Vor zwei Wochen wollte „Die Zeit“ ein Thema setzen: Die angebliche Ungerechtigkeit, dass manche viel und andere nichts erben, was eine kräftige Umverteilung per Erbschaftssteuer notwendig mache. Zeit-Autorin Julia Friedrichs kam mit dieser These groß zu Wort, eine öffentlich-rechtliche Anstalt sprang ihr mit einer Talkshow (Anne Will) bei. Allein, so richtig gezündet hat es dann doch nicht.
Zu offenkundig war Friedrichs‘ Motiv. Sie neidet, wie sie selber schreibt, ihren Freunden, dass diese sich dank ererbten Geldes Eigentumswohnungen leisten konnten, sie, die bekennende Nichterbin, aber nicht. Offensichtlich kam die Neid-Epistel bei den wohl situierten Zeit-Lesern ebenfalls nicht so gut an. Die meisten von ihnen wollen wohl trotz ihrer politisch-korrekten Grundeinstellung (würden sie sonst „Die Zeit“ lesen?) das noch zu Erbende nicht mit dem Staat teilen; auch ihren Kindern soll das erspart bleiben.
Kein Wunder also, dass die Redaktion eine Ausgabe später zurückruderte. Im Wirtschaftsteil rechnete Jens Jessen mit Friedrichs ab: Die Forderung nach höheren Erbschaftssteuern sei falsch, denn schon das Jammern über die Ungerechtigkeit des Erbens sei „auf eigenartige Weise inhuman“, fördere es doch die Illusion, Gerechtigkeit wäre „politisch herstellbar“. Was der Autor heftig bestreitet. Seine These: Irgendwie hänge mehr oder weniger alles von Zufall und Glück ab: Karriere, Aussehen – und auch das Erben. Der Friedrichs-Widerpart Jessen bleibt freilich insofern auf Zeit-Kurs, als er das Leistungsprinzip prinzipiell in Frage stellt: „Erfolgreiche Menschen sind selten bessere und nur selten tüchtigere Menschen.“ Ob das auch für erfolgreiche Zeit-Autoren gilt, läßt er leider offen.
In der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ kommen nun die Leser zu Wort, insgesamt sechs. Die Tendenz ist eindeutig: Nur einer stimmt der Forderung nach staatlicher Umverteilung zu, die fünf anderen sind strikt dagegen. Da wüsste man gerne, wie viele Zuschriften insgesamt eingegangen sind, und ob das Verhältnis von 5:1 gegen höhere Erbschaftssteuern dem tatsächlichen Meinungsbild in der Zeit-Leserschaft nicht sogar schmeichelt.
Die Leserbriefe spiegeln die ganze Breite von möglichen Argumenten gegen eine Teilenteignung von Erben wider. Eines sei hier zitiert: „Wenn jemand eine Immobilie erwirbt, statt sie anzumieten, und sie später an seine Erben weitergibt, wo ist da das Recht der Allgemeinheit, hierfür einen Ausgleich zu fordern? (…) Wird erfolgreiches persönliches Handeln in einer freien Gesellschaft mit dem Lebensende Allgemeingut?“ In einer freien Gesellschaft, sicher nicht – in der von der Zeit-Autorin Friedrichs geförderten Neid-Gesellschaft wäre das dann schon der Fall.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein