Gerichtsurteil: Bundesregierung muss weitere Passagen der Corona-Protokolle freigeben

Im Prozess um die Protokolle des Corona-Expertenrats gibt das Berliner Gericht dem Kläger Christian Haffner teilweise recht: Das Kanzleramt muss weitere wichtige Passagen der Protokolle entschwärzen. Aber andere Informationen darf die Bundesregierung geheim halten.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

Das Gerichtsurteil zu den Schwärzungen der Protokolle des Corona-Krisenstabs ist bei dem Kläger Christian Haffner eingetroffen. Das Ergebnis des Gerichtsprozesses ist demnach: Die Bundesregierung muss alle Namen von Medikamenten, Impfstoffen und Pharmaunternehmen entschwärzen, wie die freie Journalistin Aya Velázquez berichtet. Bisher blieben diese Passagen geschwärzt. Das argumentierten die Anwälte des Bundeskanzleramtes so, dass die Freigabe der bislang geschwärzten Aussagen zu Impfstoffen negative Folgen in Bezug auf mögliche kommende Pandemien haben könnten, weil es eine in der Zukunft womöglich erneut notwendige Impfstoffbeschaffung erschweren würde. Aber das hat den zuständigen Richter James Brews nicht überzeugt: In seiner schriftlichen Urteilsbegründung heißt es, diese Befürchtung sei „fernliegend“. Somit muss das Kanzleramt diese Stellen freilegen.

Im Gegensatz dazu gibt das Gericht dem Kanzleramt in puncto China recht: Jene Passagen, in denen es um China geht, bleiben also geschwärzt. Die Bundesregierung hatte argumentiert, dass diese Informationen zur „Wertung des chinesischen Handelns in der Pandemie“ und zur „Bewertung von Informationen aus dem chinesischen Bereich über den Ursprung von Covid-19“ die Beziehungen zwischen Deutschland und China belasten könne. Das findet Richter Brews „plausibel und nachvollziehbar“.

Haffner sieht das anders, wie er gegenüber der Zeitung „Schwäbische“ ausführt: „Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin ist weitgehend unseren Forderung nach Aufhebung der Schwärzungen in den Protokollen des Corona-Expertenrates gefolgt. Dennoch werde ich mich damit nicht zufriedengeben, da aus meiner Sicht auch wichtig ist, wer die Gäste waren, die gehört wurden und auch die Passage über den Ursprung des Coronavirus und über die Einschätzung zu China sind von öffentlichem Interesse.“ Auf der Plattform „X“ kritisiert Haffner an dem Gerichtsurteil außerdem, dass die Richter selbst nicht wissen, was sich hinter den Schwärzungen verbirgt und die Sachlage somit nicht beurteilen können. Er werde daher wahrscheinlich in die nächste Instanz gehen, um für eine komplette Entschwärzung zu klagen. Dazu berät sich derzeit noch sein Team.

In den Kommentaren auf „X“ bedanken sich viele Nutzer bei Haffner für seinen unermüdlichen Einsatz in dem Gerichtsprozess um die Protokolle. Sie fragen sich, warum die Grundlagen der Entscheidungen während der Corona-Pandemie erst durch Klagen (teilweise) ans Licht kommen. Und einige wollen wissen, wer diese zehn bis 30 „Experten“ waren, die über diese Entscheidungen bestimmt haben. Die sind eigentlich in den Protokollen des Krisenstabs gelistet. Aber ihre Namen verbergen sich noch immer unter einem großen schwarzen Block unter der Überschrift „Teilnehmerliste“. Die meisten der aktuell noch geschwärzten Stellen betreffen die Namen dieser „Experten“. Haffner hat gefordert, dass diese Namen offengelegt werden. Aber dazu schreibt das Gericht, der Sachverhalt sei „noch nicht entscheidungsreif“, wie Velázquez berichtet: Das hängt demnach vom Ergebnis eines durchzuführenden „Drittbeteiligungsverfahrens“ ab. Das bedeutet, dass alle Teilnehmer der Krisenstabs-Sitzungen einzeln befragt werden, ob sie zustimmen, dass ihre Namen veröffentlicht werden.

Mit dieser Entscheidung findet Richter Brews einen Kompromiss zwischen Kläger und Beklagten: Zwar seien die Experten als Sachverständige im juristischen Sinne geladen gewesen, was eigentlich ein berechtigtes öffentliches Auskunftsinteresse darstellt – doch durch ihre exponierte Stellung und die politische Brisanz des Themas hätten sie ein “gesteigertes Interesse an Geheimhaltung”.

Velázquez meint, dieses Drittbeteiligungsverfahren dürfte noch einmal spannend werden: „Welche Mitglieder des Expertenrats stehen zu ihren Aussagen, und sorgen für wissenschaftliche Transparenz – und welche möchten rückblickend lieber nicht mehr mit bestimmten Äußerungen in Verbindung gebracht werden?“ Haffner könnte sich allerdings vorstellen, dass das Bundeskanzleramt zu diesem Gerichtsurteil in Berufung gehen wird, wie er auf der Plattform „X“ schreibt.

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Kommentare ( 12 )

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Nibelung
6 Monate her

Die Protokolle des Corona-Krisenstabes sind ein Akt mit sichtbarer Potenz und ist im Original untrennbar mit einander verbunden und das sollte man begreifen, bevor man in demagogischem Geist von anderen Hand anlegen läßt.

