Energiepolitik wird in Deutschland weiterhin nicht als Wirtschafts- oder Sicherheitspolitik begriffen, sondern als Klimapolitik. Die Ampel zieht den Ruin der deutschen Wirtschaft der Erosion grüner Überzeugungen vor. Und morgen geht die politische Klasse in Urlaub, während das Land in ein Desaster abdriftet.
Historiker werden vielleicht einmal den Juli 2022 als einen Höhepunkt des grünen Wahns bezeichnen. In einem vielsagenden Gespräch zwischen Markus Lanz und Wirtschaftsminister Robert Habeck fragt der Moderator nach: Können Sie ausschließen, die bis zu neunfach gestiegenen Erdgaspreise an die Endkunden weiterzugeben? Habeck: „Diese Möglichkeit besteht, wir haben sie uns geschaffen. Das ist ja eine politisch gewollte Erweiterung der Handlungsoptionen.“
— GreenWatch (@Watch_Greens) July 6, 2022
Offenbar wirkt der Mehltau der Merkeljahre beim Fernsehpublikum nach. Denn hätten die Zuschauer wirklich verstanden, was Habeck da sagt, dann müsste es heute eigentlich so ausschauen wie in den benachbarten Niederlanden – mit dem feinen Unterschied, dass eine solche Preiserhöhung nicht nur die Existenz der Bauern, sondern sämtliche Industriezweige und Haushalte betreffen würde. Zu dieser Politik passt die Ankündigung des Grünen, dass es keine staatliche Deckelung angesichts steigender Gaspreise geben werde. „Eine Deckelung der Preise wäre bei einem knappen Gut ein Signal: Energie ist nicht wertvoll, haut raus, was ihr wollt“, sagte Habeck am Mittwoch am Rande der Münchner Handwerksmesse.
Habeck hält die geregelte Stromversorgung für Luxus
Habeck würfelt mit der Existenz von Millionen, findet aber nichts dabei, da er eine geregelte Stromversorgung offenbar für Luxus hält. Selbst die dystopische Regierung in der Science-Fiction-Kommödie „Idiocracy“ erscheint im Vergleich kompetenter.
Das Magazin Bloomberg stellt mit einer Anspielung auf die erfolgreiche „Game of Thrones“-Reihe fest: Many Winters are coming. Der Journalist Javier Blas malt für Europa darin ein düsteres Zukunftsszenario. Die europäische Wirtschaft müsse sich auf Jahre hinaus auf eine Schließung von Industriesektoren einstellen, Lieferketten drohen zu brechen, ein Kollaps stehe bevor. Zitat:
Unter vier Augen sagen europäische Führungskräfte, dass sie die bevorstehende vierteljährliche Berichtssaison Mitte Juli nutzen werden, um weitere Werksschließungen anzukündigen. Betroffen sind die Branchen mit dem intensivsten Energieverbrauch: Düngemittel, Grundmetalle und Stahl, Chemie, Keramik, Glas und Papier. Aber zunehmend auch die Lebensmittelproduktion. Beheizte Gewächshäuser und Hühnerfarmen müssen mit astronomischen Energiekosten rechnen.
Bloomberg: es drohen Werksschließungen und der Zusammenbruch von Lieferketten in Europa
Angesichts dessen sei „keine Idee mehr zu verrückt“, ob es sich um den Weiterbetrieb von Kernkraft, die Einstellung von CO2-Limits, Kohleausbau oder neue Gasbohrungen handelt – selbst wenn das Erdbeben in Gebieten wie den Niederlanden bedeuten könnte. Die europäischen Regierungen müssten jetzt Entscheidungen treffen, am besten einen Gipfel veranstalten, um Jahre des Mangels zu managen, bevor es zu spät ist.
Javier hat diesen Artikel vor einer Woche geschrieben und den hohen deutschen Megawattstundenpreis von 250 Euro als Mitursache angeführt. Heute sind es mehr als 340 Euro – ein Allzeithoch. „Beim derzeitigen Preisniveau wird die deutsche Fertigung zusammenbrechen“, sagt Blas auf Twitter.
Wie bei der Flutkatatsrophe geht das Parlament vor der Energiekatastrophe in Urlaub
Doch in Deutschland ist die Reaktion auf diesen vorhergesagten Horror widersprüchlich. Statt echte Krisengipfel einzuberufen (die „Konzertierte Aktion“ als größter Stuhlkreis der Nation dürfte wie ihr Vorgänger in den 1960er Jahren scheitern), um die wirklich drängenden Probleme aufzugreifen und sich gesamteuropäisch abzustimmen – verabschieden sich Bundesregierung und Parlament am Freitag fröhlich in die Sommerpause. Ähnlich wie bei der Flutkatastrophe vor einem Jahr lässt man sich angesichts eines Desasters von historischer Dimension nicht seinen Urlaub nehmen.
