„Kein Geschäftsmodell darf unsere Demokratie zerstören“

Habeck sieht „unsere Demokratie“ durch Elon Musk gefährdet und fordert die Begrenzung der Macht. Habeck spricht nicht von Demokratie als Herrschaft des Volkes, sondern von der Demokratie der Grünen, von Habecks Demokratie, von seiner Macht, von der Macht der Grünen. Doch Macht ohne Legitimation ist Willkür.

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Frank-Walter Steinmeier, den Angela Merkel zum Bundespräsidenten bestimmt hatte, hielt eine Weihnachtsansprache wie in jedem Jahr, die kaum überraschend wenig weihnachtlich, nicht freiheitlich und eben auch nicht wirklich demokratisch zu verstehen war. Der Bundeskanzler hält dafür wie immer die Neujahrsansprache. Es ist Tradition, dass die Amtsinhaber – die von den Inhabern sozialer Medien unterscheidet, dass sie nichts von dem, was sie nutzen, selbst geschaffen oder erworben haben, sondern eher von anderen leben – zu Weihnachten und zu Neujahr eine Rede halten. So klar, so langweilig, so vorhersehbar.

Robert Habeck ist nicht Bundeskanzler, Robert Habeck ist nicht Bundespräsident, nein, Robert Habeck ist viel mehr: Er ist sogar der größte anzunehmende Bundesminister, genauer der Bundesverwirtschaftungsminister, der größte Robert Habeck, den es in Deutschland gibt, nein, nicht nur in Deutschland, er ist der größte Robert Habeck der Welt, der große Sohn Schleswig-Holsteins, den dieses Bundesland uns geschenkt hat. Ist es unter diesen Umständen nicht geradezu zwingend erforderlich, dass der große Sohn Schleswig-Holsteins auch eine Neujahrsansprache hält? Niemand hat Robert Habeck dazu aufgefordert, er ist dennoch der Aufforderung gefolgt.

Bemerkenswert an Habecks Rede ist nicht, dass jedes zweite und dritte Wort nach dem ersten, jeder zweite und dritte Satz nach dem ersten, voraussehbar ist, die üblichen Phrasen, der übliche intellektuelle Gestus, der aber eher pseudo als wirklich intellektuell ist, der übliche Gesinnungskitsch, eine Rede, die jeder Grüne und jeder, der sich in informeller Komplettbetreuung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) befindet, geistig zu folgen vermag. Habecks Rede überfordert weder Robert Habeck, noch seine, noch die Fans des ÖRR.

Er beginnt rührselig und erstaunlich spießig mit der Erinnerung an ein Buch, das er zum Abitur geschenkt bekam, einer Rede von Richard von Weizsäcker, um sich als wahrer Erbe von allem, was gut und schön, was grün und christdemokratisch in Deutschland ist, zu präsentieren. Dass er über Weizsäcker zur deutschen Geschichte, zur deutschen Verantwortung im Klippschulton kommt, überrascht wenig, so wie seine Zuhörer auch nicht durch einen originellen Gedanken aus ihren Träumen geschreckt werden. Wie schrieb doch der britische „Economist“ anlässlich des Erscheinens von Merkels Autohagiographie: „Frau Merkel ihrerseits führte Deutschland wie in einer Scheinwelt und ließ es ein ausgedehntes Nickerchen genießen, aus dem es noch erwachen muss.“ Das Nickerchen ist der Normzustand „unserer Demokratie“. Denn Robert Habeck ist der legitime Erbe von Merkels Scheinwelt.

Habeck würde X am liebsten verbieten oder zensieren, wie er jede freie Meinungsäußerung am liebsten zensieren möchte, der Mann, der Spöttern den Staatsanwalt und die Polizei auf den Hals schickt. Nichts anderes sagt er in seiner Drohansprache, wenn er verkündet: „Unsere Demokratie steht unter Druck. Von innen und außen. Unsere Sicherheit ebenfalls.“ Keine Verschwörungstheorie ist ihm zu platt. Er sagt: „Wenn Elon Musk – ausgestattet nicht nur mit Milliarden und Abermilliarden, sondern auch mit ungebändigter Kommunikationsmacht – zur Wahl der AfD in Deutschland aufruft, ist das nicht aus Unkenntnis der AfD. Es hat Logik und System.“ Übrigens ist Logik ein System und Systeme zeichnen sich durch innere Logik aus – geschenkt, in der Tautologie wird die Logik besonders zwingend.

