Christian Lindner steht vor dem Abgrund. Die FDP droht, unter ihm ein zweites Mal aus dem Bundestag zu fliegen. Viele Optionen, etwas zu verändern, hat er indes nicht – eine davon hat mit TE zu tun.
Fünf Felder hat Christian Lindner, auf denen er tätig werden kann, um seine FDP vor dem Rauswurf aus dem Bundestag zu bewahren. Daraus ergibt sich dann seine persönliche Perspektive. TE ist diese fünf Felder systematisch durchgegangen. Die Optionen, die der FDP-Chef hat, sind tatsächlich überschaubar.
Koalition
Wenn Christian Lindner die Ampel beendet, gibt es drei mögliche Folgen: Neuwahlen, eine große oder eine Jamaika-Koalition. Neuwahlen muss der FDP-Chef fürchten. Der Rauswurf aus dem Bundestag wäre die wahrscheinliche Folge. Eine Koalition von SPD und Union wäre noch ein erträgliches Szenario für ihn. Doch warum sollte sich CDU-Chef Friedrich Merz darauf einlassen? Endet die Ampel, muss Merz Neuwahlen wollen.
Es sei denn, die dritte Möglichkeit erfüllt sich: Friedrich Merz wird Bundeskanzler durch eine Koalition mit FDP und Grünen. Das ist genau das, was sich der Sauerländer wünscht. Nur für die FDP wäre diese Konstellation politischer Selbstmord. Sie würde vor grüner Politik weglaufen – gemeinsam mit den Grünen. Unglaubwürdiger könnte ein Politiker nicht sein.
In der Koalition ist Kanzler Olaf Scholz (SPD) noch am ehesten der Verbündete der FDP. Er hat „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) bei der unseeligen „Gasumlage“ gestoppt, er steht zusammen mit der FDP gegen den „Industriestrompreis“ ein. Mit Merz oder Hendrik Wüst würde Lindner einen Kanzler wählen, der noch stärker für Kompromisse mit den Grünen stünde als Scholz. Zur Ampel hat Lindner aktuell also keine echte Alternative. Eine Koalition mit der Alternative für Deutschland und der CDU ist derzeit unrealistisch.
Personal
Die FDP ist nur noch in zwei Landesregierungen vertreten: in Rheinland-Pfalz mit SPD und Grünen sowie in Sachsen-Anhalt mit CDU und SPD. Politische Talente aus diesen Ländern drängen sich nicht auf. Als Volker Wissing nach Berlin gegangen ist, folgte ihm zum Beispiel in Rheinland-Pfalz Daniela Schmitt im Amt nach. Würde Schmitt vor einer aschgrauen Wand kandidieren, würden die Menschen die Wand wählen – des stärkeren Charismas wegen.
Als die Wirtschaftsministerin bundesweit in die Schlagzeilen geriet, weil ein ihr unterstelltes Amt Bäcker drangsalierte, reagierte Schmitt mit dem üblichen Sermon einer Ampel-Vertreterin: Das seien Fake News, rechte Erzählungen und so weiter. Niemand habe den Bäckern verboten, geschnittene Brote zu verkaufen. Nur: Das hatte auch niemand behauptet. Tatsächlich führten die Kontrollen ihres Amtes dazu, dass die Bäcker es faktisch nicht mehr taten.
Schmitt hätte sich an der Stelle als liberale Wirtschaftsministerin profilieren können: die Belastung von Handwerkern durch bürokratische Auflagen eingestehen und ein Programm starten, eben diese Auflagen abzubauen. Stattdessen hat sie sich auf das übliche woke Mimimi zurückgezogen. Damit steht Daniela Schmitt symptomatisch für die FDP – und deren Personalschwäche. Eine Umbildung des Kabinetts ist mit dieser Führungsreserve nicht drin.
Dabei hätte Lindner eine solche Umbildung nötig. Seine Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger ist bisher nur einmal aufgefallen: Ihr Haus hatte eine Studie in Auftrag gegeben. TE berichtete exklusiv, dass es laut dieser Studie in Deutschland mittlerweile eine Durchseuchung mit dem Corona-Virus gibt und weitere Maßnahmen gegen die „Pandemie“ daher überflüssig sind. Stark-Watzinger verzichtete darauf, die Ergebnisse der Studie zu publizieren. Stattdessen stimmten Justizminister Marco Buschmann und die FDP am gleichen Tag mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) überein, die Maßnahmen zu verlängern – mit Maskenpflicht in Zügen, aber nicht in Flugzeugen. Würde Stark-Watzinger neben Schmitt vor der aschgrauen Wand stehen, würden die drei eine FDP-Troika bilden.
Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ist derzeit der Einzige in der FDP, der positiv auffällt. Liberale Forderungen zur Einwanderung oder zur Wirtschaftspolitik vertritt nur noch er. Allerdings ist Djir-Sarai in keiner echten Verantwortung. Ebenso wie Wolfgang Kubicki, Vizepräsident des Bundestages. Möglich, dass Djir-Sarai dessen Masche kopiert, rechts zu blinken und links abzubiegen. So wie bei Habecks Heizhammer. Dessen größter Gegner war öffentlich Kubicki – der dann aber im Bundestag zustimmte.
Inhalte
Eine der wichtigsten Forderungen der FDP ist der Bürokratie-Abbau. Lindner klagte nach den Wahlen in Hessen und Bayern, dass sie damit öffentlich nicht gehört würden. Aber warum? Der Bürokratie-Abbau der FDP sieht vor, dass Unternehmer Belege zwei Jahre früher wegwerfen dürfen als bisher. Gleichzeitig stimmt die FDP aber auch Gesetzen zu wie Habecks Heizhammer oder dem Gesetz zur Zeiterfassung, das Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) formuliert hat.
Solche Gesetze überziehen die Unternehmen mit neuen Dokumentationspflichten. Privatleute auch. Sie müssen jetzt dem Staat gegenüber alle Angaben zu ihren Heizungen preisgeben – und sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen. Angesichts einer solchen bürokratischen Gängelung wundert sich Lindner ernsthaft, warum er nicht als Entbürokratisierer gilt – schließlich dürfen Unternehmen jetzt Belege zwei Jahre früher wegwerfen. Ursprünglich geplant waren drei Jahre, aber das konnte Lindner nicht durchsetzen.
Am deutlichsten wird die Preisgabe liberaler Themen am Beispiel Kernkraft. Lindner predigt seit zwei Jahren, wie wichtig diese für Deutschland wäre. Aber er und die FDP haben zugestimmt, die Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen – gleich zwei Mal: 2011 und 2022. Verkehrsminister Wissing hat wenigstens dagegen kämpft – Lindner hingegen hat ihm befreundete Medien wissen lassen, das sei eh aussichtslos. Die gute Stimmung am Kabinettstisch war Lindner wichtiger als die sichere Stromversorgung durch Kernkraftwerke.
Führungsstil
Lindner hat im Wahlkampf damit zu punkten versucht, dass er sich zu seinem Reichtum bekannte und sich für den nicht schämen wolle. Nun sei mal die Frage dahingestellt, wie jemand reich wird, der seit seinem 21. Lebensjahr von der Politik lebt und mit seiner Firma in die Pleite gegangen ist. Auch dass er seine Hochzeit in Sylt feiert, ist nicht das Problem. Dass Lindner diese Feier aber auf Tage legt, an denen der Bundestag über die Zukunft der Energiepolitik berät, ist sehr wohl ein Thema. Große Führungspersönlichkeiten brechen ihren Urlaub ab, wenn es ernst wird – Christian Lindner geht dann erst in den Urlaub. Damit ist er als Führungspersönlichkeit auch schon zu Ende erzählt.
Aber seine Feigheit darf nicht unerwähnt bleiben: 2017 hatte Lindner richtig erkannt, dass Angela Merkel (CDU) abgewirtschaft hat und ihre Kanzlerschaft nicht verlängert werden darf. Er brach die Verhandlungen für eine Jamaika-Koalition ab und verkündete, er wolle lieber gar nicht regieren, als schlecht zu regieren. So weit, so richtig.
Doch Lindner benannte den wahren Grund dafür nicht. Dass er mit der CDU nicht wegen Merkel koalieren wolle, blieb sein Geheimnis. Lindner hatte Angst, sich mit den Medien anzulegen, die Merkel unterstützten. So wie er heute Angst hat, sich mit Medien anzulegen, die die Grünen unterstützen. Es sind im Übrigen die gleichen Medien. Wenn Lindner punkten will, muss er die Partei endlich selbstbewusst führen – nicht nur im Wort, sondern auch in der Tat.
