Wann kommt das Brandenburger Tor dran, Herr Habeck?

Eine überlebensgroße Darstellung von Robert Habeck wurde auf das Münchener Siegestor projiziert – wie sich herausstellte, ohne Genehmigung. Die Grünen setzen in ihrer verstörend geschichtsvergessenen Art auf eine Melange aus Monumentalität und Personenkult. Was soll schon schiefgehen?

Screenprint via X

Soll München die Hauptstadt der Partei werden, und zwar der grünen Partei, nachdem München in der Weimarer Republik und später in der auf sie folgenden nationalsozialistischen Diktatur zur „Hauptstadt der Bewegung“ stilisiert wurde? Wie einst die Nationalsozialisten nutzten nun die Grünen das Siegestor in München, das den nördlichen Abschluss der Ludwigstraße bildet und mit der Feldherrenhalle zunächst als Gedenkstätten für den Sieg über Napoleon I. und Frankreichs errichtet und später von den Nationalsozialisten als Ort der Mythenbildung und Mytheninszenierung auserkoren wurde, zur Propaganda. Auch die Grünen setzen in ihrer Propaganda auf Monumentalität. Müssen sie auch, weil sie die widerständige Wirklichkeit zu verdrängen haben, indem sie ins Reich der reinen Agitation, der Legenden, Mythen und Unwahrheiten fliehen, Verantwortungsmigranten, Absolutionsbewerber, „Geflüchtete“ aus dem Niedergang Deutschlands, den sie wesentlich mitzuverantworten haben und fortsetzen wollen.

Am frühen Abend des 3. Januar 2025 wurde gegen 17 Uhr eine überlebensgroße Darstellung des grünen Kanzlerkandidaten Robert Habeck mit den Worten „Bündniskanzler. Ein Mensch. Ein Wort.“ auf der Südseite des Münchener Siegestors projiziert. Die Polizei ordnete die Abstellung der Projektion gegen 18 Uhr an, nachdem die Firma, die die Projektion vornahm, keine Genehmigung vorweisen konnte. Nach aktuellem Kenntnisstand dementierten die Grünen nicht, diese Aktion beauftragt zu haben. Der Kreisverband der Grünen in München teilte zwar mit, in die Aktion „nicht involviert“ gewesen zu sein, und die stets unschuldigen Grünen bestätigten anscheinend auch nicht direkt, die Firma beauftragt zu haben, aber indirekt schon, denn laut BR äußerte ein Sprecher des Bundesvorstandes der Grünen: „Das Motiv wird über mehrere Tage in unterschiedlichen Städten in ganz Deutschland an zentralen öffentlichen Plätzen zu sehen sein. Wir müssen zu Bündnissen zusammen wachsen. Als Bündniskanzler steht Robert Habeck genau dafür.“

Welches Bündnis meinen die Grünen eigentlich? Das Bündnis der sich selbst „demokratisch“ nennenden Parteien, wie das Bündnis der Nationalen Front der demokratischen Parteien in der DDR, nur mit den Grünen als neuer SED, und der devoten CDU und der willfährigen FDP, die als CDU und LDPD wieder eifrig auf der Blockflöte blasen?

Das Grundgesetz weiß nichts von einem „Bündniskanzler der Bundesrepublik Deutschland“, es weiß nur etwas vom Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, aber die Grünen wissen anscheinend auch nichts vom Grundgesetz. Grüne Partei-Ideologie geht über das Grundgesetz, wie man allmählich auch den Eindruck bekommt, dass Baerbock und Habeck sakrosankt sind und über dem Gesetz stehen. Will man genauer wissen, was Bündniskanzler bedeutet, muss man den dilettierenden Dreiklang zur Kenntnis nehmen: „Bündniskanzler. Ein Mensch. Ein Wort“, zumal der korrekte Dreiklang heißen würde: „Ein Wort, ein Mensch, ein Bündniskanzler“. Aber die sprachliche Nähe zum Dreiklang: „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“, war wohl selbst den Grünen aufgegangen. Womit wir wieder beim Siegestor sind.