Als erster Tagesordnungspunkt steht daher der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf dem Programm. Stupide fertigt die Ampel die Entscheidungen vom Herbst letzten Jahres ab, die sich mit der gegenwärtigen politischen und ökonomischen Situation nicht vertragen. Es ist der Tag 1 nach der EU-Entscheidung, dass die Kernkraft als nachhaltig und „grün“ einzustufen sei. Die grünen Tränen über die verlorene Causa fließen immer noch; doch gerade wegen dieser Niederlage scheint der Trotz umso größer, es heute noch einmal allen zeigen zu wollen.
Der grüne Junkie spricht davon, frei vom Fossilen zu sein und spritzt sich Erdgas
Habeck fällt in seiner Rede nichts anderes ein, als davon zu sprechen, dass Deutschland heute „im Regen“ stünde, weil man das nun zu verabschiedende Paket nicht vor zehn Jahren durchgezogen hätte. Wie Windkraft und Solar die dringend benötigte Grundlast erzeugen, bleibt auch in dieser Debatte ein gut gehütetes Geheimnis.
Denn für die Grundlast ist seit der unionsgeführten Energiewende und der grünen Idee einer „Brückentechnologie“ ausländisches Erdgas verantwortlich. Habecks Anhänger erklären solche Worte zu jener „Ehrlichkeit“, die sie am Wirtschaftsminister schätzen, obwohl es der Höhepunkt der Unehrlichkeit ist. Habeck rechnet mit Merkels Klimapolitik ab, obwohl es die eigene ist. Fracking-Gas und LNG-Terminals waren Habecks Alptraum als Landesminister in Schleswig-Holstein. Der grüne Junkie spricht davon, frei vom Fossilen zu sein – und spritzt sich Erdgas.
Die AfD will eine namentliche Abstimmung zur Kernkraft
Auch die Union versucht einen Kontrapunkt zu setzen, der aber angesichts der langjährigen Verwicklung mit der Öko-Lobby und der Verantwortung für die Energiewende fragwürdig erscheint. Nur zaghaft setzt die Union den Weiterbetrieb „klimaneutraler“ Verbrennungsmotoren auf den Parlamentsplan. Darunter zählt die CDU/CSU-Fraktion E-Fuels und Wasserstoff, was angesichts der sich anbahnenden Krise nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist – wer soll sich diese Fahrzeuge bei einer drohenden Verarmung der Bevölkerung denn noch leisten können? Zwar gibt es auch aus der Union Signale, sich für einen Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke in Deutschland einzusetzen, doch dürfte eine Zustimmung zu den AfD-Anträgen ausgeschlossen sein. Parteipolitik schlägt erfahrungsgemäß Verantwortung für das Land. Es gilt schließlich Prioritäten in der anstehenden Wirtschaftskrise zu setzen. Stattdessen will die Union einen eigenen Antrag vorlegen.
Was sich hier darbietet, ist die Bankrotterklärung einer politischen Elite, die das Land seit mindestens zwei Jahrzehnten sehenden Auges ins Desaster zerrt. Niemand scheint die Lage wirklich ermessen zu können oder wünscht sich, dass Industrie und Bürger entweder auswandern oder unter der Last von Inflation, Preissteigerung und Energiekrise kollabieren. Entlastungen, so hatte es der Kanzler bereits angekündigt, seien vor der Pause sowieso nicht zu erwarten. Man müsse erst schauen, wie sich die bisherigen Pakete im Sommer auswirkten – und dann nachjustieren. Man kann nur hoffen, dass es an diesem Sankt-Nimmerleins-Tag noch etwas nachzujustieren gibt.
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Man könnte NS2 aufmachen, Gasverstromung zu Lasten von Kohle und Import einstellen und die Kernkraft aus dem Wachkoma holen. Stattdessen gehen sie in Urlaub. Das heißt so viel wie „uns egal ob ihr im Winter friert oder euren Job verlert“. Fehlt es an Mut und Ideen? Hat man Angst vor dem Wähler, wenn er die Wahrheit und die Kehrtwende erfährt? Oder ist es doch schlichtweg Agenda, die Energieversorgung grün und billig, dafür wetterabhängig zu gestalten? Das würde uns freilich ins 19. Jahrhundert katapultieren.
Es geht um Dekarbonisierung. Und damit weiter zurück.
Mit Glück Haithabu. Aber es könnten auch afghanische Dorfstrukturen zum Tragen kommen.
