Lehrstunde für die künftige Außenministerin Annalena Baerbock

Was man in Peking von Annalena Baerbocks verbalen Drohungen hält, zeigt der Absender einer Reaktion darauf: Nicht der Außenminister, nicht mal der Botschafter in Berlin, sondern nur dessen Sprecherin sagt: "Was wir brauchen, sind Brückenbauer anstatt Mauerbauer.“

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Annalena Baerbock, als Außenministerin designiert, aber noch nicht berufen, hat in einem Interview mit der Taz China in doppelter Weise gedroht. Mit Blick auf die Volksrepublik äußerte sie: „Deswegen ist für mich eine wertegeleitete Außenpolitik immer ein Zusammenspiel von Dialog und Härte….Wenn es keinen Zugang mehr gibt für Produkte, die aus Regionen wie Xinjiang stammen, wo Zwangsarbeit gängige Praxis ist, ist das für ein Exportland wie China ein großes Problem. Diesen Hebel des gemeinsamen Binnenmarkts sollten wir Europäer viel stärker nutzen.“ Auch ein Boykott der Olympischen Spiele wäre für sie kein Tabu: „Wenn ich sehe, wie Chinas Führung mit der Tennisspielerin Peng Shuai umgeht oder mit der verhafteten Bürgerjournalistin Zhang Zhan, sollten wir natürlich auch die Olympischen Spiele genauer in den Blick nehmen. Da gibt es für Regierungen unterschiedliche Formen des Umgangs, die in den kommenden Wochen sicherlich diskutiert werden.“

Nun bringt man sich, wenn man mit der Faust auf den Tisch haut, in Gefahr, dass das nicht einmal den Tisch interessieren könnte. Doch da man in Peking über feine Ohren verfügt, wurden die Äußerungen der deutschen Außenministerin in spe durchaus wahrgenommen. Ich hatte bereits geschrieben, dass Annalena Baerbock mit ihrem naiven Interview Xi Jingping ein wertvolles Geschenk gemacht hat, das er zu nutzen verstehen wird. So kam es auch, postwendend wurde der Außenministerin-Elevin freundliche Belehrung aus Peking zu teil.

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Da Zweifel bestehen, ob im Außenministerium, das unter Heiko Maas zum Genderministerium geworden ist und das seine Kraft auf die Erziehung des neuen Mannes zur feministischen Männlichkeit im In- wie im Ausland konzentriert, noch genügend Kompetenz oder auch nur Zeit verfügbar ist, um der künftigen Außenministerium die Belehrung aus Peking zu erläutern, soll es an dieser Stelle geschehen.

In China kommt man nicht einmal so eben aus dem Völkerrecht, sondern man hat eine gründliche Ausbildung genossen und man legt großen Wert auf Einordnung und Etikette. Wer sich wann wie äußert, ist Teil der Semantik der Aussage. Der an dieser Stelle fällige Exkurs über den Konfuzianismus, obwohl er hinsichtlich kultureller Codes und von Kultursensibilität gerade für die Chefin der deutschen Diplomaten große Bedeutung besitzt, soll übersprungen werden.

Der künftigen deutschen Außenministerin wurde Belehrung nämlich nicht vom Staatschef, nicht vom Außenminister, nicht einmal vom Botschafter der Volksrepublik in Deutschland erteilt, sondern von einer Botschaftssprecherin. Man könnte spotten, von Praktikantin zu Praktikantin, doch wäre der Spott nicht nur allzu billig, sondern sogar verfehlt, denn die Botschaftssprecherin dürfte eine solide Ausbildung mit soliden Abschlüssen durchlaufen haben. Routiniert erinnert die Botschaftssprecherin daran, dass „China der umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern große Bedeutung beimisst.“ Was nicht nur eine Feststellung ist, sondern auch eine Warnung beinhaltet, die „umfassende strategische Partnerschaft“ nicht leichtfertig durch unbedachte Drohungen zu beschädigen.

