Die Wohlstandshilfeindustrie – Wie Milliarden in Konferenzhotels und Elitenkreise fließen

Wenn der Bundespräsident die GIZ besucht, treffen sich zwei Realitäten: die Selbstbeweihräucherung deutscher Entwicklungshilfe – und eine milliardenschwere Helferindustrie, die sich selbst genügt. Während Ministerinnen Parolen dreschen und Ex-Politiker in Vorstandsposten verschwinden, floriert ein System, das wohl mehr Elitenkarrieren finanziert, als Armut lindert.

IMAGO
Jochen Flasbarth und Thorsten Schäfer-Gümbel bei der Jahrespressekonferenz 2024 der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH im Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz. Berlin, 24.06.2024

Bundespräsident Steinmeier besucht an diesem Mittwoch in Bonn die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Er wird dort Wortgirlanden ohne Ende für die Arbeit der GIZ flechten und einen alten Bekannten treffen: den seit 2022 amtierenden GIZ-Vorstandssprecher Thorsten Schäfer-Gümbel („TSG“, 55), SPD-Mann, vormals Chef der Hessen-SPD und SPD-Bundesvize. Dreimal scheiterte TSG mit seiner Kandidatur, Ministerpräsident von Hessen zu werden: 2009 mit 23,7 Prozent, 2013 mit 30,7 Prozent und 2018 mit 19,8 Prozent für die SPD.

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Nur Nachfolgerin Faeser brachte es fertig, die 19,8 Prozent zu untertunneln: 2023 mit 15,1 Prozent. Unmittelbar nach der Hessen-Wahl von 2018 wechselte TSG als Arbeitsdirektor in den GIZ-Vorstand, 2002 wurde er Vorstandssprecher. So funktionieren Verschiebebahnhöfe. Mal schau’n, welchen Zug Faeser besteigen darf!

Aber darum geht es hier nicht. Die GIZ ist zwar eine GmbH mit der Bundesrepublik als alleinigem Gesellschafter. Tatsächlich aber ist die GIZ eine Art Monsterbehörde: mit einem Jahresetat von rund 4 Milliarden Euro und rund 25.000 Mitarbeitern in 120 Ländern. Tätig wird die GIZ im Auftrag des Entwicklungsministeriums, des Umweltministeriums, des Bildungsministeriums, des Außenministeriums und auch der EU-Kommission.

35 Milliarden – wofür?

Klar, dass hier viel Geld fließt, vor allem wenn ein GIZ-Chef Schäfer-Gümbel und eine Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze aus dem gleichen Genossen-„Stall“ kommen. Geld scheint in Hülle und Fülle da zu sein. Deutschland gab zuletzt (2023) 35 Milliarden für Entwicklungshilfe aus: davon 13,7 Milliarden aus dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und 4,9 Milliarden aus dem Auswärtigen Amt.

Aktuell wurde bekannt, dass GIZ-Gelder auch intern verplempert werden. Nun soll immerhin Schluss damit sein, dass entsandte GIZ-Mitarbeiter samt ihren Familien zu häufig Businessclass fliegen. In der «Zeit» kam kürzlich ein Ex-GIZ-Mitarbeiter zu Wort, der die GIZ als «Reisebüro für Akademikerkinder» bezeichnete. Tatsächlich winken selbst Berufsanfängern via Auslandszulagen üppige Einstiegsgehälter, die dank Doppelbesteuerungsabkommen und niedrigen Lebenshaltungskosten in den Entwicklungsländern einen Vermögensaufbau ermöglichen, von dem Gleichaltrige und ähnlich Qualifizierte nur träumen können. Die NZZ hat dies soeben dankenswerterwiese aufgegriffen.

Volker Seitz lesen!

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Das grüne Lobby-Netz in den Ampel-Ministerien
Der ehemalige deutsche Botschafter Volker Seitz, der 17 Jahre seiner diplomatischen Karriere auf dem afrikanischen Kontinent zubrachte und zuletzt Botschafter in Kamerun war, hat allerdings Zweifel an der Reformwilligkeit und Reformfähigkeit deutscher Helferindustrie. Es sei unfassbar, was GIZ-Mitarbeiter über ihre Projekte berichteten, schrieb er vergangenes Jahr in der Berliner Zeitung vom 12. September.

