Die neuen alten Grünen: Zur Macht voran und haltet Schritt!

Robert Habeck und Annalena Baerbock inszenieren sich ganz neu, der Weg zur Macht soll verkürzt werden. Ihr rhetorisches Talent hält sich in Grenzen, dennoch sind sie auf der Zielgeraden.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Grüne Parteitage waren bisher immer so eine Sache. Eine Führung, wenn es so etwas überhaupt gab, versuchte möglichst den Kopf unten zu halten, zu groß war die Angst, dass ein Basisantrag hineinschneite, der die Rettung der stumpfschnäuzigen oberpfälzischen Purpur-Amsel zur obersten Prämisse grüner Politik erklärte, und zu deren Gunsten man VW verstaatlichen sollte. Die Aufmachung war meist in grün-schrill Friede-Freude-Eierkuchen gehalten, Kinderzeichnungen neben Sonnenblumen und Regenbögen, hinter der sich die Realo-Vorsitzenden verstecken wollten.

Heft 12-2020
Tichys Einblick 12-2020: Lockdown im Kopf
Dieses mal ist alles anders. Der Digitalparteitag ist inszeniert, dunkel ist der Raum, hell erleuchtet nur die Podeste, auf denen die Redner stehen. Sie haben die Headset-Mikrofone und also beide Hände frei zum Gestikulieren. Im Hintergrund moderne, schlichte Animationen, als Robert Habeck im grau-schwarzen Anzug so auf die Kamera zuläuft, die gekonnt zurückweicht, und so einen hyperprogressiven Dynamik-Efffekt zustande bringen will, wirkt alles so, als wolle Steve Jobs das neue iPhone vorstellen. Zwar etwas weniger geschickt, zwar nicht in Kalifornien, und statt eines neuen Technik-Wunders kriegen wir einen „1,5 Grad-Pfad“, aber immerhin, sie haben ihr Bestes gegeben. 

Das Motto lautet „Jede Zeit hat ihre Farbe“. Nun die letzten Farben, die für eine Zeit standen, waren Rot und Braun – aber das ist gar nicht das wirklich Bemerkenswerte daran. Denn mit diesem Motto hat auch eine Farbveränderung im Grünen-Logo eingesetzt. Das eigentlich symbolträchtige Pflanzen-Grün wurde verbannt und durch einen fast schwarzen, nur noch mit einem minimalen Grünstich versehenen Grundton ersetzt, auf dem neonartiges Mintgrün leuchtet – Farben, die es in der Natur nicht gibt, die mit der eigentlichen Öko-Symbolik nichts mehr zu tun haben. Der Parteitag ist glatt und durchgestylt.

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Sprache prägt das Bewusstsein – vom systemverändernden Kampf um die Köpfe
Es sind die neuen Grünen, die sich hier präsentieren wollen. Neobürgerlich, modern, professionell, auch wenn ihnen das nicht immer so gut gelingt. Annalena B. betritt die Bühne. Es ist eine Art Grundvoraussetzung für den Erfolg von Grünen-Politikerinnen, dass sie keine Schönheiten sind. Denn erst, wenn man seine optischen Makel demonstrativ zur Schau stellt, beweist man, dass man keine angepasste, unterwürfige Hausfrau ist, sondern eine echte Emanze. Doch bei Annalena ist es anders. Sicherlich ist sie kein Top-Model erster Güteklasse, doch kommt sie mit Kleid daher, geschminkt, gepflegt, und sie versucht, durchaus ihre Reize spielen zu lassen.

Die Männer unter Ihnen, liebe Leser, kennen es sicherlich, das magische Lächeln mancher Frauen. Es kann Berge versetzen und alles dahinschmelzen, es kann einen jeden Groll vergessen lassen. Manche Frauen haben diese wundersam wunderbare Gabe einfach. Analena Baerbock gehört nicht zu diesen Frauen, aber sie versucht es unentwegt.

In Ihrer Blabliblub-Zusammenhalt-Rede reiht sich ein Sprachpatzer an den anderen, in der für sie üblichen, merkwürdig sympathischen Art und Weise. Sie spricht von „hunderte Milliardende von Euro“, „Wir müssen jetzt ins kommen“ …viel zu lange Nachdenkpause … „machen kommen“. Ihre Betonung ist unnatürlich und überzogen. „Jetzt“ ruft sie verloren in die Kamera. Nach ihrem Eingangssatz, in dem sie das Farb-Motto zitiert, scheint sie schon den Faden verloren zu haben und kratzt sich rätselnd an der Nase. Sie wirkt wie die perfekt vorbereitete Musterschülerin, die die mündliche Abiturprüfung dennoch verhaut. Ihre Rede ist auswendig gelernt, sie verschluckt die Silben literweise. Als sie husten muss und ein Glas Wasser gereicht bekommt, merkt man, dass sie emotional null anwesend ist, statt eines Witzes oder Kommentars, rezitiert sie nahtlos ihren Referattext. Doch Annalena lächelt, lächelt und lächelt einfach immer weiter.

