Am 29. März 2021 schrieben Paul Brandenburg und ich, unterstützt von einigen Mitunterzeichnern, einen Brief an den damaligen Abgeordneten Karl Lauterbach. Wir hielten ihm vor, dass er immer wieder mit extremen Meinungsbekundungen im Zusammenhang mit SARS-CoV2-Infektionen auffallen würde. Weiter teilten wir ihm mit, dass er damit zumindest billigend bei der Bevölkerung den Irrtum auslösen würde, dass seine Meinung fachlich begründet sei. Wir baten also Lauterbach, er möge seine politische Betätigung für die Öffentlichkeit zukünftig von seiner Berufserlaubnis als Arzt trennen. Seine Aussagen würden nämlich irrationale und extreme Angst schüren.
Anlass war damals ein Tweet von Lauterbach, in dem er 40- bis 80-Jährigen den Tod prophezeite und jungen Männern Potenzprobleme – beides möchte man nicht erleiden –, und so war schon früh zu erkennen, dass Lauterbach nicht gerade zimperlich mit dem Thema Covid umgehen wird. Angst und Panik waren und sind nach wie vor sein Rezept, um um jeden Preis Gehör zu finden. Mit Fakten, Besonnenheit oder praktischer Nähe konnte Lauterbach nie punkten – er hat es damit auch nie versucht.
Angst, Panik und eine Spur Laxheit
Seit seinem Amtsantritt – aber auch schon vorher – verbreitet Lauterbach mit überzogenen Aussagen zu Studien oder fehlinterpretierten Studien Angst und Panik. Dabei hoffte er wohl insgeheim auf eine Verhaltensänderung der Leute. So sehr Lauterbach Angst und Panik hinsichtlich Covid schürte, so egal waren ihm anscheinend bislang die negativen Folgen und Nebenwirkungen der von ihm so angepriesenen Covid-Impfung. Nach jedem öffentlichen Auftritt, nach jedem Interview und nach fast jedem Tweet kam das Gefühl auf, dass Lauterbach als Pharmareferent besser aufgehoben wäre. Sein Credo: Covid ist grausam, bringt Siechtum und Tod – die Impfung dagegen ist sicher und ohne Nebenwirkungen.
Diese Dreistigkeit schrieb Lauterbach auch in einem Tweet vom 14. August 2021 um 1:22 Uhr nieder:
„(…) Und zusätzlich geht es darum, weshalb eine Minderheit der Gesellschaft eine nebenwirkungsfreie Impfung nicht will, obwohl sie gratis ist und ihr Leben und das vieler anderer retten kann (…).“
Ob die späte Stunde oder bewusstseinsverändernde Substanzen für diesen fachlichen Unfug verantwortlich sind, ist nicht bekannt. Lauterbach jedenfalls hat meines Wissens zu diesem Tweet nie Stellung genommen oder den Inhalt des Tweets revidiert. Auch wenn die Anhängerschaft von Lauterbach das naturgemäß anders sehen wird; für mich hat sich Lauterbach dadurch als Arzt disqualifiziert. Wenn die Unbedenklichkeit einer Impfung suggeriert wird, die de facto nicht bestehen kann, dann ist das fachlich falsch und extrem unethisch.
Wer an Nebenwirkungen glaube, sei Opfer schäbiger Desinformation
In einer Talkshow sagte Lauterbach, man müsse immer wieder vermitteln, dass die Impfungen mehr oder weniger nebenwirkungsfrei seien, und das müsse immer wieder gesagt werden. Zudem seien Menschen, die anderes glauben, Opfer von schäbiger Desinformation.
Jeder Medizinstudent im ersten Semester weiß, dass alle Medikamente mit Nebenwirkungen behaftet sein können. Alles andere ist märchenhafter Nonsens, der mehr an Zauberei als an Medizin erinnert. Vermutlich werden solche Absonderungen aus dem Munde eines Gesundheitsministers und Arztes kein Unwissen sein. Es darf hier durchaus vermutet werden, dass Karl Lauterbach als Lobbyist das hohe Lied der Pharmafirmen singt und davon profitiert. Anders ist so ein Unfug kaum zu erklären. So ist es nahezu unerträglich zu wissen, dass jemand wie Lauterbach unsere Geschicke in Sachen Gesundheit und Prävention lenken soll.
