Wie die Evangelische Kirche zur Sekte wird

Wer sich nach wie vor einer Kirche – hier der evangelischen – zugehörig fühlt und seine Kirchensteuern zahlt, der finanziert damit mehr und mehr eine politische Sekte. Luther würde der heutigen EKD vermutlich sein Tintenfass entgegenschleudern.

Getty Images | Screenprint ekd

Darauf hat ganz Deutschland sehnsüchtig gewartet: Nun endlich, am 1. Februar 2022, startet die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die Pilgerinitiative (sic!) „Go for Gender Justice“. Die EKD will ab sofort dazu beitragen, „Abwertung und Gewalt zu überwinden, Vielfalt anzuerkennen und Arbeit, Macht und Einfluss fair zu verteilen“. Was all dies mit Gender zu tun hat, erklärt die EKD wie folgt: „Menschenrechte gelten unabhängig von Geschlecht und sexueller Identität.“

Hätten Sie, verehrte TE-Leser, das mit den Menschenrechten gewusst? Wohl nicht, deshalb musste das mal gesagt werden. Warum aber eine „Pilgerinitiative“? Und gar als „Teil des Pilgerweges der Gerechtigkeit und des Friedens“? Ist etwa die EKD-Konferenz der Genderreferate und Gleichstellungsstellen (diese Konferenz gibt es wirklich) personell überbesetzt und unausgelastet oder anderweitig unterfordert, etwa in Glaubensfragen?

Pilgern wollen die EKD-Genderreferate der neun Landeskirchen. Für Geschlechtergerechtigkeit! „Pilgern Sie mit! – In Kooperation mit Gruppen aus Zivilgesellschaft und Religionen…“ Und zum Zwecke des Abbaus von „Vorurteilen gegenüber queeren Menschen …“ Ein Fußmarsch ist angesagt, auf der entsprechenden Website der EKD findet sich denn auch ein Bild mit festem Wanderschuh, der frisch geschnürt ist. Und – so ein paar bischöfliche Garnierungen: “Frauenfeindlichkeit“ sei eine Sünde und wir seien „durch Gott“ gerufen zur Umkehr aus „Verletzungen an queeren Menschen …“

Zeit zum Lesen
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Liederbücher und eine Auswahl an Liedern werden die Pilger, auch lokale Pilgerinitiativen, begleiten. Etwa das Lied „Sonne der Gerechtigkeit“. Zu finden im Evangelischen Gesangbuch und im „Gesangbuch in gerechter Sprache“ mit dem Titel „Singen von deiner Gerechtigkeit“. Das Lied darf übrigens nicht verwechselt werden mit der deutschen Nachdichtung eines russischen Arbeiterliedes mit den Eingangsstrophen „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit …“

Pilgern will man also. Wirklich, sich selbst und Gott in der Fremde suchend, introvertiert, asketisch dabei lebend und marschierend, wie es Ursprungsidee des Pilgerns war? Oder will man doch nur eine gehobene Art des „Spazierengehens“ praktizieren? Mit oder ohne Polizeibegleitung? Spazierengehen ist ja zuletzt wegen Corona-Gerechtigkeit (der Begriff mag hiermit erfunden sein) in Mode gekommen. Wir wollen uns jedenfalls nicht ausmalen, wenn zwei solcher Marschkolonnen aufeinandertreffen – sich in die Haare geraten oder sich auch in den Armen liegen.

Und damit alles einen Segen von ganz oben (nicht von einem Allmächtigen bzw. – gendergerecht – einer Allmächtigen) bekommt, holt man sich zum Start ins EKD-Haus am Berliner Gendarmenmarkt am 1. Februar einen säkularisierten Segen aus dem Schloss Bellevue. Nein, nicht von Frank-Walter, sondern von seiner Gattin. Denn: „Gastrednerin ist Elke Büdenbender, Juristin und First Lady im Schloss Bellevue.“

Nun aber ernsthaft: Man muss sich Sorgen um diese „Kirche“ machen. In Glaubensfragen, gerade jetzt in Zeiten von Corona, bringt diese Kirche nichts zustande. Man lässt die vielen Kranken, Leidenden, Einsamen, um Angehörige Trauernden ziemlich allein. Man beugt sich den oft genug unausgegorenen Diktaten und Freiheitseinschränkungen der Politik. Bis hin zum Verbot von Gottesdiensten!

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Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus im Faktencheck
Nein, liebe EKD, Ihr werdet wie in Jahrhunderten und Jahrzehnten zuvor Eurem Ruf als obrigkeitshörige, mit Steuern üppig alimentierte, moralisierende und politisierende Nicht-Regierungs-Organisation (NGO) wieder voll gerecht. Ihr unterwerft Euch einer neuen, hochideologisierten Staatsräson, die da „Gender“ heißt. Und Ihr vergesst, dass die Genderideologie ein rosa Kulturmarxismus ist, der sich zwar „vielfältig“ nennt, aber nichts anderes als die Einebnung aller Unterschiede von Menschen und Menschengruppen zum Ziel hat.

Und, liebe EKD, Ihr entfernt Euch mit dem protzigen Anglizismus „Go for Gender Justice“ von der Sprache Martin Luthers. Letzterer, einer der großen Begründer der deutschen Sprache der Neuzeit, würde nach Euch sein Tintenfass schleudern – wie der Legende nach im Winter 1521/22 auf der Wartburg gegen den lästigen Teufel.

Das heißt nicht, dass bei Euren christlichen Brüdern und Schwestern, den „Katholen“, alles viel besser ist. Auch dort verhunzt man etwa in immer mehr Bistümern „gendergerecht“ die Sprache.

