Die schwarz-grüne Koalition ist längst Realität

CDU-General Carsten Linnemann hat eine Koalition mit den Grünen als „nicht denkbar“ bezeichnet. Ein Versprechen, dessen Bruch schon feststeht. Wobei: Eigentlich gibt es längst eine Koalition der CDU mit den Grünen.

picture alliance / Flashpic | Jens Krick
Carsten Linnemann (CDU) und Robert Habeck (Grüne), Deutscher Bundestag, Berlin, 26.04.2024

Carsten Linnemann entwickelt sich allmählich zum Wolfgang Kubicki der CDU. Immer wenn der Generalsekretär öffentlich beteuert, dass etwas nicht kommt, bedeutet das dreierlei: Die CDU macht es definitiv, weiß aber, dass es falsch ist und ihre Wähler maximal vor den Kopf stößt. Linnemann hat jetzt eine Koalition „mit diesen Grünen“ als „nicht denkbar“ bezeichnet. Mit anderen Worten: Die Berliner Fotografen können schon mal das Objektiv für das Gruppenfoto mit Linnemann, Ricarda Lang, Friedrich Merz, Robert Habeck, Jens Spahn und Annalena Baerbock raussuchen.

Seitdem „debattiert“ das politische Berlin über Schwarz-Grün, wie es zumindest die Tagesschau beschreibt. Dabei gibt es da eigentlich nichts zu debattieren. Nicht nur, weil Linnemann die Horst-Seehofer-Schule für Rechts-Blinken und Links-Abbiegen mit Abschluss absolviert hat. Sondern, weil es Schwarz-Grün nächstes Jahr seit zehn Jahren gibt. Als Kanzlerin Angela Merkel (CDU) 2015 sichere Grenzen und Vernunft fahren ließ, hat sie das Bündnis mit den Grünen eigentlich schon geschlossen.

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Menschen ohne Pass eher ins Land zu lassen als Menschen mit Papieren – behaupten, dass weder Terroristen noch Verbrecher diese Gelegenheit nutzen würden – und jeden öffentlich brandmarken, der auf Beweise hinwies, die das Gegenteil belegten. Mit dieser ideologischen Mischung aus grenzenloser Naivität, maximalem Sendungsbewusstsein und der Bereitschaft, den politischen Gegner zu vernichten, war Merkel die erste grüne Kanzlerin Deutschlands.

Durchaus mit Kalkül. Und fast mit Erfolg. Als die CDU-Vorsitzende den Grünen den Werbeschlager naiv-dumme Einwanderungspolitik abnahm, standen die ziemlich nackt da. 2016 und auch noch Anfang 2017 sah es so aus, als ob die Partei bei der nächsten Wahl aus dem Bundestag fliegen könnte. Erst als grüne Medien in der zweiten Hälfte 2017 erfolgreich den Scheinwerfer auf das andere grüne Thema lenkten – den Klimawandel, die Klima-Katastrophe, das Klima-Armageddon –, konnten die sich noch auf Platz sechs ins Parlament retten.

Zwar versuchte Merkel auch das Thema Klima-Weltuntergang zu besetzen und ihr altes, schon abgelegtes Image der Klimakanzlerin wieder hervorzukramen. In der direkten Folge davon gibt es zwei ikonische Fotos von Greta Thunberg. Das eine zeigt „das Kind“ mit dem antisemitischen Hetzsymbol der Krake, das andere mit Angela Merkel. Doch das Thema Klimaschutz ist derart fest mit den Grünen verbunden, dass es ihnen nicht zu nehmen ist.

Doch dieses Thema ist in der öffentlichen Wahrnehmung im Sinkflug. Zum einen, weil die Bürger die monatliche Meldung vom heißesten Monat aller Zeiten nicht mehr ernstnehmen und sie anders als Politik und Medien die Letzte Generation nicht für „Aktivisten“, sondern für Verbrecher halten. Zum anderen, weil ihnen das Bezahlen der Miete oder des Essens auf dem Tisch doch wichtiger als das Wetter von 2124 ist. Dieser Bedeutungsverlust des stärksten Themas hat massiv dazu beigetragen, dass die Grünen in der Europawahl und den Umfragen in Richtung zehn Prozent zusammenschmelzen.

