Ex-SPD-Abgeordneter Bülow rechnet knallhart mit der SPD ab

Immer wieder fragen Bürger: Wie können solche Personen es in Parteien bis ganz nach oben schaffen und sich dort halten? Marco Bülow, ehemaliger MdB der SPD, hat darauf sehr anschauliche Antworten geliefert. Nur, wer der Linie folgt, steigt auf und hält sich. Was sagt das über die „repräsentative“ Demokratie? Nichts Gutes.

Screenprint: via X

Der langjährige Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete (MdB) Marco Bülow (53), der es auf insgesamt 19 Bundestagsjahre brachte, steht repräsentativ für den Verfall der SPD – den er nach seinem Ausscheiden aus der SPD vor rund sechs Jahren heftig und sehr anschaulich beschreibt. Insgesamt fünfmal war er von 2002 bis 2017 im Wahlkreis Dortmund I direkt für die SPD in den Bundestag gewählt worden. Anfangs (2002 als 31-Jähriger) mit 58,8 Prozent, zuletzt 2017 mit 38,8 Prozent der Erststimmen. In der SPD-Fraktion hat er herausgehobene Positionen gesetzt, zum Beispiel war er Sprecher für bestimmte Politikbereiche und SPD-Mann in Bundestagsausschüssen.

Am 28. November 2018 trat Bülow, immer noch Bundestagsabgeordneter, aus der SPD aus. Er blieb – fraktionslos – MdB. Seinen Austritt begründete er mit länger andauernden inhaltlichen und personellen Verstimmungen zwischen sich und der Partei. Am 17. November 2020 dann trat Bülow in „DIE PARTEI“ ein. Für diese Partei trat er bei der Bundestagswahl 2021 im Wahlkreis Dortmund I an und erhielt 8,6 Prozent der Erststimmen.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Es hat sich bei Bülow offenbar eine Menge zusammengebraut. Bereits 2010 hatte er ein Buch mit einem bezeichnenden Titel geschrieben: „Wir Abnicker. Über Macht und Ohnmacht der Volksvertreter“. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits acht Bundestagsjahre hinter sich. 2021 übernahm er vom britischen Politologen Colin Crouch die Beschreibung der heute existierenden Demokratien als „Postdemokratie“. Crouch hatte 2004 in einem Buch zu diesem Thema festgestellt: Es gebe formell „ein Gemeinwesen, in dem zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden, in dem allerdings professionelle PR-Experten die öffentliche Debatte so stark kontrollieren, dass sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben. Die Mehrheit der Bürger spielt dabei eine passive, schweigende, ja sogar apathische Rolle.“ Eine Tendenz zu Postdemokratie ergibt sich für Crouch auch aus der Bildung internationaler Zusammenschlüsse. Ein Beispiel dafür stellt die EU dar. Wie Recht Crouch doch bereits vor 20 Jahren hatte. Da wusste er noch nichts von dem „Demokratur“-System einer Merkel und einer „Ampel“.

Nun ist Ex-MdB Bülow in den Netzwerken in die Vollen gegangen. Bereits 2021 hatte er ein Buch mit dem Titel geschrieben: „Lobbyland. Wie die Wirtschaft unsere Demokratie verkauft“. Dazu gab es aktuell eine Veranstaltung des Abgeordneten im EU-Parlament Martin Sonneborn (DIE PARTEI) mit dem Titel „Krisen, Kosten, Korruption – Im Lobbyland. Marco Bülow informiert“. Es ging dort aber gar nicht nur um das „Lobbyland“.

Im Netz kursiert seit 30. Mai 2024 ein viel beachteter Ausschnitt aus den Ausführungen Marco Bülows, die es in sich haben: Denn Bülow beschreibt zweieinhalb Minuten lang in sehr anschaulicher Darstellung, wie man als MdB von der Fraktionsspitze, hier der SPD-Spitze, dressiert wird: Man kommt als neu gewählter MdB naiv an, erfährt sofort Druck – konstruktiv und destruktiv. Bald folgen Drohungen, wenn man sich nicht einfügt. Zum Beispiel, dass man aus Wahllisten verschwinden könne und aus Ausschüssen abgerufen werden könne, wenn man von der „Linie“ abweiche. Oder dass man nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag keine Hilfe bei der Jobsuche bekomme. Wetten, dass auch Bülows Kollegen der CDU/CSU-Fraktion vor allem in den 16 Merkel-Jahren zahlreich so etwas berichten könnten. Nur der mutige CDU-Mann Arnold Vaatz hat davon berichtet.

