Markus Söders Schwindel mit seinem Kampf gegen die Grünen

Markus Söder zieht durchs Land und verspricht, dass es mit ihm keine Koalition der Union mit den Grünen geben wird. Niemand würde dagegen wetten, dass er dieses Versprechen brechen wird. Nicht nur deshalb ist es dumm.

Markus Söder (CSU) bei einer Wahlkampf-Veranstaltung der sächsischen CDU, Dresden, 26. August 2024

Keine Angst. Das wird kein Text darüber, wie wenig wert das Wort von Markus Söder ist. Der Fastnachtfan hat in seinem Schrank das Kostüm zum Ausstieg aus der Atomkraft ebenso hängen wie das zur Laufzeitverlängerung. Wie alles in seinem Leben zieht er immer genau dann das an, was gerade gefragt wird. Aktuell gibt er den Grünen-Gegner, der jedem, der es nicht hören will, erzählt, dass es mit ihm als CSU-Chef keine Koalition mit den Grünen geben werde.

Dass sein Wort weniger lange hält als eine Handvoll Zucker in einer 90-Grad-Wäsche? Geschenkt. Dass die Union vor den Wahlen in Sachsen und Thüringen eine Zusammenarbeit mit den Grünen ausschließt, um aus dem Zorn gegen die Grünen Stimmen zu machen? Dass die gleiche Union aber nach den Wahlen mit eben diesen Grünen koalieren wird, wenn die es denn in die Parlamente schaffen? Darauf bietet TE keine Wahlwette an – es würde niemand dagegen halten wollen.

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Trotzdem ist es bemerkenswert, wie beharrlich Söder durchs Land tourt, um sein leeres Versprechen von dem Ausschluss einer Zusammenarbeit mit den Grünen abzugeben. Unter Angela Merkel hat die Union es verlernt, Grenzen zu schützen. Unter Söder und Friedrich Merz hat sich die Partei Konrad Adenauers und Helmut Kohls darauf spezialisiert, Brandmauern zu bauen.

Merz hat eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht ausgeschlossen. Zuerst. Mittlerweile ist er – wieder mal – zurückgerudert, mit genau den erwartbaren Ausreden: Die Verbände vor Ort müssten entscheiden, es ginge um die Themen und so weiter. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Hat sich Wagenknecht den Positionen der Union genähert? Im Gegenteil. Die ehemalige Vorsitzende der Kommunistischen Plattform in der PDS hat gesagt, dass ihr Bündnis nur mit Parteien koalieren werde, die sich gegen die Unterstützung der Ukraine aussprechen. Auch auf Landesebene. Trotzdem hat Merz seine Position geändert und segnet Koalitionen mit dem Bündnis ab. Das zeigt, wie wenig es dem CDU-Chef um Inhalte und wie sehr um den Machterwerb des Machterwerbs wegen geht.

In dem Moment, in dem Söder und Merz die Brandmauern gegen Grüne beziehungsweise Bündnis Sahra Wagenknecht hochgezogen haben, war jedem politisch denkenden Menschen klar: Das ist nur Geschwätz. Das überlebt den Tag nicht, an dem es ausgesprochen wurde. Inhaltlich macht das sogar Sinn. Denn irgendwann ist es auch mal gut mit Brandmauern. Das zeigt ein Blick auf die EU-Wahl und auf die aktuellen Umfragen auf Bundesebene. Vor allem, wenn man die AfD einbezieht, gegen die es bereits eine Brandmauer gibt, die hält.

Bei der EU-Wahl haben Grüne, AfD und Bündnis zusammen mehr als ein Drittel der Stimmen geholt. In den bundesweiten Umfragen liegen sie zusammen bei knapp 40 Prozent. Würde die Union die Brandmauern ernst nehmen, die Merz und Söder beschwören, bliebe der Partei als letzte Machtoption eine Zusammenarbeit mit der SPD. Zumal der FDP im September 2025 der Abschied aus der Geschichte droht.

Die Älteren werden sich an die Tage erinnern, in denen eine Koalition aus SPD und Union „große Koalition“ genannt wurde. Den Umfragen zufolge hätte sie im Bundestag nur noch eine Mehrheit, wenn FDP und Linke nicht mehr im Parlament vertreten sind und es auch sonst keine Partei aus dem Block der „Sonstigen“ über die 5-Prozent-Hürde schafft.

