziger etwas Würze in die Veranstaltung, als er recht plausibel darlegt, dass Lindners Nachtragshaushalt für 2023 ebenfalls verfassungswidrig sei.

Das sieht man bei der Union vermutlich ähnlich. Trotzdem wird sie nicht noch einmal in Karlsruhe klagen. Friedrich Merz kann sich da erkennbar nicht gegen die CDU-Ministerpräsidenten durchsetzen, denen frisches Geld für ihre Länderhaushalte eben letztlich auch wichtiger ist als das Grundgesetz.

Ansonsten weht ein Hauch von GroKo durch den nur äußerst spärlich gefüllten Plenarsaal. Gut, Haushaltspolitiker gelten sogar bei ihren Abgeordnetenkollegen als dröge. Aber der Staatshaushalt gilt nicht umsonst als Königsrecht des Parlaments. Wozu hat Deutschland die – nach China – zweitgrößte Volksvertretung der Welt, wenn nur so wenige Volksvertreter dabei sein wollen, wie über das Steuergeld ihrer Wähler entschieden wird?

Sogar der Kanzler schwänzt die Veranstaltung, er findet den Klimagipfel in Dubai wichtiger.

Und so haben die Fernsehkameras ausreichend Zeit, Details des real existierenden Parlamentarismus in Deutschland einzufangen. Hinter Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sitzen gut sichtbar zwei Stenografen. Auf deren recht unaufgeräumtem Schreibtisch sieht es ein bisschen aus wie im Fachhandel für Bürobedarf: zwei Telefone, ein Aktenlocher, ein Tacker.

Aber auch Heftklammern werden diese Ampel nicht mehr lange zusammenhalten können. Das ist die eigentliche Erkenntnis dieser ansonsten seltsam blutleeren Debatte.

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Kommentare ( 47 )

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Hummi
11 Monate her

Um das mal klar zu stellen , eine Große Koalition, sprich Groko ist nur eine Koalition der zwei stärksten Parteien . Das kann aber aktuell nur die CDU und AfD sein und nicht die CDU und SPD !

CIVIS
11 Monate her

Sehr geehrter Herr Fröhlich, wenn Sie jetzt im Nachgang zu den anstehenden Haushaltsdebatten im Bundestag Anzeichen sehen, die evtl. „als Zeichen“ für eine Große Koalition gedeutet werden könnten, dann meinen Sie doch bestimmt eine Koalition zwischen CDU/CSU und AfD als zur Zeit einzig und allein mögliche sog. „Große Koalition“, …oder? Vor jeder anderen Konstellation möge uns Gott doch bitte bitte beschützen; doch Gott ist ja auch gerade auf der Flucht vor den Vertretern der Amtskirchen und dürfte als Flüchtender daher aktuell auch nur wenig Einfluss haben. Eine Koalition zwischen CDU/CSU und SPD, den beiden Hauptverursachern des aktuellen Staatsversagens auf allen… Mehr

Last edited 11 Monate her by CIVIS
HDieckmann
11 Monate her

Verfassungsbruch/Unrecht wird im Deutschen Bundestag zur Normalität: Griechenland-Rettung, Bankenrettung, ungesteuerte Zuwanderung, rechtswidrige Corona-Maßnahmen und jetzt die verfassungswidrige Außerkraftsetzung der Schuldenbremse. Dieser Bundestag hat fertig; mit diesen Abgeordneten ist kein Staat zu machen.

Siggi
11 Monate her

Wenn Merz weiter so die GroKo mit der SPD fordert, wird die AfD bald stärkste Partei. Mal sehen, ob die Brandmauer dann nicht brennt.

EndofRome
11 Monate her

P. Boehringer würde ja gern wegen des Haushalts 2023 ein Normenkontrollverfahren einleiten, aber dazu bräuchten die Blauen endlich die 25 Prozent.

AnSi
11 Monate her

Ich schätze mal, am 08.12. werden die Michel mit der Ampel-Auflösung überrascht und danach gehen sie weiter in den Untergang mit der GroKo. Nichts, rein GAR NICHTS wird sich ändern, wenn der Fritz die Truppe anführt! Das Schiff wird sinken. Das ist so sicher, wie der tägliche Sonnenaufgang.

Ohanse
11 Monate her
Antworten an  AnSi

Merz wird allerhöchstens ein Zwischenkanzler. Sobald die Ampel weg ist, läuft auch für ihn der Countdown.

Apfelmann
11 Monate her
Antworten an  AnSi

Richtig. Was soll sich auch ändern. Wenn die Ampel abdankt, bekommt Friedrich alle Themen auf den Tisch, von Energiewende, Verkehrswende, Klima, Migration, usw. Wieso sollte er andere Antworten haben? Wenn es die „keinem wehtun, alles bleibt billig und niemand muss sich einschränken Antwort“ geben würde, hätten die schon andere gefunden. Viele Lemminge werden CDU wählen in der Hoffnung auf was? Das selbe was wir jetzt haben. Was kann Friedrich schon anders machen. Er darf sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen mit der Einhaltung der Schuldenbremse, bald ist er dran und muss Geld herfinden…..

Phil
11 Monate her

„Wozu hat Deutschland die – nach China – zweitgrößte Volksvertretung der Welt?“ Eine berechtigte Frage, hier einige mögliche Antworten….. Damit nichts mehr funktioniert? Damit die Volkswirtschaft in der Bürokratie erstickt? Damit die Steuern und Abgaben stetig steigen? Damit Kinder bereits in der Spielgruppe darüber entscheiden dürfen, ob sie mit Mumu oder Pillermann gelesen werden möchten? Damit die Frauenquote erfüllt werden kann? Damit Menschen ohne Gebährmutter, trotzdem das Frauenticket in Anspruch nehmen können? Damit sie auf Kosten anderer Leute und deren Kinder schulden machen können, als gäbe es kein Morgen mehr? Damit auch Menschen ohne Ausbildung, Arbeit, Berufserfahrung und Kompetenz und… Mehr

Klaus D
11 Monate her

Das problem ist das jede neue regierung geld an ihre wähler und lobbys verteilen will/muss. Das führt dazu das jede neue regierung schulden gemacht hat und oder die steuern erhöht hat. Und ich wette ergal wer nach der ampel kommt wird das so weiter gehen selbst wenn die AfD mit regieren würde.

Derrick
11 Monate her

Wahnsinn ohne AfD geht nichts mehr und die darf leider nicht klagen, da für ein Normenkontrollverfahren 25 % der Abgeordneten nötig sind.
Das wird aber nächstes Jahr lustig von wegen die Wagenknecht wird von AfD Wählern gewählt? Eher nicht, denn eine Stalinistin und eine Mohamed werden wohl eher von Sozen, Linken und Grünen gewählt.
Tschüss Scholz und Union bitte einfach mal denken!

Olli Gator
11 Monate her

Wie soll März mit dieser Saskifa/Kevin -SPD zusammen zu einer sinnvolleren Verteilung des großen Steuerkuchens kommen? Von den eigenen Ministerpräsidenten wird er torpediert, die SPD will ihre teuren Schuldenprojekte weiterführen und die MSM-Presse jubelt. GroKo wird da weitermachen wo die Ampel aufhört.
Kein Lichtblick erkennbar.