Nein, sie haben es noch nicht geschafft: Deutschland geht es gut. Im Land der Trotzköpfchen wissen die Bürger sich zu wehren und biegen wieder zurecht, was verbogen wurde.
Nervosität macht sich unter denen breit, die aus Erfahrung wissen, wohin allzu viel gefühlsduseliger Vertrauensvorschuss führt. Die gelernt haben, dass die Welt kein Kindergeburtstag ist, auf dem man ungestraft nach Herzenslust reihum Einladungen zum sonntäglichen Ringelpiez aussprechen darf.
Das Glück wohnt hier, das Chaos dort
Dabei sollte das Glück, bisher von dem Chaos verschont geblieben zu sein, das anderswo zum Alltag gehört, doch alles überstrahlen: Warum nicht einfach alle miteinander so gut hier weiterleben, wie es die CDU so phantasielos wie bieder propagiert? Die Deutschen lieben die Harmonie, die Beschäftigung mit dem Schönen, Harmlosen – es macht sie glücklich, einfach mal nur die Seele baumeln, leben und leben zu lassen. Wohlige Ordnung. Nun seien sie, wie bei der „Welt“ zu lesen war, gerade so zufrieden wie nie zuvor. Auch wenn man daran zweifeln kann, dass sich diese Zufriedenheit wie das DIW behauptet, auf Grund der „positiven Erfahrungen mit Krisen“ eingestellt habe.
Normalität im Trotzköpfchen-Land
Schildert man die bisher weitgehend friedliche Lebenswirklichkeit Deutschlands, mit knapp zum Knie reichenden „Jäger“-Zäunen, einem funktionalen öffentlichen Dienst, Trinkwasser aus der Leitung und immer noch niedriger Kriminalitätsrate, so bleiben vielerorts die Münder vor Ehrfurcht offen stehen. Vor so viel Wohl und Ordnung.
Der Focus schreibt dazu unter „Bilder aus der Provinz“ … Hügel, Felder, Kirchtürme, Hauser mit Schieferdächern, keine Ampel, keine Zebrastreifen – das Leben im schrulligen Eifelkaff kommt einem trotz großer und kleiner Verbrechen verlockend wie eine Erinnerung an bessere Tage vor.“ davon, „dass diese typische Kleinstadtidylle mit ihren Marotten und Typen dem Zuschauer besonders ans Herz gehe.“ Die Zuschauer finden sich wohl in den Geschichten und in dieser Erinnerung an die besseren Zeiten, an Ordnung, immer öfter und immer lieber wieder.
Das, was die taz in der Serie als piefige, altbackene Atmosphäre wahrnimmt, gründet sich in der guten alten Zeit des Nationalstaates, aber nicht nur dem Gesamtdeutschen seit 1871, sondern auch in der Kleinstaaterei der Zeit davor. In einem umfassenden Prägeeinsatz aller staatlichen Akteure von Schule bis Gerichtsbarkeit und nicht zuletzt in mühsamem Kleinklein in der Familie wurde in einem jahrzehntelangen Prozess ein auf Ausgleich geeichter, hilfs – und anstrengungsbereiter, folgsamer Bürger geformt.
Mühsam in die Ordnung zurück
Die beiden Weltkriege haben denn diese Gut-Bürgerlichen auch völlig aus der Bahn geworfen. Wenn sie überlebt hatten, mussten sie sich fragen, ob es denn gerade dieser, doch bis vor kurzem noch so erfolgreiche Lebensentwurf gewesen ist, der sie so tief hat untergehen lassen. Ob es der verstruwwelte Peter war? Grimms Märchen, die Mama vorgelesen hatte ? Oder das Nachsitzen bei Oberlehrer Müller? Die Ordnung? Egal, alles konnte nur noch im Licht der Bombennächte und der filmischen und fotografischen Vorhaltungen betrachtet werden, die die Nation ab Kriegsende über sich ergehen lassen musste. Und da gab es nur schwarz-weiss.
Das ist und war die Nation derer, die Sie als die „… vielen, die sich um mehr kümmern als nur sich selbst.“, gelobt haben, geehrter Herr Bundespräsident Steinmeier, die, „die unser Land jeden Tag immer von neuem zusammenhalten“, weil sie so erzogen und von ihren Familien, die ihnen das vorgelebt haben, geprägt wurden.
Tomas Spahn ist diesem Kampf mit der eigenen Identität schon sehr tiefgründig auf TE nachgegangen.
Wo man mit Teddybären wirft, da lass‘ Dich ruhig nieder … eine Liebeserklärung.
Die kreuzfidel vor sich hin umverteilende Politikerriege steht ihren stoisch gutmütigen Regierten, die Stunden mit Bastel-, Tüftel – und Vereinsmeierei verbringen können, in nichts nach. Es kann dort keine quietschende Türe ungeölt, kein Knöllchen unbezahlt und kein Bild schief hängen bleiben. Man baut in der Freizeit auf eigene Kosten Barrieren für tausende selbstmörderisch umherirrende Frösche, dekoriert den Vorgarten liebevoll mit immer neuen Gartenzwergen und Solarleuchten (ist besser für das Klima), und nimmt über tausende Kilometer innigen Anteil am Schicksal von streunenden Hunden in Spanien.
Die Großzügigkeit seiner Spender macht Deutschland zu einem der größten Geberländer der Welt.
Man ist spielend beim nur auf Vertrauen basierenden (Der Guardian).
Emil Kohleofen ist freier Publizist.
