Die Finanzindustrie und die Frisur von Olaf Scholz

Ein führender US-Banker lobt den Bundeskanzler über den grünen Klee. Das allein ist schon komisch, die Wortwahl ist es dann erst recht. Das Ganze zeigt, wie im Geflecht von Politik und Geld eine Krähe der anderen die Hände wäscht. Oder so ähnlich.

IMAGO - Collage: TE
Bundeskanzler Olaf Scholz und Jamie Dimon, CEO JP Morgan Chase

„Er ist schlau, kompetent, engagiert, hartnäckig und ehrlich.“ So spricht Jamie Dimon über Olaf Scholz. Kein Scherz. Scholz ist deutscher Bundeskanzler, Dimon ist Chef von JP Morgan. Das ist (nach dem Wert der von ihr betreuten Fusionen und Firmenübernahmen) zwar nur die zweitgrößte, dafür aber die anerkannt skrupelloseste Investmentbank der Welt. Auch kein Scherz.

Im Prinzip reicht das schon als Pointe. Bei minimalistischer Betrachtungsweise könnte dieser Text hier also enden. Aber natürlich geht es noch weiter. Tatsächlich gibt es zu dem eben beschriebenen Vorgang sowieso noch ein paar interessante Kleinigkeiten zu sagen.

Schweigekartelle und Erinnerungslücken
Cum-Ex-Skandal: Es ist etwas faul im Stadtstaat Hamburg
Im August 2022 hatte die Staatsanwaltschaft von Frankfurt am Main mit 50 Fahndern die Deutschland-Zentrale von JP Morgan durchsucht. Der Vorwurf: Die Bank soll sich über sogenannte Cum-Ex-Geschäfte illegale Vorteile zu Lasten des Finanzamts verschafft haben. Der lateinische Begriff Cum-Ex steht für den Handel großer Aktienpakte mit (cum) und ohne (ex) Dividende. Dabei ließen sich die Beteiligten Kapitalertragsteuern erstatten, die sie gar nicht gezahlt hatten. Der ganze Skandal mit sehr vielen Beschuldigten gilt als der größte Steuerraub in Deutschlands Geschichte.

Cum-Ex? Da war doch auch was mit Olaf Scholz, oder? Richtig: Die Warburg Bank Hamburg war in den Skandal verwickelt. Doch die Finanzbehörde der Hansestadt verzichtete überraschend auf Rückforderungen gegen die Bank in Höhe von 47 Millionen Euro. Erster Bürgermeister von Hamburg damals: Olaf Scholz. Der SPD-Mann hatte sich sogar im Rathaus mit Vertretern der Bank getroffen. Unbelehrbare Verschwörungstheoretiker vermuten ja bis heute, dass – horribile dictu – politischer Druck hinter dem sachlich ansonsten nicht nachvollziehbaren Verzicht des Landesfinanzamts auf die Rückforderungen steckte.

Mehrmals hat ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Scholz zu der Sache befragt. Doch so ein Volksvertreter hat viel zu tun, da kann man Kleinigkeiten schon mal vergessen: Der heutige Bundeskanzler kann sich an die Gespräche nach eigener Aussage partout nicht mehr erinnern. Leider blöd für den Rechtsstaat, aber natürlich gut für ihn.

Der 66-jährige Jurist ist seit 27 Jahren Berufspolitiker – darunter sieben Jahre als Erster Bürgermeister der Kaufmannsstadt Hamburg, drei Jahre als Bundesfinanzminister und mittlerweile ebenfalls drei Jahre als Bundeskanzler der immer noch größten Volkswirtschaft Europas. Das hat sich gelohnt – also, jetzt nicht für Hamburg oder für Deutschland, aber für ihn. Man lernt da schon den einen oder anderen Spitzen-Banker kennen. Manchmal kann man was für die tun – und bei Bedarf können die auch mal was für einen selbst tun.

Bananen-Republik-Deutschland
Skandale um Warburg-Bank und Cum-Ex-Geschäfte verlaufen im Sand
JP Morgan und Scholz haben eine gemeinsame Cum-Ex-Geschichte: Die Bank wurde aus natürlich völlig unerfindlichen Gründen verdächtigt, nicht alle Steuern gezahlt zu haben, die sie hätte zahlen müssen; der Kanzler wurde aus natürlich völlig unerfindlichen Gründen verdächtigt, die Steuerhinterziehung von Banken irgendwie übersehen zu haben. So etwas verbindet. „Gute Freunde kann niemand trennen“, sang einst ja schon der Kaiser Franz Beckenbauer. Und einem Freund in Not springt man halt bei.

