Merz gegen Scholz: Duell der Restposten aus Merkels Zeit

Olaf Scholz gegen Friedrich Merz. Das Duell um die Kanzlerschaft ruft nicht gerade atemlose Spannung oder ungebremste Vorfreude hervor. Diese Personal-Entscheidungen zeigen das Problem der etablierten Parteien mit der Elite-Auswahl auf.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Wer erst um 16 Uhr zum Ausverkauf kommt, kennt die Situation: Auf dem Wühltisch liegt nichts mehr, was einen wirklich lockt. Aber wenn man schon mal da ist, will man auch was kaufen. Vom abgeräumten Wühltisch zum Kanzlerduell Olaf Scholz gegen Friedrich Merz überzuleiten, ist einfacher, als es sein sollte. Beide gehören zu den Restposten der Merkel-Ära. Sie stehen für nichts, was jemand haben will. Zusammen sind sie der traurige Abglanz einer Zeit, die selbst schon nicht gerade geleuchtet hat.

Ein 68-Jähriger fordert einen 66-Jährigen raus. Das wird ihre Parteien nicht davon abhalten, den üblichen Wortmüll unter ihren Gesichtern zu plakatieren wie „Für eine Zukunft in Wohlstand“ oder „Aufbruch mit Innovation“. Belanglose Sprache für belanglose Kandidaten. Niemand wird mit einem der beiden einen Aufbruch verbinden. Niemand, den Glauben an eine bessere Zukunft. Beide stehen für die Botschaft: Es ist halt nichts anderes da und irgendwie muss es ja weitergehen.

Beide sind Restposten aus der Merkel-Zeit. Der eine war ihr Vizekanzler und hat 2021 erfolgreich damit Wahlkampf gemacht, dass er für die Kontinuität des Gewohnten stehe. Der andere ist sogar vor Angela Merkel ausgewichen. Die Frau mit der komischen Frisur ist über den nassforschen Sauerländer seinerzeit hinweggegangen wie eine Dampfwalze. Der hat sich 20 Jahre versteckt. In der Hoffnung, dass irgendwann nichts anderes mehr auf dem Wühltisch liegt. Mission accomplished. Friedrich Merz ist beim Resteverkauf an die Reihe gekommen.

Doch nicht nur Merz ist ein Verlierer, den nur Geduld an die Spitze gebracht hat. Olaf Scholz hat bei der Direktwahl um den SPD-Vorsitz verloren. Gegen Saskia Esken. Immerhin war Merz noch der Frau unterlegen, die danach Bundeskanzlerin wurde und sich 16 Jahre lang halten konnte. Scholz belegte den zweiten Platz hinter der Frau, von der sich mittlerweile selbst die Genossinnen wünschten, sie möge in keiner Talkshow mehr auftreten – weil Esken dort der Partei nur schadet. Merz gegen Scholz. Das ist wie eine Deutsche Meisterschaft im Fußball, die in sieben mal sieben Playoff-Spielen der TSG Hoffenheim gegen den VfL Wolfsburg ausgetragen wird.

Einen kleinen Silberstreif gibt es am Horizont: Wählt der Bürger Friedrich Merz zum Bundeskanzler, muss Olaf Scholz seine Parteifreunde im Kabinett mitnehmen: Karl Lauterbach, der Gesundheitsminister, unter dem die Beiträge für Pflege- und Krankenversicherung rasant steigen. Nancy Faeser, die Innenministerin, die das Vereinsrecht missbraucht, um ihr missliebige Medien zu verbieten. Unter deren Augen gleichzeitig die Messergewalt rasant ansteigt und gesuchte Linksterroristen dem Staat eine Nase drehen dürfen. Klara Geywitz, die Bauministerin, unter der Wohnungsnot herrscht, aber die Zahl der gebauten Wohnungen rückläufig ist. Oder Svenja Schulze, unter deren Verantwortung mit deutschem Geld Radwege in Peru gebaut werden. Die Sozialdemokraten im Kabinett sind die Ware eines Wühltischs, die geschenkt immer noch keiner haben wollte. Egal, wie schnell der Ladenschluss naht.