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Der CDU kann das recht sein. Sie selbst bei 30 Prozent und die Grünen bei zehn – das macht die Partei, die noch vor drei Jahren die Kanzlerin Baerbock stellen wollte, zum Kellner in einer Koalition mit dem Koch Friedrich Merz. Auch wenn dessen Generalsekretär noch davon schwafelt, dass das nicht denkbar sei. Fallen FDP und Linke aus dem nächsten Bundestag raus, könnten schon 40 Prozent für die Mehrheit im Parlament reichen. Falls nicht, haben Marco Buschmann und Christian Lindner nicht erst nach dem Compact-Verbot bewiesen, dass mit ihnen als handzahmem Partner jede noch so antiliberale Politik zu machen ist.

Die Warnung Linnemanns vor den Grünen kommt aber nicht aus dem luftleeren Raum. Klar ist sie ein Ablenkungsmanöver. Aber ohne Grund würde der CDU-General kein solches Manöver starten. Der offensichtliche Grund ist die Abneigung, die immer mehr Bürger gegen die Grünen haben. Umfragen zeigen, dass sich immer mehr wünschen, dass in der nächsten Regierung vor allem die Grünen nicht vertreten sind. Trotzdem wird die CDU die Partei sein, die 2025 sagt: Da sind sie wieder, wir halten die Grünen an der Macht. Nur soll das halt vor der Wahl möglichst keiner wissen. Deshalb Linnemanns Ablenkungsmanöver.

Vor der Wahl etwas versprechen, obwohl man weiß, dass man nach der Wahl etwas exakt anderes macht? Also dreist lügen? Das würde die CDU nie tun? Hat sie doch. Gerade eben. Noch dazu mit dem Versprechen einer antigrünen Politik. Mit dem hat Ursula von der Leyen (CDU) Wahlkampf in Europa gemacht. Etwa mit der Rücknahme des Verbrenner-Verbots. Kaum einen Monat später hat sie sich von den Grünen wiederwählen lassen – und macht mit dem „Green Deal“ entgegen aller Versprechen konsequent weiter.

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Ursula von der Leyen und Robert Habeck zeigen, dass Linnemann nur blubbert, wenn er von einer „nicht denkbaren“ Koalition der CDU mit den Grünen schwadroniert. Die beiden bilden bereits eine schwarz-grüne Koalition. Mit allem, was diese Konstellation so verabscheuenswert macht: der unsinnigen, ideologisch motivierten, bürgerfeindlichen Politik. Und mit der dazugehörigen Verlogenheit: In Brüssel setzt von der Leyen mit dem deutschen Geld im Rücken grüne Politik durch. In Berlin setzt sie Habeck um. Dabei versteckt sich von der Leyen hinter Habeck und Habeck hinter von der Leyen.

Es gibt noch einen Grund, warum Linnemann sein leeres Versprechen eigentlich ernst meinen sollte. Einen, den sein Parteifreund Boris Rhein geliefert hat. Der hatte im vergangenen Herbst in Hessen die Chance, nach der gewonnenen Wahl die bestehende Koalition mit den Grünen fortzusetzen. Doch er entschied sich, diese zu brechen und stattdessen mit der SPD weiterzuarbeiten. Weil der Ministerpräsident wusste, dass die grüne Politik Gift ist. Dass eine Partei leiden wird, die eine andere Partei in der Regierung hält, von der sich immer mehr wünschen, dass diese aus eben dieser verschwindet. Franziska Giffey (SPD) wusste das auch. Sie hat in Berlin sogar auf den Stuhl der Regierenden Bürgermeisterin verzichtet und sich freiwillig zur Wirtschafts-Senatorin degradieren lassen, nur um die Koalition mit den Grünen beenden zu können.

Die Grünen sind Gift. SPD und FDP schmecken es derzeit. Wenn es für die Sozialdemokraten so weiterläuft, holen sie 2025 ein Ergebnis, dass um 5 Prozentpunkte unter ihrem bisher historisch schlechtesten liegt. Der FDP droht der erneute Rauswurf aus dem Bundestag. Eine Mehrheit der Deutschen will die Grünen nicht mehr. Schon gar nicht eine Mehrheit der CDU-Wähler. Ein paar Seehofer-Tricks werden nicht reichen, um diese Mehrheit dazu zu bringen, es Merz und Spahn zu verzeihen, wenn sie 2025 die Grünen an der Macht halten. Diese Koalition sollte wirklich für sie „nicht denkbar“ sein. Doch sie ist nicht nur denkbar. Sie ist bereits Realität. Seit Merkel und aktuell mit Ursula von der Leyen.