Hat es auch „Logik und System“, wenn die Grünen zur Wahl von Kamala Harris aufgerufen haben? Hat es auch „Logik und System“, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Skandale Annalena Baerbocks vollkommen verschweigt, wenn ihm Gerichte nachweisen, die Unwahrheit zu senden? Hat es auch „Logik und System“, wenn Robert Habeck zur Zensur von X und des Internets aufruft, um andere Meinungen zu unterdrücken? Wenn er sagt: „Aber es braucht die Begrenzung der Macht. Kein Geschäftsmodell darf unsere Demokratie zerstören.“ Und: „Wer uns schwächen will, dem müssen wir mit Stärke begegnen.“

Ja, das hat „Logik und System“, nämlich die „Logik“ des „Klassenkampfes“, des totalitären „Wir“ und nicht „Ihr“, und das „System“ der Diktatur, denn die Diktatur, im Sozialismus des Proletariats, wurde in der DDR, wurde von Lenin schon als die höchste Form der Demokratie angesehen. „Unsere Demokratie“ hieß in der DDR sozialistische Demokratie, als Diktatur des Proletariats die höchste Form der Demokratie, die wehrhaft sein und verteidigt werden musste gegen die Feinde, wie heute gegen die „autoritären Kräfte“, gegen Donald Trump und Elon Musk, gegen die AfD, gegen jeden, der nicht der grünen Ideologie folgt. Habeck sagt es deutlich, er spricht von „unserer Demokratie“, nicht der Demokratie der Deutschen, nicht über die Herrschaft des Volkes, sondern von der Demokratie der Grünen, von Habecks Demokratie, von Habecks Macht, von der Macht der Grünen über den Demos, über das Volk.

Wenn Habeck von Demokratie spricht, meint er Oligarchie. Der Mann, der sich in seinen Träumen im Kieler Matrosenhemd zu sehen scheint und möglicherweise immer noch so gern ein Revolutionsheld sein möchte, kneift vor der Diskussion, flieht vor dem öffentlich ausgetragenen Streit der Meinungen mit Alice Weidel. Es hat den Anschein, dass er Zensur, Verbote, Staatsanwälte benötigt, weil ihm Argumente nicht zur Verfügung stehen. Wäre es anders, könnte er das Gegenteil sofort beweisen.

Auf der Fähre versteckte er sich vor den Fragen der Bauern, deren Minister er einmal war, während die Lüge verbreitet wurde, dass die Fähre wieder ablegen musste, weil die Bauern die Fähre angeblich stürmen wollten. Und das alles nur, um das jämmerliche Bild, das Robert Habeck der heldenhafte Verteidiger „unserer Demokratie“ abgegeben hatte, aus den Köpfen wegzusenden und zu tilgen.

Wer die Worte übertrieben findet, der suche in Habecks Neujahrsansprache nach Worten, wie Wettstreit der Meinungen und Konzepte, nach Worten wie Diskussion, Debatte, Meinungsstreit. Er sucht vergeblich, er wird nur Worte wie Gefahr, Kampf, Begrenzung, Regulierung und Macht finden. Habeck sagt tatsächlich: „Wer uns schwächen will, dem müssen wir mit Stärke begegnen.“ Ein Demokrat hätte gesagt: Wer uns schwächen will, der muss uns mit Argumenten kommen, der muss uns erst einmal widerlegen. Doch über welche Argumente sollte der Mann verfügen, der in nur drei Jahren die deutsche Wirtschaft zerstört und Schäden in Milliardenhöhe am deutschen Energiesystem zu verantworten hat, den seine Kollegen in Europa anscheinend gründlich satt haben.

Robert Habeck sagt: „Kein Geschäftsmodell darf unsere Demokratie zerstören“ – auch nicht das Geschäftsmodell der Demokratie, das in freien und fairen Wahlen besteht? Er will „demokratische Machtpolitik“ betreiben. Doch Macht ohne Legitimation ist Willkür. Demokratische Machtpolitik ist eine contradictio in adjecto oder ein Euphemismus für grüne Machtpolitik, gegen alle, die anderer Auffassung sind. Habecks Neujahrsansprache ist beides, Kitsch und Kampfansage, grüner Gesinnungskitsch und handfeste Drohung für alle, die diese Gesinnung nicht teilen.


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Kommentare ( 184 )

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Monostatos
1 Tag her

Noch ein Vorschlag für X~Twitter: Da dieser wackere Kämpfer für „UnsereDemokratie“ – wieso erinnert er so manchen an Diederich Heßling? – nicht so gerne an einem Zweikampf mit Frau Dr. Weidel teilnehmen möchte, könnte Tucker Carlson ihn (und Frau Dr. Weidel jeweils) zu einem Interview einladen. Dort hätte er eine weltweite Bühne, um seine überragenden Fähigkeiten und Konzepte darzustellen. Mehr Öffentlichkeit ist kaum vorstellbar.

Ralph Martin
1 Tag her

„Unsere Demokratie“ ist es nur wenn „unsere“ Partei gewinnt.

Monostatos
1 Tag her

Jetzt habe ich endlich ein Gesicht zu dem (intellektuellen) Scheinriesen, welchen – der tatsächliche und überaus erfolgreiche Kinderbuchautor – Michael Ende in „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“ beschrieben hat.

