Eine CDU-Koalition mit der Linken – Oder mit der AfD?

Merkels Anhänger wollen die Partei noch mehr nach links kompatibel machen. Aber europaweit zeigt der Trend in eine andere Richtung.

© Carsten Koall/Getty Images

Als erste überregionale Tageszeitung hat ausgerechnet die linke „taz“ für ein Bündnis der CDU mit der AfD plädiert. Eine CDU-AfD-Regierung in Sachsen habe zwar etwas „Albtraumhaftes“, hieß es jüngst in einem taz-Kommentar. Aber die andere Möglichkeit – eine CDU-Linke-Koalition – hätte noch mehr politische Kosten. „Eine Regierung von CDU und Linkspartei wäre Symbol für ein Einheitssystem, das alles tut, um die AfD auszusperren“, argumentiert taz-Redakteur Stefan Reinecke. Das helfe der AfD, noch mehr zu wachsen.

Und der taz-Autor erkennt auch: „Die CSU in Bayern steht der AfD in vielem näher als den Grünen. Die rechte CDU in Sachsen verbindet mehr mit der AfD als mit der Linkspartei in Sachsen.“ Das war ein mutiger Kommentar.

CDU und die LINKE
Günther spricht aus, was Merkel denkt
Tatsächlich aber bewegt sich die CDU unter ihrer Vorsitzenden Merkel seit anderthalb Jahrzehnten Stück für Stück nach links. Merkel hat reihenweise konservative und auch wirtschaftsliberale Positionen abgeräumt und die Partei so radikal verändert wie kein Vorsitzender vor ihr. Die Merkel-CDU ist faktisch „ein Best of von SPD und Grünen“ geworden, schrieb Markus Feldenkirchen vor einer Woche im „Spiegel“. Merkels Traumpartner für die neue Regierung waren die Grünen. Fast hätte es im Herbst 2017 zu einer Jamaika-Koalition gereicht hätte, wäre die FDP nicht abgesprungen.

Nun wird das letzte Links-Tabu diskutiert: eine CDU-Koalition mit der Linken. Nord-Ministerpräsident Daniel Günther, ein Merkel-Zögling, hat diese Gedankenspiele etwas zur Unzeit ausgeplappert, ausgerechnet kurz vor dem Mauerbau-Gedenktag. Weil die AfD in den mitteldeutschen Bundesländern so stark ist, meinen einige CDU-Strategen, es könnte nach den nächsten Landtagswahlen 2019 – etwa in Brandenburg – nur noch mit einer CDU-Links-Regierung reichen. Günther plädierte dafür, „ohne Scheuklappen“ über eine Zusammenarbeit mit den „vernünftigen“ Leuten aus der Linken zu reden.

Die Angst des Establishments vor Konkurrenz
Auf, auf zum letzten Gefecht
Warum aber soll die CDU eigentlich nur links ihre „Scheuklappen“ abnehmen und sich gleichzeitig ein absolutes Rechts-Tabu auferlegen? In vielen Fragen steht die AfD dort, wo die CDU vor der „Modernisierung“ durch Merkel stand. Heute ist kaum noch vorstellbar, was für rechte Recken vom sogenannten Stahlhelm-Flügel um Alfred Dregger in der Kohl-Union eine führende Rolle spielten. Kohls Ansichten zur Ausländer-Politik wären heute undenkbar: Der Kanzler wollte in den achtziger Jahren die Zahl der in Deutschland lebenden Türken halbieren, wie Jahre später aus britischen Geheimprotokollen bekannt wurde. Von Re-Migrationsplänen solchen Ausmaßes ist aus der AfD nichts bekannt. Die CDU stand damals für die Atomkraft, die Wehrpflicht, eine restriktive Immigrationspolitik, gegen die Homo-Ehe.

