Selbstentzündung, autonomes Fahren und kein Syrer in Essen

Die Gewalttat von Essen offenbart ein spektakuläres Phänomen: die Paus’sche Parallelrealität. Der neue Fachbegriff beschreibt einen objektiven Sachverhalt, der von der grünen Familienministerin und ihren Hausmedien in eine völlig andere Wirklichkeit umgedeutet wird. Faszinierend, hätte Mr. Spock da gesagt.

picture alliance/dpa | Markus Gayk

Die Blutlachen sind noch nicht ganz getrocknet, da meldet sich Lisa Paus zu Wort: Das sei ja nun schon wieder ein schlimmes Beziehungsdrama. Familien sollten nun bitte endlich besser vor gewalttätigen Männern im Haus geschützt werden.

Damit diese Aussage ihre prachtvolle Wirkung voll entfalten kann, werfen wir ganz kurz einen Blick auf den objektiven Sachverhalt:

Ein Syrer besorgt sich in Essen im Ruhrgebiet Brandbeschleuniger und zündet zwei Mehrfamilienhäuser an. Die Feuer legt der 41-Jährige jeweils im Hausflur, um den Anwohnern die Flucht möglichst schwer zu machen. Dann wirft er eine Gasflasche in einen Gemüseladen. Danach rast er mit seinem Kastentransporter mehrfach (!) in die Fassade eines anderen Geschäfts.

Dann fährt er zum Gemüseladen zurück. Dort stürmt der Mann, der ein Palästinensertuch um den Kopf trägt, mit einer Machete bewaffnet in den Verkaufsraum und bedroht die Anwesenden. Verkaufspersonal und Kunden können den Angreifer mit Schaufeln und Stangen in Schach halten, bis die Polizei eintrifft.

Die Bilanz in der Wirklichkeit der Opfer: 31 Menschen werden verletzt, einige von ihnen schwer. Zwei kleine Kinder aus den angezündeten Häusern schweben mit Rauchvergiftung immer noch in akuter Lebensgefahr.

Schnell stellt sich heraus: Der Macheten-Mann heißt Shadi A. und war 2015 als einer der vielen sogenannten „Merkel-Flüchtlinge“ nach Deutschland gekommen. Schon wieder eine Gewalttat von einem Migranten also.

Unser Mann ist verheiratet und zweifacher Vater. Weil er seine Frau schlug, hat sie ihn schon vor längerem verlassen und aus der gemeinsamen Wohnung geworfen. Er zog in ein Mehrfamilienhaus in der Nähe. Als seine Ex-Partnerin sich jetzt in einen anderen Mann verliebte und aus dem Viertel wegzog, begann der Syrer seinen Amoklauf und hinterließ eine Schneise der Verwüstung.

Hier nun beginnt eine fantastische Schöpfungsgeschichte: die wundersame Erschaffung einer Parallelrealität.

Den Anfang macht, wie könnte es auch anders sein, die „Süddeutsche Zeitung“:

Zu dem Zeitpunkt ist der Täter bereits verhaftet, das Fremdverschulden steht da also schon fest. Bei der SZ finden sie trotzdem den erstaunlichen Dreh, dass die Wohnhäuser offenbar bei einer spontanen Selbstentzündung Feuer gefangen haben müssen.

Auch der Kastentransporter scheint ganz von selbst (!) in gleich mehrere (!!) und weit voneinander entfernte (!!!) Lebensmittelgeschäfte gerast zu sein. Irgendwie erwartet man von den Münchner Edelfedern dann noch den Verdacht, dahinter könnten ja nur Elon Musk und ein fehlgeschlagenes Tesla-Experiment mit dem autonomen Fahren stecken.

Nachdem die grüne Reichshälfte des Regierungsjournalismus derart das Feld vorbereitet hat, betritt die Bühne: Lisa Paus.

Auch bei ihr gibt es keinen Syrer in Essen: keinen gewalttätigen Flüchtling also – nur einen Mann, der sich an seiner Frau rächen wollte. Allerdings bringt ein kleines Detail dieses Gebäude ins Wanken: Unser Täter ging weder auf seine Ex-Partnerin noch auf deren neue Liebe noch auf die Kinder los. Er attackierte ausschließlich Menschen außerhalb der Familie.

Das passt natürlich so überhaupt nicht in die Erzählung, in der es einen männlichen Täter geben darf, aber keinen migrantischen Bösewicht. Davon unbeeindruckt, tut die Grüne Paus einfach so, als sei die Bluttat von Essen normal – und als sei so etwas auch schon immer normal gewesen.

Wenn ein seit fast zehn Jahren in Deutschland lebender Muslim sein verletztes arabisches Ehrgefühl mit Brandsätzen, Auto-Attentaten und Machete streicheln will und dabei den Tod kleiner Kinder kaltlächelnd in Kauf nimmt – dann ist das für die Bundesfamilienministerin eine herkömmliche „Beziehungstat“.

Nun kommt man aber auch bei großzügigster Betrachtung nicht umhin festzustellen, dass beim handelsüblichen Ehekrach in Deutschland schon seit ein paar Jahrhunderten nur in sehr seltenen Fällen Macheten oder gar Brandbeschleuniger zum Einsatz kamen. Diese Methoden zur Austragung von Partnerschaftsproblemen – ebenso wie die sogenannten „Ehrenmorde“ – haben erst seit 2015 so richtig Konjunktur.

Und das liegt, mit Verlaub, nicht am niederbayerischen Landwirt mit konservativem Frauenbild.

Frauen werden von ihren Partnern oder Ex-Partnern aus Eifersucht (oder aus sonst einem Grund) misshandelt und getötet. Natürlich muss man dagegen etwas tun. Dieses Problem auch unserer Kultur löst man aber nur schwerlich dadurch, dass man erklärt, Brandstiftungen, Auto-Attentate und Macheten-Attacken seien traditionell Teil dieses Problems.

Das sind sie nicht. Sie sind Teil eines ganz anderen Problems. Das wollen Lisa Paus und die SZ aber ums Verrecken nicht anfassen. Lieber basteln sie sich eine Parallelrealität: mit Selbstentzündungen, autonom fahrenden Lieferwagen und ohne gewalttätige Flüchtlinge.

Der Anwalt unseres Syrers spricht nun übrigens von einer „psychischen Erkrankung“ seines Mandanten. Welch’ eine Überraschung.

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