Habeck brüskiert den Bundestag – mal wieder

Robert Habeck hebelt wieder die parlamentarischen Regeln aus. Um einen Staatssekretär zu schützen, dessen Geschäfte eine zweite Graichen-Affäre auslösen könnten, hält er seine Hand über ihn. Entgegen aller parlamentarischen Gepflogenheit bleibt er seiner eigenen Anhörung fern.

IMAGO / Frank Ossenbrink

Der Fluch der bösen Tat – Robert Habeck wird ihn nicht los. Seit seinem Amtsantritt als Wirtschaftsminister hat Habeck seine wichtigsten Posten mit fragwürdigen Personalien besetzt. NGO-Verbindungen und Filz galten mehr als Kompetenz und Unabhängigkeit. Zusammen mit ideologischer Verbohrtheit hat sich daraus ein toxischer Mix ergeben. Das ministerielle Kartenhaus wankte spätestens seit der Energiekrise. Mit Graichen hat sich ein weiteres Blatt gelöst. Weitere Teile drohen zu brechen. Habeck hat auf diese Probleme bisher mit Vertuschung, Verzögerung und verfahrenstechnischen Tricks geantwortet.

Das jetzt vom Bundesverfassungsgericht vorerst verschobene Heizungsgesetz ist nicht nur ein Habeck-Gesetz, sondern auch ein Graichen- und Agora-Gesetz. Nicht nur der Koalitionsfrieden war an eine schnelle Verabschiedung geknüpft. Staatssekretär Patrick Graichen war federführend an dem Entwurf beteiligt. Einen Teilerfolg hat Habeck errungen, weil diese Zusammenhänge mittlerweile totgeschwiegen werden. Sie könnten nämlich daran erinnern, dass die Skandale im Hause Habeck nicht ausgestanden sind.

Ebenso wie die Agora-Affäre haben die Medien die Zähne bei der Causa Udo Philipp verloren. TE hatte bereits darüber berichtet, wie Habeck und die Ampelparteien das parlamentarische Fragerecht aushebelten, um eine echte Anhörung zu unterminieren. Julia Klöckner (CDU), die in der Graichen-Anhörung Habeck in Bedrängnis brachte, wurde de facto an die Leine gelegt. Das Desaster durfte sich nicht wiederholen.

Zwar war nicht die Anhörung, sondern eine Förderung an den BUND die Ursache für Graichens Versetzung in den Ruhestand. Aber Klöckner demaskierte Habeck und Graichen öffentlich, dass auch die großen Medien immer weiter auf Distanz gingen. Auch bei jenen, die mit der ideologisch angestrichenen Amigo-Wirtschaft nichts anfangen konnten, verstärkte sich der Eindruck, dass Habeck einen Fehler beging, sich in diesem Moment vor Graichen zu stellen. Für einige Tage war nicht nur Habeck, sondern auch der Minister angezählt.

Die Affäre um den Staatssekretär Philipp drohte deswegen nur kurze Zeit darauf die Krise des Ministeriums zu verfestigen und Habeck selbst in Gefahr zu bringen. Mit der Knebelung des Ausschusses und der Aufmerksamkeitsverlegung auf das Heizungsgesetz kühlte diese Flanke ab. Dass sie neuerlich aufbrechen könnte, dürfte das Ministerium nach dem Schock-Stopp aus Karlsruhe in ähnliche Unruhe versetzen, wie sie bei der Graichendämmerung herrschte.

Zur Erinnerung: Es geht mittlerweile um 600.000 Euro Förderung, die aus dem Wirtschaftsministerium an Firmen geflossen sind, an denen Philipp beteiligt ist. Der Wirtschaftsausschuss hat deswegen Philipp zu einer Befragung zitiert – zu der er aber nicht erschienen ist. In anderen Ländern wäre das die Eskalation eines Konfliktes zwischen Exekutive und Legislative, eine klare Missachtung parlamentarischer Spielregeln und eine Demütigung des demokratischen Systems. Doch Habeck findet nichts dabei. Er hält seine schützende Hand über Philipp.

