Frankfurt am Main: Wie der Hass auf Autos die Innenstädte veröden lässt

Nicht nur Berlin: Auch Frankfurt tobt sich bis ins Detail gegen den Autoverkehr in der Innenstadt aus. Nach einem „Masterplan Mobilität“ sollen 80 Prozent aller Wege durch die Stadt bis 2035 zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Erzwungen wird das mit knallharten Maßnahmen gegen Autofahrer.

Große Pflanzenkübel, Bänke und Tische stehen auf dem Oeder Weg am Fahrbahnrand auf Flächen, die vorher als Parkplatz genutzt werden konnten, Frankfurt am Main

Die Stadt Frankfurt/Main mag – amtlich – keine Autos. Zum Beispiel hat sie die von 1951 bis 2019 dort stattfindende Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) weggeekelt. Der damalige Frankfurter Skandal-OB Peter Feldmann (66, SPD) und die grün-rote Stadtregierung wollten es so. München bekam den Zuschlag für 2021 bis 2025. Nun regt sich allerdings auch in München „grüner“ Protest gegen eine IAA 2027 ff.

Unterdessen steht Frankfurt vor einem noch weitaus gravierenderen, politisch gewollten Verkehrsdesaster. Nach der Kommunalwahl von 2021 bildete sich in der Stadtverordnetenversammlung von Deutschlands fünftgrößter Stadt Frankfurt/Main (750.000 Einwohner) eine Grüne/SPD/FDP/Volt-Koalition. Sie hat zusammen 22+16+6+4=48 der 93 Sitze und damit eine Mehrheit. Die CDU hat 20 Sitze. Diese „Viererbande“ verfasst einen 228 (!) Seiten langen Koalitionsvertrag für die Jahre bis 2026. Die Seiten 69 bis 86 gelten dem Thema „Mobilität“. 18 Seiten lang toben sich die Koalitionäre bis in haarkleine Details gegen den verhassten Autoverkehr in der Innenstadt aus. Und sie meinen es sehr ernst.

Es gibt gar einen „Masterplan Mobilität“. Verantwortlich für dessen Umsetzung ist seitens der Stadtregierung Wolfgang Siefert (55, Grüne). Mit der Brechstange verfolgt er – im Amt seit 2023 – seine Ideologie. Siefert behauptet auch noch: Alles werde ja extra „wissenschaftlich“ begleitet. Von wem auch immer! Diese Untersuchungen „warten wir ab, bevor wir grundsätzliche Bewertungen vornehmen“. Siefert bittet um Geduld. „Es dauert ein Jahr, bis sich die Leute daran gewöhnen.“

Die Maßnahmen dienten dem Klimaschutz, machten den öffentlichen Raum attraktiver und sorgten dafür, dass alle Verkehrsarten endlich gleichberechtigt behandelt würden, sagt Siefert auch noch. „Gleichberechtigt!“ Siefert scheint die Spielwiese gefunden zu haben, auf der er sich austoben kann.

Auf 1300 Metern Straße demnächst 666 Schilder

Nach dem „Masterplan“ sollen 80 Prozent aller Wege durch Frankfurt bis 2035 zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Erzwungen wird das knallhart: Autospuren kommen weg, stattdessen gibt es Radspuren. Parkplätze verschwinden, bestehende werden massiv verteuert. Bisher kostenlose Parkplätze sollen künftig Geld kosten. Dazu kommen Tempo-Limits: 20 bis 40 km/h. Die entsprechenden autoarmen/autofreien Zonen werden mit Hunderten von Verkehrsschildern „verschönert“. Kafkaeske „Schild“-Bürgerstreiche anno 2025! Beispiel: 1100 Meter des 1350 Meter langen Grüneburgwegs im betuchten Westend werden zur Fahrradstraße umgebaut. Dazu gibt es 566 Schilder auf 1100 Meter Länge. Bis zu sechs Stück hängen an einem Mast.

Schilder etwa wie folgende: Einbahnstraße für Autofahrer; Radfahrer dürfen in beide Richtungen fahren; Parken für Radfahrer; wann und wo mal ein Autofahrer halten darf; wann ein Lieferwagen ein Geschäft beliefern darf; wo ein E-Roller stehen darf. Dazu kommen Schilder mit Wegweisern für Radfahrer zu allen wichtigen Frankfurter Orten, von Parks über Uni bis zum Theater. Und: Auf der Straße sind auch noch mal die Schilder aufgemalt. Im Sommer werden auch die restlichen 200 Meter des Grüneburgwegs noch zur Fahrradstraße umgebaut – das bedeutet rund 100 neue Schilder.

