Baerbock ist weg, und was kommt jetzt?

Salbungsvolle Absichtserklärungen und eine große Prise Selbstüberschätzung: Union und Sozialdemokraten schlagen im außenpolitischen Teil ihres Papiers einen irritierenden Ton an. Ein paar Sätze machen Hoffnung – viele andere nicht.

Johann Wadephul (CDU) soll neuer Bundesaußenminister werden, Berlin, 25.03.2025

Es gibt auch noch gute Nachrichten. Das sollte man nutzen, also fangen wir damit auch an: Annalena Baerbock wird Deutschland nicht mehr in der Welt repräsentieren, jedenfalls nicht als Außenministerin.

Das ist schon mal ein Wert an sich. Wir hatten ja gedacht, dass es nach dem grenzenlos selbstverliebten, aber leider auch grenzenlos ahnungslosen Sozialdemokraten Heiko Maas an der Spitze des Auswärtigen Amts nicht mehr schlimmer kommen könnte.

Doch wir mussten feststellen: Es konnte.

Baerbocks Selbstverliebtheit stand der von Maas in nichts nach, sie war nur deutlich teurer. In manchen Monaten gab die Grüne 11.000 Euro Steuergeld für ihr Styling aus. In Worten: elftausend. Pro Monat. Während jeder andere berufstätige Mensch die Kosten für Make-up und Friseur selbstverständlich aus der Privatschatulle begleicht, stellte die 44-Jährige ihre optische Körperpflege wie selbstverständlich der Staatskasse in Rechnung.

Was die Ahnungslosigkeit angeht, wurde es beim Übergang von Maas zu Baerbock auch nicht besser. Im Gegenteil: Die Berater der Grünen erfanden den schmissigen Slogan von der „feministischen Außenpolitik“. Mit Hinweis auf diese Überschrift flog die Außenministerin um die Welt, ließ schöne Fotos von sich machen und hinterließ diplomatisch verbrannte Erde.

Den Präsidenten von Deutschlands wichtigstem Handelspartner China nannte sie öffentlich „Diktator“, und arabische Staatenlenker belehrte sie öffentlich über deren Defizite bei den Frauenrechten. Dafür stellte sie die Kommunikation mit Russland – immerhin dem größten Land der Erde und eine Atommacht – bockig ganz ein: weil Wladimir Putin Baerbocks Vorstellungen von internationalen Beziehungen als friedlichem Ponyhof einfach nicht teilen wollte.

Das alles tat sie mit einer auch sprachlichen Selbstüberschätzung, die dazu führte, dass sie andauernd unbedingt ihre Englischkenntnisse vorführen wollte. Die haben für die Weltbühne aber einfach nicht gereicht, und so produzierte sie zur Belustigung der internationalen Medien legendäre Versprecher in Serie. Wie in Südafrika, als sie „Hoffnungsschimmer“ (beacon of hope) sagen wollte, aber „Speck der Hoffnung“ (bacon of hope) sagte.

Es war ein einziges Desaster.

Inhaltlich machte Annalena Baerbock keine Politik für die deutschen Interessen in der Welt, sondern um auf Parteitagen ihrer Grünen gut dazustehen. Dafür ließ sie unter anderem bis ganz zuletzt ohne Not tausende Afghanen mit ungeklärter Identität nach Deutschland fliegen. Das brachte ihr den Jubel grüner Migrationsfetischisten ein – und Deutschland weitere Sozialausgaben und ein potenziell erhöhtes Kriminalitätsrisiko.

Die ansonsten eher nüchterne „Berliner Zeitung“ hat Baerbocks Wirken einmal so zusammengefasst: „Das ist keine Außenpolitik, das ist ein Ego-Trip.“ Das hat nun ein Ende, Gott sei’s gedankt.

Die Union hat sich in den Koalitionsverhandlungen das Außenministerium gesichert. Damit ist klar, dass auf Annalena Baerbock nicht etwa die SPD-Vorsitzende Saskia Esken folgt. Diese Möglichkeit geisterte auch eine Zeit lang durch das Berliner Regierungsviertel und führte bei vielen Mitarbeitern im Auswärtigen Amt zu Alpträumen.