Was sagt das über die „repräsentative“ Demokratie? Nichts Gutes. Die gewählten Direkt-Abgeordneten und die in den Partei-Hinterzimmern der Parteien ausgeklüngelten Listenkandidaten repräsentieren nicht das Volk, sondern eine Partei, die sich den Staat zur Beute gemacht hat.

Bis nichts mehr funktioniert
Die Berufspolitiker des Parteienstaates ruinieren Verwaltung und Infrastruktur
Lassen wir für heute das System Merkel und die Post-Merkel-CDU außen vor. Was sagt das über die SPD? Es sagt nichts anderes, als dass die SPD, auch wenn sie aufgrund Merkels und Laschets Versagen den Kanzler stellt, im steilen Sinkflug ist. Eine Volkspartei soll sie ja mal gewesen sein. Aber das ist vorbei. Das zeigt allein schon ihr Herumdümpeln bei 15 Prozent.

Das zeigt sich auch im Verschleiß ihres Spitzenpersonals. Von 1945 bis 1990 hatte die SPD ganze vier Bundesvorsitzende: Schumacher, Ollenhauer, Brandt, Vogel. Seit 1990 hat sich die SPD 20 Vorsitzende (darunter sechs kommissarische) „gegönnt“. Nicht einmal ein Kanzler Scholz brachte es zum SPD-Vorsitz. Er scheiterte 2019 am Tandem Esken/Walter-Borjans. Apropos Saskia Esken: Diese schrille Dame ist der Inbegriff des Verfalls der einst stolzen SPD. Aber das ist lange her.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 66 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

66 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Ernst K.
6 Monate her

Der Pferdefuß der parlamentarischen Demokratie ist der GG-widrige Fraktionszwang.
Dieser wäre dadurch zu beheben, daß, wie sonst bei allen Wahlen üblich, geheim abgestimmt wird. Nur so könnten die Abgeordneten – ohne Nachteile befürchten zu müssen – nach ihrem Gewissen handeln, dem sie lt. GG ausschließlich verpflichtet sind.

Freiheit fuer Argumente
6 Monate her
Antworten an  Ernst K.

Dann würde das erst recht um sich greifen.
Aus meiner Sicht viel entscheidender: Der „Ausgleich“von Direktmandaten nach Parteizugehörigkeit.

IJ
6 Monate her

Der Beitrag zeigt, dass die Krise unseres Land auf einem nicht mehr funktionierendem Parteiensystem basiert. Die etablierten Parteien sind zu quasi rechtsfreien Räumen degeniert, in denen Bedrohung, Bestechung, Meinungskontrolle und Desinformation nicht die Ausnahme, sondern die Regel im Umgang sind. Es fehlen die sog. checks and balances, die das amerikanische Demokratiesystem so überlebensfähig gemacht haben. Ich kann mir vieles vorstellen – etwa aus Unternehmen Bekanntes – wie eine Art unabhängigen Betriebsrat für Abgeordnete, eine unabhängige politische Staatsanwaltschaft, öffentliche Rechenschaftspflichten etc. – um unsere Demokratie wieder zu einer echten Volksvertretung mit echten wahrhaftigen Diskursen gutmeinender Abgeordneter zu machen. Ich denke aber,… Mehr

Richy
6 Monate her

Ich habe mich schon während meiner Kindheit ab ca. 12 Jahren für Politik interessiert. Und ich war dann früher auch immer in Anlehnung an das Grundgesetz davon ausgegangen, dass die Parteien an der Willensbildung des Volkes (oh, darf man das Wort noch in den Mund nehmen?) beteiligt seien sollen. Und ich hatte es eigentlich nicht für möglich gehalten, dass Parteimitglieder wie in einer Diktatur so abhängig gemacht werden von ihren jeweiligen Führern (fällt mir gerade kein anderes Wort ein) an den Parteispitzen. Vielleicht liegt das in der Vergangenheit aber auch daran, dass die beiden ehemaligen „Volksparteien“ ohne die vielen Splitterparteien… Mehr

Sonny
6 Monate her

„Ich kann doch so eine wichtige Entscheidung nicht dem Volk überlassen.“
Dieses angebliche Zitat von Helmut Kohl, auf eine Frage nach einem Volksentscheid über den Euro, spiegelt die gesamte Arroganz und den Machtgedanken der Parteien bzw. ihrer Mitglieder wieder.