Deutschlands bekanntester Verkehrsrechtsanwalt Uwe Lenhart (55) zu BILD: „Der Schilderwald steht nicht im Einklang mit der Straßenverkehrsordnung.“ Denn: „Verkehrszeichen müssen so beschaffen sein, dass sie im Fahren durch beiläufigen Blick erfasst, verstanden und befolgt werden können.“ Weil die 566 Schilder für Verwirrung sorgen, steht das Ordnungsamt jeden Tag in der Fahrradstraße und muss eingreifen, ermahnen, regeln.

Immer mehr Geschäfte müssen mangels Kunden aufgeben

Beispiel Oeder-Weg im Nordend: Die Straße wurde im April 2022 umgestaltet. Wo früher ein Auto neben dem anderen parkte, stehen im Oeder-Weg Fahrradständer oder große Pflanztröge. Große, rote Flächen weisen auf Vorrang für Radfahrer hin. Aber es sind kaum noch Menschen auf den Gehwegen unterwegs. Geschäftsleute rechnen vor: „40 Prozent weniger Umsatz gegenüber der Zeit vor Corona und der Umgestaltung!“ Weil der Durchgangsverkehr fehlt, fehlen auch spontane Kunden wie Touristen.

Früher kam ein nennenswerter Teil wohlhabender Kunden aus dem Umland bis Gießen, Fulda, Mannheim „Viele haben einen Ausflug hierher gemacht“, erzählt ein Ladenbesitzer: „Die kommen jetzt einfach nicht mehr.“ Besonders ältere Kunden steigen nicht aufs Fahrrad um und steigen auch ungern in den ÖPNV mit dem hinreichend bekannten Fahrpublikum ein. „Die kaufen jetzt im Main-Taunus-Zentrum ein“, erzählt eine Buchhändlerin. Damit stirbt eine Kultur, damit stirbt ein Teil der Stadt.

Paris soll „Gartenstadt“ werden

Wer nun meint, Frankfurts Hass gegen das Auto sei einzigartig, der täuscht sich gewaltig. Berlin ist nicht weit weg von solchen autofeindlichen Verirrungen.

Nun hat Paris soeben, am 23. März, qua Volksbefragung entschieden, „Gartenstadt“ zu werden. Mit 66 Prozent Mehrheit. Wobei man nicht vergessen sollte, dass sich nur 4 Prozent der Stimmberechtigten an der Abstimmung beteiligt haben. „Grüne“ Politik ist auch dort eine Politik, mit der eine Minderheit eine – leider apathische – Mehrheit gängelt.

Die Frage, über die abzustimmen war, lautete: „Sind Sie dafür oder dagegen, dass 500 neue Straßen in Paris begrünt und zu Fußgängerzonen umgewandelt werden?“ Mit diesem Wahlgang macht die seit 2014 amtierende sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo (65) in ihrem letzten Amtsjahr noch einmal Dampf.

Das Ziel ist: 500 Straßen von Paris sollen mit breiten Streifen von Bäumen, Büschen und Blumen begrünt und zu Fußgängerzonen werden.

Biedermeierliche Gartenidylle!


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Kommentare ( 122 )

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humerd
2 Tage her

Immer mehr Geschäfte müssen mangels Kunden aufgeben“sie wollen das so. Schweigen ist auch mitmachen, also bitte nicht jammern und klagen

Ein Mensch
2 Tage her

Über was genau regen die Händler sich auf? Über die Früchte ihres Gutmenschsein? Wer sich die Wahlergebnisse der Großstädte anschaut, der kann zu keinem anderen Schluss kommen als das es so gewollt ist. Und zwar nicht nur von dem grünlinken Komplex, sondern von den ihn wählenden Bürgern auch. Also shit happens, Geld allein macht auch nicht glücklich.

Boehm
3 Tage her

Sollen dann 80jährige auch mit Fahrrädern unterwegs sein? Ich sehe es auf dem Land, wie Menschen mit Rollstuhl oder anderen Gehhilfen ihre Schwierigkeiten haben. Am besten man bleibt zu Hause oder fährt ins Ausland

humerd
2 Tage her
Antworten an  Boehm

Ü60 er sollen doch das Bild nicht verschandeln und gefälligts nicht in die Innenstädte.

Janno
3 Tage her

Für Frankfurt wäre eine autofreie Innenstadt ein Segen. Gerade zwischen den historischen Wallanlagen böte sich eine konsequente Entsiegelung und radikale Begrünung an, das wäre eine Wohltat für die Bürger und eine erhebliche Aufwertung der Stadt. Derzeit ist die Innenstadt ein betonierter Moloch, autogerechte Schneisen in einem eigentlich immer noch mittelalterlichen Raster. Die in Deutschland einmalige Hochhausarchitektur entlang der Taunusanlagen fungiert im Sommer wie Tauchsieder in einer wenig grünen Stadt und macht den Aufenthalt an heißen Tagen zu einer Tortour. Allerdings widerstrebt das dem „Frankfurter“, denn der ist ja für gewöhnlich Pendler aus dem Umland, der mit seinem hart erarbeiteten Range… Mehr

