Die Kampagne gegen Ethnologin Susanne Schröter könnte sich zum Bumerang entwickeln

Der Eklat um Boris Palmer am Rande einer Migrationskonferenz an der Universität Frankfurt wird von den Gegnern der Konferenz instrumentalisiert, um kritische Migrationsforscher aus dem Diskurs auszuschließen. Sie outen sich damit nun auch öffentlich als Feinde der Wissenschaftsfreiheit.

IMAGO / Mauersberger

Schon vor Beginn der Konferenz zum Thema „Migration steuern, Pluralität gestalten“ wurde nicht nur vom AStA der Universität Frankfurt Stimmung gegen die Veranstalterin und Direktorin des Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI), Susanne Schröter, gemacht. Sie betreibe politischen Aktivismus unter dem Deckmantel der Wissenschaft, lautete unter anderem der Vorwurf des Vorstandsmitglieds der hessischen SPD, Jan Pasternak, der dies vor allem an der Einladung von Boris Palmer als Referent der Veranstaltung festmachte. Er verband seinen Vorwurf zudem mit „der Pflicht zu prüfen, ob das FFGI noch seinem Forschungsauftrag gerecht werde.“ In dasselbe Horn stießen einige wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität, die Schröter in einem anonym verfassten, öffentlichen Brief vorwarfen, sie reproduziere mit ihrer Konferenz „islamfeindliche und rassistische Stereotype“.

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Seit dem Eklat um den Streit zwischen Boris Palmer und studentischen Aktivisten um die politisch korrekte bzw. nicht korrekte Verwendung von Worten am Rande der Konferenz, der postwendend zum Austritt Palmers aus der grünen Partei führte, weiteten sich die Angriffe auf Schröter und ihr Forschungszentrum zu einer regelrechten Kampagne aus. Dabei spielen die Vorträge und Diskussionen auf der Konferenz keinerlei Rolle, sondern nur der Eklat um Palmer, der mit der Veranstaltung selbst gar nichts zu tun hatte.

So schreibt etwa der AStA der Universität Frankfurt: „Es bedarf nun einer umfassenden Aufarbeitung dieses Falles. In der Verantwortung stehen dabei in erster Linie das Universitätspräsidium und die Verantwortlichen am Forschungszentrum ‚Normative Ordnungen‘, die der Veranstaltung Raum boten. Die Aufarbeitung muss von der Prämisse ausgehen, dass im Namen der Wissenschaftsfreiheit nicht jeder Unsinn und erst recht kein Rassismus und Antisemitismus verbreitet werden dürfen. Für Susanne Schröter, die diesen Eklat mitzuverantworten hat, muss es Konsequenzen geben.“

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Noch radikaler formuliert der Vorstand des Exzellenzclusters Africa Multiple an der Universität Bayreuth in einer Stellungnahme, die über 200 Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter zahlreicher deutscher Hochschulen unterschrieben haben: „Schröters Forschungszentrum ist zu einer Zumutung geworden, und es ist beunruhigend zu sehen, wie sie ihre akademischen Titel und ihre Position einsetzt, um Wasser auf die Mühlen des Rechtspopulismus zu gießen. Ihr mangelndes Bewusstsein für diese Zusammenhänge belegt, wie sie selbst in die Artikulation höchst problematischer Positionen verwickelt ist, auch wenn sie sich inzwischen von der jüngsten beschämenden Episode zu distanzieren sucht“ – um dann mit einer Philippika gegen die objektive Wissenschaft und die Wissenschaftsfreiheit fortzufahren. Diese würden als „weiße bürgerliche Privilegien instrumentalisiert, um rassistische Standpunkte, Praktiken und Sprache zu artikulieren“.

Der SPD-Politiker Mathias Brodkorb hat zurecht formuliert, hier habe sich eine hohe dreistellige Zahl von Wissenschaftlern „zusammengerottet, um eine Kollegin am besten mundtot zu machen.“ Und ebenso zurecht weist er angesichts eines solchen Vorgehens darauf hin, in welch jämmerlichem „geistigen und charakterlichen Zustand sich Teile der deutschen Wissenschaft bereits befinden“, allen voran die Kultur-, Geistes und Sozialwissenschaften. Sie sind mittlerweile auf bestem Weg, wie schon in den USA und Großbritannien zu Brutstätten einer Wissenschaftsfeindlichkeit zu werden, die im Gewand des Postmodernismus, des Postkolonialismus und des Gender-Mainstreaming das betreibt, was sie Schröter zu Unrecht vorwirft: blanken politischen Aktivismus jenseits allen wissenschaftlichen Erkenntnisinteresses.