Habecks Großes Rad:
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Robert Habeck steht ihr in Sachen Rhetorikausfällen in nichts nach. Auch er reiht emotionslos Phrasen aneinander, versucht sich dabei aber zu gebärden, als würde er gerade im Oval Office einen Krieg erklären. Völlig zusammenhangslos ballt er die Faust und schlägt sie sich halb gegen die Brust, versucht einen eindringlichen Blick zu wahren und seine Körperhaltung, die nicht so ganz natürlich sein will, irgendwie dazu zu bewegen, das gesprochene Wort zu retten. Irgendwann brechen alle Dämme, er brüllt in die Kamera irgendwas von der „Krimakllbmncx“.

Altes in neuen Farben

Doch Habeck und Baerbock demonstrieren trotz aller Patzer ihre Macht und natürlich sind sie dennoch eloquenter als die meisten anderen Grünen oder CDUler, die Messlatte in Deutschland liegt relativ niedrig.

Die neuen Realpolitiker haben die Fundi-Sonnenblümler und Alt-Maoisten der Partei besiegt. Allen voran Jürgen Trittin, der darf nicht mal mehr die 2., 3. oder 4. Geige spielen, sondern maximal noch die Triangel. Sein Abstieg vom flammenden proletarischen Weltrevolutionär beim Kommunistischen Bund zu Mr. Dosenpfand setzt sich nahtlos fort. Auf diesem Bundesparteitag darf er gerade noch per Video zugeschaltet eine Rede gegen Volksabstimmungen und für „Bürger*innenräte“ halten. Seine Technik versagt und sichtlich gereizt schlägt er irgendwann auf den Tisch und brüllt völlig entgeistert „OCH MANN“. 

Die Grünen wollen zur Macht. Das Tollhaus soll zur Leiter gestanzt werden. Der große Kinderbuch-Philosoph Habeck – und da ist er auf seine Weise rhetorisch dann doch begabt – bringt es auf den Punkt: „Macht – das ist unserem Kosmos oft ein Igitt-Begriff gewesen. Aber Macht kommt ja von machen.“

Sollten Sie Hoffnung haben, dass die Grünen moderater werden – da werden sie enttäuscht, das haben die Grünen gar nicht nötig. Ja sie nennen es nicht mehr 1,5 Grad-Ziel sondern 1,5 Grad-Pfad. Sie streiten ein wenig mit Luisa Neubauer. Aber es soll nur der annehmbare Anschein gewahrt werden. Die CDU soll ihren Wählern erzählen können, dass die Angetraute schon katholisch und aus gutem Hause ist, damit die Romanze ihren ungezügelten Lauf nehmen kann. 

Annalena bringt auch etwas auf den Punkt: „Fürchtet euch nicht, diese Klima-Revolution ist in etwa so verrückt wie ein Bausparvertrag. Das Wirtschaftssystem neu aufzustellen, bedeutet keinen Umsturz, sondern ist purer Selbstschutz.“
Es geht nach wie vor um die Revolution, die die Marktwirtschaft stürzen soll – nur diesmal in neuen Farben und mit der organisatorischen Präzision eines schwäbischen Bankkaufmanns.

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Kommentare ( 40 )

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Peter Gramm
3 Jahre her

Liebe grüne Geisterfahrer um 1 m³ Beton herzustellen braucht man „Für die Herstellung von 1 m³ Beton werden 2.775 MJ Energie benötigt. Diese Energie stammt hauptsächlich aus der Verbrennung von Öl, das CO2 erzeugt. 2,775 MJ Energie und wird von 0,37 Barrel Öl produziert.“ Für die Erstellung von einem Windrad benötigt man 700 m³ Beton. Wenn man aber Kobolde in Batterien erkennt und Strom in Netzen speichert kann man auch diese Realitäten vernachlässigen. Übrigens, für den Strom der in Batterien benötigt wird braucht man Lithium. Dessen Gewinnung belastet das Grundwasser in den Herkunftsländern. Frau Baerbock ihre auswendig gelernten Reden sind… Mehr

derAlte
3 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Bitte, könnten Sie mir vermitteln, was Sie mit den 700m³ Beton am Windrad vorhätten?

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  derAlte

Einen Sockel bauen, damit das Windrad festen Halt hat, um sich überhaupt drehen zu können.
Diese Sockel bleiben wie die Bunker an der französischen Küste auch dann, wenn das Windrad längst wieder abgebaut ist – und die Propeller sich wegen des Gemischs aus verschiedenen Plastikteilen wenn überhaupt nur schwer recyceln lassen.

Peter Gramm
3 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Sie haben völlig recht. Die Grünen interessiert dies aber nicht. Weil es grünen Hirnen entsprungen ist, ist es eben immer gut. Egal welche Schäden dadurch angerichtet werden. Grün ist halt immer gut, meinen sie. Die Grünen erinnern mich immer wieder an eine Sekte. Warum nur?