Klöckner betont, dass noch viele Fragen offen seien, dass diese nur beantwortet werden könnten, wenn dieser auch persönlich im Ausschuss antwortet. „Doch Minister Habeck mauert und lässt seinen Staatssekretär nicht in den Ausschuss kommen“, sagt Klöckner. „Damit wird die parlamentarische Kontrolle des Bundestages ausgebremst. Was hat er zu verbergen?“ Parteikollege Hansjörg Durz, Obmann im Wirtschaftsausschuss, bezeichnet das Spiel als „Farce“. „Dass Minister Habeck ihn vor dem Parlament verstecken muss, spricht Bände“, bewertet er den Vorgang.

Auch Leif-Erik Holm, der für die AfD im Ausschuss sitzt, sagt, dem Ausschuss sei ein „Maulkorb“ verpasst worden. Statt auf Transparenz setze Habeck auf Aussitzen. „Nach wie vor ist ungeklärt, wie gut Philipp Ministeriumsberater Sebastian Böhmer wirklich kennt, an dessen Fonds er Anteile besitzt“, führt Holm zusätzlich aus. „Zwar bestreitet er eine Bekanntschaft, Recherchen legen aber nahe, dass beide sich aus einer internen Arbeitsgruppe der Grünen kennen.“ Solange dies nicht „restlos aufgeklärt“ sei, stehe der Verdacht der Vorteilsnahme im Raum.

Der Vorfall zeigt: Es geht nicht um einzelne Gesetze, nicht um einzelne Personalien, nicht um einzelne „Fehler“. Es handelt sich um ein System. Dieses System heißt Habeck. Es war Habeck, der ein Gesetz trotz aller Warnungen und verfassungs- wie verfahrenstechnischen Bedenken vor der Sommerpause aus egopolitischen Gründen durch das Parlament jagen wollte.

Auf ebenso verfassungs- wie verfahrenstechnisch problematische Art will Habeck die Aufklärung im eigenen Ministerium verhindern. Man könnte darauf zu sprechen kommen, dass mit Michael Kellner der Schwager Graichens weiter als Parlamentarischer Staatssekretär fungiert; und dass Staatssekretär Sven Giegold als Mitglied im Europarat der Agora sitzt, wie so viele andere Staatssekretäre der Bundesregierung. Habeck versucht, über die Probleme den Teppich zu legen. Aber mittlerweile stinkt es unter dem Teppich gewaltig.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 45 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

45 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Unser Kinderbuchautor ist ein findiger Kommunist. Es gelingt immer noch, einen Teil der Bevölkerung zu täuschen. Das zahnlose Parlament, in dem es nur eine Oppositionspartei gibt, ist weder willens noch in der Lage seiner Funktion der Regierungskontrolle nachzukommen. Die links-grünen Parteien Union, SPD, FDP, SED und Grüne haben kein Interesse daran, Habeck zu demontieren, auch wenn er selbst sehr hart an der eigenen Demontage arbeitet. Es ist außer der AfD eben niemand da, der uns von diesem Vetternwirtschaftsminister des Grauens erlösen will.

PeterMichael
1 Jahr her
Antworten an  Juergen P. Schneider

Kann man denn vor ordentlichen Gerichten diesem hin und her, diesen Tricksereien, nicht ein Ende machen ?
Ist es nicht endlich Zeit, eine Anzeige wegen Meineids – Begründung mit der Missachtung seines Amtseides – diesem Schmierentheater ein Ende machen ?
Schließlich sind wir – die Bürgerinnen und Bürger – der Souverän – oder ?