Seitz kritisiert einen „Aktivismus der guten Gesinnung“ und, dass Erfahrungen der letzten Jahrzehnte nicht zur Kenntnis genommen werden. Seitz wörtlich: „Unsere Gaben lösen tiefgreifende gesellschaftliche Grundprobleme nicht. Sie schaffen jedoch eine Wohlfahrtsmentalität. Hilfe zur Selbsthilfe wird zur hohlen Phrase.“ In allen Ländern, in denen Seitz tätig war, hatte die GTZ (heute GIZ) Mühe, überhaupt genügend sinnvolle Projekte zu finden, um die Mittel loszuwerden. Aber sie mussten ausgegeben werden, weil sie sonst verfallen wären.

Seitz rechnet vor: In über 50 Jahren sind rund zwei Billionen US-Dollar Entwicklungshilfe nach Afrika geflossen. Trotzdem werden die Minimalziele nicht annähernd erreicht. In manchen Staaten gibt es mehr Hilfsorganisationen als Firmen. Unzählige „Projekte“ haben nach Beendigung keine Spuren mehr hinterlassen, weil sie die Menschen abhängig gemacht haben. Sehr viel Geld ist an korrupte afrikanische Herrscher und ihre Günstlinge sowie westliche Entwicklungshilfe gegangen, die diese Oberschicht unfreiwillig finanziell mästet und gleichzeitig eine riesige Helferindustrie aufgebaut hat.

TE 08-2019
Diplomat Seitz: Wir sollten die Entwicklungshilfe radikal verändern
Der erfahrene Ex-Diplomat Seitz hat über all seine frustrierenden, aber sehr realen Erfahrungen ein erhellendes Buch geschrieben: »Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann.« Der Ex-Botschafter bestätigt: Es geht heute den Ländern Afrikas am schlechtesten, die am meisten Entwicklungsmilliarden bezogen haben. Denn es seien kleptokratische Herrscher am Werk; man müsse davon ausgehen, dass 40 Prozent der Staatseinnahmen der Korruption zum Opfer fallen. Korrupte Regierungen haben sogar einst blühende Länder heruntergewirtschaftet: das frühere Rhodesien oder nach dem Ende der Apartheid Südafrika. Riesige Probleme sieht Seitz in den intransparenten Strukturen der »Helferindustrie«, die Katastrophen-Marketing betreiben würden und selber davon profitierten. Ärgerlich sei deren endloser Konferenz- und Reisezirkus. Seitz nimmt die UNO hier nicht aus: »Längst ist die UNO ein Teil des Entwicklungsproblems.«

„Neokolonialer Totalschaden“

Seitz (mittlerweile 82) nimmt nach wie vor kein Blatt vor den Mund. Im Mai 2024 hat er der Bundesregierung aufgrund deren Besserwisserei einen »neokolonialen Totalschaden« vorgeworfen. Ein anderer erfahrener Diplomat sagt sogar: Die humanitäre Hilfe sei längst fester Bestandteil der Kriegsmaschinerie geworden. Der Mann, der das öffentlich sagt, Jürgen Weerth, weiß es, er war ebenfalls deutscher Botschafter in verschiedenen afrikanischen Ländern.

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Was sollen da so plumpe Sprüche einer deutschen Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD)? Mitte April 2024 hatte sie in der ARD gesagt, die Kritik an der Entwicklungshilfe sei »voller Lügen und vielfach rechtsradikal«. Welche »Lügen« sie meint, sagt sie nicht. Ihre eigenen Lügen bzw. Verirrungen, zum Beispiel, dass sie in Perus 15-Millionen-Hauptstadt Lima für 300 Millionen Euro Fahrradwege bauen lässt, um das Klima zu retten?

