Immobiliensektor vor dem Kollaps: Unerwünschte Kettenreaktion durch das Sondervermögen

Das Sondervermögen wirkt schon, aber anders als gedacht. Es wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt werden, die schwer zu kontrollieren sein wird. Steigende Zinsen für Bundesanleihen bedeuten steigende Zinsen in allen anderen Bereichen. Dem Bausektor könnte der Kollaps drohen.

picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod
Häuser werden in einem Neubaugebiet gebaut.

Ein Anstieg der Haushaltsausgaben in Form des milliardenschweren Schuldenpakets, das die Bundesregierung voraussichtlich auf den Weg bringen wird, könnte Prognosen zufolge die Rendite von Bundesanleihen ansteigen lassen. Daraus könnte sich eine gefährliche Kettenreaktion entwickeln, die die Baukonjunktur beeinträchtigen könnte. Droht Deutschland nun eine umfassende Finanzkrise?

Anleihen-Turbulenzen: Renditen explodieren

Das geplante Mega-Finanzpaket für Rüstung und Infrastruktur, das von Union und SPD geschnürt wird, sorgt bereits für Chaos. Die geplanten zusätzlichen Schulden in Höhe von 500 Milliarden Euro treiben die Renditen deutscher Staatsanleihen in beispiellose Höhen.

Die Verzinsung für zehnjährige Bundesanleihen kletterte vergangene Woche zeitweise auf 2,93 Prozent. Zum Vergleich: Vor der Ankündigung dieses gigantischen Finanzpakets lag die Rendite noch unter 2,50 Prozent. Besonders auffällig war der Anstieg am Mittwoch, der so heftig ausfiel wie seit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 nicht mehr.

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Der Grund für diese Rendite-Explosion ist simpel: Bundesanleihen stellen Schuldverschreibungen der Bundesrepublik Deutschland dar, mit denen sich der Staat neben Steuereinnahmen finanziert. Anleger leihen dem Staat Geld. Um die geplante Schuldenflut zu stemmen, wird Deutschland deutlich mehr Staatsanleihen ausgeben müssen. Dieses erhöhte Angebot an Anleihen erzeugt einen Preisdruck auf bestehende Papiere, was automatisch zu steigenden Renditen führt. Die Logik dahinter: Fällt der Preis einer Anleihe aufgrund des erhöhten Angebots, erhöht sich ihre Rendite.

Experten warnen: Der Aufwärtstrend der Anleiherenditen könnte weiter anhalten. Analysten der Großbank BNP Paribas gehen davon aus, dass der massive Anstieg der deutschen Haushaltsausgaben die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen auf ein Niveau heben könnte, das zuletzt während der globalen Finanzkrise zu beobachten war. Bis 2028 könnte die Rendite auf 4 Prozent steigen.

Sollte die Regierung zusätzlich weitere Sondervermögen, etwa für die Rüstung oder die Klimatransformation beschließen, könnte dieser Wert sogar noch übertroffen werden. Vornehmlich für den Immobilienmarkt ist das eine äußerst düstere Prognose.

Bausektor droht unter steigenden Renditen zu kollabieren

Was auf den ersten Blick nach attraktiven Konditionen für Anleger aussieht, birgt in Wahrheit eine Gefahr für den Bausektor. Die sprunghaft ansteigenden Renditen bei Bundesanleihen könnten eine fatale Kettenreaktion auslösen, die die Bauindustrie an den Rand des Kollapses bringen könnte.

Die Ursache dafür liegt in der direkten Verbindung zwischen den Renditen von Bundesanleihen und den Bauzinsen. Wohin sich die Renditen der Staatsanleihen entwickeln, werden die Zinsen für Immobilienfinanzierungen mit hoher Wahrscheinlichkeit folgen. Zwischen beiden besteht eine starke Korrelation.

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Sollte der Aufwärtstrend der Anleiherenditen also anhalten, dürfte somit auch der Bausektor durch steigende Finanzierungskosten unter Druck geraten. Das könnte insbesondere kleine und mittelständische Bauunternehmen in den Ruin treiben und den ohnehin geschwächten Immobilienmarkt weiter destabilisieren.

Die Bauwirtschaft kämpft schon jetzt mit Problemen. Hypotheken sind für den Mittelstand längst unbezahlbar geworden, und auch die Ampelregierung hat ihre ambitionierten Wohnungsbauziele kläglich verfehlt. Von den versprochenen 400.000 neuen Wohnungen jährlich ist man meilenweit entfernt.

Im Gegenteil: Die Zahl der Baugenehmigungen ist weiter rückläufig. Im Jahr 2022 wurden lediglich 295.300 neue Wohnungen fertiggestellt, ein Jahr später verschlimmerte sich die Lage noch weiter – 2023 sank diese Zahl sogar auf 294.400. Hohe Materialkosten spielen hierbei eine Rolle, aber der eigentliche Faktor sind die explodierenden Bauzinsen.

