Islam-Kritiker müssen um ihr Leben fürchten – Morddrohung und Anschläge
Zara Riffler
In Stuttgart wurde ein Islam-Kritiker brutal angegriffen. Islam-Kritiker müssen hier um ihr Leben fürchten. Der Aktivist Abbas Mohammadpoor und der Ex-Muslim Ali Utlu fühlen sich in Deutschland nicht mehr sicher. Nicht nur Radikale würden sie bekämpfen, sondern auch linke Gesellschaftsteile.
„Wer als Aktivist Islamismus kritisiert und dabei Mohammed-Karikaturen zeigt, muss hierzulande damit rechnen, gewaltsam angegriffen zu werden – ohne, dass jemand Anstoß daran nimmt“, teilte der Journalist Jan Aleksander Karon auf Twitter mit. Ohne dass es wirklich jemand in Deutschland mitbekommen hatte, wurde ein Islam-Kritiker gewaltsam auf deutschen Straßen attackiert. Es ist kein Einzelfall. In Deutschland wird es immer lebensgefährlicher, Kritik am Islam zu üben. Zunehmend wachsen die Bedrohungen, die bis zu Morddrohungen und gewaltsamen Übergriffen reichen. Gegenüber TE sagt der betroffene Aktivist Abbas Mohammadpoor, dass er sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlen würde. Auch der Ex-Muslim und Islam-Kritiker Ali Utlu (FDP) fühlt sich nicht mehr sicher, Morddrohungen wären sein „ständiger Begleiter“. Besonders von linken Gesellschaftsteilen würden Islam-Kritiker bekämpft werden, erklärt Utlu gegenüber TE.
Gruppe von Islam-Kritikern in Stuttgart brutal angegriffen
Der Vorfall spielte sich in den Straßen von Stuttgart ab. Der Aktivist und Islam-Kritiker Abbas Mohammadpoor stand friedlich mit einem aufgebauten Stand zusammen mit mehreren Aktivisten auf der Straße. Es handelte sich um ein kleine Gruppe von ungefähr sieben Personen, die eine „Demonstration gegen die islamische Republik und den politischen Islam“ abhielten. Dieser Prostest fand bewusst am 16. Oktober statt, um der Ermordung an den französischen Lehrer Samuel Paty zu gedenken. Der Lehrer Paty wurde Opfer eines brutalen islamistischen Attentats letzten Jahres, indem er von einem Islamisten enthauptet wurde. Samuel Paty musste dafür sterben, dass er seinen Schülern eine Mohammed-Karikatur zeigte, um über Meinungsfreiheit zu sprechen.
Während die Aktivisten unter anderem Plakate, auf denen Mohammed-Karikaturen und Charlie-Hebdo-Covers abgebildet waren, in der Hand hielten, sprach Abbas Mohammadpoor in ein Mikrofon. Plötzlich näherte sich den Aktivisten eine Gruppe von mindestens fünf fremden Männer, die vorerst kurz vor dem Stand stehenblieben, um demonstrativ einzuschüchtern. Einer der Männer stellte sich ganz dicht auf bedrohliche Weise neben den Redner Mohammadpoor, der diesen daraufhin aufforderte, wieder zu gehen. Doch der Mann holte aus und schlug auf den Islam-Kritiker Abbas Mohammadpoor ein. Als sich eine der protestierenden Frauen schützend vor Mohammadpoor zu stellen versuchte, griff der Mann auch ohne Hemmungen die Frau an. Parallel dazu begann ein weiterer Mann, die Plakate zu verwüsten und aggressiv wegzutreten. Insgesamt wurden zwei der Frauen der Protest-Gruppe von Mohammadpoor namens „Freiheit und Gleichheit“ verletzt, weshalb sie im Anschluss im Krankenhaus behandelt werden mussten.
Mohammadpoor berichtete, dass vor dem Angriff fremde Männer die Demonstration filmten und per Telefon gezielt ihre Kontaktmänner zum Standort geschickt hätten. Dies war also eine schnell herbei organisierte Gewaltaktion. Ein Polizist hätte gegenüber der Aktivsten-Gruppe den Ratschlag erteilt, dass das Zeigen von Mohammed-Karikaturen eine Beleidigung für Muslime darstelle. Der Polizist habe die Aktivisten davor gewarnt, dies nicht zu tun, damit sie nicht zum Opfer von Angriffen werden. Wie bitte? Soll tatsächlich Islam-Kritik nicht mehr stattfinden, um nicht das eigene Leben zu gefährden? So weit ist es in Deutschland wieder gekommen. Israel-Flaggen an Fenstern werden von der Polizei aus gestürmten Wohnungen geholt und abgehängt, solidarisch angebrachte Israel-Flaggen an Rathäusern werden wieder eingeholt, Israel-Flaggen bei „Demos“ verbrannt und geschmäht, und die Polizei rät immer wieder dazu, Muslime nicht zu provozieren.
Zu TE sagt Abbas Mohammadpoor, dass er sich nicht mehr als Religionskritiker sicher fühlen kann: „Ich fühle keine Sicherheit mehr. Jeder Moment ist zu Angst und Stress geworden.“ Und trotzdem betont er, dass er nicht aufhören wird: „Niemals werde ich mich im Kampf gegen die Islamisten zurückziehen, sondern ich werde mit Nachdruck weiter kämpfen.“
Islam-Kritik wird zunehmend lebensgefährlich
Fakt ist: Kritik an der Religion Islam, an der Ideologie des politischen Islam und an Islamismus wird in Europa und in Deutschland immer gefährlicher, ja immer lebensgefährlicher. Erst vor wenigen Monaten wurde am berühmten Versammlungsplatz Speaker’s Corner in London eine Islam-Kritikern, die ein Charlie-Hebdo-Shirt trug, mit einem Messer angegriffen, TE berichtete. Und auch vor erst wenigen Tagen erhielt die bekannte iranische Islam-Kritikerin Mina Ahadi und ihre Mitstreiter vom „Zentralrat der Ex-Muslime“ Morddrohungen. Es sind nicht die ersten Drohungen, die sie erhalten – doch die Situation, frei Kritik am Islam in der Öffentlichkeit auszuüben, spitzt sich immer dramatischer zu. Am 15. Oktober 2021 stand Ahadi mit weiteren Ex-Muslimen vor der Zentralmoschee in Köln, um gegen den umstrittenen Muezzin-Ruf zu demonstrieren. Die aus Saudi-Arabien geflüchtete Frauenrechtlerin Rana Ahmad machte dort deutlich, wie sehr sie jedes Mal retraumatisiert werde, sobald der Muezzin-Ruf ertöne.
Ein Journalist der iranischen Deutschen Welle, der vor Ort war und berichtete, wurde dort angegriffen. Wenige Tage danach erhielt Mina Ahadi Mordnachrichten wie „Ich bringe dich um, wir haben deine Adresse rausgefunden“ und „Dein letzter Tag wird kommen! Du Hure wirst schon in der Hölle verbrennen!“. Jetzt steht Mina Ahadi – wie auch Hamed Abdel-Samad, Ahmad Mansour, Seyran Ates und andere unter Polizeischutz – weil sie den Islam kritisiert. Wird das in Deutschland nun für immer so sein: Dass man sofort unter Polizeischutz gerät, weil man sich gegen den politischen Islam auflehnt? Die Islam-Kritikerin Mina Ahadi ist vor der iranischen Revolution geflohen – hier nach Deutschland, um ein sicheres Leben führen zu können, fern des politischen Islams. Genauso wie auch Mohammadpoor. Doch nun sind Ahadi und Mohammadpoor auch in Deutschland nicht mehr sicher, ihr Kampf gegen den politischen Islam wird zusehends immer mehr erschwert.
Auch der in Deutschland geborene Ex-Muslim Ali Utlu, Kind türkischer Einwanderer, ist dauerhaft massiven Bedrohungen bis hin zu konkreten Morddrohungen ausgesetzt, weil er Islam-Kritik ausübt. Für ihn ist das zum traurigen Alltag geworden – an welchem man sich niemals gewöhnen kann. Immer wieder wird seine Adresse offenbar von radikalen Muslimen in den sozialen Medien geteilt; die Aufforderung zum Hausbesuch, zur Einschüchterung und von vielen auch als Mordaufruf verstanden. Auf Twitter gab Ali Utlu kürzlich kund, dass es ihm „reicht“: „ich muss das nicht ertragen“ und kündigte an, zivilrechtlich gegen jede Bedrohung und Mordfantasie im Netz juristisch vorzugehen.
Ali Utlu: „Morddrohungen sind mein ständiger Begleiter“
„Es ziehen dunkle Zeiten auf für Islamkritiker wie mich in Deutschland“, gesteht Ali Utlu auf Anfrage gegenüber TE. „Ich wage es, meine eigene Kultur, meine ehemalige Religion zu hinterfragen und da, wo es angebracht ist, hart zu kritisieren.“ Die Politik übersehe mehr oder weniger mit Absicht „das schleichende Gift des politischen Islams, das sich in alle Bereiche unseres Zusammenlebens ausbreitet, fördert ihre Unterstützer“, erklärt Utlu. „Seit ich es 2012 gewagt habe, die muslimische Praxis der Jungenbeschneidung anzuprangern – unter der auch ich leide –, werde ich mit Hass überschüttet, was in mehreren Morddrohungen gipfelte.“ Mittlerweile seien diese Morddrohungen sein „ständiger Begleiter“. „Wie viele andere Ex-Muslime werden wir von dieser Gesellschaft nicht nur alleine gelassen“, sagt Islam-Kritiker Ali Utlu, „wir werden aktiv bekämpft, als ‚islamophob‘ oder islamfeindlich betitelt, nur weil wir den Islam kritisieren. Wir werden gar mit Nazis oder Rechtsextremisten gleichgesetzt.“
In der islamischen Welt sei das genau anders herum. Dort würden Islam-Kritiker wie er als „sehr links“ gelten, sagt Utlu. Doch „in Deutschland beschimpfen uns nicht-muslimische, linke Deutsche als ‚Rechte‘ – und „die Opfer des Islams werden durch sie erneut zu Opfern gemacht, Morddrohungen heruntergespielt und dadurch die Vertreter des politischen Islams gestärkt.“ Dabei seien es gerade die, „die weder eine Integration von Muslimen wollen, noch sich für westliche Werte einsetzen“. Deutschland sei nach fast 50 Jahren für das FDP-Mitglied und den Ex-Muslim Ali Utlu nur noch eins: „Ein Land, in dem ich mich nicht mehr sicher fühle und einer reellen Gefahr der Ermordung ausgesetzt bin, weil ich eine westliche Errungenschaft nutze: die freie Meinungsäußerung. Es sind diese Schicksale, die leider nicht in den politischen Magazinen abgebildet werden, Ex-Muslime stehen mit dem Rücken an die Wand gedrückt: gegen den linksgrünen Mainstream und gegen die, die uns ermorden wollen. Weil wir keine Opfer sind, sondern Täter in den Augen des Mainstreams.“
Wie konnte es in Deutschland so weit kommen?
Was alle der betroffenen Personen eint: Mohammadpoor, Ahadi und Utlu haben sich bisher noch niemals von irgendwelchen Drohungen einschüchtern lassen. Sie machen alle weiter und nehmen dafür in Kauf, dass ihr Leben in akuter Gefahr ist. Und sie wissen auch: dass sie auf den Schutz des deutschen Staates nicht wirklich zählen können. Der Aktivist Mohammadpoor sagte gegenüber TE, dass Islam-Kritik nicht möglich sei, weil „alle Politiker der westlichen Welt“ eine falschen Politik betreiben.
Allgemein ist zu beobachten, dass radikale Muslime sich sicher und unantastbar dabei fühlen, Drohungen und Angriffe auf Islam-Kritiker zu verüben. Wie konnte es soweit kommen, dass in Deutschland Islam-Kritik zu einem dauerhaften Zustand der Lebensgefährdung wird? Dies hat vor allem damit zu tun, dass eine Kritik an der Religion Islam, an der Ideologie politischer Islam und an islamistischen Strukturen von der deutschen Politik nicht mitgetragen wird. Seit der politische Islam ab den 1950er Jahre Einzug in Deutschland gehalten hat, haben deutsche Politiker das Problem bis heute überwiegend ignoriert und nicht angepackt. Stattdessen wurde jahrzehntelang eine Politik betrieben, die dem politischen Islam und radikalen Islamisten bis heute in die Hände spielt.
So wird auch heute mit dem staatstürkischen Verein DITIB zusammengearbeitet, obwohl dieser von renommierten Islam-Experten wie Susanne Schröter als ein „Mittel“ von Erdogan eingeordnet wird, um politische Botschaften durchzureichen und zunehmend an politischem Einfluss zu gewinnen. Letztes Jahr erklärte die Ethnologin Susanne Schröter in einem TE-Interview, dass mit der Zusammenarbeit ein „falsches Signal“ an „islamistische Akteure wie die DITIB gesendet“ werde. Doch die deutsche Regierung, die Landesregierungen und einzelne Politiker arbeiten nicht nur mit der DITIB, sondern auch mit anderen umstrittenen, islamistischen Vereinen zusammen. Die ganze Kooperations-Politik mit Islamisten gibt der Islamismus-Szene in Deutschland ein falsches Signal und mithin starken Aufwind. Es führt dazu, dass bei radikalen Muslimen die Hemmschwelle durchbrochen wird, Kritiker zu bedrohen und auch physisch anzugreifen. Gleichzeitig sendet diese Kooperations-Politik auch ein fatales Signal an Islam-Kritiker, dass diese sich nicht mit dem Rückhalt durch die deutsche Politik und des demokratischen Staates verlassen können. Islam-Kritiker werden von der Politik alleine gelassen – und genau das nutzten radikale Muslime und islamistische Verbände maximal für sich. Die Politik unterstützt Meinungsfreiheit nicht, wenn es darum geht, sachliche Kritik am politischen und fundamentalen Islam zu kritisieren.
Politik der völligen Inkonsequenz
Zudem geben Politiker solchen Vorfällen wie Mohammadpoor, Ahadi und Utlu kaum Aufmerksamkeit. Die Folge: Islamisten erhalten nahezu keinerlei Konsequenzen dafür, Islam-Kritiker mit deren Tod zu bedrohen. In Deutschland hat sich längst der Eindruck verfestigt, dass Angriffe von Islamisten geduldet werden – diese Botschaft ist auch in der radikalen Szene angekommen. Wenn eine Bundeskanzlerin, ein Bundespräsident und ein Bundesinnenminister über ein islamistisch-homosexuellenfeindliches Attentat wie das in Dresden 2020 schweigen, dann sind es die Islamisten, die darüber jubeln. Als der Lehrer Samuel Paty ermordet wurde, waren es Hunderte radikale Muslime, die auf deutsche Straßen gingen, um gegen Paty, Macron, Mohammed-Karikaturen und gegen unsere Meinungsfreiheit zu protestieren. Diese radikale Szene ging auf die Straße, weil sie es sich traute, ja weil sie keine Konsequenzen befürchten muss – weil Deutschland bezüglich Islamismus eine Politik der völligen Inkonsequenz führt. Einerseits wurde endlich ein „Expertenkreis Politischer Islamismus“ von Innenminister Horst Seehofer (CSU) dieses Jahr eingerichtet, andererseits hat derselbe Innenminister einen „Expertenkreis gegen Muslimfeindlichkeit“ gegründet, in denen mutmaßliche Islamisten sitzen dürfen, wie TE publik machte. Die Politik will sich mit konsequenten Handlungsweisen nicht unbeliebt machen. Das Thema „politischer Islam“ wird weiterhin mit Samthandschuhen und spitzen Fingern angefasst, wodurch Islamisten zu Ungunsten der Kritiker verschont werden und verschont bleiben. Dass nun auch der Muezzin-Ruf in Deutschland ertönen darf, ist der Gipfel dieser Politik der absoluten Inkonsequenz.
Denn auch mit dem Muezzin-Ruf wird ein weiterer Schritt vollzogen, dem politischen Islam noch mehr an Einflussnahme einzuräumen. Wenn der Muezzin-Ruf ertönt, ist auch dies ein verheerendes Signal für eine radikal-islamische Szene, die indirekt dadurch weiter bestärkt wird, Islam-Kritiker zu bedrohen und anzugreifen.
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