Der Euro wurde der widerstrebenden Bevölkerung verkauft mit dem Versprechen, auf keinen Fall werde es eine Haftungsübernahme für Schulden anderer Länder geben. Versprochen, gebrochen. In der Euro-Schuldenkrise 2010 ff. wurden riesige Hilfskreditpakete geschnürt, die Schulden wurden europaweit umverteilt – das war die Geburtsstunde der AfD. Abgesehen davon, dass die AfD den Euro wieder abschaffen wollte, ähnelt sie sonst doch in vielem dem Programm der Kohl-Union. Sie vertritt viele alte CDU-Positionen. Es gibt auch manche wirtschaftsliberale Komponente, die aus dem FDP-Programm stammen könnte. Allerdings kommt bei der AfD noch ein Flügel von Leuten hinzu, die tatsächlich rechtsradikal reden und sind. Die Höcke-Leute sind ein Hindernis für die Etablierung der Partei in bürgerlichen Kreisen.

Nicht zusammen gewachsen
Die Meinungsmauer zwischen Ost und West in Europa verläuft mitten durch Deutschland
Denen steht aber auch eine andere AfD entgegen, die harte, aber seriöse Oppositionsarbeit mit demokratisch-rechter Stoßrichtung betreibt und durchaus als Alternative für heimatlose Konservative gesehen wird. Das füllt die große Lücke, welche die Linksverschiebung der CDU unter Merkel gelassen hat. Das von der Kanzlerin geschaffene Vakuum rechts der Mitte konnte nicht auf Dauer leer bleiben. Merkel ist die eigentliche Mutter der AfD.

Als wichtigsten bleibenden Punkt in „Merkels Bilanz“ beschrieb Feldenkirchen im „Spiegel“ die Zerstörung der früheren parteipolitischen Landschaft – vor allem durch den von ihr ermöglichten Aufstieg der AfD: „Nach 18 Jahren Angela Merkel als Vorsitzende der CDU und nach 13 Jahren als Bundeskanzlerin ist die politische Landschaft so zerzaust und durcheinandergewirbelt wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik.“

Was tun? Sollte die CDU weiterhin eisern am Linkskurs festhalten, wird die AfD, sofern ihre Höckes sie nicht ins Abseits schieben, weiter wachsen und etablieren. Absehbar ist, dass in einiger Zeit nicht nur die Günthers über Links-Koalition reden, sondern auch Rechts-Bündnisse (wohl erst im Osten, zunächst auf kommunaler Ebene) gefordert werden. Die strikte Abgrenzung wird nicht ewig halten.

Das Parteiensystem wird sich verändern
Zerfällt die Union?
Die Bundesrepublik Deutschland wollte immer „Sonderwege“ vermeiden. Ein Blick ins mittel- und nordeuropäische Ausland zeigt, dass Bündnisse zwischen Bürgerlich-Konservativen und „Rechtspopulisten“ inzwischen nicht mehr selten, sondern ein gängiges Modell sind: Ob in Österreich oder Polen oder Dänemark, Finnland oder Norwegen. Nirgendwo ist dort deshalb der „Faschismus“ ausgebrochen. Der Wiener Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der mit FPÖ-Chef Strache regiert, wird in Teilen der Union als Star gefeiert.

Innenminister Seehofer (CSU) schüttelte vor ein paar Wochen in Linz begeistert lachend die Hände seiner Amtskollegen Kickl (FPÖ) und Salvini (Lega) – doch deren Parteien sind ja mindestens so rechts wie die AfD. Warum darf Seehofer einerseits diese Hände schütteln, aber im Inland gilt ein großes Berührungsverbot?

Vermutlich wird die Erneuerung der Union nicht von der Spitze, sondern von der Basis ausgehen. Merkel und ihre Entourage liegen wie eine Grabplatte auf der Partei. Es wird an den Basis-Mitgliedern liegen, die erdrückende Hypothek beiseite zu schaffen.

Bürgerliche Bündnisse mit FDP und AfD entsprächen der natürlichen politischen Orientierung. Auch mancher auf der Linken, etwa der eingangs erwähnte „taz“-Autor, sieht es so und hofft, dass sich dann auch wieder ein linkes Lager bildet. Klar Verhältnisse, klare demokratische Richtungskämpfe um die Zukunft des Landes wären besser als das richtungslose Merkel-Einerlei.