Doch selbst dieser Silberstreif leuchtet nur mau. Das zeigt ein Blick auf die Führungsreserve der Union: Favorit auf den Posten des Wirtschaftsministers ist Jens Spahn. Der hat als Merkels Gesundheitsminister derart versagt, dass er heute mit keinem Journalisten reden will, der ihn auf diese Zeit anspricht. Aus den Bundesländern könnten sich Merkelianer wie Daniel Günther oder sogar der Wahlverlierer Tobias Hans mit Posten versorgen lassen. Und da er der CSU etwas schuldet, ist Merz durchaus zuzutrauen, dass er Alexander Dobrindt zum Verkehrsminister macht. Kontinuität im Versagen – was kein schöner, aber ein ehrlicher Slogan für Merz‘ Wahlkampf wäre.

Echte Talente haben sich in den drei Jahren in der Union nicht aufgedrängt. Am ehesten noch der Generalsekretär und der parlamentarische Geschäftsführer, Carsten Linnemann und Thorsten Frei. Wie mau es um den christdemokratischen Nachwuchs aussieht, zeigt das Beispiel Yvonne Magwas. Nach dem Rauswurf aus der Regierung hat die Lebensgefährtin des ehemaligen Ostbeauftragten Marco Wanderwitz das einzige Amt erhalten, das die CDU zu vergeben hatte: das eines Vizepräsidenten im Bundestag. Das machte die heute 44-Jährige zur Führungsreserve der Partei.

Was hat Magwas draus gemacht? Zur nächsten Wahl will sie nach eigenen Angaben nicht mehr antreten. Die Gesellschaft sei ihr zu sehr verroht. Uiuiuiuiui. Da macht sie Karriere als die Partnerin eines Mannes, der hauptberuflich über die Ostdeutschen geklagt hat. Sie nutzt diese Chance, um Bürger in Serie anzuzeigen. Und trotzdem lieben die sie nicht? Wie verroht kann eine Gesellschaft noch werden? Aber auch egal. Magwas wird noch am Tag ihres Abschieds vergessen sein. Die Union muss für sie nur jemand anderen finden, auf den die Attribute weiblich, ostdeutsch und an einem üppigen Pensionsanspruch interessiert zutreffen.

Nun geht es in der Bundestagswahl nicht nur um zwei Parteien. Die anderen stellen auch Spitzenkandidaten auf. Wie Robert Habeck. Er ist kein schlechter Wirtschaftsminister, sondern hat nur Pech mit jedem einzelnen Projekt. Oder Christian Lindner, dessen Motto mittlerweile lauten könnte: Lieber schlecht regieren, als gar kein Geld verdienen. Keiner benennt so genau wie Lindner, was in der Politik richtig wäre – und keiner macht so konsequent das Gegenteil davon wie der FDP-Chef.

Aber nicht nur die Kandidaten werden bei der nächsten Bundestagswahl so sein, als ob sie von einem leergeräumten Wühltisch stammen. Inhaltlich sieht es genau so aus: Schon jetzt sind die Steuern und Abgaben so hoch und der Sozialstaat so teuer, dass es jedes wirtschaftliche Engagement in Deutschland abwürgt. Doch um sich die Wahl noch einmal zu kaufen, will der Amtsinhaber mit noch mehr Sozialstaat Wahlkampf machen. Merz‘ Partei will das Renteneintrittsalter immer weiter nach hinten schieben, statt die Gründe anzugehen, die Sozialversicherungen erst teuer machen. Der eine verspricht Wohltaten, die nur kosten werden. Der andere konzentriert sich gleich auf die Kosten. Da scheint sogar die 43. Partie in Folge der TSG Hoffenheim gegen den VfL Wolfsburg gar nicht mal so unattraktiv.

Die Parteien haben ein massives Problem mit der Eliteauswahl. Wenn diese nichts Besseres hervorbringt als Friedrich Merz oder Olaf Scholz, Klara Geywitz oder Yvonne Magwas, dann stimmt etwas nicht. Entweder mit dem Verfahren. Oder mit den Bewerbern. Die Wahl 2025 wird eine traurige Angelegenheit. Weil es den etablierten Parteien von Linke über Ampelparteien bis zur Union an gutem Personal fehlt und weil sie gleichzeitig noch halbwegs sicher an den Fressnäpfen der Macht kleben. Doch wehe ihnen, andere Parteien kommen mit charismatischen Gegenkandidaten.

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Kommentare ( 47 )

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Sonny
2 Monate her

Das Geklüngel innerhalb der Altparteien verhindert ja auch geradezu, dass noch irgendwelche echten Experten neu dazu stoßen. Der ewig neugemischte Brei aus alten, verbrauchten und unfähigen Möchtegernpolitikern ist doch nur deshalb noch am Leben, weil ein Großteil der Presse sie nach wie vor „schont“.
Und ohne die Hofpresse der Zwangs-Bezahl-Presse ÖRR wäre längst Schicht im Schacht. Die sind wirklich die wahren Mitverursacher allen Übels in Deutschland.