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Kommentare ( 57 )

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Giovanni
1 Monat her

Das Bündnis mit den Grünen ist doch nur pures Affentheater. Natürlich wird die grüne Sekte nach heutigen Umfragen in der nächsten Koalition mitregieren.
Sollte die CDU 30% Wählerstimmen bekommen, braucht sie für eine Regierungsmehrheit die Grünen. Das wissen die Grünen, die sich zurücklehnen können. Dafür sorgt die Brandmauer gegen die AfD!!

Emsfranke
1 Monat her

Genau aus diesem Grund ist meine Wahlentscheidung noch einfacher geworden. Ich weiß nun ganz genau, welche dieser Karnavalistenvereinigungen niemals mehr dazu gehören werden, wenn ich über Wahlentscheidungen nachdenke.

Ombudsmann Wohlgemut
1 Monat her

Die Grünen sind zwar das größte Gift, aber die SPD ist nicht viel besser. Die Linken haben zum Glück kaum irgendwo etwas zu melden.

GefanzerterAloholiker
1 Monat her

Stimmt:  In Brüssel setzt von der Leyen mit dem deutschen Geld im Rücken grüne Politik durch. In Berlin hat sie Habeck.
Falsch: die Blackrocks des US Universum haben Gren und ESG längst abgeschossen. Selbst Diversity wird gecancelt. Die Laien und Kinderbuch Co-Autoren liegen völlig falsch. Falsch, falsch, falsch.

Juergen P. Schneider
1 Monat her

Die verblödeten CDU-Gewohnheitswähler in Westdeutschland werden den Grünen auch 2025 zu Regierungsposten verhelfen und damit den weiteren Niedergang Deutschlands unumkehrbar machen. Das Wahlvolk in Westdeutschland ist unbelehrbar und wird am Ende dumm aus der Wäsche schauen, wenn es bemerkt, wen es da erneut an die Macht gewählt hat. Diese Deppen glauben den Unionsgaunern auch weiterhin jede noch so unverschämte Lüge.

eschenbach
1 Monat her

Hat die Union nicht auf ihrem letzten Parteitag den Wiefereinstzin die Kernenergie beschlossen? Und haben sie nicht ganz andere Vorstellungen von Migrationspolitik als die Grünen? Solange die. Merkelianer nicht den Kanler stellen, wird es eine Koalition mit den Grünen nicht geben können.

Jens Frisch
1 Monat her

Eine Koalition von CDU und Die Grünen hat jetzt schon einen Spitznamen:
Avocado Koalition: Außen schwarz, innen grün, im Kern braun.

ludwig67
1 Monat her

Das schlimmste Label in der CDU ist wohl derzeit „konservative Hoffnung“. Das war zuerst Merz, bevor er den Kniefall vor Muttis Altar machen musste. Danach kam Linnemann, der nach vielen „kleine Paschas-Momenten“ nun ebenfalls ganz langsam zu linksliberalem Staub zerfällt.

Nein, in dieser CDU gibt -abgesehen vom Travestie-Konservatismus- keinen Fetzen konservatives Denken mehr. Mutti hat diesbezüglich komplett verbrannte Erde hinterlassen.

Für den konservativ-freiheitlichen Geist ist die CDU weder politische Heimat, noch Wahloption.

Nibelung
1 Monat her

Wer von den Schwarzen was anderes erwartet hat ist ein Träumer, denn schließlich war die ehemalige Kanzlerin der Liebling aller Grünen und die Transformation der CDU/CSU nach sozialistischem Muster ist ihr bestens gelungen, weil es darin schon immer linke Renegaten gab aus den beiden Kirchen heraus, was auch noch mit den Wünschen des US-Hegemons zusammenpaßt und damit war der Umbruch komplett und das wurde auch bestens über das Transatlantikertum gepflegt, wo dann am Ende die Sozialisten innerhalb der schwarzen Garde nach Kohl, das Ruder übernommen haben. Linnemann ist sozusagen wirklich der „Kubicki“ der Schwarzen, dessen einzige Aufgabe es ist die… Mehr

Wilhelm Roepke
1 Monat her

Sobald 2025 die Union den Kanzler stellen wird, werden noch einmal ein paar Dumpfbacken aufwachen, aber längst nicht genug. Es hat 5 Jahrzehnte gedauert, die Union von 1949 bis 1998 aufzubauen. Seit Merkel 2005 arbeiten sie am Niedergang, aber auch der wird 5 Jahrzehnte dauern. Knapp die Hälfte des Weges ist geschafft.