Wer neuer Außenminister wird, ist noch unklar. Die schlimmste denkbare Variante wäre wohl Armin Laschet. Der hat als ehemaliger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen zumindest ausgiebige Verwaltungserfahrung. Die beste Wahl wäre vermutlich Johann Wadephul. Zu dem 62-jährigen Rechtsanwalt kann man politisch stehen, wie man will – aber der Mann hat ein abgeschlossenes Studium, einen bürgerlichen Beruf, und er ist Oberstleutnant der Reserve bei der Bundeswehr.

Die Sterne stehen günstig dafür, dass es im Auswärtigen Amt zumindest wieder etwas bergauf geht.

*****

Leider, leider, enden damit auch weitgehend die guten Nachrichten.

Denn inhaltlich verheißt der Koalitionsvertrag in seinem außenpolitischen Teil wenig Gutes. Neun Seiten widmen CDU, CSU und SPD der Diplomatie. Dazu kommen sechs Seiten, die sich nur mit der EU befassen. Und nach Lektüre dieser Passagen ist man doch ziemlich ernüchtert.

Das Erste, was auffällt, ist die Selbstüberschätzung.

Schon unter Heiko Maas hatte Deutschland international enorm an politischem Gewicht verloren. Unter Annalena Baerbock beschleunigte sich dieser Niedergang dann noch einmal deutlich.

Doch Union und Sozialdemokraten tun so, als sei die Bundesrepublik eine diplomatische und militärische Großmacht:

„Unser Ziel ist es, dass die Bundeswehr einen zentralen Beitrag zur Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit der NATO leistet und zu einem Vorbild im Kreis unserer Verbündeten wird.“ (Koalitionsvertrag, Zeile 3974)

Das Motiv von Deutschland als „Vorbild“ scheint sich auch jenseits der Grünen in unserer politischen Klasse inzwischen festgesetzt zu haben. Bei nüchterner Betrachtung und angesichts des erbärmlichen Zustands der real existierenden Bundeswehr ist das nachgerade albern.

Die Bundeswehr als Vorbild? Der Berliner würde jetzt sagen: Da lachen ja die Hühner.

An vielen Stellen setzen sich die Koalitionäre dann Ziele, die Deutschland aus eigener Kraft gar nicht erreichen kann – und oftmals noch nicht einmal zusammen mit den anderen EU-Staaten erreichen könnte:

„Wir werden uns weiterhin weltweit für die Bekämpfung von Armut, Hunger und Ungleichheit engagieren und für die Erreichung der internationalen Nachhaltigkeitsziele sowie des Pariser Klimaschutzabkommens einsetzen.“ (Koalitionsvertrag, Zeile 3987)

Genauso gut hätten CDU, CSU und SPD in ihr Papier auch den Satz schreiben können: „Ansonsten wünschen wir uns dauerhaft schönes Wetter und mehr Liebe unter den Menschen.“ Darauf hat Deutschland ziemlich genau denselben Einfluss wie auf das Weltklima.

Zur Erinnerung: Die USA sind aus dem Pariser Abkommen ausgetreten. China ist zwar drin, hält sich aber nicht daran. Beide Länder zusammen stehen für etwa 45 Prozent der weltweiten Emissionen an CO2. Deutschland trägt etwa 1,5 Prozent bei.

Zur Selbstüberschätzung kommen Illusionen.

Die größte Illusion ist der Glaube, internationale Politik folge anderen Regeln als denen der nationalen Interessen. Großmächte nehmen internationales Recht bestenfalls zur Kenntnis. Wenn es ihren nationalen Interessen nutzt, halten sie sich daran. Wenn nicht, dann eben nicht.

Das war nie anders, es ist heute nicht anders, und es wird künftig nicht anders sein. Ein wesentlicher Grund für den schwindenden Einfluss Deutschlands auf der Weltbühne ist die Weigerung der Berliner Klasse, mit Machtpolitik umzugehen, wenn sie außerhalb der eigenen Parteiintrigen stattfindet.

