Dieser Tage analysieren die Medien wieder den Erfolg der AfD. Dabei spielen ihre Stärke in Ostdeutschland und dessen wirtschaftliches Schattendasein eine wichtige Rolle. Nur: Dieser These widersprechen Angaben der Bundesregierung.
Die AfD trifft sich an diesem Wochenende zum zweiten Teil ihres Parteitags. Zudem steigt die Partei weiter in den Umfragen. Das zieht entsprechende Erklärungsversuche der meisten Medien nach sich. In diesen spielt der Osten Deutschlands, genauer gesagt die ehemalige DDR, eine zentrale Rolle. Denn dort holt die AfD mit Abstand ihre besten Ergebnisse.
Die besagten Analysen sind voll von Stereotypen. Der Osten sei wirtschaftlich abgehängt, die Bevölkerung dort deshalb verunsichert und sie müsse – am wichtigsten von allem – „besser mitgenommen“ werden. Doch sind das weniger Analysen. Es sind mehr Märchen, mit denen ihre Erzähler glauben machen wollen, alles könne gut werden: Wir kümmern uns wirtschaftlich um den Osten, der erlebt eine Blüte, alles ist gut, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
Wie viele ostdeutsche Städte finden sich nun in der Übersicht der Städte mit dem höchsten Bürgergeld-Bezug? Rechnet man alle zusammen, sind es null. Stattdessen dominiert Nordrhein-Westfalen diese Tabelle. Neun von 15 Städten liegen im Verantwortungsbereich des Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). Es wäre spannend, mal eine Analyse zu lesen, in der sein Erfolg auf die hohe Abhängigkeit seiner Bürger vom Staat zurückgeführt wird.
Gelsenkirchen führt diese Liste an: 24,9 Prozent seiner Bürger beziehen Bürgergeld. Das ist fast genau jeder Vierte. Auf den Plätzen vier bis neun folgen Duisburg, Dortmund, Essen, Herne, Hagen und Oberhausen. Wuppertal und Mönchengladbach belegen die Plätze elf und zwölf. Deutschlands kleinstes Bundesland ist mit beiden Städten in der Liste vertreten: Bremerhaven (Zweiter) und Bremen (Zehnter). Dazu kommen Wilhelmshaven (Dritter), Salzgitter (13.), Pirmasens (14.) und Saarbrücken (15.). In Saarbrücken beträgt die Bürgergeld-Quote noch 16,0 Prozent.
Das Abrutschen der Städte in eine hohe Abhängigkeit von Bürgergeld lässt sich leicht erklären. Es ist der Niedergang von Schlüsselindustrien: In den nordrhein-westfälischen Städten und in Saarbrücken war es der Niedergang des Abbaus und der Verarbeitung von Schwarzkohle. In Bremen, Bremerhaven und Wilhelmshaven der Bedeutungsverlust der Werften und in Pirmasens die Verlagerung der Lederverarbeitung und Textilindustrie in andere Länder – vor allem nach China.
Also ganz einfach: Im Osten leben die Alten, die sind in Rente, deshalb müssen sie nicht ins Bürgergeld. Folglich sind die Anteile niedriger als in den Städten, die Hendrik Wüst regiert. Doch so einfach ist es eben nicht. Seit 2011 nahm der Anteil der Menschen unter 20 Jahren in Ostdeutschland schneller zu als in Westdeutschland. Im Osten drängen also durchaus Menschen ins Berufsleben – würden sie in Gelsenkirchen leben, würden sie eher ins Bürgergeld drängen.
Warum der Osten nicht so stark vom Bürgergeld abhängig ist wie der Westen, lässt sich auch durch die Zuwanderung erklären: Im Westen betrug der Ausländeranteil 2021 laut Statistischem Bundesamt 14 Prozent – im Osten waren es demnach 6 Prozent. Ausländer sind laut Bundesregierung überdurchschnittlich stark im Bürgergeld vertreten. Im Februar waren es demnach 46,9 Prozent Ausländer. Von allen Bürgergeld-Empfängern kamen 16,4 Prozent aus den acht Ländern mit dem stärksten Asyl-Zuzug.