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Der Wert der Partnerschaft wird noch einmal historisch untermauert, denn 2022 jährt sich die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum 50. Mal. Es wird darauf verwiesen, dass trotz „ideologischer Unterschiede zwischen den Ländern“ sich Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen entwickelt haben. Die Chinesen weisen daraufhin, dass unterschiedliche Sichtweisen existieren, und sie sich nicht belehren lassen, wie sie auch nicht zu belehren gedenken. Man könnte auch sagen, dass die deutsch-chinesischen Beziehungen älter als Annalena Baerbock sind: „Verglichen mit damals sind unsere Kooperationsfelder und Interessenschnittmengen inzwischen deutlich größer.“

Dann kommt eine unverhandelbare Position, die eigentliche Botschaft an die deutsche Außenministerin in spe: „Wir sind bereit, mit der neuen deutschen Bundesregierung einander entgegenzukommen, unsere gemeinsamen Interessen auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt, Gleichberechtigung und gegenseitigem Nutzen auszubauen, um die Beziehungen zwischen China und Deutschland sowie der EU auf einen guten und stabilen Weg zu bringen.“ China wird sich nicht durch ein „Zusammenspiel von Dialog und Härte“ beeindrucken lassen, erst recht nicht, wenn das vollmundig deklariert wird. Die Botschaftssprecherin nennt die deutsche Außenministerin nicht beim Namen, doch wer gemeint ist, ist vollkommen klar, nämlich Annalena Baerbock: „Ich hoffe, dass einzelne deutsche Politiker China und die chinesisch-deutschen Beziehungen objektiv und ganzheitlich betrachten…“, was auch bedeutet, dazu in der Lage sind, sie „objektiv und ganzheitlich“ zu betrachten, „…Chinas Kerninteressen und Hauptanliegen tatkräftig respektieren und ihre Energie mehr darauf verwenden, die praktische Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten in verschiedenen Bereichen voranzubringen. Was wir brauchen, sind Brückenbauer anstatt Mauerbauer.“ Damit wird Baerbock ins Unrecht gesetzt, sie hat sich zu beweisen, hat eine Bringschuld zu leisten. Baerbock muss nun zeigen, ob sie Brückenbauer oder Mauerbauer sein will. Eine künftigen Ministerin in Berlin davor zu warnen, Mauerbauer zu sein, besitzt schon eine eigene Maliziösität.

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Die Botschaft lautet: Deutschland kann sich entscheiden, ob es weiter mit China zusammenarbeiten will oder ob es sich hinter einer Mauer verkriechen möchte. China wird die „praktische Zusammenarbeit“ nicht um jeden Preis fortsetzen, schon gar nicht um einen ideologischen Preis, nicht unter Aufgabe des eigenen Wertesystems, dagegen steht das Selbstbewusstsein eines Landes, dass nicht eine, sondern  d i e  Weltmacht werden will. Dem kann Deutschland nichts entgegensetzen. Gerade die Grünen, die so vehement gegen deutsche Interessen oder gegen den Eurozentrismus zu Felde ziehen, setzen ihre Werte euro- oder berlinzentristisch als universell, dem sich alle unterzuordnen haben.

Deutschland und auch Europa müssen sich in der Veränderung der Machtverhältnisse auf der Welt neu finden und neu positionieren. Deutschland und Europa haben die Initiative verloren. Diese zurückzugewinnen, im Spiel der Mächte Macht zu sein, bedarf eines interessengeleiteten, strategischen Denkens, bedarf des Realismus, nicht der Utopie. Deutschland sollte sich vor dem Imperialismus der Moral hüten, und statt dessen die Grundlagen für die eigene Entwicklung legen. In einer imperialen Welt wird auch Deutschland imperial denken müssen, denken, aber nicht poltern, klug und strategisch vorgehen, denn die Welt ist kein grüner Parteitag.

Wenn man Baerbock hört, beschleicht einen die Ahnung, dass Deutschland keine Ampel-, sondern eine Azubiregierung bekommt – man wird sehen, ob sie, wie es einige Regierungsmitglieder in spe aus eigener Erfahrung kennen, die Ausbildung vorzeitig abbricht.


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Kommentare ( 157 )

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Jan des Bisschop
2 Jahre her

Das Analenchen stellt deutsch-chinesischen Beziehungen unter Vorbehalt wegen den Uiguren, das nenn ich doch mal stark. Was möchte denn Lenchen erreichen mit ihrem nassforschen vorpreschen, das würde ich gerne von ihr erfahren? Was glaubt Lenchen denn, was die Chinesen von ihr halten? Jedenfalls wurde ihr ihre Stallung gleich gezeigt. Die Antwort auf die Tirade kam von der Botschaftssekretärin, das entspricht der deutschen Stellung in der Welt.