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  PeterMichael

Genau an der Stelle standen welche mit Merkel – und man müsste recherchieren, wie viele Verfahren vom Bundesverfassungsgericht oder auch von anderen Gerichten erst gar nicht zugelassen wurden, um einen Befreiungsschlag abzuwenden.
Schlimm. Man sieht ohnmächtig, wie das gesamte Land mit Mann und Maus vor die Hunde geht und fühlt die Hände gebunden.

Waldorf
1 Jahr her

„Habecks“ Hauptproblem ist, dass sich das ganze Agora-Konglomerat immer deutlicher als komplett Praxis-untauglicher „Thinktank“ erweist. Als Amigo-Hub in den höchsten Staatsdienst taugen diese „NGOs“ zweifellos, aber inhaltlich haben sie nichts zu bieten, was für Gesellschaft, Unis oder Ministerien ein Gewinn, ein Mehrwert etc wäre. Nennen wir Agora daher einfach „grüne Kaderschmiede“ statt Thinktank oder NGO. Seit Trittin-Zeiten dienen diese „NGOs“ dem steten Personal-Wechsel zwischen NGO und Ministerium, bis heute. Daraus könnte man eher auf Inflitrierung denn auf inhaltliche oder sachliche Unterstützung der Ministerien schließen. Und zumindest der Erfolg ist unbestreitbar: die Grünen Vorfeldorganisationen werden seit den frühesten Nullerjahren durch Staatsgelder… Mehr

chloegrace1312
1 Jahr her

War es nicht Frau Neubauer aka „Langstreckenluisa“, die öffentlich geäußert hatte, dass die Demokratie als Regierungsform für die drohende Klimakrise nicht geeignet wäre? Das war nicht nur so dahin gesagt. Das ist die DNA der Grünen Ideologen. Sie scheren sich einen Dreck um Demokratie. Und Habeck ist Teil dieser Weltuntergangstruppe.

Niklas
1 Jahr her

Letztens wurde Kathy Bates geehrt, deren berühmteste Filmszene aus Misery stammt, wie sie als wahnsinniger Fan dem von ihr entführten Buchautor mit einem Vorschlaghammer die Fußknöchel zertrümmert. Bevor sie zuschlägt, schreit sie: „Vertrau mir! Es ist zu Deinem besten!“ Eine hervorragende Parabel darauf, was die Grünen mit Deutschland machen. Beseelt von der Wahnvorstellung, die ultimativen Guten zu sein, zertrümmern die Grünen Millionen von Fußknöcheln. Dabei – und damit kommen wir zu Habeck – darf ihnen nichts in die Quere kommen. Keine Menschlichkeit, keine Vernunft, keine Verfassung, selbst die Physik hat sich gefälligst vor den grünen „Weltrettern“ zu beugen. Die können… Mehr

WGreuer
1 Jahr her
Antworten an  Niklas

Irgendwo habe ich einen Bericht aus den USA gefunden, wonach die regierenden Demokraten sehr erfreut sind, hier in Schland mit den Grünen und Roten „zusammenarbeiten“ zu können. Diese seien so ideologisiert, infantil und intellektuell beschränkt, dass sie ganz einfach kontrolliert werden können.
Das sagt alles über diese Truppe an der Regierung aus. Es wird Zeit für Neuwahlen.

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  WGreuer

Das könnte der Rand-Report sein, über den Thomas Röper mehrere Artikel geschrieben hat. Ja, die setzen darauf, dass Baerbock-Habeck das alles bis zum bitteren Ende durchziehen werden.
Und sie sagte ja schon: egal, was meine Wähler denken.
Vielleicht hilft ja Tichys Klage, dass die Bundestagswahl wegen der falschen Berlinwahl doch vorgezogen werden muss?