Die Einwanderung ist aber nicht der einzige Grund für die niedrigere Abhängigkeit ostdeutscher Städte vom Bürgergeld. Der Osten hat seinen Umbruch direkt nach 1990 erlebt. Das hatte viele Gründe: Manche lagen nicht an der Wirtschaft der DDR, etwa dass nach 1990 ihre Absatzmärkte zusammenbrachen. Andere hingen dafür sehr stark mit der Politik der DDR zusammen: Die wollte unter Erich Honecker schneller Wohlstand verteilen, als das Land diesen erwirtschaftete. Also investierte sie nicht mehr in ihren Maschinenpark und auch sonst nicht in die Infrastruktur. Für Menschen, die vor 1990 in Ostdeutschland waren, sind die ramponierten Straßen das Symbol für den Niedergang der DDR. In dessen Folge nahmen Städte wie Schmalkalden Spitzenpositionen bei der Bedürftigkeit der Bürger ein.
Journalisten von ARD, ZDF, Süddeutsche und Co nehmen Menschen gerne mit. Vor allem die Menschen, die nicht mitgenommen sein wollen. Darunter leidet ihre Analysenschärfe. Besonders, wenn es um den Osten geht. Das Märchen von den Armen, die nur reich werden müssen und alles ist gut – das ist halt keine Analyse.
Die wirtschaftlichen Umbrüche im Westen haben länger gedauert als im Osten. Der Niedergang der Schwarzkohle, der Werften oder der Textilindustrie spielte sich über Jahrzehnte ab. Die Menschen im Osten haben den wirtschaftlichen Umbruch als Schock erlebt, der fast vom einen auf den anderen Tag über sie niederging. Auch das lässt sie anders auf Politiker reagieren, die der Wirtschaft am offenen Herzen herumoperieren. Oder auf Politiker, die versprechen, die Einwanderung werde die Probleme am Arbeitsmarkt lösen – und dann stellen sie in der Realität 46 Prozent der Bezieher von Bürgergeld.
Die Braunkohle spielt in Ostdeutschland immer noch eine besondere Rolle. Die Menschen dort reagieren skeptisch auf Parteien, die sich deren Ende zum Ziel machen. Zumal sie – das eint sie mit den Menschen im Westen – erlebt haben, wie sich der Ausstieg aus der Atomkraft ausgewirkt hat. Das Versprechen einer Transformation soll sie da mitnehmen? Viele wollen sich nicht mitnehmen lassen und gehen daher zu der Partei, die das in Sachen Transformation nicht versucht.
Transformation gab es übrigens schon früher. Damals nannte sich das Strukturwandel. Den versprachen Politiker den Menschen in Gelsenkirchen, als es mit der Schwarzkohle zu Ende ging. Die Arbeitsplätze, die dort verloren gingen, sollten in neuen Branchen wiederentstehen. Heute stehen die Menschen in Gelsenkirchen auf Platz eins der Städte mit dem höchsten Anteil an Bürgergeld-Beziehern. Nachvollziehbar, wenn die Ostdeutschen da den Märchenerzählern von heute nicht glauben wollen.
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Der wesentliche Grund für die vielen Sozialfälle im Ruhrgebiet ist doch das besonders mangelhafte Bildungsniveau der vielen Migranten in den westlichen deutschen Billigstädten: sind sie gut gebildet, gehen sie als Rumänen oder Polen in die teuren Regionen mit teuren Wohnungen, aber guter Arbeit: Stuttgart, Nürnberg, Rhein- Main, Hamburg. Sonst geht es dorthin, wo viele billige Wohnungen lange leerstanden und leicht zu haben waren und es zudem schon eine eigene Subkultur gibt: Gelsenkirchen und Duisburg. Dieses Thema wird üblicherweise übersehen. Dazu: Im Osten konnte man nicht in schon vorhandene Milieus (die noch im Zuge der einfachen Altindustrien im 1960er ff- Westen… Mehr
Das Gros der Medien gehört auf die Couch! Sie müssen halt warten bis Böhmermann und Konsorten austherapiert sind, die Wartelisten sind lang! Dieser Wahn hinter jeder Ecke und jeder Person die nicht stramm grünsozialistisch denkt Rechtsextremismus zu wittern, ist psychisch bedingt. Die Leute sind einfach krank im Kopf! Hochkomplizierte, anstrengende, gefährliche Menschen sind das, mit denen ich mich gar nicht beschäftigen will. Nicht dass die mich noch anstecken! Gibt’s da keine Genspritze die helfen könnte? BioNTech ist doch findig, die könnten was zusammenrühren!
Ich habe Verwandte im Osten und finde es auch eine Sauerei die Menschen im Osten als tendenziell Rechtsradikal usw. zu beschimpfen.
Viele Menschen dort haben nicht diesen idiologisch gefärbten Blick und das ist gut so. Das würde ich mir hier auch wünschen, hier fahren gut versorgte Leute E Lastenbikes zu 10.000€ und haben einen E Porsche oder Audi in der Garage stehen. Das es den meisten Menschen wirtschaftlich nicht so gut geht wie Ihnen, ist denen scheissegal.
