Durch das muntere Parlieren des CDU-Vorstands Mike Mohring auf einer Kahnfahrt in Berlin wird die CDU in Thüringen nicht einen Wähler dazu bekommen, aber weitere verlieren. Dass zurzeit, wer CDU wählt, grün bekommt, ist klar. Doch Mohrings Verdienst ist es, klargestellt zu haben: Wer CDU wählt, wählt Ramelow.
Kaum jemand außerhalb Thüringens dürfte sich an Mike Mohring erinnern. Dem wollte der gescheiterte Vorsitzende der CDU Thüringen, immer noch Vorstandsmitglied der CDU und treuer Merkelianer, wohl Abhilfe schaffen. Zumindest hat er dem erstaunten Publikum vorgeführt, dass man auch auf der ruhigen Spree in schwere Gewässer geraten kann, vor allem, wenn man ohne Not einen Sturm im Wasserglas erzeugt.
In Berlin jedenfalls sinnierte Mike Mohring aus Thüringen darüber, dass die alten Bonner Koalitionsmodelle „perdu“ wären. Doch das ist keine Neuigkeit, sie sind es schon längst – spätestens, seitdem die Grünen mit der CDU auf Länderebene Koalitionen bilden, vielleicht schon, seitdem die SPD mit der SED, die sich jetzt Die Linke nennt, gemeinsam regiert.
Im Bund hat die CDU 2018 beschlossen, dass es keine Kooperation mit den Linken und der AfD geben wird. Mohring will diese Mauern aufbrechen. Nicht Unrecht hat er damit, wenn er einschätzt, dass der CDU Machtoptionen versperrt sind. „Wer soll uns dann noch wählen, wenn wir alles ausschließen? Ich finde, wir müssen das aufbrechen“, sagt Mohring. Doch Mohrings Schlussfolgerung lautet im alten Blockparteiduktus: „Wenn man solche Mauern aufbaut und auch noch sagt, die Grünen sind unser Hauptgegner, mit wem sollen wir dann überhaupt noch agieren.“
Öffnung zur SED hin kennt man in Ostdeutschland, diese Öffnung hieß Nationale Front, die Wahlen dann im Volksmund „Zettelfalten“. Im Grunde hat Mohring den Thüringern von Berlin aus so etwas wie einen gemeinsamen Wahlvorschlag unterbreitet. Dass Mohring die Hufeisen-Theorie, dass Mohring etwas über totalitäre Ideologien begriffen hat, darf bezweifelt werden. Deshalb als Nachhilfe etwas ostdeutsche Parteigeschichte.
Als die Ost-Vorsitzenden der CDU Andreas Hermes und Walther Schreiber sich im Dezember 1945 weigerten, den Aufruf der KPD „Helft den Neubauern“ zu unterschreiben, gerieten sie ins Visier der Sowjetischen Militäradministration (SMAD), weil sie angeblich „die demokratische Entwicklung in unserer Zone in erheblichem Maße gefährdeten“, wie der Chef der Informationsabteilung der SMAD, Sergej Tulpanow, in seinem Deutschlandbericht schrieb. Ulbricht hatte im internen Kreis schon vor der Gründung der CDU im Juni 1945 gegen Hermes gestänkert: „Wir müssen aufpassen, der Hermes zieht die Sache hinaus; er will nicht das ‚Zentrum‘, sondern eine einheitliche bürgerliche Partei organisieren“, wie Wolfgang Leonhard berichtete.
Während Ulbricht mithilfe der Russen die SPD schlucken wollte, intrigierte er nach Kräften, damit die bürgerliche Seite zersplittert blieb. Später gründeten die Kommunisten auch die NDPD, die Nationaldemokratische Partei, um die LDP, ab 1951 LDPD, zu schwächen. Am 19. Dezember 1945 wurden um 7 Uhr morgens die beiden Mitbegründer der Ost-CDU, Jakob Kaiser und Ernst Lemmer, einzeln und ohne dass einer vom anderen Kenntnis hatte, zum Sitz der SMAD nach Karlshorst genötigt. In getrennten Zimmern teilte man ihnen mit, dass die Reaktionäre Schreiber und Hermes von der SMAD nicht länger akzeptiert werden.
Nachdem der Chef der Informationsabteilung der SMAD, Tulpanow, am 19. Dezember 1945 alle CDU-Vorständler versammelt hatte, schwor er sie auf das Komplott ein. Gegen 22 Uhr begann im Parteibüro der CDU in der Jägerstraße die Vorstandssitzung. Tulpanow erschien in Begleitung mehrerer Offiziere, deren martialisches Auftreten einschüchternd wirken sollte. Die Offiziere ließ Tulpanow auf dem Flur zurück, während er selbst den Vorsitz der Versammlung übernahm. Tulpanow warf Hermes und Schreiber vor, eine reaktionäre Politik zu verfolgen. Hermes verlangte von Tulpanow, dass er seine Behauptung belege oder erläutere.
