Was kann man über die FDP-Umfaller-Partei noch sagen, was nicht längst gesagt wäre? Vielleicht so viel: Mit der Hartnäckigkeit, mit der die Partei derzeit umfällt, kommt sie auf der anderen Seite wieder aus dem Erdboden heraus. Damit geht ein merkwürdiger Versuch der Ehrenrettung einher: Die FDP würde ja noch in ihrer Regierungsfunktion das Schlimmste verhindern.
Nichts von dem, was uns Buschmann präsentiert, ist neu. Alles, was schon im 7-Punkte-Plan angedeutet wurde, wurde nunmehr auf mehr als 80 Seiten im Detail ausgewalzt. Die FDP stilisiert sich wieder als Oppositionsschauspielerin, obwohl sie den Vollziehungsstrich unter die Dokumente setzt. Sie sieht sich als Katechon, obwohl sie das Übel nicht aufhält, sondern mitantreibt. Buschmann steht mit dem Hardliner Lauterbach auf der Bühne und tut so, als sei er Zuschauer und Kritiker des Stücks und nicht Darsteller. Der Justizminister erscheint in dieser Position nicht wie der Wahrer des Rechts, sondern wie ein windiger Winkeladvokat.
Stattdessen präsentiert uns Buschmann die Verhinderung der allgemeinen Maskenpflicht als Erfolg, weil sie ja „nur“ auf den öffentlichen Nahverkehr begrenzt bliebe. Das heißt: Statt über Freiheit zu reden, sollte man sich doch darüber freuen, dass man diese nicht auch in anderen Bereichen abschafft. Im Nachbarland Belgien hat man dagegen das Ende der Maskenpflicht in Bus und Bahn bereits im Mai mit einer Kampagne regelrecht gefeiert. Buschmann behauptet, dass das Virus nicht weg sei, aber ganz offenbar fürchtet es sich vor der außerdeutschen Grenze.
Bei diesem FDP-Mythos geht es jedoch nicht so sehr um das konkrete Handeln der ehemaligen Justizministerin: Es geht vielmehr um das Bild eines ideal gedachten Justizministers. Der Bundesbürger assoziiert zumindest dem Namen nach damit jene Bonner Republik, in der der Justizminister im Zweifel auf der Seite des drögen Rechts stand: bis hierhin und nicht weiter. Dass die FDP in der Vergangenheit einen guten Ruf mit ihren Justizministern behielt, selbst wenn das restliche Personal versagte, hing auch mit einer gewissen Nostalgie zusammen. Die Liberalen fügten in Regierungszeiten die Prämisse zu: im Zweifel für die Freiheit.
Stattdessen stehen Buschmann und Lauterbach in Eintracht zusammen. Das Einzige, was an dem schwammigen Antrag festsitzt, ist das Enddatum am 7. April. Wüsste man nicht um die Glaubensferne der Akteure, man könnte es als feine Ironie betrachten, dass der Kreuzweg der Deutschen am Karfreitag enden soll.
Wieder zeigt sich der Pilatus-Moment in Buschmanns Ministerzeit. Denn das Zusammengehen mit Lauterbach ist nicht nur Kooperation; es ist Kollaboration, weil der Justizminister die Aufgabe hätte, einen solchen Gesetzesentwurf im Kabinett zu verhindern, statt ihn auszuarbeiten. Wieder wäscht sich Buschmann die Hände in Unschuld: Wie die Länder die Folterinstrumente anwenden, ist ihre Angelegenheit.
Umso unglaubwürdiger gerät aber das Oppositionsschauspiel in der Regierung, weil es mit einem Koalitionsbruch tatsächlich eine Möglichkeit gäbe, das vermeintlich Schlimmste zu verhindern. Der Ausstieg der FDP könnte ihren Abstieg beenden. Da sie auf Kurs bleibt, liegt es an den Wählern, sie aus der Regierung – und aus dem Parlament herauszutragen. Buschmann ist bei den einstigen Anhängern längst zum Buhmann geworden.