Man darf jedenfalls gespannt sein, was die neue schwarz-rote Bundesregierung in Sachen Entwicklungshilfe vorhat. Will sie nach dem Vorbild von USAID Gelder streichen? Will sie das Entwicklungshilfeministerium auflösen und – was sinnvoll wäre – in das Auswärtige Amt eingliedern? Oder „geht“ das nicht, weil damit ja irgendjemand ohne Ministersessel bliebe?


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Kommentare ( 23 )

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23 Comments
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Jenny
16 Tage her

„In manchen Staaten gibt es mehr Hilfsorganisationen als Firmen“.
Ist das nicht in Deutschland inzwischen ähnlich? Ganze Ladenzeilen, in denen einst Waren verkauft wurden, sind Caritas, Tafel und irgendwelchen Parteibüros gewichen. Zumindest in der Stadt, in der ich wohne. Auch hier tut die Sozialindustrie den Menschen nicht gut, sondern führt zu einer Vollkaskomentalität, die nichts als Abhängigkeit verursacht, nicht nur vom Staat, sondern auch von schädlichen Substanzen. Weil man nicht mehr arbeiten muss, weil es sich kaum mehr lohnt, langweilen sich Viele und greifen dann halt schon morgens zur Flasche.

Elmar
16 Tage her

Lieber Herr Kraus, der Radweg in Lima für über 300 Millionen Euro ist insgesamt 4 Kilometer lang und war im Wesentlichen schon vor den 300 Millionen Euro aus Berlin vorhanden. Es dürfte sich also um den teuersten Radweg aller Zeiten handeln oder anders gesagt, ist der Großteil der Steuerknete wie auch trotz aller Warnungen in China in den Taschen von Betrügern gelandet. Deutsche Entwicklungshilfeminister haben das Riesenglück, dass sie nicht nach Leistung bezahlt werden. Ansonsten müssten sie Geld mitbringen.

Chrisamar
16 Tage her
Antworten an  Elmar

„…Wie ist es, in der Höhe zu radeln? Gibt es Probleme in Höhen über 3.000 Metern?Mhh, das ging relativ problemlos. Ich habe als Biker den Vorteil, dass ich doch relativ langsam “in die Höhe” gehe. Zum andern kann man die Geschwindigkeit dem Sauertoffgehalt gut anpassen. In der Höhe geht’s halt einfach ein bisschen langsamer. Zwei Mal hatte ich Probleme, und zwar auf dem Salkantay-Trek, als ich mein Rad auf 4.300 m schleppen musste. Da blieb mir schlichtweg die Luft weg und ich musste alle 20 m anhalten, um nach Luft zu schnappen, das zweite mal auf der Strecke von Puno… Mehr

kb
16 Tage her

Nun dann hätten die Rentner mal anders wählen sollen am 23.02. Jetzt bleibt ihnen bzw. der Helferindustrie die Svenja erhalten. Sorry selbst schuld!

Bambu
16 Tage her

Erst einmal danke, dass über die GIZ berichtet wird. Dieser Selbstbedienungsladen, ärgert mich schon seit Jahren. Hier geht es um Steuergeld, welches möglichst fernab der öffentlichen Berichterstattung für Lieblingsprojekte ausgegeben wird und ganz nebenbei werden damit gescheiterte treue Mitarbeiter fürstlich versorgt. https://berichterstattung.giz.de/2023/jahresabschluss/GIZ_IUB2023_Jahresabschluss_download.pdf Interessant auch, wo das Geld noch hinfließt. Seite 24 die GIZ investiert nicht unwesentlich in Wertpapiere. Leider geht aus dem Bericht nicht hervor, welche das sind. So war die GIZ auch an der Übersiedelung der Ortskräfte aus Afghanistan beteiligt. https://www.giz.de/de/weltweit/105233.html Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass Unis von dem Geld der GIZ profitieren. Da wird dann schon mal… Mehr

Kraichgau
16 Tage her

ich kann zumindest von mir selbst berichten,das die GIZ entgegen Ihrem eigenen Anspruch, Wissensmultiplikatoren(Ausbilder) zu suchen, diese nicht braucht….selbst als Abteilungsleiter mit Meistertitel und dekadenlanger Übersee-Erfahrung wird man nicht benötigt für internationale Ausbildungsprogramme…
eine völlig irrsinnige Institution