„Zu unserer Sicherheit gehören die Bewahrung und Weiterentwicklung der regelbasierten internationalen Ordnung auf der Basis des Völkerrechts, der universellen Geltung der Menschenrechte und der Charta der Vereinten Nationen.“ (Koalitionsvertrag, Zeile 3983)

Doch die „regel- und wertebasierte Weltordnung“ ist eine internationalistische Illusion. Deutschland wird sich mit diesem Ansatz gegen die zunehmend aggressiver um ihr Kuchenstück kämpfenden Schwergewichte China, USA, Russland – und demnächst auch Indien und Brasilien – nicht behaupten können.

Schwarz-Rot will vermehrt „deutsches Personal“ in internationalen Gremien einbringen und sich „um zusätzliche Ansiedlungen von UN-Institutionen bemühen“ (Koalitionsvertrag, Zeilen 4001 bis 4007). Dass man dafür einen hohen Preis wird zahlen müssen, verschweigt man lieber. Für Annalena Baerbocks neuen Job als Vorsitzende der UN-Vollversammlung hat Deutschland sich auf die Seite der dominierenden moslemischen Israel-Hasser bei den Vereinten Nationen geschlagen.

Davon will man jetzt nichts mehr wissen.

„Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels sind und bleiben Teil der deutschen Staatsräson.“ (Koalitionsvertrag, Zeile 4038)

Dann allerdings bleibt unklar, wo für deutsches Personal bei den Vereinten Nationen Mehrheiten herkommen sollen. Allzu große Solidarität mit Israel wird den islamischen Teil der UN absehbar verärgern. Mit Russland – immerhin einer Veto-Macht im Weltsicherheitsrat – spricht Berlin derzeit nicht. Und Donald Trump wird die offene Feindseligkeit der deutschen Politiker von Steinmeier bis Merz auch nicht vergessen.

Und dann ist da noch China.

Wohl in keinem Abschnitt wird der Realitätsverlust der Koalitionsparteien so offensichtlich. Gegen den ökonomischen, technischen, demografischen, militärischen und politischen Drachen China ist Deutschland noch nicht einmal eine Maus.

Diese Maus piepst dann solche Formulierungen in die Welt:

„In Bezug auf unsere Handels- und Investitionsbeziehungen drängen wir gegenüber China auf die Einhaltung der vereinbarten Regeln und auf volle Reziprozität. (…) Wir werden China, wo nötig, mit Selbstbewusstsein und eigener Stärke gegenübertreten (…). Eine Veränderung des Status quo von Taiwan darf es nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen geben.“ (Koalitionsvertrag, ab Zeile 4078)

Man ahnt, wie sie in Peking jetzt zittern vor der deutschen Stärke. Aber das haben CDU, CSU und SPD tatsächlich so in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, und man fragt sich schon, ob die das wirklich ernst meinen. Wenn sie es tun, spielt Deutschland international bald noch nicht mal mehr eine Nebenrolle, sondern wird ganz aus dem Stück gestrichen.

Naive Hoffnungen und ein übersteigertes Selbstwertgefühl sind keine Außenpolitik.

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Kommentare ( 29 )

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elly
12 Tage her

und sie holt einfach weiter Afghanen nach Deutschland.
„Nach Angaben eines Sprechers des Ministeriums sind in diesem Monat noch insgesamt drei Flüge für Afghaninnen und Afghanen von Pakistan nach Deutschland geplant: am kommenden Mittwoch sowie am 23. und 29. April. Per Flugzeug sollen sowohl ehemalige Ortskräfte deutscher Institutionen in Afghanistan als auch besonders gefährdete Menschen, wie etwa Menschenrechtsanwälte oder Frauenrechtlerinnen, nach Deutschland geholt werden.“
https://www.focus.de/politik/deutschland/cdu-minister-geht-wegen-afghanistan-fluegen-auf-baerbock-los_5b24b0b2-57b7-4a48-ae8c-be18a8c69104.html

SB
12 Tage her

Für die Afghanistan-Visa-Affäre wird sich Baerbock in diesem Leben wohl nicht mehr verantworten müssen. Da kam der Ruf nach New York ja gerade zur rechten Zeit.

