Heinrich Heine kommentiert das NetzDG und die EU schon in Deutschland ein Wintermärchen Caput II..
Während die Kleine von Himmelslust
Getrillert und musizieret,
Ward von den preußischen Douaniers
Mein Koffer visitieret.
Beschnüffelten alles, kramten herum
In Hemden, Hosen, Schnupftüchern;
Sie suchten nach Spitzen, nach Bijouterien,
Auch nach verbotenen Büchern.
Ihr Toren, die ihr im Koffer sucht!
Hier werdet ihr nichts entdecken!
Die Konterbande, die mit mir reist,
Die hab ich im Kopfe stecken.
Hier hab ich Spitzen, die feiner sind
Als die von Brüssel und Mecheln,
Und pack ich einst meine Spitzen aus,
Sie werden euch sticheln und hecheln.
Im Kopfe trage ich Bijouterien,
Der Zukunft Krondiamanten,
Die Tempelkleinodien des neuen Gotts,
Des großen Unbekannten.
Und viele Bücher trag ich im Kopf!
Ich darf es euch versichern,
Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest
Von konfiszierlichen Büchern.
Glaubt mir, in Satans Bibliothek
Kann es nicht schlimmere geben;
Sie sind gefährlicher noch als die
Von Hoffmann von Fallersleben! –
Ein Passagier, der neben mir stand,
Bemerkte, ich hätte
Jetzt vor mir den preußischen Zollverein,
Die große Douanenkette.
»Der Zollverein« – bemerkte er –
»Wird unser Volkstum begründen,
Er wird das zersplitterte Vaterland
Zu einem Ganzen verbinden.
Er gibt die äußere Einheit uns,
Die sogenannt materielle;
Die geistige Einheit gibt uns die Zensur,
Die wahrhaft ideelle –
Sie gibt die innere Einheit uns,
Die Einheit im Denken und Sinnen;
Ein einiges Deutschland tut uns not,
Einig nach außen und innen.«
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Großartig!
Enthüllend, bloßstellend, ehrfurchtgebietend!
Es ist ein ewiges Spiel der Machtbalance im Inneren und nach Außen.
Was für kluge Einsichten: Sicherheit entsteht aus der Einigkeit im Inneren, also einer Interessengemeinschaft und der Einigkeit nach Außen, mit der diese Einigkeit und die Kultur verteidigt wird. Ob es das für ein Volk wert ist, ob es gar weiterbestehen will, muß jede Generation neu entscheiden. Es ist keine Frage des Könnens, Deutschland könnte es problemlos, es ist eine Frage des Wollens.
Advent
Heut geh‘ ich auf den Weihnachtsmarkt.
Als guter Mensch bin ich so frei;
erfreu mich an dem Allerlei.
Ein LKW hat dort geparkt.
Ist hier Darth Vader neu erstarkt?!
Er zielt mit schwarzer Front dabei
genau in diese Feierei.
Bleib jetzt ganz ruhig, sonst droht Herzinfarkt…
Wie angewurzelt muss ich stehen,
betrachte ängstlich das Geschehen.
(und nirgends seh ich Polizei…)
Ein Grollen. Motor startet. Schon in Fahrt.
Da stoppt der Truck. Und nun wird offenbar:
Es liefert Christbaumschmuck und Engelshaar
ein alter Herr mit weißem Bart.
Das Herz ist mir bedrückt
http://www.textlog.de/23249.html
Bei Heine galt u. es gilt immer mehr und mehr, „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“ (Nachtgedanken)
Er ist so aktuell wie nie bzgl. dessen, was er über dieses Land sagte.
Und welcher Neuzeit-Gedanke treibt zu fast 90% die deutsche Gesellschaft
„Es ist nie passiert. Nichts ist jemals passiert. Sogar als es passierte, passierte es nicht. Es spielt keine Rolle. Es interessiert niemand.“
[Harold Pinter]
Es scheint höchst bedauerlich, dass sich in all der Zeit nichts geändert hat. Nur die Mäntelchen der Verschleierung sind undurchsichtiger geworden und haben sich andere Farben verpaßt.
Und ein Großteil der Menschen und Medien läuft wieder den Machthabern hinterher und jubelt in eiligster Beflissenheit und vorauseilendem Gehorsam, dabei hätten sie es durch eine Septemberwahl in der Hand gehabt.
Schrecklich.
Und die Welt dreht sich doch, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Aktuell passend, ein weiteres Kleinod Deutscher Dichtkunst von Bert Brecht:
Und der Haifisch, der hat Zähne
Und die trägt er im Gesicht
Und Macheath, die hat ein Messer
Doch das Messer sieht man nicht.
………………………….
Und die minderjähr’ge Witwe
Deren Namen jeder weiß
Wachte auf und war geschändet
M…… welches war dein Preis?
Ich weiß nicht, wie oft ich die obigen Strophen aus Heines, des Spötters, Wintermärchen bei meinem Bemühen, das gesamte Wintermärchen auswendig zu lernen, schon vor mich hin sagte. Es erscheint mir aber als ein nicht mehr in die heutige Zeit passendes Werk. Denn: wo sind denn heute diejenigen, welche Heine zu seiner Zeit anzusprechen noch hoffen konnte? Ich nehme einmal eine Strophe aus dem Artikel heraus: „Und viele Bücher trag ich im Kopf! Ich darf es euch versichern, Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest Von konfiszierlichen Büchern.“ Wer in diesem Lande trägt überhaupt noch ein Buch, gedeutet als eigenständig beleuchtetes… Mehr
Wunderschön beschrieben, insbesondere der Teil, der zeigt, dass Zensur nicht nur ein machtpolitisches Mittel ist, sondern von Ideologen angestrebt wird, weil ihnen Widerspruch geradezu körperliche Schmerzen bereitet. Dies hat aber den Vorteil, dass es die betreffenden Stellen in einer Weise übertreiben, die Widerspruch auf den Paln rufen muss. Mit etwas mehr Zurückhaltung wäre man möglicherweise durchgekommen.
Ich liebe dieses Gedicht schon seit Ewigkeiten. Es ist so voll von Optimismus. Danke für diese treffende Assoziation.