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Kommentare ( 39 )

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Old-Man
6 Jahre her

Warten wir doch einfach die kommenden Wahlen in diesem und im nächsten Jahr ab,das wird wohl grundlegend zu Klärungen beitragen. In Bayern sieht die Welt etwas anders aus,da wird der CSU wahrscheinlich eine Liason mit den Grünen,wenn sie es denn wagen mit einer Wählerflucht zu den Unabhängigen und zur AfD enden,was aber auch das Ende für Markus Söder wäre. Ich glaube alles erst wenn Ich es am Wahlabend sehe,und die Hessen sind ein besonderer Fall,da kann man schon mal den alten Nachkriegs Warnruf anstimmen : Achtung,die Hesse mit die langen Säcke komme! Wer sich heute Gedanken darüber macht wer mit… Mehr

Gerro Medicus
6 Jahre her

Zitat: Das von der Kanzlerin geschaffene Vakuum rechts der Mitte ..

Das Vakuum, das die AfD füllt, ist nicht rechts der Mitte, es IST DIMITTE!

Thomas
6 Jahre her
Antworten an  Gerro Medicus

Die AFD ist die liberal konservative Mitte. Gute Bürger. Vernunftbürger. Gemässigte Patrioten. Da diese Bürgerlichen nicht in der Lage sein werden die illegalen Asylmigranten in der erforderlichen Höhe aus Deutschland hinauszubringen rechne ich mit dem Entstehen einer radikalen rechten Kraft die die AFD vor sich hertreiben wird. Sie jagen wird. Die Linken sollten sich ihren Atem sparen. Die richtigen Herausforderungen für die kommen erst noch. Und dann tuts auch weh. Das werden dann andere Gegner sein als ein alter erschöpfter Herr.

Harry Charles
6 Jahre her

WIE INFAM IST DAS DENN? Also die CDU, genau jene Partei, der wir die derzeitige Misere hauptsächlich verdanken, soll für das was sie unserem Land angetan hat auch noch belohnt werden? Indem sie sich wie üblich als feige Bourgeosie behäbig in der Etappe verkriecht während andere „vorne“ die Drecksarbeit machen-nur um dann später die Meriten einzusammeln. All jene, die sich jetzt für die AfD engagieren, werden gehetzt, gemobbt, öffentlich geächtet, verlieren ihre Arbeit, ihre Existenz-nur weil sie, im genauen Gegensatz zu den gesichtslosen Opportunisten mit dem Geleerückgrat von der CDU aufrechten Gang zeigen. Es ist ein unerträglicher Gedanke, dass die… Mehr

Sani58
6 Jahre her
Antworten an  Harry Charles

Sie haben recht. Nur muss man das Denk -und Wahlverhalten vom gemeinen Michel und Oma Erna berücksichtigen. Das übergeordnete Ziel der AfD sollte parlamentarische Regierungs-und Gesetzesmacht sein. Das wird ohne Koalition vorerst nicht gehen. Ich sehe in der übernächsten Legislatur, falls das Gemeinwesen als Jetziges noch existiert, möglicherweise auch eine Dominanz der AfD. Allen konservativen CDUlernen kann man nur raten, wenn sie weiter aktiv für das Gemeinwesen sein wollen, Schwarz gegen Blau zu tauschen. Und politische Erfahrungen, ehrlich gemeint, wird man in der AfD brauchen können. Zu viele Mitbürger sind zu unpolitisch um in eine Partei ein zu treten, leider.… Mehr