Der Person
6 Monate her

„…doch durch ihre exponierte Stellung und die politische Brisanz des Themas hätten [die Experten als Sachverständige] ein “gesteigertes Interesse an Geheimhaltung”. Wollen wir uns doch einmal anschauen, wie so etwas vor 4.000 Jahren geregelt wurde: § 229 – Wenn ein Baumeister einem Bürger ein Haus baut, aber seine Arbeit nicht fest (genug) ausführt, das Haus, das er gebaut hat, einstürzt und er (dadurch) den Hauseigentümer ums Leben bringt, so wird dieser Baumeister getötet.§ 233 – Wenn ein Baumeister einem Bürger ein Haus baut, aber sein Werk nicht überprüft und dann die Wand einstürzt, so baut dieser Baumeister diese Wand aus… Mehr

Radikaler Demokrat
6 Monate her

Also nur, damit ich das klarbekomme: die Teilnehmer einer ziemlich privaten, nur gegen Einladung und 150,00 € Eintritt zugänglichen Party haben kein Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre, obwohl sie außer dem Singen von – über Geschmack läßt sich streiten, aber sagen wir mal geschacklosen, aber nicht justiziablen – Liedern niemandem etwas zu Leide getan haben, aber die Experten, auf deren Wort hin massive Grundrechtsverletzungen unter Inkaufnahme von Toten und Verletzten begangen wurden und für die – im Gegensatz zu den Sängern von Sylt – noch niemand zur Verantwortung gezogen wurde, haben ein Recht auf Schutz vor der Veröffentlichung ihrer Namen?… Mehr

DerWestfale
6 Monate her

Die einfache Formel ist : „Experten“ die ihre Identität verbergen (wollen) sind eben keine solchen. Sie stehen jedenfalls nicht zu ihren Expertisen und wollen sich einer inhaltlichen, fachlichen Diskussion nicht stellen. Das erlaubt bereits ein nahezu abschließendes Urteil – denn wer kein Unrecht getan oder sich lediglich geirrt hat braucht in diesem Staat eigentlich nichts zu befürchten. Es sei denn man fällt unter die Gattung „ Querdenker“. Diesen verweigert der Richterspruch somit die fällige Rehabilitation. Diese wird nur möglich wenn alle Schwärzungen verschwinden.

Judith Panther
6 Monate her

„… doch durch ihre exponierte Stellung und die politische Brisanz des Themas hätten sie ein “gesteigertes Interesse an Geheimhaltung”.

Mal ehrlich, Herr Richter: Geht´s eigentlich noch?
Hat man die Nazis und all ihre Mitläufigen damals auch höflich gefragt, ob sie was dagegen haben, wenn die Welt ihre Namen kennt?
Ist es nicht vielleicht Strafverteitelung im Amt, wenn ein Richter selber noch nicht einmal die Identität möglicher Straftäter wissen will?
Führen Sie in Zukunft dann vielleicht auch Verfahren „gegen Unbekannt“ durch wenn die Täter es vorziehen, anonym zu bleiben?

Mal im Ernst, Euer Ehren – Geht´s eigentlich noch?

Last edited 6 Monate her by Judith Panther
Rob Roy
6 Monate her

Hier hat ein „Expertenrat“, sogar mit angeblichen „Ethikern“, bewusst und gegen jegliche Erkenntnisse gehandelt, und Maßnahmen zur Beeinträchtigung der Öffentlichkeit und zur Stigmatisierung Andersdenkender empfohlen, die Politiker begeistert aufgenommen haben.
Da hat die Öffentlichkeit durchaus ein Recht zu erfahren, wer so denkt und wer eine solche Agenda vorgeschlagen hat.
Eine Riesenschweinerei, die da mit uns Bürgern abgezogen wurde. Aber wie vieles andere auch, was Skandalpotential hat, wird es frustrierenderweise im Sande verlaufen.

Micci
6 Monate her

Gibt es denn in dem ganzen traurigen Haufen keinen Aufrechten, der die Dinger einfach mal leakt?

Markus Machnet
6 Monate her

Dieses unsägliche Versteckspiel ist einer Demokratie unwürdig. Gerade die die in den letzten Tagen noch groß das Grundgesetz gefeiert haben traten es in den letzten Jahren mit Füßen und tun es weiterhin. Sie verweigern uns den Bürgern deren Angestellte sie sind und von denen sie fürstlich bezahlt werden die Auskunft über elementare Vorgänge. Ich stelle mir gerade vor das würde in der freien Wirtschaft wo diese Leute nie wirklich eine Chance hätten passieren. Unglaublich.

Protestwaehler
6 Monate her

Das ist schon ’ne tolle „Demokratie“ wo sich der Bürger die Wahrheit häppchenweise einklagen muss.

Kendra1958
6 Monate her

Ein Schelm der dabei böses denkt. Die sollen endlich die Originale rausrücken und die Verantwortlichen vor Gericht stellen. Öffentlich!
In einer angeblich freiheitlichen Demokratie dürfte das kein Problem sein. Und gleich noch veröffentlichen, wer die Nordstream gesprengt hat. Sicherlich alles die gleichen Leute.