EU: Endrunde Verbrenner-Antrieb?

Der Vorschlag der EU-Kommission liegt seit einem Jahr auf dem Tisch: Ab 2035 sollen Autos kein CO2 mehr ausstoßen dürfen. Damit verschwände der Benzin- und Dieselantrieb. Das Elektroauto soll unbedingt durchgesetzt werden. Wissenschaftler werfen der EU-Kommission grobe Rechenfehler vor.

Die Grenzwertschlacht rund um das Auto mit Benzin- oder Dieselantrieb geht in die Endrunde. In dieser Woche steht auf der Tagesordnung des EU-Parlamentes »CO2 Emission Standards for Cars and Vans«. Voraussichtlich am Donnerstag soll darüber abgestimmt werden, wie weit der CO2-Ausstoß der Verbrennerfahrzeuge künftig gesenkt werden muss.

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Der Vorschlag der EU-Kommission liegt seit einem Jahr auf dem Tisch: auf null! Ab 2035 sollen Autos kein CO2 mehr ausstoßen dürfen. Das ist etwa so, als würde man Politikern das Atmen und Reden verbieten, denn dabei wird auch CO2 ausgestoßen. Diesmal geht es nicht um die Werte Feinstaub oder Stickstoffdioxid. Die wurden von NGOs und Grünen zu hochgefährlichen Schadstoffen stilisiert, damit zunächst ältere Diesel und Benziner verboten werden können – zum erheblichen finanziellen Schaden vor allem von wenig Begüterten, die oft alte Gebrauchtwagen fahren.

Die Motorenentwickler machten den Diesel und Benziner sauberer. Sie drückten die vermeintlichen Schadstoffe bei modernen Dieselfahrzeugen mit Katalysator und Rußpartikelfilter so weit herunter, dass kaum noch von einem Abgasausstoß geredet werden kann. Bei bestimmten Fahrzuständen ist die Luft, die aus dem Auspuff kommt, sogar sauberer, als sie vorher war. Dies geschieht mit einem hohen Kostenaufwand, den der Autofahrer bezahlen muss.

Es blieb also nur noch ein Gas, um dem Verbrennermotor den Garaus zu machen: das CO2, das Kohlendioxid. Das entsteht nunmal bei jeder Verbrennung; auch bei der Atmung, es lässt sich nicht vermeiden. Doch erweist sich das als der ultimative Totschlaghebel gegenüber der Autoindustrie. Soll der CO2-Ausstoß verschwinden, verschwindet auch der Benzin- und Dieselantrieb.

Neu ist diese Kriegserklärung der Kommission vor allem an die deutsche Autoindustrie nicht. Seit langem bekämpfen sie das Auto und damit die individuelle Mobilität mit dem Schreckensgebilde des CO2 als Gas, das das Klima tötet. Dieses Narrativ erweist sich als geniale Propagandamasche.

Setzen noch viele auf sogenannte synthetische Kraftstoffe, mit denen durch Tricks der CO2-Ausstoß heruntergerechnet werden kann, machen die grünen Hardliner in der EU deutlich: Auch das soll nicht mehr möglich sein. Mit aller Gewalt soll der Elektroantrieb durchgesetzt werden. Der wird dadurch schön gerechnet, dass E-Autos keinen Auspuff haben. Doch für die kommt das CO2 nicht aus dem Auspuff, sondern aus den Schornsteinen der Kraftwerke, in denen Öl, Kohle oder Gas verbrannt werden. Dies gilt in der EU als klimaneutral.

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Doch grobe Rechenfehler bei dieser Kalkulation deckte Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf. Er hatte zusammen mit Kollegen der EU-Kommission in einem offenen Brief einen grundlegenden Rechenfehler vorgeworfen. Koch und andere Wissenschaftler hatten kritisiert, die CO2-Emissionen durch elektrische Verbraucher würden durch einen vereinfachten Mittelwertansatz viel zu niedrig berechnet. Koch weist immer wieder darauf hin, dass es keinerlei Datenbasis gibt: »Die Bilanzrechnungen, die den CO2-Ausstoß verschiedener Antriebssysteme vergleichen, sind inakzeptabel und falsch«. Koch schreibt weiter: »Auf diesen einfachen Sachverhalt weisen wir seit vielen Jahren hin, und dies haben wir nochmals intensiv betont. Es ist ein blanker Mythos, dass ein Batteriefahrzeug eindeutig für alle Anwendungen, geschweige denn in allen EU-Ländern, die beste CO2-Bilanz aufweist.«

