Mit Faeser voran: Rot und Grün verstärken den Vertrauensverlust
Marco Gallina
Nancy Faeser verleiht ihrem Vermieter eine Sprungbeförderung. Ramona Pop droht, Teil der RBB-Affäre zu werden. Und Robert Habeck und Annalena Baerbock betreiben Steuergeldverschwendung. Ob kleine oder große Vergehen: Sie beschädigen das Vertrauen in die Demokratie.
„Das ist eine tolle Innenministerin“, betonte Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz. Sie mache ihre Arbeit „großartig“, sagt der Kanzler. Sie sei eine „tolle Frau“, die „großartige Dinge kann“, jeder Hesse und jede Hessin könne sich wünschen: „So eine hätte ich gerne!“
Wahlkampfhilfe von höchster Stelle für Nancy Faeser. Starthilfe nicht erst seit diesem Jahr. Im Grunde war ihre Beförderung zur Ministerin von Anfang an Mittel zum Zweck, um die Hessin in eine günstige Position für den Landtagswahlkampf zu schieben. Doch während die Augen nach Wiesbaden wandern, brennt es in Berlin.
Faeser sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Dienstliches und Privates nicht trennen zu können. Gemäß Bild-Zeitung wohnt sie bei Martin von Simson, Leiter der Zentralabteilung im Innenministerium, zur Miete. Der erhielt kurz nach ihrem Amtsantritt eine Sprungbeförderung. Sein Gehalt stieg um 3505 Euro auf 12.425 Euro monatlich.
Zwar konnte das Innenministerium einen anderen Vorwurf ausräumen. Die Zeitung hatte moniert, dass für Faeser die Wohnung im Zuge der dienstüblichen Sicherheitsvorkehrungen de facto renoviert worden sei. Damit hätte von Simson die Wohnung nach Faesers Auszug mit höherem Wert weitervermieten können. Das Ministerium machte jedoch in einer Antwort deutlich, dass die Maßnahmen nach Ende der Amtszeit rückabgewickelt würden. Demnach hat der Mitarbeiter keinen Vorteil.
Doch die Beförderung bleibt weiterhin im Raum. Sie zeigt neuerlich Faesers mangelnde politische Sensibilität. Es ist weder verboten noch ungewöhnlich, dass ein Bundesminister Wahlkampf macht und Ministerpräsident werden will. Doch die Frage bleibt, welchen Eindruck er damit vermittelt. Schon im Fall von Norbert Röttgen (CDU) kam der Posten zwischen den Stühlen nicht gut an.
Erschwerend kommt hinzu, dass Faeser nach nur einem Jahr Amtszeit wieder fort will. War das nicht schon dazumal abgesehen? Ist das Bundesinnenministerium ein Durchlauferhitzer, um sich anschließend für „Höheres“ zu bewerben, nachdem man Bekanntheit und Netzwerke gewonnen hat? Gab es wirklich keine andere Möglichkeit in Berlin unterzukommen?
„Mitnahmeeffekte“ wie die mögliche Bevorteilung eines SPD-Genossen werfen ein unappetitliches Licht auf die Ampelkoalition. Denn es mehren sich die Fälle von Steuergeldverschwendung und zweideutigen Gefälligkeiten. Erst gestern fiel Wirtschaftsminister Robert Habeck damit auf, dass er für 20 Millionen Euro neue Rechtsberater anheuern will.
Das erinnert nicht nur an sein Fotografen-Gesuch für 400.000 Euro, sondern auch an die Stylistenkosten von Annalena Baerbock für 360.000 Euro. Auf Landesebene fiel die Berliner Verkehrssenatorin Bettina Jarasch unangenehm auf: Mit ihren PR-Kosten übertrumpft sie sogar die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey.
In manchen Fällen dauert es, bis die Kungeleien in die Öffentlichkeit gelangen. Bleiben wir in Berlin: Dort war Ramona Pop früher Wirtschaftssenatorin. Heute ist sie Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes. Doch der Business Insider macht nun auf „Altlasten“ aufmerksam. Zitat:
„Bernhard Schodrowski, früherer Berliner Senatssprecher, sollte 2017 Patricia Schlesinger als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) in die bessere Gesellschaft der Hauptstadt einführen. Dafür berechnete Schodrowski, damals Lebensgefährte der Grünen-Politikerin Ramona Pop, einen Tagessatz von 1000 Euro.“
Laut Business Insider vermittelte Wolf-Dieter Wolf den Kontakt zu Schlesinger. Das Magazin bezeichnet ihn als „Strippenzieher“. Die damalige Wirtschaftssenatorin Pop schlug kurz vor dem Deal Wolf zum neuen Aufsichtsratschef der Messe Berlin vor. Will man an Zufall glauben? Pop erklärte, sie habe davon nichts gewusst und ihre Position zu keinem Zeitpunkt ausgenutzt.
Doch selbst wenn weder in der Causa Faeser noch in der Causa Pop Vorteilsnahmen zugrundeliegen, dann bleibt letztlich die Frage offen, weshalb sie sich überhaupt in solche Netzwerke und Situationen begeben, die für Außenstehende verfänglich sind. Man mag den Protagonisten Naivität zugutehalten. Doch es ist zugleich eine strategisch ungünstige Situation. Moralische Gründe oder gar eine Vorbildfunktion sind nachrangig.
Es sind Ereignisse wie diese, die den Vertrauensverlust in das demokratische System erodieren lassen. Politiker signalisieren ein „anything goes“. Phrasen wie Selbstbedienungsladen und Vetternwirtschaft mögen abgedroschen sein, doch bereits der Vorwurf verfestigt in den Wählern das Gespür, dass es eine auserwählte Schicht „da oben“ gibt, die sich am Staat gütlich halten, während kleinste Verfehlungen drakonisch bestraft werden.
Das rechtsstaatliche Ordnungsgefühl, dass jemand härter wegen Veruntreuung bestraft wird als jemand, der wegen Geschwindigkeitsübertretung erwischt wird, ist bereits lange dahin. Solche Vergleiche werden gerne mit Populismus abgetan. Populismus fällt aber erst dort auf fruchtbaren Boden, wo ersichtlich ist, dass etwas mit der realen Ordnung nicht mehr stimmt. Es sind kleine Steine, die sich zu einer Burg auftürmen.
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