Berlindiesel
2 Tage her
Antworten an  Janno

Eine Stadt ist kein Dorf in groß und muss daher weder „grün“ noch aufgelockert oder luftig sein. Wollten Sie Venedig, Florenz oder Siena so haben, Städte in einem mediterranen Heißklima? Die Piazza Navona als Waldfrische? Die Frankfurter Innenstadt ist im 2. Weltkrieg vollständig zerstört worden. Die zweite Zerstörung fand dann durch die Architekten der Moderne statt, die weder die Altstadt wiederaufbauten NOCH eine wirklich großstädtische neue Stadt bauten. Gerade im Altstadtbereich schuf man Kamm- und Fächerbauten, die typische Vorortsiedlungsarchitektur sind, vollkommen beliebig. Der lange und quälend debattierte Wiederaufbau der Altstadt rund um den Dom und Schirn, endlich angestoßen vom gelungenen… Mehr

Kampfkater1969
3 Tage her

Läuft!! Passt!! Sollen die Grünwähler doch Fahrrad fahren und exorbitante Preise für ihre Lebensmittel zahlen, die per Lastenfaaaaahrad kommen.

Ulrich
3 Tage her

Dem Trend „weg aus der Großstadt“ folgen seit Jahren schon viele Firmen. In Eschborn sind schon viele mit ihren Mitarbeitern gelandet, z.B. Deutsche Bank, Deutsche Börse, Samsung, … insgesamt wohl 20.000 Beschäftigte. Die Gewerbesteuereinnahmen fallen nicht mehr in Frankfurt an. Da müssen für die verbliebenen halt die Hebesätze erhöht werden. Bei den Drogendealern im Bahnhofsviertel ist nichts zu holen, die dürfen ja (noch) nicht als Gewerbetreibende auftreten.

Petra G
3 Tage her

Was soll man da sagen? Geliefert wie bestellt!
Paris dito. Weil in Paris nur 4% der Bürger abstimmen gingen, haben die Ökos mit 66% für die autofreie Stadt gestimmt.

Hoffentlich bleiben ALLE Touristen weg.

Boris G
3 Tage her

„Biedermeierliche Gartenidylle!“ – Die Realität in deutschen Großstädten ist leider ein ständiger Zuwachs an PKW-Individualverkehr während der letzten Jahrzehnte. Mittlerweile ist die Situation für Einpendler heikel, für die Innenstadtbewohner oft chaotisch. In unser innenstadtnahes Quartier fährt pünktlich morgens an Werktagen ab 7.30 Uhr ein Heer von Berufspendlern ein, jeder alleine in immer größeren PKWs, die die Anwohnerstraßen derart zuparken, dass häufig die Müllabfuhr nicht mehr durchkommt und Ausparken ohne Stoßstangenberührung unmöglich wird. Durch aufgesetztes Parken ist man mit Kinderkarre gezwungen, auf die Fahrbahn auszuweichen, was die Radfahrer zu Klingelkonzerten provoziert. Irgendwie müssen die Städte diesen Zuwachs an Verkehr unter Kontrolle… Mehr

Johann Conrad
2 Tage her
Antworten an  Boris G

Groningen ist tatsächlich ein Beispiel, wie man es ohne bornierte Anti-Auto-Politik auch machen kann. Und vor allem nicht die Stadt mit völlig absurden „sitzecken“ etc. zustellen muss.

Harry Hirsch
3 Tage her

Die geschlossenen Läden kann man doch ganz bequem in Fixerstuben umwidmen. Der Bedarf steigt doch in FFM täglich.
Es ist eigentlich ganz einfach zu verstehen. Wer an der Wahlurne bei Unsinn (Rot, Links, Grün) sein Kreuz macht, muss sich nicht wundern, wenn er Unsinn geliefert bekommt. Es gibt nur einen kleinen Haken, der nennt sich CDU. Die versprechen zwar, keinen Unsinn zu liefern, liefern diesen dann aber im Quadrat.

Berlindiesel
3 Tage her

Ein bisschen mehr Ehrlichkeit würde ich dem Beitrag von Josef Kraus auch wünschen, und zwar nicht was die Symptome oder die tatsächliche Verkehrspolitik der Grünlinken anbelangt, sondern die Ursachen. Sie sind in einer Stadt wie Frankfurt am Main, die anders als Westberlin immer ein offenes Hinterland hatte, aber virulenter und greifbarer. Dazu muss man einen Schritt zurück gehen. Wir haben die späten 1960er, frühen 1970er Jahre. Rund um das beschriebene Frankfurt werden überall Baugruben ausgehoben. Winzige Käffer wie „Windecken“ oder „Ruppertshain“ oder „Oberdorffelden“ in denen bis dahin nur ein paar Bauern und Hühner gelebt haben, wachsen schlagartig. Überall am Taunuskamm… Mehr