Sabine W.
1 Tag her

Augenblick mal… DER hat ’ne Ansprache gehalten??? Habe ich gar nicht mitbekommen. Ist aber wahrscheinlich auch besser so. Ich bin ein Freund klarer Worte und mag es nicht, wenn jemand Kettensätze schwurbelt, deren Anfang an deren Ende er nicht mehr erinnert (und die wenigen Zuhörer auch nicht). Und ich mag es noch weniger, wenn Menschen sich Kompetenzen anmaßen, denen sie nicht einmal im Ansatz gewachsen sind. Ich nehme auch kein chirurgisches Besteck ohne entsprechende Ausbildung in die Hände – ich bleibe bei ‚meinen Leisten‘. Ich bin nur ein einfacher Mensch, finde aber dass jeder das tun sollte, was er kann… Mehr

puke_on_IM-ERIKA
1 Tag her

Ist schon hart wenn man als größter wirtschaftlicher Stümper und Dilettant sich vom wirtschaftlich erfolgreichsten Mann der Welt die Leviten lesen lassen muss. Da wird dann Zeter und Mordio geschrien, weil man ja doch im Beseitz der alleinigen Wahrheit ist und realitätsvergessen als ökonomischer Dummbeutel glaubt, alle anderen sind Geisterfahrer.
Von Realität umzingelt und dümmlich linksgrünen ÖRR-Girlies angehimmelt……Das reicht halt nur zum Zerstören einer Volkswirtschaft und zum milliardenfachen Verplempern von Subventionen in dummgrüne Luftschlösser.
Tolle Erfolgsstory unseres Ruinators ! Und DER will Kanzler werden – mal schauen, ob die Deutschen wirklich SOOOO blöd sind.

Last edited 1 Tag her by puke_on_IM-ERIKA
Kassandra
20 Stunden her
Antworten an  puke_on_IM-ERIKA

Wenn die Schwaben Kretschmann wählen – und danach Özdemir?
Was kann man erwarten?

Monostatos
5 Stunden her
Antworten an  Kassandra

Man sollte so ehrlich sein anzuerkennen, dass Kretschmann deutlich mehr in der Birne hat als Habeck und Konsorten. Und er hat tatsächlich ein gutes naturwissenschaftliches Verständnis. Das Interview von Harald Schmidt mit ihm belegt das. Das ist es aber dann auch; Kretschmann ist ein beinharter Ideologe und durch und durch autoritär.

Stefan Z
1 Tag her

Ein wenig Fairness sollte schon noch sein, sonst sieht das irgendwann nicht mehr demokratisch aus. Die „Elite“ hat Schwab, Mazzucato, Soros, Gates, Zuckerberg und Co, also lasst dem Bodensatz doch wenigstens den Musk. Irgendwann, müsst ihr euch sonst auch noch selbst verbieten. Und Deutschland ohne Dich lieber Robert, wäre ja wirklich der Super-Gau. Deutschland braucht dich einfach als starken Führer der alles wieder gerade biegt. Wer wäre auch besser dafür geeignet, als der Verursacher der Probleme. Schließlich konntest Du daraus lernen. Deine Entscheidungen waren ja auch im Prinzip alle richtig. Dafür, dass der Olaf und der Christian deine genialen Einfälle… Mehr

rainer erich
1 Tag her

Die Autoren und Kommentatoren werden sich sicher bereits darauf einstellen, dass es nach der “ Wahl“ sowohl mit den aktuell „tätigen“ Personen als auch ihren Aufführungen weitergehen wird. Im Einzelfall tritt zwar ein Akteur mit einem anderen Namen auf, in der „Sache“ aendert sich nichts. Immerhin ist so fuer die naechsten 4 Jahre fuer hinreichend geeigneten Stoff gesorgt, aendern wird sich nichts. Offen bleibt, ob es in 4 Jahren eine weitere Akklamation des, mit Verlaub, “ Stimmviehs“ geben wird, denn „Wahlen“ werden ( zu Recht) gemeinhin als obsolet betrachtet. Riskant sind sie zumindest in Sch’land nicht, fuer die Machthaber. Waren… Mehr

ramses82
2 Tage her

„“Doch über welche Argumente sollte der Mann verfügen, der in nur drei Jahren die deutsche Wirtschaft zerstört und Schäden in Milliardenhöhe am deutschen Energiesystem zu verantworten hat““ Herr Mai, in diesem Punkt kann ich Ihnen nicht folgen. Wenn es stimmt, dass die Misere der deutschen Wirtschaft primär ihre Ursache in der verteuerten Energieversorgung hat, dann ist die Merkel-Regierung aufgrund ihrer Torpedierung der Kernenergie hierfür verantwortlich zu machen. Im Grunde genommen vollzieht die Ampel unter Federführung der Grünen nur das, was die Merkel-Regierung zuvor mit ihrer unsäglichen Energiewende vermurkst hat. Schon die letzten Jahrzehnte waren es immer wieder auch CDU-Politiker, die an… Mehr

amendewirdallesgut
2 Tage her

Unsere Demokratie und ihre Wähler , warten wir doch einmal ab , wen wir denn die nächsten vier Jahre auf der Regierungsbank sitzen haben , demokratisch legitimiert versteht sich .

AlexR
2 Tage her

Bei der Ansprache im Fernsehen ist unser Opa, der im Rollstuhl sitzt, aufgestanden und hat den Fernseher abgeschaltet. Herr Habeck, sie haben ein Wunder vollbracht. Aber es reicht jetzt.