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Ob diese „Karawane“, wie Brotkorb befürchtet, auch in Deutschland „in Zukunft weiterziehen wird“, ist dennoch nicht ausgemacht. Das belegen nicht nur die Reaktionen einiger Medien auf die Kampagne gegen Schröter, sondern auch die Stellungnahme von rund 600 Wissenschaftlern und Nicht-Wissenschaftlern zur Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit. Mit ihr sprechen sie sich „gegen jede Diffamierung der islamismus-kritischen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen“ der Frankfurter Konferenz aus und fordern die Fortführung einer „kritischen Debatte über den politischen Islamismus und die aktuelle Migrationspolitik“.

Kritik an den Positionen der Frankfurter Referenten sei „natürlich legitim, sollte aber in argumentativer Auseinandersetzung und nicht in Forderungen nach Abschaffungen der Konferenzen und persönlicher Diffamierung bestehen.“ Die Unterzeichner fordern daher „die Politik und die Universität Frankfurt auf, Prof. Dr. Susanne Schröter gegen die Diffamierungen in Schutz zu nehmen und weiterhin zu unterstützen und ihre Wissenschaftsfreiheit zu verteidigen.“

Ob diese Aufforderung Früchte tragen wird, wird man in nächster Zeit sehen, in der es unter anderem für Susanne Schröter um die Weiterführung der Finanzierung ihres Forschungszentrums geht. Zu hoffen ist vor diesem Hintergrund jedenfalls, dass sich die Kampagne des AStAs der Universität Frankfurt sowie der Professoren aus dem Umfeld der Universität Bayreuth für sie zu einem Bumerang entwickelt, nachdem sie sich mit ihrer Stellungnahme nun auch öffentlich als Feinde der Wissenschaftsfreiheit geoutet haben.

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Kommentare ( 45 )

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josefine
1 Jahr her

Und sich auf Kosten anderer ein gutes Leben zu machen, schafft man in Deutschland mit Leichtigkeit, zur Not als Mitglied in einer NGO.

Thorsten Maverick
1 Jahr her

Frau Schröter finde ich ziemlich verharmlosend. Die islamische Realität ist viel, viel, viel schlimmer als die Verlautbarungen, die jetzt kritisiert werden. Ich möchte nicht wissen, was los wäre, wenn ein Professor mal wirklich in Bezug auf den Islam Tacheles reden und nicht nur von Islamismus oder politischem Islam faseln würde. Vermutlich bräuchte er dann eine neue Identität.

Demokratius
1 Jahr her

Keine Ahnung, was in der Uni Frankfurt am Main so abläuft. Das Verhalten der dortigen ASTA erscheint einfach unterirdisch.

bfwied
1 Jahr her

Deutschland verpasst längst wieder Maulkörbe, es rotten sich längst wieder Professoren und von ihnen Abhängige zusammen, um die Wissenschaft u. die Wissenschaftlichkeit abzuschaffen zugunsten von Glaubensbekenntnissen bzw. Haltung bzw. vorgegebener Wunschbild-Verbreitung. Wissenschaft lebt hingegen zwangsläufig von Widerspruch, sie lebt von kleinen Schritten, die zu Fortschritten beitragen, sie lebt von Irrtümern, die erkannt und berichtigt werden, und über allem thront die Wissenschaftsfreiheit, ohne die die Wissenschaft stirbt. Die Grünwoken sind die Feinde der Wissenschaft, und daher ist es klar, dass sie sich ständig auf Wissenschaft berufen, und es ist auch klar, dass sich immer Karrieristen, Narzissten und Feiglinge ihnen anschließen. Es… Mehr

Wolfgang_Z
1 Jahr her

In den letzten drei Jahren haben unsere Universitäten versucht, mit aller Kraft, sich in dem Ranking der Unis immer weiter nach hinten durchreichen zu lassen.
Mit großen Erfolg!
Einem Studierenden würde ich empfehlen nicht in Deutschland zu studieren.
Sofern es ihm möglich ist.
Wissenschaft ist neben den Niedergang der Wirtschaft kein Thema mehr in diesem unserem doch so schönen Land.

Hieronymus Bosch
1 Jahr her

Der Asta ist eine Institution von linken Hohlphrasendreschern, die sich mit dem ewiggleichen Gefasel von Rassismus und Kolonialismus wichtig machen. Ihre Kritikfähigkeit tendiert gegen Null, ihre linke Borniertheit erreicht dagegen Höchstwerte. Es sind Schreihälse, die aus ihrem engen geistigen Horizont nicht herausfinden, dafür Andersdenkende diffamieren.

flo
1 Jahr her
Antworten an  Hieronymus Bosch

Der AstA Frankfurt hat am 28.4. offenbar eine „Gegenveranstaltung“ durchgeführt, die als „konstruktive und genuin wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik der Migration“ gefeiert wurde unter dem nicht soooo wissenschaftlich klingenden Titel (der wohl Programm war) „Migration entkriminalisieren“. Zitat: „Entgegen der häufig vorgebrachten Befürchtungen, die kritischen Stimmen seien nicht an einem wissenschaftlichen Diskurs interessiert, wurde durch den AStA eine Gegenkonferenz unter dem Titel ‚Migration entkriminalisieren, Pluralität leben‘ organisiert. Im Fokus standen hier etwa Fragen der Antikolonialität, des Grenzregimes an den europäischen Außengrenzen und der gegenwärtigen Konjunktur des Rassismus. Auch die Bildungsinitiative Ferhat Unvar war eingeladen, die besonders in dieser räumlichen Nähe… Mehr

Biskaborn
1 Jahr her

Ich verstehe diese über 200 Briefeschreiber nicht, die einen konstruktiven, kritischen Austausch zum Thema Islam aus ideologischen Gründen verhindern wollen. Sind das tatsächlich noch Wissenschaftler und Professoren im Dienste der Wissenschaft oder nur noch verblendete Ideologen? Was treibt diese Menschen an, jeglichen konstruktiven Kurs im Sinne der Wissenschaftsfreiheit unbedingt zu verhindern?

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Biskaborn

„Wer hat die Bayreuther Liste gegen mich unterzeichnet? Prinz Charles, Osama bin Laden, Chuck Norris, Ayatollah Khomeini und andere illustre Gestalten sind auch dabei. Da hat sich aber jemand Mühe gemacht, umfassend zu mobilisieren.“: https://twitter.com/susannschroeter/status/1655608662755352578?

Sozia
1 Jahr her

Ethnologie betrachtet Kultur aus der Perspektive jener jeweiligen Kultur und versucht sich dadurch dieser zu nähern und Verständnis zu entwickeln. Das ist gut so, aber nichts und niemand schreibt den Ethnologen oder jemandem sonst vor, die fremde Kultur der eigenen vorzuziehen oder sie höher anzusiedeln. Wir haben auf der Basis von Humanismus und Aufklärung die Menschenrechte entwickelt und alles Handeln misst sich aus unserer Perspektive an diesen. Wer schon die Hälfte der Menschen – alle Frauen – als Menschen zweiter Klasse betrachtet, kann hier nicht auf einer Ebene sein, es ist gar nicht möglich. Die Menschenrechte sind universell und wurden… Mehr

Andreas Spata
1 Jahr her
Antworten an  Sozia

Schöner Kommentar nur leider werden wie sie schon schreiben die Menschenrechte, die auf Basis von Humanismus und Menschenrechten entwickelt wurden, von islamischen Staaten eben nicht anerkannt. Grundlage für die nicht Anerkennung ist der Koran. Wir, die nicht dem wahren Glauben angehören, haben darin einen niederen Rang (minderangig wie Minderjährige, genauer gesagt) weil wir eben nicht erkannt haben das Allah den Menshen offenbart hat: Glaubt nur an EINEN Gott, nicht an Drei! Nachzulesen in Professor T.Nagels Vortrag; Das Christentum im Urteil des Islam, Seite 6, nur falls sie es nicht wahr haben wollen….

Sozia
1 Jahr her

Was ist die Aufgabe der Ethnologie? Andere Kulturen zu erforschen, indem man versucht, sich in die Situation und den Blickwinkel der Erforschten zu begeben und diese Näherung zu beschreiben. Aber es ist nicht die Aufgabe von Ethnologen, in diesem interkulturellen Modus zu verharren und gar die fremde Kultur über die eigene zu stellen. Sondern es geht um Vergleiche und hierfür haben wir noch immer die Menschenrechte als Maßstab. Bestes Beispiel ist die grausame Beschneidung von Mädchen – sehr oft in Ländern, in denen auch der Islam herrscht. Frauenverachtung ist keine wünschenswerte Kultur, auch nicht Männerherrschaft. Grausamkeit und Menschenverachtung ist keine… Mehr

Demokratius
1 Jahr her
Antworten an  Sozia

In unserem Land entwickelt sich die Kultur leider in eine Richtung, die vergleichbar mit spätrömischer Dekadenz ist. Wenn den Kindern schon die Fluidät der Geschlechter nahe gebracht wird – egal mit welchen geschlechtlichen Merkmalen du geboren bist, alles ist frei wählbar, finde heraus was dir gefällt und wie du am Besten reüssieren kannst – sind die Grenzen fließend geworden.

Wolfgang Schuckmann
1 Jahr her

Wäre es nicht lohnendswert darüber nachzudenken, was es bedeuten würde, käme es in absehbarer Zeit zu einer wenigstens partiellen Machtübernahme, sagen wir mal im kulturellen Bereich, durch den Islam? Manchmal habe ich den Eindruck mangels innerem Halt, suchten die Befürworter einer Kursänderung zugunsten der Religion aus dem Morgenland, ihre eigene, innere Lehre mit einem Schwenk hin zu Mohamed und seiner Lehre, zu füllen. Was mir besonders zu schaffen macht dabei, wäre doch die Gewissheit, dass es mit der individuellen Freiheit dann wohl Essig wäre. Diese Leute vergessen da nur allzu gerne auch die Folgen, die sich ergeben würden aus der… Mehr