Daraufhin Tulpanow: „Die Festlegung genügt. Treten Sie zurück!“
Hermes: „Ich bitte um eine Begründung. Solange Sie mir diese nicht geben, trete ich nicht zurück.“
Tulpanow: „Ich sage Ihnen nochmals: Treten Sie zurück!“
Hermes: „Ist das ein Befehl?“
Tulpanow: „Ja, das ist ein Befehl der SMAD!“
Hermes: „Einem Befehl muss ich mich beugen.“
Daraufhin befahl Tulpanow dem Vorstand, neue Vorsitzende zu wählen. Gewählt wurden als erster Vorsitzender Jakob Kaiser und als zweiter Vorsitzender Ernst Lemmer, die nach 48 Stunden Bedenkzeit die Wahl annahmen, wie sich der Sozialdemokrat Erich W. Gniffke erinnerte. Sie werden es nicht lange bleiben. Im Rahmen ihrer „Volksdemokratie“-Politik erschuf die SED am 26. November 1947 die sogenannte Volkskongressbewegung. Jakob Kaiser und Ernst Lemmer, die sich dagegenstellten, wurden mit den inzwischen üblichen Methoden aus dem Vorsitz der Ost-CDU gedrängt. Für sie wurde der linientreue Otto Nuschke installiert.
Auch in Thüringen wurde die CDU gleichgeschaltet. Nachdem man Hans Lukaschek zur Flucht in den Westen gedrängt hatte, waren bis zum März 1948 fast die Hälfte der Kreisvorsitzenden zum Rücktritt gezwungen oder abgesetzt worden. Georg Grosse, der sich zu Jakob Kaiser bekannte, kandidierte im Mai 1948 gegen den Landesvorsitzenden Siegfried Trommsdorff. Obwohl Grosse 149 Stimmen erhielt und Trommsdorf nur 69, verbot die SMAD Grosse die Annahme der Wahl und Trommsdorf blieb Chef der Thüringen CDU. Die Gleichschaltung der CDU wurde schließlich auch Siegfried Trommsdorf zum Verhängnis.
Zu erinnern bleibt, dass die SED sich nie aufgelöst hat, dass sie sich immer neue Namen zulegte und aktuell „Die Linke“ heißt. Der Weg war nun frei zur völligen Unterwerfung, zur Blockpartei, zur Otto-Nuschke-Partei. Und Otto Nuschke scheint auch Mike Mohrings Vorbild zu sein.
Man fragt sich, was Mohring mit diesen Äußerungen zur Unzeit erreichen wollte. Waren der Phantomschmerz verlorener Bekanntheit und die Sehnsucht nach einer Schlagzeile so groß? Wollte er der CDU schaden? Oder gegen den CDU-Landesvorsitzenden und Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag Mario Vogt intrigieren? Nachdem der treue Merkelianer Mohring nach Merkels diktatorischem Eingreifen in Thüringen, das im Grunde ein Putsch per ordre de mufti gegen die Demokratie darstellte, vom Partei- und Fraktionsvorsitz zurücktreten musste, wurde Mario Vogt zum neuen Parteivorsitzenden gewählt.
Durch Mohrings munteres Parlieren auf einer Kahnfahrt in Berlin wird die CDU in Thüringen nicht einen Wähler dazu bekommen, nicht einmal Bodo Ramelow, aber weitere Wähler verlieren. Denn, dass zurzeit, wer CDU wählt, grün bekommt, ist klar. Doch Mohrings Verdienst ist es – zumindest für Thüringen – klargestellt zu haben, wer CDU wählt, wählt Ramelow, wählt die SED.
Mohring hat nicht mit einer programmatischen Idee, nicht mit Inhalten, nicht mit Vorschlägen, wie man Deutschlands wirtschaftliche Talfahrt beenden könnte, auch nicht, wie man politische Debatten substantiiert, aufgewartet, sondern er hat nur ein Bekenntnis zur SED abgeliefert, wie es in Mitteldeutschland besonders unangenehm in den Ohren klingt.
Vielleicht hat sich Mike Mohring auch gedacht, wenn die CDU Stimmen verliert, stürzt Vogt und Mohring wird Ramelows Regierungspartner mit den Grünen, wenn sie in den Landtag kommen, oder mit der SPD oder mit beiden. Doch was würde diese Konstellation von der Konstellation in Thüringen zwischen 1948 und 1990 unterscheiden?
Vor allem aber: Was würde das an der aktuellen Politik, die Deutschland ins Chaos führt, ändern? Ein Verdienst kann man Mike Mohring nicht absprechen, sein Bootsausflug zwingt die CDU, sich zu entscheiden, ob sie eine Merkel-Partei, also eine Blockpartei in der Tradition von Otto Nuschke und Gerald Götting, oder ob sie eine bürgerliche Partei in der Tradition von Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Helmut Kohl sein will.