Wenn nach einem entsprechenden Votum des Parlamentes im Herbst der Europäische Rat dem Vernichtungsplan noch zustimmt, dürften ab 2035 nur noch Fahrzeuge mit »Null«-Emissionen zugelassen werden, also keine Verbrennerautos mehr. Eine sogenannte »Elektromobilität« ist aber absehbar nicht in der Lage, allein in Deutschland knapp 50 Millionen zugelassene Autos zu ersetzen, geschweige denn die notwendige Energieversorgung mit Strom herzustellen. So werden die künftigen Fahrzeuge mit Verbrennermotoren wohl aus Asien importiert werden.

»Undenkbar scheint zumindest im Augenblick, dass diese Vorschläge im Industrieland Deutschland widerstandslos hingenommen werden, wenn sich die Folgen breit abzeichnen.« Das schrieb ich vor einem Jahr. Doch jetzt ist Widerstand alles andere als erkennbar. Selbst die Gewerkschaften halten still und sehen der Wert- und Arbeitsplatzvernichtung tatenlos zu. Tiefgreifend werden die Einschnitte sein, wenn große Autostädte wie Sindelfingen, Wolfsburg oder Ingolstadt dichtmachen müssen. Die Verwerfungen dürften nicht mehr beherrschbar sein. Ein Blick in das zerfallene Detroit lohnt.

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Kommentare ( 63 )

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Contra Merkl
2 Jahre her

Wo gibt es eigentlich noch ein Land wo man von dem ganzen Mist in Ruhe gelassen wird ? Gibt VW dann die ganzen Maschinen wieder an Mexico, wo dann wie damals Käfer und Bullis weitergebaut werden ?
Ein mir bekanntes Ehepaar sind hier schon ausgewandert nach Nordmexico, gefällt denen ganz gut da.
Bis 2035 ist ja noch ein bischen Zeit, wenn hier aber der Wahnsinn so weitergeht sollen die sich hier ihre Gräber selber schaufeln.

Mausi
2 Jahre her

D ist zu stark für den EUR. Zudem ist grüne Ideologie auf dem Höhepunkt der Macht angekommen. D Industrie über hohe Energiepreise, unzuverlässige Langfristregeln und grüne Ideologie zu vertreiben und Dienstleistung über hohe Arbeitskosten und hohe Energiepreise unattraktiv zu machen, macht D arm, anfällig für Sozialismus als Lösung und lässt den EUR halten.

Die EU verliert ihren Geldgeber. Und dann wird es „spannend“. Denn Aufbau ist schwerer als Abriss.

Last edited 2 Jahre her by Mausi
bfwied
2 Jahre her

Wenn eine Gesellschaft es Teilen erlaubt, ihr beweislos – es gibt keine Beweise für DIESE CO2-Wirksamkeit, es ist, s. sogar Mails von Protagonisten, weit übertrieben – den Untergang an die Wand zu malen und ihr Leben total zu zerstören, dann kann ich nur konstatieren, dass diese Gesellschaft kaputt ist. In allen Bereichen bahnt sich eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes an. Schon im Winter wird u. a. der irrsinnige Gaspreis durchschlagen. Der Preis hat sich für mich z. B. verviereinhalbfacht! Ich bin gespannt, was die Durchschnittsverdiener im Winter tun! 38 % fürchten sich derzeit vor der Zukunft in finanzieller Hinsicht. Noch ist… Mehr

Memphrite
2 Jahre her

Sollte der EU-Rat diesem Selbstmord zustimmen, bin ich gespannt wie das auch nur ansatzweise in den ärmeren östlichen Ländern umgesetzt werden soll.
Ich bin oft in Bulgarien und da sieht es ganz düster aus mit der Umsetzung.
Aber die aktuelle Sanktionspolitik zeigt es ganz deutlich: Die herrschende Klasse und alle die vom (primär) deutschen Steuerzahler auf allen staatlichen Ebenen alimentiert wird, führen einen Krieg gegen die Mittelschicht.
Bulgarien wird mit hoher Inflation die Sanktionsploitik von einigen EU-Quislinge bezahlen.
Das einzige was wirklich helfen würde ist die „Sri Lanka“ Methode um mit der zurzeit herrschenden „Klasse“ abzurechnen.