Der Generalsekretär der CSU, Martin Huber, twitterte: „Völliger Größenwahn bei Robert Habeck und den Grünen: illegal ein Kulturdenkmal für selbstverliebte politische Botschaften nutzen ist eine neue Dimension grüner Arroganz. Das ist ein Skandal! Das zeigt: die Grünen sind Aktivisten, aber nicht regierungsfähig. #keinschwarzgrün“. Und das ist wohl noch die mildeste Formulierung für Habecks Apotheose. Der Staatsrechtler Prof. Dr. Josef-Franz-Lindner wird in seinem Tweet deutlicher: „Wie es wohl um die Geschichtskenntnisse und das historische Bewusstsein eines Kanzlerkandidaten (und seiner Einpeitscher) steht, der das eigene Konterfei auf ein Denkmal projizieren lässt, das von den Nazis ebenfalls für Propaganda missbraucht worden ist?“ Und Dr. Friedrich Pürner, MPH, kommentierte auf X: „Das Siegestor in München diente den Nazis für ihre Propaganda. Nun wurde das Siegestor für Habeck und dessen Personenkult genutzt. Ist das schon dumm oder nur provokant? Vor allem: War diese Projektion auf das Denkmal erlaubt?“

Mit Sicherheit will Habeck nicht in Hitlers Stiefel schlüpfen. Doch wie sieht es mit Stalins Schuhen und Maos Galoschen aus? Man kann von beiden Seiten vom Pferd fallen und die Diktatur inklusive Personenkult ist nicht auf eine Farbe abonniert.

Kluge Bescheidenheit, Anstand und eine gewisse Zurückhaltung, ein Zug Epoché, das, was man mit dem Wort Takt umschreiben kann, geht den Grünen, dem Team des Bündniskanzlers ab. So wie die grüne Propagandamaschine läuft, gewinnt man den Eindruck, dass es mit Habeck und den Grünen kein Bündnis, sondern nur die Unterwerfung geben kann, denn es ist Habeck, der das Bündnis anführen will.

Sprache ist verräterisch. Offensichtlich ging den grünen Wahlkampfstrategen nicht auf, dass die Bündnismetaphorik ihren historischen Urgrund in der Komintern-Doktrin der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts findet. Diese Doktrin ging davon aus, linksliberale oder linksbürgerliche Kräfte als „nützliche Idioten“ vor den Karren der Komintern zu spannen. Resultat der Bündnisdoktrin war dann der Euphemismus der Volksdemokratien, eine Tautologie, die nur besagte, dass die Demokratie als „unsere Demokratie“ nicht die Herrschaft des Demos, sondern die Herrschaft der Funktionäre über das Volk beschrieb. Volksdemokratie ist schon deshalb ein Euphemismus, weil es im Grunde das politische System der Satellitenstaaten der Sowjetunion in Osteuropa beschrieb. Trüber kann man nicht fischen.

Doch die Grünen besitzen mächtige Verbündete, die Medien, selbst die WELT betreibt untergründig Wahlwerbung für die Grünen, wenn sie ohne Fakten titelt: „Grüne erreichen besten Wert seit einem Jahr, AfD klettert auf 21,5 Prozent.“ In Wahrheit spiegeln sich die Gewinne und Verluste innerhalb der Fehlertoleranz von SPD und Grüne ab. Verliert die SPD 1 Prozent, gewinnen die Grünen 1 Prozent, und vice versa. Man sieht, wie verzweifelt die Freunde der Grünen in der WELT, die so eifrig Buße tun wollen für die Publikation des Artikels von Elon Musk, die eigentliche Nachricht framen müssen: „AfD klettert auf 21,5 Prozent“, und die zweite Nachricht bringt man lieber gar nicht erst, dass sich das Potenzial der AfD vergrößert.

Aber wahrscheinlich hatten die Grünen keinen Anteil an der Plakatierung ihres Bündniskanzlers, des größten Habeck der Welt, wahrscheinlich war es ja auch nur eine Guerilla-Aktion der AfD, um den Grünen maximal zu schaden. Das wäre ihnen dann auch gelungen. Allerdings nicht maximal, denn, um noch einmal, wo wir doch gerade in München waren, in die 30er Jahre zurückzukehren: Das kann doch einen Nutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und einen treuen Leser der ZEIT, des Handelsblattes und der Süddeutschen nicht erschüttern, keine Angst, keine Angst, Bündniskanzler.

Befremdlich ist allerdings, wie der Ton der Grünen von Tag zu Tag anmaßender, totalitärer und pathetischer wird. Der große Philologe Victor Klemperer hatte, nachdem er die Sprache des Dritten Reiches im Notizbuch LTI (Lingua Tertii Imperii) analysiert hatte, sich vorgenommen, die Sprache der kommenden kommunistischen Diktatur in Ostdeutschland als „Lingua Quartii Imperii“ zu untersuchen. Die Grünen hätten wohl seine wissenschaftliche Neugier geweckt. Wir können uns noch auf einiges gefasst machen. Habeck als Bündniskanzler am Siegestor ist kein Versehen, es ist erst der Anfang.