Schon jetzt sind im Bundestag acht Parteien vertreten: als Fraktionen, Gruppen oder Landesgruppen. Die Aufsplitterung der Parteienlandschaft wird eher fortschreiten, als sich zurückfahren lassen: Mit Volt, Freien Wählern, Werteunion und Tierschutzpartei stehen mehrere Parteien nicht mehr nur noch im Startblock für den Einzug in Parlamente – sie sind zum Teil schon losgelaufen.

Diese Zersplitterung macht Brandmauern unsinnig. Die zusätzlichen ebenso wie die bestehende. Derzeit legen die Parteien von Grüne bis Union einen Spagat hin, der sie zu zerreißen droht: In der Woche vor der Wahl beschwören sie, welche unverzeihliche Tat es wäre, mit der AfD zu koalieren. Doch in der gleichen Woche versprechen sie auch, die Konzepte der AfD gegen die illegale Einwanderung umzusetzen. Ausgerechnet in dem Themenfeld, dessentwegen sie die AfD einbunkern wollen, nähern sich die Brandmaurer dieser AfD an. Offensichtlicher ist selten zuvor eine Lebenslüge geplatzt.

Koalitionen mit nur zwei Parteien werden künftig die Ausnahme sein. Selbst die „große Koalition“ wäre wegen der CSU ja eine Koalition aus drei Parteien. Die Koalitionen der Zukunft werden drei, vier oder vielleicht sogar fünf Parteien unter ein Dach bringen müssen. Das wird nicht mehr gehen, indem ein 200-seitiger Koalitionsvertrag abgearbeitet wird. Stattdessen wird es um Bündnisse gehen, die solide die Aktualität abarbeiten und sich auf einige wenige, machbare Projekte konzentrieren. Derzeit versprechen SPD, Grüne, FDP und Union in der Einwanderungs-Frage nichts, was die AfD nicht auch mittragen könnte. Die Brandmaurer haben nicht vor, diese Versprechen einzuhalten. Aber davon soll dieser Text nicht handeln. Versprochen.

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Kommentare ( 25 )

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Wolfgang Schuckmann
20 Tage her

Nach diesem Wochenende wird alles bleiben wie es auch in Frankreich wurde.
Da werden Leute hoffährig, die früher von den Schmeichlern nicht mal mit der Pinzette angefasst worden wären. Da koalieren Leute, die vor 40 Jahren noch aufeinander geschossen hätten.
Wie sie’s anstellen werden wird man sehen, jedoch das Ergebnis steht jetzt schon fest.
Alle Protagonisten an Bord und für jeden fällt was ab.
Verrat wohin man sieht. Und die AFD? Wird wohl auf Platz eins landen und trotzdem nichts zu sagen haben. Prächtige Perspektiven.

Armin Reichert
21 Tage her

Die Täterpartei #1, die Merkel-CDU, die Deutschland vollends in die Scheiße geritten hat, macht jetzt einen auf Retter der Nation:

https://www.bild.de/politik/inland/das-sagen-scholz-und-lindner-zum-deal-ueber-asyl-von-merz-66cdf334afec1b0c7c1eed14

Ich frage hiermit jeden Wähler der CDU: Wann genau hat man Dir ins Gehirn geschissen?

H. Hoffmeister
21 Tage her

Ich wähle keine der mich verachtenden Altparteien. Es gibt wenige Alternativen, aber es gibt sie und deren Protagonisten haben noch nicht bewiesen, dass ihr einziges Ziel das Opfern unseres Gemeinwesens auf Klima- und Vielfaltaltar ist.

rainer erich
21 Tage her

Der saubere Herr Soeder, ein protestantische Nürnberger, schielt natuerlich immer auch auf die rotgruen durchwirkten Städte des Freustaates. Inzwischen sind diese, selbst das katholische Erzbistum Würzburg, fest in gruener Hand. Nuernberg ist notorisch rot, stark rot sogar, was vor ueber 80 Jahren auch entsprechend genutzt wurde, Muenchen rotgruen, Regensburg gruen usw, usw.. Der eine Teil besteht aus Studenten, der andere aus gut betuchte Hipster, besonders in Muenchen verbreitet, mit dem Bedürfnis wegen des notorisch schlechten Gewissens, “ politisch“ etwas fuer ihr Wohlfuehlgefuehl zu tun. Zudem duerfte der uebliche urbane Hedonismus den Gruenen helfen. Der Herr Soeder moechte natuerlich den Leuten… Mehr

Bosmer
21 Tage her

Nun Sachsen hat es doch zur letzten LTW vorgemacht. Diesen Verrat an dem Wählerwillen, vergesse ich der CDU niemals! Zur letzten LTW hätte die CDU plus AfD eine satte Mehrheit gehabt. Kretschmer hat Linksgrün für sich gewählt und wichtige Ministerposten an diese woken Ideologen verschenkt. Wenn es wirklich um Sachsen gehen würde, wie auf dem Bild steht, dann sollte die AfD am 1.9. die absolute Mehrheit erreichen, zumindest eine Prozentzahl, um einer neuen Kretschmer-Regierung die Suppe zu versalzen. Schwarz-Grün steht immer noch auf der Tagesordnung. Machen wir uns da nichts vor. Das BSW, auch wenn es jetzt in Nazi-Nähe gerückt… Mehr

Bonzo der Grosse
21 Tage her

Das zeigt, wie wenig es dem CDU-Chef um Inhalte und wie sehr um den Machterwerb des Machterwerbs wegen geht. Das ist doch seit jeher der einzige unausgesprochene dafür aber verbindliche Punkt im CDU-Programm. Machterwerb des Machterwerbs wegen – Machterhalt des Macherhalts wegen. Nur deshalb konnte Merkel die CDU komplett programmatisch entkernen, weil dieses Dogma des Machterwerbs und -erhalts der einzige unverhandelbare Programmpunkt innerhalb der CDU war und ist. Das Land, oder gar das Wohl seiner Bürger stand für die CDU seit Erhard schon nicht mehr im Mittelpunkt der Politik. Es ist bitter zu dieser Erkenntnis zu kommen und viele CDU-Wähler… Mehr

Wilhelm Roepke
21 Tage her

Mit Verlaub, Herr Thurnes, Sie verkomplizieren die Situation völlig unnötig. Deutschland hat trotz Gründung des BSW seit 11 Jahren genau 2 Parteien: die AFD und den Verbund der Kartellparteien. Der Rest ist Ablenkungsmanöver. Punkt.

Der-Michel
21 Tage her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Ich würde den Begriff: „Volksfront“ für die Kartellparteien bevorzugen. Das trifft es m.E. besser.

Nibelung
21 Tage her

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und alles wäre ganz einfach, sie müßten nur Koalitiongespräche mit den Blauen führen um bei Einigkeit Neuwahlen einzufordern und der rot-grün-gelbe Spuk wäre vorbei und nur darauf kommt es an, alles andere ist nichts anderes als ein riesiges Theater-Donner, aber bei dieser Art von Politikern nicht verwunderlich, weil sie lügen wie gedruckt und nicht annähernd die Absicht haben etwas zu verändern, denn sonst würden sie handeln und zwar im Sinne des Landes und seiner Bevölkerung. Der Friedrich Merz kommt gerade aus dem erfolglosen Gespräch mit dem Kanzler heraus und seine Begründung ist so… Mehr

moselbaer
21 Tage her

Es sind immer wunderliche Sprünge, die der Teufel macht, wenn er in den Weihwasserkessel fällt. Man wacht auf und reibt sich verwundert die Augen – plötzlich sind die AfD-Positionen bzgl. Immigration auf beiden Seiten der Brandmauer konsensfähig! Wenn Merz und Söder hier wirklich was für das Vaterland bewegen wollten: mit der AfD gäbe es eine solide bürgerliche Mehrheit dafür…

Dr. Meersteiner
21 Tage her

Farbenblind sind sie wohl auch bei der CDU/CSU. Die auf dem Bild abgebildete Kulisse ist schwarz auf grün, Botschaft, wir von der Union setzen auf grün.