Lauterbach räumt langfristige Schäden durch die Impfung ein
Als Gesundheitsminister fabulierte er von den tollen Eigenschaften der Covid-Impfung – trotz zunehmender gegenteiliger Hinweise. Eine kritische Betrachtung der Wirkung oder Nebenwirkung der Impfung nahm er nicht vor. Alles schien tipptopp und eine so teure wie peinliche Impfkampagne setzte dem Ganzen die Krone auf. Doch ließ Lauterbach in den letzten Monaten durchaus mal kurz durchblicken, dass es durch die Impfung in sehr seltenen Fällen zu Nebenwirkungen kommen könne. Doch nun folgte die völlige Kehrtwende und das Einräumen von Impfschäden. Lauterbach mäanderte hin zu Post Vac. Zack! Ein Paukenschlag. Die Twittergemeinde in Aufruhr. Die Anhängerschaft Lauterbachs hochgradig verwirrt. Als hätte der Herr persönlich bekannt gegeben, dass die Jungfrau Maria nur durch Petting-Pech schwanger wurde – und nicht durch den Heiligen Geist.
Was war passiert? Lauterbach twitterte am 23. Januar 2023 um 11:08 Uhr Folgendes:
„Long Covid wird ein Schwerpunkt für das Bundesgesundheitsministerium werden. Wir dürfen diese Menschen nicht zurück lassen. Das gleiche gilt auch für diejenigen, die mit Post Vac langfristige Schäden der Impfung erlitten haben.“
Da stand es plötzlich. Schwarz auf weiß. Langfristige Schäden der Impfung. Post Vac. Natürlich hatte der Bundesgesundheitsminister mit „Post Vac“ den eher verharmlosenden Ausdruck für Impfschaden benutzt. Okay, zugegeben, das mache ich auch gelegentlich, wenn mich Twitter in der Zeichenzahl zu sehr einschränkt. Doch Post Vac hört sich eben harmloser an als der seit jeher bekannte und gefürchtete Impfschaden. Doch genau das ist Post Vac – es ist ein Impfschaden. Und eben diesen räumt Lauterbach nun endlich ein. Spricht das nicht gegen seine ursprüngliche Aussage? Klar tut es das. Aber wen interessiert es? Wie oft saß Lauterbach in einer Talkshow und wurde auf seinen unsinnigen Tweet „nebenwirkungsfreie Impfung“ angesprochen? Ein Interview darüber? Meiner Kenntnis nach Fehlanzeige.
Was ist nun mit Lauterbach? Hat er damals gelogen? War er nur unfähig? Seine Aussage wurde von Twitter niemals beanstandet. Selbst dann nicht, als klar war, dass es sich um Fake-News handelt. Und obwohl sich die Aussage von Lauterbach wie eine Falschaussage anhört, so ist sie doch keine – zumindest einem Landgericht nach. Denn dieses sprach Recht und war der Meinung, dass es sich bei Lauterbachs Tweet um eine Äußerung im Rahmen der Meinungsfreiheit handelt. Lauterbach hatte Glück. Zwar wurde ein Teil seiner Aussage als Tatsachen-Element eingestuft, allerdings wurde mit Blick auf den gesamten Tweet eine Gemengelage von Tatsachen- und Meinungskundgaben festgestellt. In diesen Fällen überwiegt – laut Rechtsprechung – die Meinungsfreiheit.
Wir brauchen Erlösung
Auch weitere juristische Überprüfungen werden wenig Aussicht auf Erfolg haben. Nur die Medien und der Bundeskanzler haben die Macht, dem stumpfsinnigen und gefährlichen Treiben des Bundesgesundheitsministers ein Ende zu bereiten. Die Medien könnten einfach ihre Arbeit tun und Lauterbach nicht mit Samthandschuhen anfassen: Widersprüche aufdecken, nachfragen, nachhaken und alles wieder von vorne. Bis alles auf dem Tisch liegt.
Und der Bundeskanzler könnte endlich ein Einsehen haben und Lauterbach und uns, die geschundene Bevölkerung, erlösen, indem er Lauterbach entlässt. Denn der Bundesgesundheitsminister schadet nicht nur der Bevölkerung – er schadet sich selbst, dem Amt und dem Ansehen der Politik.
Wenn eine Impfung nebenwirkungsfrei wäre, gäbe es wohl kaum Impfschäden zu beklagen. Selbst Lauterbach wird diesen Widerspruch nicht auflösen können. Hier hat er sich verheddert – doch im Lichte seiner bisherigen Fehlleistungen ist das wohl nur ein kleiner Knoten.
Dr. med. Friedrich Pürner, MPH, Facharzt Öffentliches Gesundheitswesen, Epidemiologe