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Kommentare ( 125 )

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Endlich Frei
3 Stunden her

Die Grünen mit ihrem sektenähnlichen Guru, ihren willfährigen allseits ergebenen Jüngerinnen und ihrer esoterischen Destruktivität erinnert mich in einigen Punkten (Hierarchie, Hörigkeit, Glauben an Weltuntergang, Esoterik, verbaler Umgang mit Andersdenkenden) an die Charles Manson-Family.
Deren Oberhaupt hielt sich auch für Gott.

Last edited 3 Stunden her by Endlich Frei
maru
5 Stunden her

„Offensichtlich ging den grünen Wahlkampstrategen nicht auf, dass die Bündnismetaphorik ihren historischen Urgrund in der Komintern-Doktrin der 30ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts findet.“
Woher sollen sie das denn auch wissen? Normalerweise gehört ein solches Hintergrund- und Geschichtswissen zur BILDUNG dazu.
Aber über die verfügen Grüne ja eben nicht. Wenn man alle Bildungswege nach einem oder 2 Semestern abbricht, dann kann man sowas nicht wissen … und blamiert sich entsprechend.
Gut für uns, wenn sie sich selber so bloßstellen und kein historisches Fettnäpfchen auslassen!

Last edited 5 Stunden her by maru
Michael Palusch
11 Stunden her

Der gelernter DDR-Bürger wendet sich hier maximal angewidert ab. Denn seine Erinnerungen an das was daraus folgt, sind plötzlich wieder lebendig.
Wie lange würde es unter dem „Bündniskanzler“ wohl dauern, bis sein Konterfei jedes Klassenzimmer, jede Amtsstube und jede öffentliche Einrichtung zieren würde?
Von den Titelblättern der Zeitungen und als Einspieler in den TV-Nachrichten ist er jedenfalls inzwischen schon genausowenig wegzudenken, wie einstmals der Dachdecker aus dem Saarland.

StefanH
12 Stunden her

Kann das mal jemand dem Elon stecken? Vielleicht bestrahlt er ja dann zur Gaudi den Mond mit Alice’s Antlitz?

Landgraf Hermann
13 Stunden her

Es ist sowieso eine Schande, dass diese Verbotspartei noch den Titel „Bündnis90“ im Namen trägt. Diese Sekte hat mit dem Bündnis90 der damaligen DDR, das für den Kampf um Demokratie steht, nicht mehr das Geringste zu tun. Es ist eine Verhöhnung der damaligen Streiter.

Kritikerin
4 Stunden her
Antworten an  Landgraf Hermann

So ist es. Viele ehemalige Bürgerrechtler, die sich unter dem Namen „Bündnis90“ den Grünen anschlossen, fühlten sich im Übrigen in den 90ern eher zur CDU „hingezogen“ und favorisierten eine Koalition mit der CDU (diese Diskussion unterband die Parteispitze der Grünen vehement und aggressiv) anstatt mit der SPD, die sich in Teilen den SED-Funktionären angebiedert hatte.

Mathias Rudek
13 Stunden her

Es gibt Personen des öffentlichen Lebens, die deshalb öffentlich wahrgenommen werden, weil sie sich ständig der politischen Öffentlichkeit aufdrängten ohne diese zu fragen. Es gibt aber zum Troste, nur wenige, bei denen die Selbstwahrnehmung und die Fremdwahrnehmung so weit auseinanderklaffen, daß man diesen tiefen Spalt zurecht als Marianengraben bezeichnen kann.

Last edited 13 Stunden her by Mathias Rudek
Blogwart
15 Stunden her

Endlich ist München wieder ‚Hauptstadt der Bewegung‘! Zuerst dachte ich ja eine plumpe Fälschung, aber falsch gedacht. Die grünen Parteimitgründer’_*:Innen (m/w/d) August Hausleiter, Baldur Springmann und Werner Vogel können stolz auf ihre politischen Ziehenkel’_*:Innen (m/w/d) sein.

Grün Heil!

Ede Kowalski
15 Stunden her

Für mich stellt sich hier die Frage, ob es nicht doch noch irgendein Niveau gibt welches so niedrig ist, dass es nicht doch noch von diesen Dilettanten unterboten werden könnte.

Simplex
15 Stunden her

Und die Union? Was hat sie für ein Polit-Marketing? Ich sehe und höre da nichts. Naja, klar, man will sich mit dem Koalitionspartner nicht zerstreiten.

MartinKienzle
15 Stunden her

Weshalb betreibt Tichys Einblick über den BRD-Politiker Habeck stets Berichterstattung, der uns Autochthonen und unsere Heimat verachtet (Zitat Habeck: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht.“)? Ist jene mit der Selbstbeschreibung „Konservatives Magazin“ in Einklang zu bringen?