Ingolf
2 Jahre her

Die Gewerkschaften schweigen, weil sie sonst ihren „Anhängern“ sagen müssten, dass die Zeiten lukrativer „Frühverrentungen“ und üppiger Abfindungsangebote zu Ende gehen (… nicht wenige Mitarbeiter der OEMs spekulieren darauf).
Da mit dem Wegfall der OEMs auch die Lieferanten und nachgelagerte Bereiche in Handel, Handwerk etc. sich „verschlanken“ müssen, wird die Zahl der möglichen Ausweicharbeitsplätze eingeschränkt. Somit bleibt als „Sozialplan“ … die „Agentur für Arbeit“.
Man sollte einen Blick in die jüngere Vergangenheit werfen und wird im Abbau der maritimen Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern durchaus eine „Blaupause“ erkennen können. Aber besser „beide Augen zu“ …

d.rahtlos
2 Jahre her

Die Hirnrissigkeit der Pläne zeigt sich schon allein daran, daß es kein funktionierendes Konzept für die Umstellung der LKW- und Schiffsdiesel auf CO2-freie Antriebstechnik gibt. Batteriebetriebene 40-Tonner werden kaum über das Prototypen-Stadium hinauskommen. „Grüner“ Wasserstoff? Bei dem mickrigen Wirkungsgrad wirtschaftlich nicht darstellbar, ganz abgesehen davon, daß ja auch noch die Stahlerzeugung und die Chemie auf Wasserstoff aus Windstrom-Elektrolyse umgestellt werden müssen..
Vermutlich wird es darauf hinauslaufen, daß Schiffe und schwere LKW noch einen Tank für das abgeschiedene Kohlendioxid mitschleppen müssen.

Reinhard Schroeter
2 Jahre her

Im Laufe der Weltgeschichte hat sich immer die bessere Technologie von selber durchgesetzt. Hat man die Pferdekutsche verboten um dem Automobil zum Durchbruch zu verhelfen. Nein, die bessere Technologie hat sich durchgesetzt. Hat man das Segelschiff verboten um den Dieselmotor zum Siegeszug auf den Meeren zu gestatten ? Nein , nur die bessere Technologie hat das geschafft! Insofern könnte man den Dingen ihren Lauf lassen. Könnte man, nur sind da heute ca. 150 Jahre später die Ideologen vor, die sich für allmächtig und über den Naturgesetzen stehend halten . Sie werden auf die sprichwörtliche Schnauze fallen. Nur haben die rechtzeitig… Mehr

fishman
2 Jahre her

Zeitgleich sozusagen ein Interview auf NDR mit einem sogenannten brüsseler Experten. Dabei waren die CO2 ziele nicht so dramatisch bis 2035 nur 50%. Und außerdem entscheidet diese Woche das europäische Parlament also ganz demokratisch, statt des Kommissionsdiktates. Und um alles zuletzt ganz gemütlich und grün zu machen die Frage das NDR an den Brüsseler, wo wir denn in 15 bis 20 Jahren, also noch sehr lange hin wird suggeriert, stünden . Antwort war wie anders zu erwarten?: “ Elektroautos und Strom aus den Erneuerbaren , Wind.- und Wasserkraft. Mit welcher wirtschaftlichen Dramatik wir da noch konfrontiert werden, kein Wort!

Don Didi
2 Jahre her

Was ist die natürlichste Art, Energie zu „erzeugen“? Der Verbrenner! Die gesamte Natur funktioniert seit Jahrmillionen genau so und nur so. Jedes Lebewesen bezieht seine Energie aus der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen und Luftsauerstoff zu Wasser und CO2. Der Gegenpart (die Natur hat für alles einen Gegenpart), die Pflanzenwelt, macht genau das Gegenteil, sie produziert aus Wasser und CO2 Kohlenstoffverbindungen für das Wachstum und Sauerstoff, der an die Luft abgegeben wird. Sollte jeder Grundschüler schon mal gehört haben, so funktioniert Leben. Nur so. Verbrennung und CO2 sind alles andere als unnatürlich, umweltschädlich, klimabeeinflussend oder sonst irgendetwas, es sind zwingend notwendige Bestandteile,… Mehr

U.M.
2 Jahre her

Ich frage mich immer wieder wer oder was die EU eigentlich legitimiert, in natiionales Recht und Gesetz einzureifen. Unsere Politiker machen es sich sehr einfach, sollen unpopuläre Maßnahmen durchgedrück werden, verstecken sie sich hinter die EU und es heiß – das ist EU Verordnung-.