Eine solche Sprache des grünen Wirtschaftsministers „ … haut raus was ihr könnt …“ erinnert doch sehr an die Worte eines Hinkenden „ wollt ihr totalen Krieg ? „ . Was und wer hat diesen Wahnsinnigen denn ermächtigt das Land zu schleifen ,den Bürger in die totale Verarmung zu treiben ? Industrie zu vernichten ,Gesundheit zu zerstören , denn wenn die Leute im Winter nichtmetrischer heizen können brauchen wir kein COVID um die Krankenhäuser mit Lungenentzündungen zu füllen. Zu fressen werden die Bürger auch nichts haben ,denn Bäckereien brauchen Energie . Es ist eine Hybris unendlichen Elends das uns bevorsteht… Mehr
Sehr richtig, Herr Galina, sehr richtig! solange sich die mediale Einheitsfront aus („etablierter“) Politik und („korrekter“) Presse das ignorieren der Realität leisten und in ihrer Parallelrealität verharren kann, wird sich hier schlicht garnichts ändern – allen Warnungen und Hinweisen (von wem auch immer) zum Trotz. Erst wenn durch äußere Zwänge (wie zb „Putin“) das 08/15 „weiter so“ schlicht und ergreifend unmöglich wird, könnte ein „Nachjustieren“ erfolgen. “nachjustieren“ meint aber natürlich nichts anderes als „weiter so“, nur mit etwas höherem Finanzbedarf, aka neue Schulden/ Nachtragshaushalt Die berühmte Geldgiesskanne ist das „Abrakadabra“ deutscher Standardpolitik, das Standard-Missmanagement seit 1998, sprich Schröder, Merkel und… Mehr
Ich bin gespannt auf die Reaktion der links-grün indoktrinierten Massen auf das kommende Desaster. Man wird ihnen sagen, Putin war schuld daran. Ich vermute, sie werden es glauben.
Ich bleibe dabei: Merkel war jede Volte zuzutrauen, wenn es dem Machterhalt diente.
Wie ich früher mal geschrieben habe, ist die jetzige politische Lage samt dieser unsäglichen Ampel eine Folge des Merkelismus.
Es besteht aber doch ein Unterschied zwischen dogmatisch verblendeten Grünen und einer extrem selbstbezogenen Merkel. Grüne Politk ist jedenfalls nicht so personenbezogen.
Man würde mich allerdings fasch verstehen, wenn man mir unterstellte, ich würde mir Merkel zurückwünschen. Merkels Vergehen liegen aber auf einer anderen Ebene als die Fehlleistungen der Grünen. Merkel hat das politische Sysem der Bundesrepublik Deutschland zerstört.
Zitat: „Eine Deckelung der Preise wäre bei einem knappen Gut ein Signal: Energie ist nicht wertvoll, haut raus, was ihr wollt“, sagte Habeck“ > Auch hier sieht man doch wieder in welchen realitätsfernen Sphären (auch) diese grünen Traumtänzer am leben sind: „haut raus, was ihr wollt“. WAS bitte denkt dieser Traumtänzer Habeck eigentlich?! Das hört sich an als wenn Habeck & Konsorten noch gar nicht realisiert und kapiert haben das sehr viele Menschen im Land sowieso schon seit Jahren auch bei Strom und Heizung am sparen sind. Und wenn diese Menschen nun noch mehr sparen würden, dann sitzen sie nämlich… Mehr
Vielleicht werde ich meine Aussage bereuen. Doch nehme ich mal ausnahmsweise die „Zuschauer“ in Schutz. Die breite Masse der Deutschen schaut sich längst diesen Mist nicht mehr an. Der Rest, wird von Politik und Medien belogen. Da die meisten Menschen in Deutschland der Politikverdrossenheit erlegen sind, ergibt sich die Grüne Politik.
Meiner Meinung nach, haben Medien und Union gleichermaßen Schuld an dieser Situation. Denn beide, haben den Grünen den Weg geebnet. Ich will jetzt keine historischen Vergleiche bemühen, da diese offensichtlich im Raum stehen.
Ja, die Russen führen Krieg. …. Gleichwohl hat die deutsche Politik die Lage beim Gas maßgeblich selbst geschaffen, Plappalena und Laberbeck mit ihren großmäuligen Ansagen und der Gier, die historische Chance zur immensen Beschleunigung der eigenen Energieagenda maximal zu nutzen, treiben uns in die Mangel- und Kostenfalle. In einem halben Jahr sehen wir das noch klarer.
Die liberal-konservativen Medien sollten sich mal an die eigene Nase fassen. Die AfD-Abgeordneten sind die einzigen Erwachsenen im deutschen Kinderparlament. Dennoch behandelt man sie auch hier auf Tichy wie politische Schmuddelkinder und Querulanten. Da lobe ich mir die Libertären. Auf „eigentümlich frei“ bespricht man die AfD wie alle anderen Parteien auch. Man beurteilt sie nach ihren Zielen und nach ihren Taten. Und nicht nach ihren Manieren.
Ein einziges Wort reicht für diese Regierung und ihre roten und schwarzen Anhängsel: Bankrotterklärung!