Zinspolitik der EZB: Korrelation von Leitzins und Bauzins

Auch wenn der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) die Bauzinsen nicht direkt bestimmt, beeinflusst er sie doch indirekt. Vor allem die Ankündigungen der EZB zu möglichen Leitzinsveränderungen haben Einfluss auf die Erwartungen am Kapitalmarkt. Da die Ereignisse auf dem Markt eingepreist werden, schlagen sich diese Prognosen häufig schon vor tatsächlichen Änderungen auf die Bauzinsen nieder.

Doch selbst hier spielen Anleihen eine entscheidende Rolle im Hintergrund. Es ist ein komplexes Spiel: Bei Leitzinssenkungen werden Sparanlagen wie etwa Tagesgeldkonten unattraktiv, was viele Anleger dazu bewegt, in den Kapitalmarkt zu wechseln. Das treibt wiederum die Nachfrage nach Staatsanleihen in die Höhe und senkt ihre Renditen. Dies wirkt sich positiv auf die Bauzinsen aus, die ebenfalls sinken.

Das Gegenteil passiert bei Zinserhöhungen: Höhere Leitzinsen machen Sparanlagen wieder attraktiv, während das Interesse an Anleihen schwindet. Die sinkende Nachfrage treibt deren Renditen nach oben, was letztlich auch die Bauzinsen steigen lässt.

Nachdem die EZB im Juni 2024 die Zinswende eingeleitet hatte und die Leitzinsen im letzten Jahr um 100 Basispunkte gesenkt hatte, kam es zu einem vorübergehenden Rückgang der Renditen für 10-jährige Bundesanleihen auf rund 2 Prozent. Doch dieser Effekt wurde rasch überschattet. Die Ankündigung massiver Schuldenaufnahmen der Bundesregierung sowie Gerüchte um eine bevorstehende Aushebelung der Schuldenbremse am Ende der Amtszeit der Ampelregierung trieben die Renditen wieder nach oben.

Selbst die bislang umgesetzten Zinssenkungen der EZB – insgesamt 150 Basispunkte seit Juni 2024 –, die eigentlich die Rendite von Staatsanleihen und somit auch den Bauzins senken, zeigten kaum Wirkung. Denn während die EZB lediglich kurzfristige Zinsen beeinflussen kann, werden langfristige Renditen, wie die der 10-jährigen Bundesanleihen, weitaus stärker von fiskalpolitischen Maßnahmen wie gigantischen Schuldenpaketen bestimmt. In dieser Gemengelage entpuppt sich die lockere Zinspolitik der EZB als zahnloser Tiger, der den deutschen Immobilienmarkt nicht stabilisieren kann.

Mögliche Zinserhöhungen: Ein drohendes Desaster für den Bausektor

Die Problematik findet kein Ende. Die Neuverschuldung, die die Bundesregierung plant, könnte die Europäische Zentralbank schon bald zu einer Kehrtwende in der Fiskalpolitik zwingen. – Zinserhöhungen könnten in naher Zukunft folgen.

Ursache ist die Inflationsgefahr, die durch diese ungehemmte Schuldenaufnahme angefacht wird. Die EZB wird früher oder später gezwungen sein, zu handeln. Hinzu kommen die immer weiter steigenden Energiekosten, unter anderem durch ideologisch motivierte Maßnahmen wie der CO2-Steuer, die ebenfalls die Inflation antreiben.

Doch während die Bundesregierung scheinbar im politischen Blindflug agiert, werden die katastrophalen Folgen für den ohnehin schon angeschlagenen Bausektor ignoriert. Ein Paradebeispiel für die Verantwortungslosigkeit der Politik.

Szenario: Deutschlands drohende Immobilienkrise

Ein düsteres Szenario zeichnet sich am Horizont ab: Sollte der Bauzins weiter ansteigen, könnte der Neubau in Deutschland nahezu vollständig zum Erliegen kommen. Viele mittelständische Projektentwickler und Bauunternehmen würden in finanzielle Turbulenzen geraten. Besonders betroffen wären auch Banken, die solche Bauprojekte finanziert haben – ihnen drohen Kreditausfälle, die ihre Bilanzen belasten könnten.

Eine solche Krise im Bausektor könnte das Vertrauen in die gesamte Volkswirtschaft erschüttern. Es ist ein Szenario, das an die globale Finanzkrise von 2008 erinnert, die ihren Ursprung im US-amerikanischen Immobiliensektor fand. Die Parallelen sind unverkennbar: überbewertete Immobilien, gefährdete Kreditinstitute und eine Regierung, die durch Schuldenpolitik das Problem noch verschärft.

Steuert Deutschland also auf eine gewaltige Wirtschaftskrise zu, die im Immobiliensektor ihren Ausgang nimmt? Die Frage wird zumindest immer dringlicher.

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Kommentare ( 58 )

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58 Comments
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Jenny
2 Tage her

Sollte dann noch die Abgeltungssteuer auf 30% erhöht werden, dürfte sich die Zahl deutscher Investoren in deutsche Anleihen und Zertifikate wiederum verringern. Und trauen ausländische Investoren den Ratingagenturen und der Bonität Deutschlands bei abnehmender Wirtschaftsleistung und der hiesigen Irrsinnspolitik?