DDRforever
2 Monate her

Tja, das ist eben die BRD und Ihr Politzirkus.Und Geistesgrößen wie Frau Barbock werden nicht einmal genannt. Aber immer schön über andere Länder herziehen.

luxlimbus
2 Monate her

Formal leben wir in einer Abgeordneten-, in einer parlamentarischen, Demokratie – tatsächlich aber haben die Parteispitzenklüngel Sagen und Macht. Anspruch und Wirklichkeit gehen getrennte Wege, ein Aufschrei bleibt jedoch, mangels integerer Kräfte, aus. Wenn man also ein gutes System korrumpiert, warum soll es dann hehrere Ergebnisse beim Spitzenpersonal liefern?! Ja, – Scholz & Merz spielen in der Restposten-Liga (Steinmeier wäre in diesem Zusammenhang auch noch als höchst prominent zu nennen!), aber dies ist schlicht noch das Beste, was unter diesen Umständen (plus Total-Ausfall der „Vierten-Gewalt“), zu erwarten ist. Außer ein paar Ossis stört es scheinbar eh keinen…

MfS-HN-182366
2 Monate her
Antworten an  luxlimbus

Die Deutschen und ihre ungeliebten „Gäste“ leben zur Zeit in einer Mehrparteiendiktatur, genauer gesagt, in einem Parteienkonglomerat. Das hat Ähnlichkeit mit der SED-Diktatur, wo die anderen Parteien der DDR auch nur Befehlsempfänger der SED waren. Also, wenn heute jemand von der DDR.02 spricht, ist es nicht ganz verkehrt. Deutschland ist arm dran, innerhalb eines Jahrhunderts drei Diktaturen erleben zu müssen.

norbertb783
2 Monate her

Weder Merz noch Scholz (oder Pistorius) werden den Kurs Richtung Niedergang Deutschlands ändern. Dazu bedürfte es ganz andere, neue Personen vorne an der „Front“. Diese sind nicht in Sicht. Sollte die nächste Bundestagswahl wirklich erst im September 2025 stattfinden, wird m.E. wahlentscheidend sein wie die wirtschaftliche Situation ist und wie die Auswirkungen der fortlaufenden illegale Migration bis dahin den Alltag der Wahlberechtigen bestimmt.

Montesquieu
2 Monate her

Es gibt interessante Theorien, weshalb Parteiendemokratien zwangsläufig entweder in Machtkartelle oder Kakistokratien münden.
Parteiendemokratie ist jedenfalls kein Zukunftsprojekt, wenn mal der Schutt im weitesten Sinne weggeschaufelt sein wird.

Benedictuszweifel
2 Monate her

Es gibt eine Alternative.

Wilhelm Roepke
2 Monate her

Alice Weidel wäre eine gute Kanzlerin, Tino Chrupalla ein guter alleiniger Fraktionschef, Stephan Brandner ein guter Innenminister, Herr Böhringer ein guter Finanzminister, usw. Alles gute Leute, die aber Dinge sagen, die die Mehrheit der Deutschen im Moment nicht hören will, weil sie die Wohlfühloase stören. Dann halt auf die harte Tour.

Alf
2 Monate her

Die Parteien haben ein massives Problem mit der Eliteauswahl.?
Falsch. Das Problem sind die Parteien. Die wahren Eliten sind nicht in der Partei.
Und wen interessiert der Kanzlerkandidat der CDU?
Richtig. Niemand.
Das Land geht vor die Hunde und die Qualitätsmedien schwurbeln über Politikkleber, die an ihren Sitzen kleben.

Peer 70
2 Monate her

Wer fürchtete sich vor Kohls: Mein Mädchen“? Es war Merz, der dann aus der Politik, das weite Feld suchte und 20. Jahrelang kuschte. Offensichtlich fühlte er sich wohl dabei. Bei BlackRock stieg er zum „mittelständischer“ Multimillionär auf und kehrte geschwollen, nach Merkels Abgang im dritten Wahlversuch, als Parteivorsitzenden in die CDU-Politik 2021 zurück. Somit sei dem Souverän im Lande angeraten: Man kann aus einem Wischlappen keinen Funken schlagen!“

Guzzi_Cali_2
2 Monate her

Ich finde „Restposten“ geradezu gelobhudelt. „Resterampe“ fände ich passender.