Reinhard Schroeter
16 Tage her

Warum muss Afrika denn nun geholfen werden ? Afrika verfügt über alles, was ihn zum reichsten Kontinent der Welt machen könnte. Alle Früchte der Erde gedeihen in den verschiedensten Klimazonen und auf den besten Böden. So gut wie alle Rohstoffe sind in Afrika zu finden. Allein diese zu gewinnen und auf den Weltmarkt zu bringen, könnte jedem Afrikaner ein Leben in Würde garantieren. Allerdings sehen viele Afrkaner das nicht ganz so, wie ein Europäer. Das müssen sie auch nicht und sie haben jedes Recht, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben. Zurufe von anderswo benötigen sie eben so wenig,… Mehr

kb
16 Tage her
Antworten an  Reinhard Schroeter

Nun für die Helferindustrie wäre es ja das schlimmste was ihnen passieren könnte, wenn man die Menschen dazu in die Lage versetzten würde, sich selbst zu helfen und für die dortigen sich an der Macht befindlichen Eliten ebenfalls. Deshalb arbeitet die Helferindustrie mit Sicherheit mit den entsprechenden Protagonisten vor Ort Hand in Hand. Das heißt man hat gar kein wirkliches Interesse an einer Änderung der Zustände vor Ort! Entwicklungshilfe ist nichts weiter als Heuchelei!

rainer erich
16 Tage her

Und nun? Weiter so plus x oder einstellen? Wer macht es, falls es um die Einstellung geht? Und wie? Da waere es schon fast ein Zeichen zumindest einer gewissen Ehrlichkeit, wenn die Gruppen ausserhalb der AfD zugeben wuerden, dass sie es zwar nicht sonderlich ideal finden, wie hier Mrd veruntreut oder korrumptiv verwendet werden, aber die rigiden Methoden der 2 inzwischen bekannten Reformatoren strikt ablehnen. Da gaebe es ja sogar Betroffene. In Sch’land ein Unding. Diese Betroffenen haben Familie und sich darauf verlassen, dass es immer so weitergeht. Die Beguenstigten auch. Da klingeln die Urteile der verbeamteten „Justiz“ bereits heute… Mehr

Boris G
16 Tage her

Deutschland war ein reiches Land und gab gern! Demnächst wird die Entwicklungshilfe wohl auch aus dem Topf „Sondervermögen“ weiter ausgezahlt?
China bezog bis vor kurzem Entwicklungshilfe, Indien noch immer. China gilt nun als „System-Rivale“, dessen Potenz der Westen erst so richtig hat schwellen lassen.
Kürzlich las ich über Entwicklungshelfer in ihren weißen SUVs auf Haiti, wo sexuelle Ausbeutung der Einheimischen mit zum Abenteuerpaket gehören soll.
Bruce Gilley schreibt als Sozialwissenschaftler über „The case for colonialism“ Bemerkenswertes und wird dafür prompt von den Woken mit dem Tod bedroht.

Peter Pascht
16 Tage her

Das beschreibt schon Prof. H.H. von Arnim Staatsrechtler, Ex-Verfassungsrichter, in seinem Buch
„Machenschaften der Macht“, 1995
Korruption ist die Seele des Systems

hansgunther
16 Tage her

Zuerst die selbstlose Versorgung der selbsternannten „Eliten“ sicherstellen. Dann den Rest des Geldes in der ganzen Welt verpulvern. Gemäß dem Turnschuh-, Steinewerfer- und Salonkommunisten: „Die Hauptsache, die Deutschen Simpel haben es nicht!“
Da wirkt zusammen in den wirren Köpfen und verbohrten Hirnen, was Karl, Wladimir Iljitsch, Mao und Genossen als Weltbeglückung zusammenphantasiert haben.
Doch stets das eigene Glück vor Augen und auf dem Konto. So geht Kommunismus!