Edwin
2 Jahre her

Das Außenministerium ist ein Ministerium, das ohnehin abgeschafft werden kann. Die Aufgaben des Außenministeriums werden in Zeiten von sich überschlagenden Gipfeln von supranationalen Institutionen (EU, diverse G-Treffen etc.) vom Bundeskanzler wahrgenommen. Unter Merkel waren alle Außenminister nur bessere Schoßhündchen. Ein überflüssiges Ministerium.

Nostradamus
2 Jahre her

Na Bravo!! Dann lasst die Chinesen das liefern was sie wollen und zum welchen Preis!!! Damit ist Deutschland sehr geholfen!! Verkauft doch alles an die Chinesen!!

Last edited 2 Jahre her by Nostradamus
Nacktflitzer
2 Jahre her

Haben alle schon Popcorn besorgt? Das wird lustig mit Baerbock und Lauterbach.

Lore Kokos
2 Jahre her

Es gab einmal eine rot-grüne Regierung, die wegen glaubwürdiger Berichte über Konzentrationslager die BRD zu einem Kriegseinsatz trieb. Später stellte sich heraus, dass es diese Lager nicht gab. Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen hatte es ohne Zweifel gegeben, nicht aber die Lager, die als Grund für die Angriffe der NATO herhalten mussten.

Selbst die nun wirklich nicht rot-grün-feindliche taz berichtet im Rückblick sehr kritisch über das damalige Vorgehen unter einem grünen Außenminister:

https://taz.de/20-Jahre-Nato-Angriff-auf-Serbien/!5579713/

Jetzt ist erneut die Rede von Konzentrations- bzw. Umerziehungslagern, dieses Mal in China. Es beibt zu hoffen, dass die Quellen für derart weitreichende Vorwürfe heute genauer geprüft werden.

Last edited 2 Jahre her by Lore Kokos
Giovanni
2 Jahre her

Ganz offensichtlich spielt in der Außenpolitik eine Diplomatie eine immer geringere Bedeutung. Im Westen sind es Politiker, die moralisch und ideologisch voreingenommen sind. Baerbock scheint offensichtlich eine gänzlich undiplomatische Person zu sein, die  unsere Politik nach Außen vertreten soll. Es ist schon mehr als verwunderlich, daß gerade sie, die durch ihre Unwahrheiten und Fettnäpfchen den Grünen ein besseres Wahlergebnis versaut hat, für eine solch bedeutsame Position auserkoren ist. Dies offenbart wiederum die eigentliche Absicht in der grünen Partei, in der es weniger um unsere Klimazukunft geht, sondern alleine um Macht und Posten. Und um Macht zu erhalten, beherrscht sie die… Mehr

Endlich Frei
2 Jahre her

‚Diesen Hebel des schrumpfenden Binnenmarkts sollte die EU viel stärker nutzen‘ wäre wohl korrekter gewesen…

mediainfo
2 Jahre her

Baerbock ist das nur geworden, weil man es aus ideologischen Gründen, wegen der Wirkung in der Öffentlichkeit, nicht zulassen wollte, dass sie unberücksichtigt bleibt. Nicht weil irgend jemand aufrichtig davon überzeugt wäre, dass sie die beste, oder auch nur eine gute Besetzung für den Posten des Außenministers ist. Eine körperlich und intellektuell unscheinbare Person, die an Vielsprechen und Selbstüberschätzung leidet, das ist die neue Außenministerin.

Richard28
2 Jahre her

„Diesen Hebel des gemeinsamen Binnenmarkts sollten wir Europäer viel stärker nutzen.“
Europäer soll wohl EU heißen
Aber: Muss sie als Grüne nicht auch die Europäerinnen nennen ?

H. Priess
2 Jahre her

Was mich wirklich ärgert, Deutschland und Europa! Nein! Deutschland und die EU! Wer das nicht mal auseinander halten kann sollte sich in seinen Beurteilungen etwas zurück halten. Dem Bärböckchen so eine Bühne zu bieten ist ihrer Bedeutung einfach nicht angemessen. Die Chinesen wissen um die Befindlichkeiten Deutschlands ganz genau Bescheid, mit all unseren selbstgeschaffenen Problemen und ich denke nicht, daß die sich jetzt einen feixen, ich denke eher sie warten auf die letzten Filetstücke die bei uns bald unter den Hammer kommen. Im globalem Machtspiel spielt die EU eine untergeordnete Rolle wenn sie uns brauchen dann nur als Konsumenten als… Mehr