Kommunikation
Das führt zum nächsten Block: der Kommunikation. Die ist geprägt vom Widerspruch zwischen Tat und Aussagen der FDP: Kubicki und der Heizhammer, Lindner und die Kernkraft, Stark-Watzinger und die Corona-Maßnahmen, die ganze FDP und die grüne Wirtschaftspolitik oder Lindner und die Bürokratisierung.
Lindner vertritt die Position, dass der Staat Anreize setzen müsse, dass die Leute Arbeit annehmen. Angesichts von 3,9 Millionen erwerbsfähigen Beziehern von Bürgergeld und 2,7 Millionen Arbeitslosen eine vernünftige Forderung. Nur: Was hat die Ampel gemacht? Wobei hat die FDP mitgestimmt? Sie hat das Bürgergeld innerhalb eines Jahres um 25 Prozent erhöht. Keine Branche konnte sich im Jahr 2023 über einen solchen Lohnzuwachs freuen. Lindner sagt das Richtige, tut aber das Falsche. Dieser Widerspruch macht Wähler aggressiv.
Aber Lindner sagt zwar das Richtige, aber zu den Falschen. Lindner und Buschmann ist es wichtiger, von der TAZ oder der Süddeutschen nicht ganz so sehr abgelehnt zu werden, als mit Medien zu reden, die von seinen Wählern gelesen werden. Und übrigens auch von Lindner. TE ist vor einigen Monaten ein Fehler in der Berichterstattung über Lindner passiert. Lindners Büro hat sofort angerufen und um Korrektur gebeten. Wir waren überrascht. Nicht wegen des Fehlers. So was versuchen wir zu vermeiden, aber das kommt bei Menschen halt mal vor. Wir haben den Fehler sofort und ohne Murren korrigiert.
Wir waren vielmehr überrascht, wie intensiv in der FDP TE gelesen wird. Denn mit uns reden wollen die Liberalen nicht. Das gilt auch für andere Medien. Die „Brandmauer“ haben Lindner, FDP, Grüne und Linke nicht nur um die AfD gezogen, sondern eben auch um viele Medien. Sein Problem ist nur: Seine Wähler haben das nicht. Die lesen uns. Wobei vielmehr: Es sind seine Ex-Wähler. Wenn Lindner die erreichen will, ist er bei uns herzlich zum Gespräch eingeladen. Unsere Nummer haben seine Mitarbeiter nachweislich. Lindner muss sich nur trauen.
Persönliche Perspektive
Lindner ist zu lange in der Politik, um seinen Stil noch groß ändern zu können. Bleiben er und die Ampel, sind die Tage der FDP gezählt. Die Freien Wähler sind jetzt schon dabei, die Lücke zu füllen, die Lindner und Co hinterlassen. Um es mit Guido Westerwelle zu sagen: „Wenn es die FDP nicht mehr gibt, dann bleibt kein Stuhl leer.“
Will Lindner den Abstieg verhindern, muss er nur eins ändern: alles. Er muss aufhören, die Umwandlung der Sozialen Marktwirtschaft in eine grüne Klimaplanwirtschaft mitzutragen. Er muss liberale Politik durchsetzen – und er muss diese offensiv vertreten. Selbst wenn dann die TAZ-Kollegen im Café Einstein fies gucken und in ihrer Zeitung böse rummöppern. Volker Wissing ist nun auch kein heldenhafter Drachentöter – aber besser als Lindner wäre er allemal.
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Herr Thurnes, Sie sind auch ein Sentimentalist. Sie sollten Ihren Grips nicht an die Mimen der FDP verschwenden.
Die FDP könnte auch Christian Lindner von seiner Funktion entbinden und jemand Unbelasteten erstmals kommissarisch arbeiten lassen und dann käme die Wahl eines neuen FDP-Vorsitzenden. Das sehe ich als 1. Schritt. Als 2. Schritt müsste die FDP SOFORT eine Wende um 180 Grad machen, die Wähler, die sie damals in den BT gebracht haben, um Verzeihung bitten, sich Asche aufs Haupt streuen und Punkte eines Sofortprogramms auf den Weg bringen, das mit der jetzigen FDP-Politik bricht und an alte Werte vor Westerwelle anknüpft. Als 3. Schritt muss die Koalition aufgekündigt werden. Die FDP muss alles daran setzen, wieder glaubwürdig zu… Mehr
Christian Lindner wäre hinter der Theke eines englischen Pubs als SCHAUMSCHLÄGER für gezapftes Bier die IDEAL-BESETZUNG.