6 Jahre her

Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine der etablierten Parteien mit dem gegenwärtigen Spitzenpersonal jemals reformfähig ist. CDU CSU die angeblichen Schwesternprteien haben sicherlich ihre jeweiligen Flügel, dennoch haben sie über eine Vielzahl von Jahren die Politik von Angela Merkel unterstützt. Die Frage muss man doch anders stellen. Wer hat sich den fehlerhaften Entscheidungen Angela Merkels ernsthaft entgegen gestellt. Wer hat mahnende Stimmen entgegen gebracht. Selbst in der Opposition sind derartige ernsthafte Versuche schwerlich zu finden. Man brauch sich nur das Abstimmverhalten im deutschen Bundestag anzuschauen. Selbst bei Einbeziehung des sogenannten Fraktionszwanges ist deutlich zu erkennen, dass es nur äußerst… Mehr

Protestwaehler
6 Jahre her

Der einzige Grund warum sich die „taz“ für ein derartiges Bündnis ausspricht, aus reinem ideologischen Selbsterhaltungstrieb. Die CDU soll ruhig mit den Linken koalieren, dann hat die SED endlich wieder eine in der FDJ sozialisierte Führungspersönlichkeit die ihr das Denken abnimmt, wie zu guten alten Honecker-Zeiten, und lediglich ab und an mal den Kopf nicken muss, eben auch wie damals.

Dieter Rose
6 Jahre her

aber wie kann das System auf die Schnelle geändert werden.
da muss die AfD das Spiel mitspielen – aber ehrlich bleiben!

Montesquieu
6 Jahre her

Sorry, aber so arg bürgerlich erscheint mir die FDP unter Lindner und Kubicki nun nicht gerade. Auch würde Jamaika für die FDP nie an der Frage der illegalen Masseneinwanderung nicht Integrierbarer scheitern, wie sie selber oft genug bekundet hat. Da geht es um Sprachregelungen und Nuancen, nicht um prinzipielle Gegensätze.

Eigentlich würden FDP, GRÜNE und die CDU zueinander passen, wie Arsch auf Eimer. Und auch größere Teile der CSU halte ich für diesbezüglich sozial kompatibel.

Zustände wie in der ehemaligen DDR: viele Parteien, aber (fast) keine substantiellen inhaltlichen Unterschiede.

Ist das Zufall?

Dieter Rose
6 Jahre her

Genauso ist es:
ich hätte gern einmal Fakten darüber
dass Herr Höcke rechtsradikal und ein NPD-Nazi
oder so ähnliches ist.
eine genaue Aufarbeitung der Vorwürfe bitte!

Rainer Neuhaus
6 Jahre her
Antworten an  Dieter Rose

Wo nichts ist kann man auch nichts aufarbeiten

Alfonso
6 Jahre her

Die Basis wird sie CDU auch nicht mehr in eine andere Richtung als nach links bringen. Die CDU ist ja nicht nur ein bisschen links. Das wäre ja eine 180 Grad Wende, das ist unmöglich. Das ist so, als glaube man, starke Männer könnten eine Lokomotive auf den Schienen um 180 Grad wenden. Zumal die jungen Leute, die jetzt nachkommen sowieso schon über Kindergarten, Grundschule, Gymnasium und Uni fest links geprägt sind und deshalb gar nicht daran denken, in eine andere, als in eine linke Richtung und linke Zukunft mitzumarschieren. Sollen es etwa die alten weißen Männer machen?

spindoctor
6 Jahre her

„Das ist ein Teil des öffentlichen Zerrbildes, das von mir angefertigt wurde. Bei den wirklichen Flüchtlingen habe ich volles Verständnis für ihre Not. Flüchtlinge sind Menschen, die einer konkreten Gefahr entkommen wollen und um Schutz ersuchen. Ihnen im Rahmen unserer Möglichkeiten zu helfen ist unsere selbstverständliche humanitäre Verpflichtung. Etwas ganz anderes ist die massenhafte Einwanderung von Glücksrittern und Menschen, die sich einfach ein besseres Leben in Europa und Deutschland versprechen. […]. Ja Herr Meyer dann raten Sie mal, von wem diese Zeilen sind. Nicht über andere Menschen urteilen – nur auf Basis oder gar Verleumdung ihrer politischen Gegner. Und das… Mehr