Mit dem Mitnehmen ist so eine Sache.
Es hat mir noch keiner gesagt, wohin und ob ich wieder zurück darf und auch nicht, ob freiwillig oder zwangsweise.
Ich gehe dann lieber irgendwann wenns passt alleine.
Rückblickend für mich haben wir 1989 den einen Rattenfänger abgeschüttelt, um dem nächsten hinterher zu rennen.
Musikalisch bringt die Band Weimar das in ihrem Titel „Vom Wahnsinn gefangen“ auf den Punkt. Für mich.
Gerd, das ging uns im Westen nicht anders als von Blühenden Landschaften geredet wurde, wir dann aber schnell millionen Arbeitslose mit zu finanzieren hatten unser Lebensstandard drastisch in den Keller ging und obendrein die Medien dann auch noch das Bild vom Nörgelossi geschaffen haben der sich die DDR zurück wünscht.
Strukturwandel? Das gab es nie. Es waren immer nie wiederkehrende Branchen und Chancen. Das war der Pott. „SPD for ever = no future“. Auch for ever.
Max Otte tweetet von der Weltbank: Die Folge der Sanktionen: Russland hat nur die größte Volkswirtschaft in Europa – vor Deutschland.
Die Ampel kann es nicht.
Schon meine Mami hat mich früher vor Leuten gewarnt, die mich „mitnehmen wollen“ – solche Leute wollten damals wie heute nichts Gutes.
Bonjour, bitte das Datum unter dem Titelbild korrigieren… Dank und Gruß.
Was hat der Autor nur mit seiner Schwarzkohle? Kann er kein deutsch? Was soll das sein? Braunkohle ist braun, aber Holzkohle und Steinkohle sind schwarz und Koks ist grau. Wird er uns bald auch mit Graukohle beglücken? Das Zeug, welches er meinte, nannte und nennt sich Steinkohle.
Glück auf.
Mitteldeutschland (Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt) und Mittelnorddeutschland (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommen) wurden wirtschaftlich mittels der Treuhand durch Unvermögen und Eigennutz tatsächlich abgehängt. So hat Thüringen prozentual den höchsten Anteil an Bürgern mit Mindestlohn. Und gut zwei Millionen überwiegend jüngere und mittelalte Bürger aus Mitteldeuschland und Mittelnorddeutschland gingen ab 1990 in das Gebiet der alten Bundesrepublik. Was auch erklärt, warum das Durchschnittsalter in Mitteldeutschland und Mittelnorddeutschland etwas höher ist als im Gebiet der alten Bundesrepublik. In Mitteldeutschland und in Mittelnorddeutschland sind wohl viele Bürger bei Vernunft und Verstand geblieben, weshalb sie aus nüchternem Kalkül die AfD wählen. Der ab den 1970ern in der alten… Mehr
Es lohnt in diesem Zusammenhang, die Binnenwanderung in Deutschland, also global von Deutschen innerhalb Deutschlands und dann speziell von Ost nach West, zu untersuchen. Im Osten waren es zuerst und ganz besonders junge Frauen, die ihre Heimat in den frühen 1990ern nahezu fluchtartig nach Westen verließen. Ich habe das hautnah in der Kita meines Neffen erlebt, die im Ostteil Berlins lag. Dort gab es häufig regelrechte Waisenkinder über Nacht, aber nicht, weil ihre Eltern plötzlich gestorben waren, es waren Kleinkinder alleinerziehender Mütter, die sich ohne Vorankündigung und über Nacht unrer Zurücklassung ihrer Kinder in den Westen absetzten, um dort, ohne… Mehr
Lieber Berlindiesel, also links und liberal geht nicht zusammen! Es gibt eine neue Studie, dass die überwiegend linke Bevölkerung in den Städten keine anderen Meinungen/ Ansichten tolerieren kann, also illiberal und damit totalitär sind. Die „Damen“ in diesen illiberalen Hochburgen sind nur an ihrer eigenen Karriere (überwiegend in Geschwätzwissenschaften des öffentlichen Dienstes oder bei der nahen GO) und an ihrem „Umsichselbstkreisen“ interessiert, nicht aber an dem Wohlergehen einer Gesamt- Gesellschaft! Allerdings, dem weiblichen Anteil dieser infantilen Bagage die alleinige Schuld geben zu wollen, ist definitiv zu kurz gesprungen, denn die Frauen, die gerne Nachwuchs wollen, scheitern häufig mit ihrem Kinderwunsch… Mehr