Oder auch auf der KIRMES als HEIßLUFT-BLÄSER für Luftballons.
Einfach unschlagbar, einfach unnachahmlich, einfach unerreicht !!!
ABER als „Selbstverliebter-Schmalspur-Neunmalkluger Politiker “ mit übersteigertem Geltungsdrang ohne nennenswerte Qualitäten und profunde Fähigkeiten SCHEITERT er gerade GRANDIOS …
…..wie mit seiner MOOMAX GmbH…..
….oder auch an der 5%-Prozent-Hürde….
Korrekt, nur bitte nicht vergessen, dass CDU / CSU an diesen Zuständen zu 90% beteiligt sind…
Es ist völlig irrelevant, ob die FDP überlebt oder nicht. Parteien sind dazu da, dem Volk zu dienen. (Im Übrigen sollten alle Parteien verboten werden, aber das ist eine andere Geschichte.) Wenn die FDP die Interessen ihrer Wähler mit Füßen tritt, dann verschwindet sie eben. Niemand wird sie vermissen…
Zweiter Versuch. Nochmal: die FDP Thüringen har es in der Hand. Brandmauer einreißen und mit der afd nach der ltw eine Regierung bilden. Kemmerich kriegte dann massig CDU stimmen..Dann parteiausschlussverfahren gegen Lindner und seine miese Truppe von Glücksrittern. Das richtige zur rechten Zeit tun ist die Devise.
Leider ist es ja in D offenbar verboten, solchermaßen beweglich zu sein. Und man bräuchte natürlich ein extrem dickes Fell und sehr guten Personenschutz, denn die Links-Grünen und ihre schlagkräftigen Helfershelfer in Medien und Antifa würden nicht untätig bleiben.
Ich lese nur die Überschrift.
Antwort: „Unter Christian Lindner: Nichts. Denn Lindner ist das Kernproblem.
Die FDP müsste also vor allem ihre drei größten Problemfälle (Lindner, Buschmann und Stra-Zi) in die Wüste schicken
Letzteres natürlich im übertragenen Sinne, allerdings meine ich damit nicht eine finanzielle Oase wie Brüssel.
Da sie dazu unfähig ist, darf man davon ausgehen, dass die Funktionärskaste durch und durch mit Karrierekadern besetzt ist, für die liberale Grundwerte wie Freiheit und Rechtsstaat nur nützliche Phrasen zum Wählerfang sind.
Soso..die FDP liest mit!?
Nehmt das: Zeit meines Lebens habe ich die FDP gewählt, für den Rest meines Lebens werde ich niemals mehr FDP wählen. Da müsste man schon Genscher wieder zum Leben erwecken. Der ist allerdings so tot wie die FDP es bald sein wird.
Sie haben sich doch nicht etwa vom Marketing blenden lassen? Mit (unternehmerischer) Freiheit hat die FDP so viel zu tun wie die SED: genau null. Da können sich die Parteibonzen für ihre verkürzte Aufbewahrungspflicht hochleben lassen, so viel sie wollen. Höchste Steuern der Welt, größte Bürokratie der Welt, Masseneinwanderung illiterater Gewaltverbrecher etc. passieren eben auch unter FDP-Regierung… ??
„Selbst wenn dann die TAZ-Kollegen im Café Einstein fies gucken und in ihrer Zeitung böse rummöppern“
Herrlich, danke Herr Thurnes
Obwohl ich gerne, selbstredend ohne TAZ, dafür mit TE im Arm im Ur Einstein war, Kurfürstenstr., im non-Hipster Berlin.
.. und dann später hoch in die Bar Lebenstern gegangen und manchmal aber gerne mit interessanten Leuten abgestürzt bin.
Leider nicht mehr existent, u.a. dank alternativlosem COVID Unsinn zur Unzeit aber garantiert TAZ Spießer-frei. Durfte ja geraucht werden, igitt!! 😉
Ah, Ok, also:
FDP – wenn ihr das hier lest: