Wie bitte? „Innenministerium: Islamisten könnten versuchen, nach Syrien auszureisen“

Man kann sich nur noch an den Kopf fassen: Während auf deutschen Straßen „Flüchtlinge“ über den islamistischen Umsturz in Syrien jubeln, macht sich das Innenministerium Sorgen, dass Islamisten in und von Deutschland aus nach Syrien ausreisen könnten, um sich dort an den Kämpfen zu beteiligen. Ist es der rotgrünen „Logik“ folgend also besser, islamistische Gefährder in Deutschland zu belassen?

IMAGO

Niemand weiß, wie es morgen, zum Jahreswechsel, in einem Jahr, in drei Jahren in Syrien aussehen wird. Deutsche Politik steht hier nur am Spielfeldrand. Auch wenn die „grüne“ deutsche Außenministerin soeben bei der Auflistung eines deutschen 8-Punkte-Programms für Syrien beeindruckt ist von einem „Moment der Hoffnung“. Baerbock will Syrien jedenfalls nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad unterstützen, macht dafür zugleich die Einhaltung freiheitlich-demokratischer Grundsätze zur Bedingung.

Es gehe darum, „dass Syrien den Weg in eine friedliche und stabile Zukunft für alle findet“, meint Baerbock. Das hat Baerbock auch im „heute journal“ des ZDF am späten Abend des 11. Dezember in einem aufgezeichneten Gespräch mit ZDF-Frau Slomka „deutlich gemacht“. Mindestens fünfmal vernahm man binnen drei Minuten aus ihrem Munde – und auch sonst, wenn es um China, Israel, die Ukraine usw. geht: „Wir haben deutlich gemacht“; „Ich habe deutlich gemacht“; „Wir müssen deutlich machen.“ Nun, is‘ ja gut!

Baerbock stellt sich das so vor:

  • Alle Minderheiten und politischen Gruppen sitzen mit am Tisch, damit am Ende „hoffentlich eines Tages freie Wahlen stehen werden“.
  • Syrien solle souverän und nicht wieder „Spielball ausländischer Kräfte oder Mächte werden“. Deutschland werde einen syrisch geführten „Dialogprozess“ fördern. Die territoriale Integrität des Landes dürfe nicht infrage gestellt werden; das gelte auch für die Türkei und Israel.
  • Mit der islamistischen Rebellengruppe HTS müsse ein adäquater Umgang als den neuen Machthabern gefunden werden.
  • Für humanitäre Hilfe wolle die Bundesregierung kurzfristig zusätzliche acht Millionen Euro zur Verfügung stellen.
  • Die Assad-Gräuel sollen zum Zwecke einer „dauerhaften Aussöhnung und damit ein friedliches Miteinander“ aufgearbeitet werden.
  • Deutschland biete Hilfe für die Beseitigung von Chemiewaffen an.
  • Die intensive Pendeldiplomatie in den Nahen Osten werde fortgesetzt. Außenamts-Staatsminister Tobias Lindner werde die Präsenz Deutschlands in Syrien erhöhen. Eine rasche Wiedereröffnung der deutschen Botschaft sei vorerst nicht geplant, sondern „Pendeldiplomatie von Beirut aus“.
  • Eine Rückkehr von syrischen Flüchtlingen müsse jedenfalls international eng abgestimmt werden – mit den Partnern in Europa, aber auch mit der UNO.

TE-Prognose: Wenig von dem wird sich erfüllen. Einen syrischen Frühling wird es genauso wenig geben, wie es einen „arabischen Frühling“ gab. Wahrscheinlicher ist, dass Syrien zu einem zweiten Afghanistan wird – nur eben 3000 Kilometer näher an Deutschland. Es wird auch keine territoriale Integrität Syriens geben. Zu sehr war und bleibt Syrien zersplittert, ja viergeteilt: in ein von Assad kontrolliertes Gebiet, ein HTS-Gebiet in Idlib, die türkisch unterstützten Oppositionsgebiete um Aleppo und die Gebiete unter der kurdischen Selbstverwaltung im Nordosten. Diese Teilungen lassen sich innerhalb eines einzigen syrischen Staatengebildes kaum kitten. Insofern droht ein zweites Libyen.

Eine Aussöhnung kann es nur geben, wenn vor allem der Assad-Clan büßen muss. Putin wird Assad zwar nicht ausliefern. Aber Putin könnte im Interesse seiner militärischen Stützpunkte in Syrien einen „Deal“ mit der HTS-Gruppe zu Assad aushecken. Etwa wenn Assad, wie viele Leute, die Putin lästig wurden, per Zufall aus einem 10. Stock stürzt.

Gestärkt sein wird Erdogan: Im Moment ziehen viele in der Türkei untergebrachte syrische Flüchtlinge in ihr Land zurück, aber es könnten sich bei einer Radikalisierung der HTS wieder Flüchtlingstrecks in Richtung Türkei auf den Weg machen; Erdogan wird daraus mit Deutschland und der EU wieder ein Milliarden-Geschäft machen. Dass Israel mit einem stärker werdenden Syrien ein weiter bedrohlicher Nachbar (mit dem es 80 Kilometer Grenze hat) heranwächst, wissen die Israeli zu gut. Deshalb bombardieren sie jetzt schon Assads Waffenlager, damit den HTS-Gruppen nicht Waffen in die Hände fallen, die gegen Israel eingesetzt werden können. Insofern hätte es sich Baerbock sparen können, in einem Atemzug die Türkei und Israel zu schulmeistern.

Faesers Ministerium befürchtet Dschihad-Tourismus von Deutschland nach Syrien

Das Bundesinnenministerium von SPD-Ministerin Nancy Faeser sieht durch den HTS-Erfolg in Syrien ein erhöhtes Risiko für Ausreisen von Islamisten aus Deutschland in die Region.

Die Erfolge der Offensive durch die Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) könnten „die islamistische Szene in Deutschland motivieren, die Propaganda der HTS zu verbreiten sowie Ausreiseversuche in Richtung Syrien zu unternehmen und sich an dortigen Kämpfen zu beteiligen“, teilte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage der Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit.

Der überraschende Erfolg von Gruppierungen wie der HTS werde auch in dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehenden Kreisen und vereinzelnd unter Sympathisanten der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) „positiv aufgenommen“. Die HTS ist schließlich aus der Al-Nusra-Front hervorgegangen, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, und wird von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft. Zugleich hob das Innenministerium hervor, dass eine „Erhöhung der Gefährdungslage“ durch dschihadistische Akteure der HTS in Deutschland zumindest vorerst nicht zu erwarten sei. Agenda und Strategie der Organisation würden sich anders als etwa beim IS auf Syrien fokussieren. „Anschläge in anderen Ländern lehnt die HTS offiziell ab“, erklärte die Ministeriumssprecherin. Die muss es wissen. Der Anführer der siegreichen Islamisten, Mohammed al-Dschulani, soll seinen Landsleuten ja versichert haben, dass Syrien keinen weiteren Krieg erleben werde. Aber wie das eben so ist im Islam bzw. im Koran: Die neuen Herrscher in Syrien geben sich noch gemäßigt. Aber es ist Tarnung und Lüge im Sinn des koranischen Taqiya – der zum Zwecke des Dschihad erlaubten Lüge. Heißt das im Umkehrschluss: Die Dschihadisten sollen besser in Deutschland bleiben? Weil man sie hier unter Kontrolle hat?

Der Islamwissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ist sich jedenfalls sicher: HTS ist „mit den Taliban und der Hamas vergleichbar“. Der US-Politikwissenschaftler Hilal Khashan befürchtet aktuell gar, der Sturz des Assad-Regimes könnte auch militante Gruppen in anderen arabischen Ländern inspirieren: im Libanon, in Ägypten, im Irak. Eine regionale Stabilität im Nahen Osten ist jedenfalls erneut in weite Ferne gerückt. Da kann Baerbock noch zigmal hin und her jetten.


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Kommentare ( 89 )

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Lore
28 Tage her

Will diese Dame das Modell „Brandmauer“ nach Syrien exportieren? Da fällt mir nur das Sprichwort ein : “ Wenn einer, der mit Mühe kaum / Gekrochen ist auf einen Baum, / Schon meint, daß er ein Vogel wär, / So irrt sich der.Wilhelm Busch

RobertF
28 Tage her

Das interessante an den aktuellen Äußerungen von den Grünen und Teilen der SPD zu den Syrern in Deutschland ist, dass daraus unterschwellig die Botschaft zu entnehmen ist, dass Rotgrün die Syrer am liebsten überhaupt nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren lassen will. Ganz so, als wollten sie Deutschland zu einem gigantischen Freiluftgefägnis für die ca. 1 Million Syrer machen, die seit 2015 nach Deutschland eingereist sind. Was im ersten Augenblick fast schon verrückt anmutet, folgt einer inneren Logik, wenn man sich mit der One-World-Ideologie von Linken und Grünen auch nur etwas auskennt. Sollte die Mehrzahl der Syrer Deutschland wieder verlassen,… Mehr

Kassandra
28 Tage her
Antworten an  RobertF

Deshalb treten sie ja auch hinsichtlich der Ukraine nicht diplomatisch auf, wie es ihnen geziemte – sondern gießen weiter tüchtig Öl ins Feuer, wiewohl Trump ante portas dem ein Ende machen wird: „Dear NATO… Guess who’s back?“ https://x.com/MarioNawfal/status/1854104310822412509

Juri St.
28 Tage her

Man muss Verständnis für Faeser haben. Sie möchte doch nur die Fachkräfte (für was auch immer) hier behalten.

Nibelung
28 Tage her

Abwarten, welches Eigenleben die Neuen in Damaskus bald führen werden und das Chaos heute schon vorprogrammiert ist, bei der Konstellation, die derzeit dort anzutreffen ist und eher Richtung Radikalismus gegen alles Andersartige tendiert, als sich vom Westen und seinen Satrapen einschüchtern zu lassen. Die Türken wollen die Kurden klein machen, die Amis haben mit ihnen andere Interessen, die Juden nützen die Schwäche aus um sich strategische Vorteile zu verschaffen und die anderen Anrainerstaaten verhalten sich derzeit still, einschließlich der Russen. Der vermeintliche Pyrrhussieg so mancher Zeitgenossen, wird sich noch als großer Irrtum heraus stellen denn wie bei Hussein im Irak… Mehr

Teiresias
29 Tage her

Israelische Truppen rücken derzeit Richtung Damaskus vor.

Da die nach Deutschland „geflohenen“ Syrer im wesentlichen den Islamisten zujubeln, sind viele von ihnen als potentielle Kämpfer gegen die IDF zu betrachten.

Will man die vielleicht in Deutschland halten, um Israel zu schützen?

Unglaeubiger
29 Tage her

Dieses W… und ihr Parteigenosse sind eine eiskalte, machtbesessene, fremd installierte Vernichtungsmaschine gegen das Land. Keine Ahnung ob gekauft oder erpresst, ist auch egal, die bewußten und offensichtlich gewollten Schäden die sie anrichten, gehören vor Gericht! Gibt es denn gar keinen rechtlichen Angriffspunkt gegen solch eine Mischpoke?

P.Schoeffel
29 Tage her

Die gute Nachricht ist: Auf der ganzen Welt und in Ländern, hundertausende Kilometer entfernt, interessiert es niemand, was die deutsche Außenministrant*In von sich gibt.

Albert Pflueger
29 Tage her
  • Alle Minderheiten und politischen Gruppen sitzen mit am Tisch, damit am Ende „hoffentlich eines Tages freie Wahlen stehen werden“.

Das hat Baerbock gesagt? Hier in Deutschland gilt das offenbar nicht, hier will sie die AfD verbieten und von den Wahlen ausschließen, wie kommt sie darauf, daß Islamisten mehr Spaß an Stuhlkreisen haben als Grüne?

Epouvantail du Neckar
29 Tage her

Man kann die Geschehnisse und politischen Aussagen in diesem Land nicht mehr realistisch bewerten ohne Gefahr zu laufen, dass morgens um 6 Uhr die Schlapphüte vom sog. „Staatsschutz“ mit Polizeieskorte den Windfang belagern.

Biskaborn
29 Tage her

Baerbock macht mit ihrem Achtpunkteplan Deutschland mal wieder zum Gespött in der Welt! Die neuen Machthaber in Syrien werden vor lachen nicht in den Schlaf finden.