Last edited 1 Jahr her by Kassandra
Oleron
1 Jahr her

Dass Habeck ein dreister Lügner ist, wissen wir, dass er durch und durch korrupt ist wissen wir, dass er alles tut, um Deutschland zu schaden, ist offensichtlich, doch er ist da ja nicht allein. Sehen wir uns die ganzen Marionetten der digital-finanziellen Komplexes an, alles ein Gschmeiß. Doch das Ende naht. Wenn die EZB die Zinswende hinlegt, dann nimmt die Inflation erst so richtig Anlauf. Was dann noch von Deutschland übrig ist darf die AFD gemeinsam mit der Werteunion zusammenkehren.

Peter Pascht
1 Jahr her

Immer diese geistesgestörten „Weltenretter“, insbesondere eine deutsche Spezialität.
Schon Hitler wollte das deutsche Volk vor dem „Weltuntergang“ retten, so wie nun Putin das russiche Volk vor dem „Weltuntergang“ retten will.
Heraus gekomen ist immer nur Krieg, Mord und verbrannte Erde.
Das ist es, was auch die „Grünen Weltenretter“ hinterlassen werden.
Wir retten diese Welt auch wenn sie dabei untergeht, lautet das Motto.
Der Mann gehört in psychiatrische Behandlung, wegen stursinnigem Realitätsverlust und die ganze Grüne Bande gleich mit.

bkkopp
1 Jahr her

Man fragt sich warum die Opposition gegen die Verschleierungstaktiken eines Ministeriums immer wieder relativ zahnlos zu sein scheint. Warum haben sie nicht die Rechtsmittel um die Teppiche wegzuziehen ? Wer hat denn diese Rechtsbedingungen geschaffen ? Was müßte geändert / geschärft werden, um eine parlamentarische Kontrollfunktion effektiver zu machen ? Warum kann ein Minister, wenn er mauert, nicht erscheint, oder seine Leute nicht erscheinen läßt, nicht mit unmittelbaren, massiven Rechtsfolgen für ihn verklagt werden ? Der Bundeskanzler nominiert zwar einen Minister, dieser wird aber vom BT vereidigt und soll sein Ressort in eigener, direkter Verantwortung gegenüber dem Parlament führen. Warum… Mehr

Wilhelm Mueller
1 Jahr her

Der Typ hat wohl einen persönlichen Fotografen, der ihn vorteilhaft in Szene setzt. Mit den Bildern wird vertuscht, dass da ein großes tumbes Kind in den Besitz eines Hammers und eines Stechbeitels gekommen ist, mit dem es sich die Welt nach seinen törichten Vorstellungen formen will. Viele Wähler haben immer noch nicht realisiert, dass zwischen den professionellen Make-ups und der intellektuellen Tragfähigkeit dieses Blenders Welten liegen. Noch ist er der Exponent einer hammerharten Taktik der verbrannten Erde, die ihm auferlegt wurde. Morgen kann er in der Versenkung verschwunden sein.

Kaktus 61
1 Jahr her

Immer weiter in die Enge getrieben, wird getrickst, gelogen, intrigiert und gebissen. Regen sie sich nicht über einzelne Akteure oder Handlungen auf, genießen sie entspannt das Schauspiel. Haben sie Geduld, am Ende jedes Dramas fällt der Vorhang.

Fieselsteinchen
1 Jahr her

Habeck ist das Männchen, das am Ende der Fäden hängt. Fest geknüpft, den Launen des Puppenspielers unterworfen. Ein machtgieriger kleiner Möchtegernpolitiker wollte mehr sein, als was er beherrschen kann. Hinter der Agora steht das große Kapital, das will Ergebnisse sehen. Aber Habeck liefert nicht. Momentan läut die Aktion: „Harre meine Seele'“ – Lieferung mit Verspätung. Der CO2-Preis ab 2024 wurde schon angehoben… Dieser Hampelei muss der Stecker gezogen werden, selbst zum Abbau des bisher angerichteten Desasters, so der Außerbetriebsetzung der Kernkraftwerke, eines Stopps illegaler Einwanderung, dauert zu lange, um noch mit einem blauen Auge davon zu kommen. Merkel & Co… Mehr