Last edited 6 Monate her by Sonny
pbmuenchen
6 Monate her

Dieses System wurde von unseren Besatzern geschaffen, um unter dem Dekmantel der »Demokratie« auf immer und ewig über uns herrschen zu können. So einfach ist das. Und derzeit zeigt sich, dass der organisierte Niedergang Programm ist. Und tatsächlich findet jegliche Untat auch immer einen gewissen Prozentsatz an Befürwortern. Die Medienhoheit der »Atlantik–Brücke« ist wesentlicher Pfeiler dieser Herrschaftsstruktur. https://swprs.org/netzwerk-medien-deutschland/

bfwied
6 Monate her

So reproduzieren sich Inkompetenz, Willfährigkeit, Oligarchie, Despotie, was zur dekadenten, falschen Politik gegen die Bürger führt. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass nur der totale Zusammenbruch die Chance zu einem besseren Neuaufbau schafft!!

Nibelung
6 Monate her

Nichts neues, aber eine erneute Bestätung aller, die es schon lange erfaßt haben, wie unsere Pseudo-Demkraten dieses Land manipulieren. Das ist nicht nur allein eine Erfindung der letzten 16 Jahre unter Merkel, welches aus ihrem kommunistischen Hintergrund heraus, vorhandene Möglichkeiten zusätzlich ausgeschöpft hat und ihre willigen sozialistischen Helferlein aus allen Parteien heraus, haben mit dazu beigetragen, daß wir nun Zustände haben, wie in der alten DDR, welches nun über uns gekommen ist, mit den fatalsten Auswirkungen, die man sich nocn nichteimal in den kühnsten Träumen vorstellen konnte. Das alles hat doch schon unter Adenauer angefangen, der im Sinne des US-Hegemons… Mehr

Milton Friedman
6 Monate her

Was lagen mir all die Jahre nicht Unmengen an Bekannten in den Ohren, wie lächerlich doch eine Amerikanische Demokratie sei, in welcher ein Privatmann einfach in einen Wahlkampf einsteigt und gewinnen kann. Es zeigt sich, dass dies wesentlich demokratischer ist als unser Parteisystem, welches darauf basiert, Wettbewerber möglichst abhängig zu halten: Parteimitglieder mit einem Job oder einer berufsquaulifizierenden Ausbildung haben keine Chance. Der Aspekt der „Dressierbarkeit“ durch das „Hinterzimmer“ wäre ja noch verkraftbar, wäre da nicht die damit fest verbundene extreme Inkompetenz sämtlicher Wettbewerber. Dies gilt für alle deutschen etablierten Parteien, hat aber eine besondere Ironie bei der „Partei des… Mehr

Last edited 6 Monate her by Milton Friedman
murphy
6 Monate her

Es gibt eine Lösung: Die Bürger sollten nicht nach den zweifelhaften Vorschlägen der Parteien wählen, Stattdessen sollten sich die Bürger die zur Wahl stehenden Diätenbewerber nach der Übereinstimmung ihren eigenen Vorstellungen auswählen. Eine Realisierung dieser Idee wäre sehr von Nutzen. Das kostet allerdings auch viel Aufwand weil man die Diätenbewerber nur sehr selten gezielt befragen kann. so bekommen diese täglich 100-te Emails. Die Chance, dass Ihre Anfrage unter den Tisch fällt, ist also groß. Hier kann das Internet eine Hilfe sein. Und zwar wenn man seine Fragen und eventuelle Antworten veröffentlicht damit auch Andere im Wahlkreis informiert sind. Eine solche… Mehr

Manfred_Hbg
6 Monate her

?? Na, da wundert es dann auch so gar nicht mehr wenn das Altparteienkartell so sehr gegen die demokratische Partei AfD am stänkern, denunzieren und diffamieren ist. Denn ist doch die AfD die einzige Partei die sich für für eine wirkliche Demokratie und Mitbestimmung durch den Souverän einsetzt. Das würde dann nämlich für die grünwoke „Polit-Elite“ bedeuten, dass deren alleiniges Herrschaftsgebahren vorbei ist und sie ihre gestohlene und einfach angeeignete Macht und Pfründe verlieren würden weil dann wieder die Macht wirklich vom Volk aus ginge und nicht mehr von einer in den Hinterzimmern sitzende Minderheit der Herrschaft. Wähle wirkliche Mitbestimmung… Mehr