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Zum ersten schon deshalb nicht, weil das einfach nicht so viele sind. Zum zweiten natürlich …
Alle, für die die Welt von vor Ca. 30 Jahren in Ordnung schien und glaubten, die DDR sei dieser Welt in Form von 5 neuen BL beigetreten, irren! Jetzt ahnen es viele, ihre Welt ist der DDR beigetreten. Was dann folgte ist nur die logische Konsequenz. Das stand vor Ca. 15 Jahren im ND als Satire. Jetzt wissen wir, es war ernst!
Wahrscheinlich habe ich die subtile Ironie des Artikels überlesen bzw.. den Artikel gar nicht verstanden. Jedenfalls frage ich mich verzweifelt: Was will der Autor den Lesern damit sagen?
Zwischen dem langweiligsten Döselkrimi aller Zeiten und streunenden Hunden in Spanien ist auch mir unterwegs irgendwo der Faden gerissen.
Ich gehöre zu den schon länger hier Lebenden, insbesondere aufgrund des Alters.Das heisst, ich erlebe DE bewußt seit rund 1965.Die Veränderungen bis heute ergeben für mich eindeutig, daß ich gegen Multikulti bin, so wie es heute verstanden wird.Globalisierung ist kein Synonym zu Multikulti, siehe Korea oder Japan.Auch ist das heutige Deutschland nach meiner Meinung nicht das beste oder ein Land „in dem wir gut und gerne leben“im Vergleich zu den vorherigen Jahrzehnten.die Entfremdung hat stattdessen immer mehr zugenommen und gleichzeitig ein Miteinander abgenommen.Seit ich denken kann, gab es Europa und Neugier auf die anderen Länder in Europa.Trotz Grenzkontrollen konnte man… Mehr
Sie sind halt ein Ewiggestriger der die Vorteile der neuen, offenen, bunten Gesellschaft ob seiner Verbohrtheit nicht sehen kann. Und können ist ja der kleine Bruder von wollen. Döner zum Beispiel, was wäre Deutschland ohne Döner?!
Aber mal im Ernst, ich sehe das genauso wie Sie. Bei meinem ersten Islandurlaub habe ich gemerkt, dass ich mich in Reykjavik samstagnachts deutlich sicherer fühle, als in Frankfurt am Tag. Woran das wohl liegt? An den stockbesoffenen Isländern eher nicht. Hat eher etwas mit der Abwesenheit von etwas zu tun.
Islandisierung statt Islamisierung, fände ich okay.
Könnte auch zur Not mit Stockfisch-Kebap leben!
…aber nur Halal!
Gruß
L.J. Finger
Darauf ein dreifaches, isländisches „HUH“!
Dieser Beitrag hätte von mir sein können. Danke!
Sehr treffend formuliert. Danke dafür.
Unser Abi-Motto 1991 lautete bereits „Bewahrt das Bewährte“ Und davon hätte sich die heutige Kaste Politiker besser mal eine Scheibe abgeschnitten.
Ja, aaaber: es war alles nicht „anti-rassistisch“ (= islamisiert).
Darauf einen Düjardäng!
Werter Zebulon, ich stimme ihrer Beschreibung des früheren – auch schon globalisierten und weltoffenen – Deutschlands vollumfänglich zu. Ich kenne es auch noch so. Damals hätter der #fedidwgugl-Wahlslogan noch gut gepasst. Heute fühle ich mich veräppelt, wenn ich allein schon angesichts des deutlich unsicheren Lebens in größeren Städten solche Plakate sehe. Die Politiker haben den Bezug zu den Leuten, die einfach so weiterleben wollen wie unsere Eltern verloren. Ich finde auch, dass der Zusammenhalt nachlässt. Das lässt sich schon am Schwund der Ehrenamtlichen in den Vereinen erkennen. Unser Gesangverein und unser Obst- und Gartenbauverein werden bald Geschichte sein, da händeringend… Mehr
Denkbar. Ich erinnere mich aber auch noch zu deutlich an den Slogan, der während des Wahlkampfs überall präsent war: “ … ein Land, in dem wir gut und gerne leben“.
Ja, falls es jemals ein Remake vom „Am goldenen See“ gibt, kann das nur hier, wo die Welt noch i.O. ist, gedreht werden! Regie übernimmt – wer sonst- Mutti. In den Hauptrollen Ch. Roth u. Drehhofer (als grantig-seniler Großvater:-)
Lieber Herr Kohleofen, ich möchte Ihnen gerne glauben, aber meine eigene Erfahrung, ich lebe selbst in einem mehr oder weniger ländlichen „Idyll“, sagt mir, daß der Schein trügt. Auch die Menschen auf dem Land sind inzwischen mit der harten Lebenswirklichkeit direkt konfrontiert. In meinem Verein ist die Angst um die eigenen Kindern immer wieder Gesprächsthema, aber keiner traut sich laut zu reden. Die Hilfsbereitschaft der autochtonen Deutschen rührt eher daher, daß man aus existenziellen Gründen der „Willkommenskultur“ nicht im Wege stehen will, um eine Verunglimpfung als Rassist oder gar Nazi zu vermeiden. Viele haben hier etwas zu verlieren, aber unter… Mehr
„ch frage mich inzwischen, wann geht es uns, wie den nordamerikanischen
Indianern, die ihrer Lebensweise nur noch in Reservaten nachgehen
können?“
Bei der derzeitigen demographischen Entwicklung ab Ende der 2030er Jahre.