Lore
12 Tage her
Antworten an  SB

Merke, die fallen ALLE die Treppe rauf, vdL, Baerbock, Strack-Rheinmetall…

Nacktflitzer
12 Tage her

Das Gute an Baerbock war: Innere Kompetenz und äußere Repräsentation waren konsistent. Sie agierte dilettantisch und konnte das auch nicht verbergen. Der nächste Heini wird vermutlich deutlich seriöser und kompetenter daherkommen, aber schlußendlich linksgrüne Politik machen. Ich bin immer noch enttäuscht, daß es nicht Saskia Esken wird. Wenn man dem langsamen Untergang unseres Landes schon beiwohnt, will man wenigstens Entertainment.

Epouvantail du Neckar
12 Tage her
Antworten an  Nacktflitzer

Die Saskia hätte nur ihren Volkshochschulkurs „Englisch für Anfänger“ von 1974 noch aufbessern müssen.
Aber mit ihr wäre das zu einem richtigen Konjunkturprogramm für Kabarettisten gediehen. Eigentlich schade, wenn man bedenkt, dass außenpolitisch schon kein Porzellan mehr zu zerbrechen ist.

Gabriele Kremmel
12 Tage her

Sie ist nicht weg und kritisiert schon wieder Israel. Nur hat Israel ihr diesmal geantwortet und klargestellt, dass sie mit ihren lückenhaften Darstellungen die Tatsachen verdreht und die Hamas ermutigt.

Lesterkwelle
12 Tage her

Herr Wadephul ist eher als Scharfmacher in zahlreichen Interviews aufgefallen. Im EU-Komtext wuerde er allerdings gut zur Russlandhasserin und EU-Aussenbeauftragten Kallas passen. Ob das auf laengere Sicht den tatsaechlichen nationalen Interessen unseres Vaterlands entspricht, darf sehr bezweifelt werden.

Ein Leser aus Franken
13 Tage her

Die beste Wahl wäre vermutlich Johann Wadephul. Zu dem 62-jährigen Rechtsanwalt kann man politisch stehen, wie man will – aber der Mann hat ein abgeschlossenes Studium, einen bürgerlichen Beruf, und er ist Oberstleutnant der Reserve bei der Bundeswehr.“
Dieser russophobe Scharfmacher wäre eine katastrophale Wahl.

moorwald
13 Tage her

Baerbock war die ehrlichste Außenministerin. Ein Schaf im Schafspelz.

Schwabenwilli
12 Tage her
Antworten an  moorwald

Das muss man ihr in gewisser Weise zugute halten. Besonders in der Israel Politik, wo sie ständig Israel kritisiert hat und die „armen“ Palästinenser quasi als Widerstandskämpfer und Opfer gesehen hat.
Keine Spur von „die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“. Das war nur eine übernommene hohle Phrase.
Wo ihre Zuneigung liegt wird sie jetzt dann in der UN unter Beweis stellen.

Wolfgang Schuckmann
13 Tage her

Mir fällt zu den Weisheiten der neuen Außenpolitik nur ein: wer mit den großen Hunden das Bein heben will, muss schauen, dass er es hoch genug bekommt.
Ich fürchte, dass es ein wenig schwierig werden könnte.

moorwald
13 Tage her

Deutsche Außenpolitik wird in den USA gemacht. Das war während des Kalten Krieges so und wird auch in Zukunft so sein.
Deutschland spielt international überhaupt keine Rolle. Die spielen nur Atommächte, zu denen Deutschland nie gehören wird. Auch wenn Macron diesen Köder auslegt, um an mehr deutsches Geld zu kommen.
Wenn die Politiker ehrlich oder auch nur realistisch wären, würden sie sich aller großsprecherischen Phrasen enthalten und erst mal den Laden daheim aufräumen. Damit hätten sie auf Jahrzehnte genug zu tun.

Melly
13 Tage her
Antworten an  moorwald

Genau sehe ich das auch, wer hier noch glaubt auf die Deutschen hört jemand… ich höre sie schon lachen

wegmitdenaltparteien
13 Tage her

Oberstleutnant der Reserve bei der Bundeswehr war auch Christian Lindner, der als Wehrdienstverweigerer nie eine Kaserne von innen gesehen hat. Mit Vorschusslorbeeren sollte man diesbezüglich also sehr vorsichtig sein. Gerade Berufspolitikern, insbesondere den Lügenbaronen der CDU kann man nicht über die Nasenspitze hinweg trauen.