Betreutes Denken
2 Tage her

Ah, immer diese Schwarzmalerei! Die Lösung ist doch ganz einfach: Frau Lagarde, die bekanntermaßen so viel kann, wird ganz einfach die Schuldscheine am Sekundärmarkt aufkaufen und in die Bilanz der EZB nehmen. Schon ist das Problem entschärft. Alles wird gut! Ehrlich! Großes Indianerehrenwort!

schwarzseher
2 Tage her

Das ist doch den meisten Politikern egal. Die können sich aufgrungd ihrer sich selbst genehmigten Diäten alles leisten. Das Volk interessiert die doch gar nicht, da man, beziehungsweise der Bundesgerichtshof, die AfD auch mit 40% oder mehr nicht regieren lassen wird.

Der Spielverderber
12 Stunden her
Antworten an  schwarzseher

Sehr geehrter Herr Kommentator, Der BGH ist hier nicht zuständig, sondern das Bundesverfassungsgericht. Kann man im Staatsorganisationsrecht nachlesen. Ein Blick ins Grundgesetz hilft auch. Das maximale Wählerpotenzial der AFD liegt bei ca. 25 %. Die postulierten 40 % sind also realitätsfern und reines Wunschdenken. Eine AFD-Regierung würde aus dem Euroraum austreten. Kosten ca. 2,5 Billionen Euro. Arbeitslose min. + 2 Millionen mit entsprechenden Kosten. In Europa möchte keine rechtspopulistische oder faschistische Fraktion mit der AFD zusammenarbeiten, weil diese äußerst extreme Positionen vertritt. Ich sage Ihnen ganz klar: Wer AFD wählt, kann sich das Wählen sparen, da diese nach menschlichem Ermessen… Mehr

Radisal
2 Tage her

Also, Flüchtlingsunterkünfte werden aktuell noch überall bei uns gebaut.

Or
2 Tage her

Schon des Bückberts Heizungsgesetz hat den Immobilienmarkt massivst einbrechen lassen, weil der Erwerb einer gebrauchten Immobilie mit seinen dann zu erwarteten Umbaupflichten schwer kalkulierbar ist. Mir scheint, die kommende Nochnichtregierung will dem noch den Rest geben.

Ceterum censeo Berolinem esse delendam
2 Tage her

Ich würde heutzutage eher in ein Bauprojekt in Gaza investieren, statt mich hierzulande von horrenden Bauzinsen, nicht verfügbaren Handwerkern, völlig überhöhten Baukosten, irren Bauvorschriften und grünen Zwangsmaßnahmen (PV-Anlagenpflicht auf Neubaudächern, „Passivhaus“-Standard etc.) in den Wahnsinn treiben zu lassen. In Gaza bestünde immerhin eine gewisse Chance, dass das Gebäude nicht gleich zum Trümmerhaufen wird. In Deutschland dagegen ruiniert man sich mit einem Neubau ganz sicher.

WGreuer
2 Tage her

Das „Interessante“ dabei ist, dass die relativ hohen Renditen extrem hohe Kapitalkosten für den Staat nach sich ziehen. Dieser Sondervermögen sind faktisch Kredite, die verzinst werden. Steigende Schulden und steigende Zinsen stellen eine massive Dauerbelastung für den Haushalt dar. Derzeit bei 2,5 Bio Schulden sind’s ca. 40 Mrd. Sollten nochmal 1,5 Bio dazu kommen und die Zinsen auf 3% steigen, liegen wir schon 120 Mrd. Euro jährlich. Nur Zinsen. Sollte Deutschland sein AAA Rating verlieren (was dank Deindustrialisierung + Massenabwanderung und damit sinkenden Steuereinnahmen und depperter Politik wahrscheinlich ist), steigen die Zinsen noch weiter. Die Tendenz ist also steigend. Kein… Mehr

Verzeihtnix
2 Tage her

Wir bauen seit einigen Jahren nicht mehr und werden auch nie wieder bauen.

Gründe sind nicht die Zinsen, sondern der drohende Sanierungszwang für unseren Immobilienbestand, die immer größeren Probleme, anständige Mieter zu finden und die seit Jahren herumgeisternde Drohung von Enteignung und Vermögenssteuer, welche durch den Vorschlag der SPD, die Spekulationsfrist von 10 Jahren abzuschaffen, noch einmal mehr als aktuell geworden ist. Und die CDU macht munter mit.

alter weisser Mann
2 Tage her

„Die geplanten zusätzlichen Schulden in Höhe von 500 Milliarden Euro…“ Da hat jemand das Volumen der neuen Sonderschulden geschrumpft!
Zudem wird das Thema mit ausführlichen Betrachtungen zu Rendite und Zins nur sehr einseitig behandelt.
Die Preise für Bauleistungen und Material werden einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Baubranche leisten, wenn sie bei Umsetzung umfänglicher Infrastrukturpakete steigen.
Wenn bauen UND finanzieren teurer werden, dann werden die Bauherren jeder Art viel Spaß haben.

Karsten Paulsen
2 Tage her

In den letzten 17 Jahren hat sich der Marktwert unseres Hauses fast verdoppelt, da braucht es keine teuren Zinsen um nicht mehr bauen zu können.