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Bei dieser Ausgangslage, daß alle Altparteien sich gegenseitig stützen, um an der Macht zu bleiben, koste es, was es wolle, bleibt nur eine Alternative, die hoffentlich weiteren Zulauf erhält, solange uns SPD, FDP, GRÜNE und CDU weiter ruinieren. Meine Hoffnung als Wessi ruht seit langem auf den Ossis, die offenbar (aus leidvoller Erfahrung bis 89) mehr politisches Gespür haben.
Es geht doch gar nicht mehr um Politik für unser Land, diese Politiker der Altparteien wollen nur noch an die Fleischtöpfe rankommen um sich ein schönes fettes Leben zu machen inklusive üppiger Alterversorgung.
Jetzt sehen die ihre Felle davonschwimmen und sind in Panik. Da kommt die Stutenbissigkeit und die Ellenbogen werden ausgefahren, gleichzeitig wird nach jedem Halm gegriffen um doch noch einen Sessel zu ergattern. Die dachten ihre Posten im Politikbetrieb sind auf Lebenszeit gesichert, jetzt kommt ne andere Partei und kickt die demnächst raus. Klar sind die am kotzen, müssen sich ja demnächst nen Job besorgen. ?
DIe CDU bräuchte wirklich eine Brandmauer, nur eben auf der anderen Seite!!!
Die CDU ist unter Merkel aufgestanden und geschlossen nach links gewandert unter minutenlangem Applaus für SED Mutti. Nur auf der linken Seite gibt es genug Parteien. Jetzt kann die CDU auch nicht herkommen und sagen ich will meinen alten Platz zurück.
Nein, der Platz ist jetzt besetzt, die Musik hört auf zu spielen und die CDU steht ohne Stuhl da. Die stehen jetzt vor ihrer eigenen Brandmauer und merken ihre eigene Dummheit noch immer nicht und werfen Merkel noch Preise und Medallien nach. Klatscht doch nochmal 12 Minuten lang für Mutti, die unser Land in den Abgrund geführt hat.
Die CDU ist eine Vereinigung zur Erlangung von Posten – mehr nicht. Man wird Mitglied und dann schaut man mal, wie hoch man sich schlängeln kann, wie schön man die Pensionsansprüche ausgebaut bekommt. In der Partei muss man darauf achten, dass nicht der Eindruck entsteht, dass man irgendjemand in die Quere kommen könnte, der (noch) auf einem höheren Level steht, nach außen hin muss man dem Bürger ein bisschen Kasperle-Theater vorspielen, dass man sich für ihn interessiert. Man muss vorgauckeln, dass man stets interessiert ist, das Richtige zu tun. Was das Richtige ist, definieren die Medien. In Thüringen ist die… Mehr
Danke für den kleinen historischen Exkurs zur frühen Parteigeschichte der jungen DDR! Unsere aktuelle CDU hat sich bereits unter Merkel zur Blockpartei entschieden – vermutlich weil man dachte, für immer die neue SED zu blieben, die Partei, die den Ton im Block angibt. Mit Merkel als Kanzlerin hätte diese Erwartung vielleicht noch seine Berechtigung besessen, ohne sie allerdings nicht. Jetzt ist es nur noch dumm, linke/grüne Mehrheiten abzusichern, ohne selbst davon irgendeinen politischen Vorteil zu haben, im Gegenteil, nur Nachteile! Das linke Lager war schon immer völlig skrupellos und schmerzfrei, wenn es um Macht geht. Die spd hat sich der… Mehr
DIE DDR CDU war der treue Partner der SED Genossen über viele Jahrzehnte. Nach der Wende wurde alle in die West CDU integriert. Da wächst weiter zusammen was zusammen gehört.
Mindestens so bezeichnend:
Das Schweigen von Merz und Medien dazu.
Der Skandal wird nicht Skandalisiert, der Durchschnittswähler wird das nicht erfahren, weil die Reichweite der Nachricht zu klein ist.
Objektive Fakten haben keine Lobby.
Sollte die CDU Koalitionen auf Landesebene mit der SED-Mauermörderpartei eingehen, ist diese Partei tot. Und zwar für immer.
Die CDU-Ossis sind noch eine ganze Ecke skurriler, als ihre Wessi-Kumpels. So hat der längst vergessene Ex-MP von S-A Gerd Gies unlängst zu Protokoll gegeben, er würde im Falle einer „Zusammenarbeit mit den Kommunisten“ aus der CDU austreten. Eingetreten ist er 1970. In die Ost-CDU. Mike Mohring ist zwar zu jung für eine Karriere in der SED-CDU, aber auch ein vorzüglicher Spaßmacher.
Nun ja der Mike hat nach der kleinen Wahl in Sonneberg mit den spitzen Stift gerechnet, wie die Landtagswahl wohl ausgehen wird.
Grün und Gelb bleiben aussen vor. Wie bekomme ich 51% zusammen. Nun einfach mit ganzrot-rot-schwarz.
Und wenn schwarz ein Stühlchen mehr hat als ganzrot, wird der Mike zum Landesfürst.
Das muss alles schon recht zeitig abgeklärt werden.