Aber eines dürfte auch klar sein: Wer sich nach wie vor einer Kirche – wie hier der EKD – zugehörig fühlt und seine Kirchensteuern zahlt, der finanziert damit mehr und mehr eine Sekte. Ob das System der Kirchensteuer hierfür noch gerechtfertigt ist?

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Kommentare ( 85 )

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Dieter Weingardt
2 Jahre her

Mein Lieblingskommentar ist an der Stelle, dass von den Protestanten allein die Tanten geblieben sind, den Mut zum Protest sucht man jedenfalls im Zusammenhang mit Corona vergeblich.

Detlef Spitzbart
2 Jahre her

Offensichtlich bin ich der einzige Leserbriefschreiber, der Ihnen, werter Herr Kraus, in dieser Sache widerspricht. Erstens ist die evangelische Kirche keine „Sekte“! Die würden Sie am besten daran erkennen, dass in ihr nur eine Meinung, nur eine Ideologie gelten darf. In unserer Kirche stehen aber viele gegensätzliche theologische und politische Überzeugungen gegeneinander und heftig im Streit. Dass immer nur die Funktionäre der EKD und dringend um öffentliche Aufmerksamkeit heischende Arbeitsgruppen in der Presse zu Wort kommen, ist nicht die Schuld der Gemeindemitglieder, der evangelischen Christen. Zweitens: In den vergangenen zwei Coronajahren sind auch in den evangelischen Gemeinden Fehler gemacht, Menschen… Mehr

Andreas aus E.
2 Jahre her
Antworten an  Detlef Spitzbart

Auch bei den „Grünen“ gibt es hie und da noch den Typus des knorrigen Ökobauern mit Rauschebart und selbstgestricktem Pullover, der sich tatsächlich von selbstangebauten Bio-Körnern ernährt und seinen Acker mit dem Ochsen pflügt.
Dennoch wird man die „Grünen“ in der Gesamtschau mit Fug und Recht als Sekte bezeichnen dürfen – auch wenn es innerhalb derer natürlich Unterschiede gibt, etwa zwischen dicken Porschefahrern (R. Schlauch), Dreiteilerträgern (Fischer), Altpäderasten und Jungvielfliegern.

Dieter Weingardt
2 Jahre her

Kirche, schweizerdeutsch „Chila“ kommt von griechisch „Ecclesia“, was meines Wissens so viel bedeutet, wie die (aus der Welt und ihrem Getriebe) „Herausgerufenen“. Die EKD ist aber Welt und Getriebe selbst, ja sie steht an vorderster Front, wenn es darum geht „sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden“ (Tolkien).

Sargas
2 Jahre her

Bin schon lange ausgetreten und bereue es keine Sekunde. Teile der ersparten Kirchensteuer spende ich jetzt für Zwecke, die ICH für richtig halte (Tichy, Tierschutz, meinen Verein etc.).
Um die Amtskirchen brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Selbst wenn noch mehr Menschen austräten, würde der Staat sie stützen. Sind schließlich systemrelevant, so wie die Mainstream-Medien …

Last edited 2 Jahre her by Sargas
Reinhard Schroeter
2 Jahre her

Der Aufruf zum Pilgern ist für die Briten und andere englischsprachige Nationen gerichtet. Betrifft uns also nicht !

Contra Merkl
2 Jahre her

Gut das ich vor ein paar Jahren, als die Schlepperei auf dem Mittelmeer began, ausgetreten bin. Das brachte das Faß endgültig zum überlaufen. Heute frage ich mich, warum ich da so lange überlegt hab.
Selbst meine hoch betagte Mutter will jetzt aus der Kirche austreten, durfte Sie ungeimpft Weihnachten nicht in die Kirche, steht jetzt der Termin auf dem Bürgerhaus zum Kirchenaustritt an.

Snorre87
2 Jahre her

Aus der EKD ausgetreten? Schon seit Jahrzehnten. Gerne träte ich auch aus einer anderen Glaubens- und Haltungssekte aus. Statt objektiv zu informieren, schürt sie dauernd Angst und Panik garniert mit Sprach- und Verhaltensanweisung aus dem zwangsfinanzierten Elfenbeinturm: Die sogenannte Anstalt des Öffentlichen Rechts.

GP
2 Jahre her

Ich habe bis heute nicht verstanden was ein „queerer Mensch“ sein soll…..

Deutscher
2 Jahre her
Antworten an  GP

Das sind die verbleibenden Kirchenmitglieder, nachdem die Kirchen alle anderen vertrieben haben.

Last edited 2 Jahre her by Deutscher
Index
2 Jahre her
Antworten an  GP

… das haben die selbst wohl auch nicht.
Aber eines eint sie alle: Der ohrenbetäubende, penetrante Schreihals, der alles andere übertönen muss.

LadyGrilka55
2 Jahre her

Die EKD soll sich bitte gerne noch weiter zur Politsekte verschrumpfen, denn weitere Mitglieder-Austritte werden diesem Kotau vor dem dümmlichen Zeit(un)geist folgen. Gut so! Weiter so!

Was nicht glücklich macht, kann weg.
Was zu nichts mehr von Nutzen ist, kann erst recht weg!
Die Amtskirchen haben fertig.

Abraham
2 Jahre her

Wie wär’s, wenn die Pilger*innen ihre Fahrt in Kabul begönnen? In Afghanistan sollte ja jetzt nach dem Diktum von der ehemaligen EKD-Vorsitzenden Altbischöfin Margot Käßmann „alles gut“ sein.