Kampf um CDU-Markenkern

Während die Parteiführung sie nach wie vor mehrheitlich bekämpft und ausgrenzt, findet die WerteUnion unter den Parteimitgliedern immer mehr Anhänger.

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„Die WerteUnion befindet sich im Auftrieb“ – mit dieser Feststellung schloß Hans Georg Maaßen, das wohl prominenteste Mitglied dieses vor erst zwei Jahren innerhalb der Unionsparteien gegründeten Vereins, sein Grußwort an die Teilnehmer von dessen zweiten Jahrestagung. Maaßen sprach an Stelle des baden-württembergischen Innenministers und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU, Thomas Strobl. Dieser hat seine ursprüngliche Zusage, auf der Jahrestagung mit den Mitgliedern der WerteUnion über ihre Ziele und Vorschläge für eine liberal-konservative Politikwende in Deutschland zu diskutieren, kurzfristig zurückgezogen. Statt sich mit seinen Parteifreunden argumentativ auseinanderzusetzen, erklärte er öffentlich, alles dafür zu tun, keinerlei Beiträge zu den „selbstzerstörerischen Selbstbeschäftigungsprozessen“ zu leisten, die die WerteUnion unter anderem mit ihrer Forderung befeure, den nächsten Kanzlerkandidaten der Union per Urwahl zu bestimmen. Eine Forderung, die sich nicht nur die WerteUnion, sondern inzwischen auch der ehemalige bayerische Ministerpräsident, Edmund Stoiber, zu eigen gemacht hat.

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Strobls überraschende Absage dürfte, wie der alte und neu gewählte Vorsitzende der WerteUnion, Alexander Mitsch, erklärte, angesichts solch vorgeschobener Begründungen wohl kaum aus eigener Überzeugung, sondern aufgrund innerparteilichen Drucks getroffen worden sein, die die Gegner der WerteUnion in der CDU-Führung auf Strobl ausübten. Diese sind in der Union ebenso zahlreich wie mächtig. Sie stehen für eine noch weitere Abkehr von den liberal-konservativen Zielen und Inhalten der Union und deren verstärkte Hinwendung zu den politischen Zielen und Inhalten der SPD und der Grünen. Der schleswig-holsteinsche Ministerpräsident, Daniel Günther, wirbt inzwischen sogar offen für eine schwarz-grün-rote Koalition unter Einschluß der Linken in Thüringen. Die ohnehin schon brüchig gewordenen Dämme gegen eine Abwanderung liberal-konservativer Wähler zur AfD und ins Lager der Nicht-Wähler würden unter diesen Umständen nicht nur in Thüringen gänzlich brechen.

Gegen diese Entwicklung formierte sich innerhalb der beiden Unionsparteien vor zwei Jahren die WerteUnion. Sie spricht sich in ihrem „Konservativen Manifest“ für „eine inhaltliche und personelle Erneuerung von CDU und CSU auf christlich-konservativer und marktwirtschaftlicher Basis“ aus. Gefordert werden unter anderem eine restriktivere Asyl- und Migrationspolitik, eine strikte Ablehnung der weiteren Vergemeinschaftung von Schulden innerhalb der EU sowie eine Überprüfung der geplanten energiepolitischen Ausstiege aus der Atomkraft und der Kohleverstromung. Liberal-konservative Ziele und Inhalte, die lange Zeit den Markenkern der Unionsparteien ausmachten, inzwischen jedoch vor allem in der CDU an die Ränder der christdemokratischen Programmatik verdrängt worden sind und sich mittlerweile eher im Parteiprogramm der AfD als der CDU wiederfinden lassen.

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Die so in der Union entstandene liberal-konservative „Repräsentationslücke“ (Werner Patzelt) will die WerteUnion wieder schließen. Ins Lager der Nichtwähler und der AfD in großer Zahl abgewanderte Wähler sollen durch dezidiert liberal-konservative Ziele und Inhalte wieder für die Union zurückgewonnen werden; zu den Grünen abgewanderte Wähler durch eine fundierte Alternative zum verbotsorientierten grünen „Ökopopulismus“, die auf Marktwirtschaft und technische Innovationen setzt. Den in der CDU-Führung weit verbreiteten Hoffnungen und Plänen, nicht nur in einzelnen Ländern, sondern auch im Bund bald zusammen mit den Grünen regieren zu können, erteilt Mitsch in seinem Bericht über die Entwicklung der WerteUnion und deren weitere Pläne daher eine klare Absage. Abgelehnt wird von ihm aber ausdrücklich auch eine Koalition mit der AfD nach den anstehenden Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen. Sie vertrete in der Europapolitik sowie der Asyl- und Migrationspolitik Positionen, die mit den proeuropäischen und christlichen Positionen der WerteUnion nicht vereinbar seien.

Eine Positionierung, die offenbar zahlreiche Mitglieder und Anhänger der Unionsparteien anspricht und die Anzahl der Mitglieder der WerteUnion gegen den ausdrücklichen Widerstand der Parteiführung in nur zwei Jahren von rund 60 auf 2.200 anwachsen ließ. 80 Prozent davon sind Mitglied einer der beiden Unionsparteien, zehn Prozent Mitglied von Vereinigungen wie Junge Union oder Mittelstandsvereinigung und weitere zehn Prozent Fördermitglied, die auch für eine Mitgliedschaft in der CDU gewonnen werden sollen. Bis in zwei Jahren will der wiedergewählte Vorstandsvorsitzende zusammen mit seinen Stellvertretern die Zahl der Mitglieder auf 10.000 steigern. Ein ehrgeiziges Ziel, das zur Voraussetzung hat, dass es der WerteUnion gelingt, ihre liberal-konservativen Ziele Inhalte nicht nur außerhalb der Union breit zu verankern, sondern in der Union mehrheitsfähig zu machen. Nur dann werden sich viele der ins Lager der Nichtwähler und (aus Protest) zur AfD abgewanderten liberal-konservativen Wähler überlegen, ob sie ihr Kreuz wieder bei der Union machen.

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Unter den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen in der CDU müssen diese Wähler allerdings (noch) damit rechnen, dass sie aufgrund ihres Kreuzes bei der CDU anschließend zusammen mit der Union von den Grünen, der SPD und inzwischen sogar, ginge es nach Daniel Günther, von der Linken regiert werden. Da macht mancher Wähler sein Kreuz lieber bei der AfD, selbst wenn er die Union damit schwächt und Grün-Rot-Rot damit indirekt stärkt. Alexander Mitsch ist sich dieses Problems wohl bewusst und spricht gerade deswegen vom „richtigen Weg“ seiner WerteUnion, der innerhalb der CDU kein kurzer Spaziergang, sondern ein Marathonlauf sei. Rückenwind erhält er dabei unverhofft vom ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, der sich in einem Interview im aktuellen SPIEGEL für „eine erweiterte Toleranz in Richtung rechts“ ausspricht. Er appelliert, „nicht jeden, der schwer konservativ ist, für eine Gefahr für die Demokratie zu halten und aus dem demokratischen Spiel am liebsten hinauszudrängen.“ Ob und wie dieser Appell, der wohl vorrangig die AfD meint, der WerteUnion in ihrem innerparteilichen Kampf um den konservativen Markenkern der Union helfen wird, wird man in den kommenden Monaten und Jahren sehen.

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Kommentare ( 106 )

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106 Comments
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Sani58
5 Jahre her

Das wird nix mehr. Die Gegner der Werteunion sind viele und stark und ein Netzwerk und verkrustet . Wer es ehrlich meint mit seinen konservativen Werten, sollte zur AfD wechseln. Sollte sich darauf hin ein Werte / Gedankenwechsel zurück zu alten Ansichten in der CDU – Führung ergeben, könnte das den Trend, den die SPD vorgibt, vielleicht abwenden .

Alexis de Tocqueville
5 Jahre her

Mehr Migration, mehr Eurokratie. 100% CDU eben.

Alexis de Tocqueville
5 Jahre her

„Abgelehnt wird von ihm aber ausdrücklich auch eine Koalition mit der AfD nach den anstehenden Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen. Sie vertrete in der Europapolitik sowie der Asyl- und Migrationspolitik Positionen, die mit den proeuropäischen und christlichen Positionen der WerteUnion nicht vereinbar seien.“

Damit ist alles gesagt. Für mehr Migration und die absolute Herrschaft der Eurokratenkaste.

Fundamentiert
5 Jahre her

„Abgelehnt wird von ihm aber ausdrücklich auch eine Koalition mit der AfD nach den anstehenden Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen. Sie vertrete in der Europapolitik sowie der Asyl- und Migrationspolitik Positionen, die mit den proeuropäischen und christlichen Positionen der WerteUnion nicht vereinbar seien.“ – Inzwischen würde ich viele Positionen der AfD unterschreiben, erst recht die EU- und Asyl-Position, mir könnte sogar beides noch ein wenig schärfer sein als von der AfD gefordert. Von daher ist die „Werteunion“, die nicht mal die Forderungen der alten Durchschnittsunion heranreicht, wohl eher nichts für mich. Aber danke für die Informationen, ist immer interessant… Mehr

conanthebarbarian
5 Jahre her

Das Risiko auf eine sich den Grünen anbiedernde CDU zu setzen, weil völlig ungewiss ist, ob sich die sogenannte Werteunion parteiintern jemals durchsetzen wird, ist einem konservativen Wähler zu groß. Diese Gruppierung wird das verdiente Schicksal der CDU nicht wenden können.

ugartner
5 Jahre her

too little, too late.

Autochthon
5 Jahre her

So, so, die Werte-Union hat 2.200 Mitglieder. Wie viel Prozent sind das, bezogen auf die Mitgliederzahlen von CDU und CSU? Und wie viele Werte-Unionisten sitzen im Bundestag?

Klaus Kabel
5 Jahre her

Die Nazis kamen an die Macht, weil sich SPD und USPD/KPD nicht einig waren.
AfD vertritt die Werte der ehemaligen CDU und die Werteunion kommuniziert diese ebenso, lehnt aber mit der AfD ab, anstatt die Chance zu sehen, den Merkelschrotthaufen hintersich zu lassen und damit auch die groüe Masse der Nichtwähler gegen die Ökodiktatur zu mobilisieren. Ergo: Die Grünen kommen an die Macht und überziehen Deutschland mit Verboten, Landschaftvernichtung, Dunkelheit etc.
Lebe ich in einer Blase…?

Fundamentiert
5 Jahre her
Antworten an  Klaus Kabel

Wenn dann lebe ich auch in einer.

Regenpfeifer
5 Jahre her

#niewiederCDU, #niewiederSPD : Die Werte-Union übersieht den alten Grundsatz des „mitgefangen, mitgehangen!“ -wenn sich der Abgrund auftut und eine Partei verschlingt, dann GANZ! Siehe SPD zur Zeit.
In anderen Worten: Wenn die Werte-Union eine Chance haben wollte, so müsste sie offen mit der CDU brechen, eine eigene Partei ausrufen und gegen die Alt-CDU antreten. Aber das wird sie kaum machen und stattdessen lieber als konservatives Feigenblatt der „nützliche Idiot“ genau jener CDU bleiben, deren Politik sie gar nicht mehr vertritt. -Verrückte Welt..

Harry W
5 Jahre her
Antworten an  Regenpfeifer

Verrückte Welt ? Das ist Wahltaktik . Damit nicht noch mehr weglaufen als es eh schon geschieht .
Ich gebe Ihnen volllkommen Recht . Solange die in der Union verbleiben ist das für mich ein ** mit Feigenblattcharakter **

Grumpler
5 Jahre her

Nein, nein, und nochmals nein! Meine Stimme kriegen die seit geraumer Zeit nicht mehr und werden sie nimmer wieder bekommen. Demographischer Wandel und das Altersvorsorgesystem, Migration und Asyl. Klima- und Umweltprobleme, die Gefahr einer europäischen Schuldenkrise etc. All das war schon — teils beginnend in den 70ern!!! — seit Jahrzehnten bekannt. Entweder gab es Lösungsversche, die im Nachhinein ob ihrer Lächerlichkeit jeder Beschreibung spotten, oder es gab Lösungsversuche ala eindimensionales Denken, Marke: Sozialismus. Mir persönlich bleibt nur übrig, mich von diesem ganzen Desaster so gut es geht abzukoppeln und unsere politische Klasse an der Wahlurne so zu ärgern, wie es… Mehr