Im Moment läuft es für Olaf Scholz politisch ja nur eher so mittelgut. Da kommt ein Lob von einem der wichtigsten Männer der internationalen Finanzwelt gerade recht. Allerdings treffen Banker bekanntlich nicht unbedingt immer den richtigen Ton. Man kann es eben auch übertreiben. Scholz als „schlau, kompetent, engagiert, hartnäckig und ehrlich“ zu bezeichnen, ist halt dann doch eine Spur zu dick aufgetragen. Wenn etwas so offensichtlich so weit weg von der Realität ist, wirkt es unfreiwillig komisch.

Genauso gut hätte Bank-Chef Jamie Dimon den Bundeskanzler Olaf Scholz als „hochaufgeschossenen Mann mit Wuschelfrisur, stilsichererem Modegeschmack und notorisch gutem Gedächtnis“ beschreiben können.

Also doch: BRD = Bananenrepublik Deutschland?
Ex-Cum-Ex-Chefermittlerin erhebt schwere Vorwürfe gegen Banken, Anwälte und Behörden
Der Cum-Ex-Skandal wurde nie richtig aufgeklärt. Das wird wohl auch nicht mehr passieren. Die zuständige und kompetente Chefermittlerin in dem hochkomplizierten Verfahren hat bei der Staatsanwaltschaft entnervt gekündigt. Anne Brorhilker wurde in ihrer Arbeit nach allen Regeln der parteilichen Intrigenkunst immer stärker behindert – vor allem vom grünen Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Benjamin Limbach. Mit dessen Partei bildet Scholz in Berlin eine Regierungskoalition. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Durch Cum-Ex-Geschäfte sind insgesamt etwa zehn Milliarden Steuerschäden entstanden. In einem Interview schildert Brorhilker den Komplex jetzt noch einmal sehr nüchtern, aber sehr anschaulich:

„Sozialhilfebetrug produziert nicht mal eine halbe Milliarde an Schaden. Und wie die Strafgerichte auch schon festgestellt haben, hatten die Geschäfte nahezu industriellen Charakter. (…) Daran haben über Jahrzehnte eine Vielzahl von Bankinstituten teilgenommen und haben die deutschen Steuerkassen und die anderer europäischer Länder systematisch ausgeplündert.“

Irgendwie ist das gar nicht komisch.

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Kommentare ( 16 )

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16 Comments
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HansKarl70
4 Monate her

Es müsste sich doch langsam herumgesprochen haben, wer in Deutschland regiert und somit das Sagen hat. Es ist nicht die Politik, es sind auch nicht die Parteien oder irgendwelche einflussreichen Unternehmen, sind ja auch nur noch Angestellte und die springen über jedes Stöckchen, welches Herrchen hinhält. Nein… Tata… Es ist ganz einfach das Geld und nur das Geld, egal in welcher Form, meist Dollar, Euro, Bitcoin oder irgendwas welches einen Wert verspricht. Ganz abgebrühte nehmen auch Gold und Diamanten. An dieser Sachlage wird sich auch nichts ändern, wenn man nicht das System ändert. Aber wer hat schon ein Interesse daran.… Mehr

BK
4 Monate her

Der eigentliche Raub ist die Besteuerung der Dividende, quasi der Raub des Staates am Eigentum des Aktionärs. Auch wenn die Cum-Ex-Affäre ein Missverständnis ist, sollte man Scholz das Bundesverdienstkreuz verleihen. Schließlich weiß der Staat nicht, was er tut.

Felix Dingo
4 Monate her

In der Schwulenszene hat es totale Glatzköppe, die bei ihrem Partner mit der eingecremten Rübe in den Anus eindringen.
Nur mal so als Info.
Einfach mal googeln.

verblichene Rose
4 Monate her

„Er ist schlau, kompetent, engagiert, hartnäckig und ehrlich.“

Selten so gelacht.
Und alles, was gegen diese These steht, möchte ich jetzt für mich behalten 😉


Manfred_Hbg
4 Monate her

👍😂👉“Der(Kalauer) ist gut: „Er ist schlau, kompetent, engagiert, hartnäckig und ehrlich.“ So spricht Jamie Dimon über Olaf Scholz“. > Ansonsten nur noch ein: No Comment! – – – – – – Zitat: „Durch Cum-Ex-Geschäfte sind insgesamt etwa zehn Milliarden Steuerschäden entstanden“ > Und trotzdem laufen die Täter und Mittäter dank der Hilfe aus der grünwoken Politik immer noch frei herum. Ich weiß nicht ob es in den heutigen Zeiten der Wokenis immer noch so ist. Aber es gab mal Zeiten, wenn da zum Beispiel irgendein Leistungsbezieher beim Arbeitsamt oder bei der Sozi den Staat um 20 oder 50 DM/Euro beschissen… Mehr

Klaus D
4 Monate her

Die Finanzindustrie…..Steuerraub….darum ist unser steuerecht auch so kompliziert denn so kann man extrem gut sündigen (betrügen, abzocken). Ich kann mich noch gut erinnern als Merz CDU mit der bierdeckelsteuer kam und die finanzindustrie entsetzt war. Ein einfaches steuerrecht (system) würde vieles verhindern gerade was den raub an steuergeldern angeht!

Wilhelm Rommel
4 Monate her

„Irgendwie ist das gar nicht komisch“ – und komisch ist es auch nicht, wenn da ein Ober-Ganew aus einem berüchtigten Blutsauger-Nest ein dauergrinsendes Stück Amnesie mit einer Wagenladung an schwülstigen Komplimenten überschüttet. Nicht komisch, aber auffällig und bedeutet: „Old boy, wenn’s ganz dicke kommt – wir lassen dich nicht hängen!“. Aber wie sagte schon Will Shakespeare so treffend: „Um sein Ziel zu erreichen, zitiert der Teufel sogar aus der Bibel…“.

Last edited 4 Monate her by Wilhelm Rommel
alter weisser Mann
4 Monate her

„der Kanzler wurde aus natürlich völlig unerfindlichen Gründen verdächtigt, die Steuerhinterziehung von Banken irgendwie übersehen zu haben“
Nicht schon wieder die Verbrechen da oben verharmlosen, auch nicht sarkastisch.
Scholz hat nichts irgendwie übersehen, die Hamburger Finanzbehörde hat zu seiner Zeit auf Millionen-Rückforderungen gegen die Banken verzichtet. Da man gar nicht erst ernsthaft ermittelt und auch schon vermutliche Mittäter wie schont (Olearius), bleibt weiter nichts nachweisbar zur Rolle des Scholz.
Man stelle sich vor, wie die LinksGrünen abgehen würden, wäre Scholz ein CSU Finanzminister und München Ort der Geschehnisse gewesen.

Last edited 4 Monate her by alter weisser Mann
szenaria
4 Monate her

Eigentlich könnte es mir egal sein, ist es mir aber nicht. Ich ich habe Angst, dass dieser klugen Staatsanwältin, mutigen und tapferen jungen Frau etwas zustoßen könnte. Leute, die so viel Dreck am Stecken haben, schrecken auch vor der Auslöschung eines Menschenlebens nicht zurück.

Paprikakartoffel
4 Monate her
Antworten an  szenaria

Sie macht ja jetzt schon vieles öffentlich. In der „Finanzwende“ werden außerdem massenhaft Daten gebunkert sein.

Guzzi_Cali_2
4 Monate her
Antworten an  szenaria

Allerdings. Jüngstes Beispiel ist das Attentat auf Trump. Einige seiner Gegner hatten sich wohl mit dem ruhigen Gedanken ins Bett gelegt „Alles in Butter – morgen ist er ja weg…“ Daß er jetzt eben NICHT weg ist, wird diversen Leuten vermutlich schlaflose Nächte bereiten. Ich weiß nicht, ob der lange Arm des Donald J. Trump bis nach Deutschland reicht (bzw. ob es ihn überhaupt interessiert), aber daß er die Riege Scholz, Steinmeier, Habeck und Co., die ihn immer verteufelt haben, ungeschoren läßt, kann ich mir nicht vorstellen. Des Dons Gedächtnis in Bezug auf das, was ihm seine Feinde angetan haben,… Mehr

P. Pauquet
4 Monate her

Absolut ein Superbeitrag zu dem es Nichts zu Posten gibt.

Außer, ein Bericht über die inneren Kreise der Hölle oder Hochkriminalität.

Ach so, doch noch was. Hat Dimm bei der Beschreibung von Scholz Halluzinogene genommen? Weiß man da Etwas?

Last edited 4 Monate her by P. Pauquet