Peter Gramm
3 Jahre her
Antworten an  derAlte

Gerne. Ein Windrad steht auf einem Fundament und dieses ist aus Beton dessen Kubus ca. 700 m³ beträgt. Bei einer Nabenhöhe von ca. 200 m braucht man schon ein stabiles Fundament. Winrädchen am Stil gibt es nur auf Volksfesten.

A_Hussain
3 Jahre her

Dem Autor gelingt, was viele nicht schaffen würden: einen Parteitag der Grünen zu kommentieren und den Humor nicht zu verlieren. Beim Lesen des Artikels musste ich spontan an Kermit und seine Flamme aus der Muppet-Show denken. Wobei mir Kermit und Miss P. sympathischer sind als RH und AB. Was wohl die beiden Alten auf der Loge zu der Inszenierung sagen würden?

Por La Libertad
3 Jahre her

Hab´mal kurz in die Rede von Bärbock reingehört.
Dilettantismus und Unfähigkeit steht ihr ins Gesicht geschrieben.
Keinerlei Überzeugungskraft, vollkommen unseriös wirkend.
Nicht einmal irgendein schauspielerisches Talent erkennbar.
Wer fällt auf so etwas rein?

Meykel
3 Jahre her

Es war von Anfang an nicht zu verstehen, warum diese Partei „Die Grünen“, die doch die Emanzipation der Frau so vehement fordert, auf diese Koran- Religion so extrem abgefahren ist. Damit hat sich diese Partei disqualifiziert. „Die Grünen“ haben sich damit ein neuerliches Mal (siehe Kinderschändung, Kindesmissbrauch!) als nicht regierungsfähig herausgestellt. Alles das, was jetzt im Bereich Kriminalität, Tötungsdelikte, Vergewaltigungen, Terrorismus, Sicherheit, aber auch Zugriff auf die Sozialsysteme stattfindet, haben diese naiven Gutmenschen verursacht, und sie müssen auch die politische Verantwortung dafür übernehmen. Die anderen Parteien, CDU, SPD, Die Linke haben in der Migrationskrise keinen eigenen Weg entwickelt, sondern sind… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Meykel
Wolf Koebele
3 Jahre her

Schade, ein passenderes Bild – Robert und Annalena prosten sich mit Wodka zu – zeigt die unglaubliche Spießbürgerlichkeit dieses „Führerduos“ in größter Deutlichkeit. Auf Ihrem Titelfoto fehlt die Atmosphäre.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Wolf Koebele

Och – entweder Mitte 60er in der BRD oder 89 in der DDR, da war das so. Sie reden von „grün“ und sitzen vor „braun“. Dann noch mit den „Familienfotos“ an der Tapetenwand – was diametral anderes verspricht, als sie erzählen. Mich schreckt das.

Waehler 21
3 Jahre her

Gerade noch im Focus online gelesen. Daimler baut massiv stellen ab. Die einzig sicheren und gut bezahlen Posten sind in der Politik, Asylbereich und im Subventionsumfeld der Regierungsmaßnahmen.
Habeck hat’s erkannt! Durch Deutschland geht ein Riss.

Auswanderer
3 Jahre her
Antworten an  Waehler 21

Das Problem ist aber auch, das man schon heute und in Zukunft immer mehr keine Nachfolger für die Technikerjobs bekommt. Mein Job wurde nach meinem Renteneintritt vor einem Jahr nicht ersetzt. Der wurde aufgeteilt zwischen den Filialen in Spanien und Sao Paulo! Man findet hier niemanden, der das einigermassen kann. Dann nimmt man gleich die billigere Variante vor Ort. Damit sind dem Staat weitere Steuereinnahmen verloren gegangen und die Rentenversicherung muss meine Rente zahlen. In der Bilanz negativ für Deutschland! Und ich bin einer von 1000en!!!!!

einteilvonjenerkraft
3 Jahre her

Die heutigen Grünen sind lediglich die Ausgeburt unseres Zeitgeistes. Ich selbst bin Jugendlicher und sehe es an meinen Freunden mit welcher Benommenheit sie sich auf Links-Grün trimmen lassen. In den meisten Gesprächen halte ich mich mit meiner Meinung zu Klima, Migration und Kapitalismus zurück um die Stimmung an Treffen oder Feiern nicht zu vermiesen. Manchmal bricht es jedoch trotzdem aus mir raus und ich versuche offen und vorurteilsfrei eine Diskussion zu einem beliebigen Thema zu starten. Schockiert stelle ich dann häufig fest wie verblendet und arrogant meine Diskussionsteilnehmer häufig sind. Insbesondere Frauen versuchen mich mit auswendig gelernten Sätzen von der… Mehr

Delegro
3 Jahre her
Antworten an  einteilvonjenerkraft

Sehr schön zu lesen. Ich bin da voll bei Ihnen. Gegen diese Ideologie kommt man kaum noch an. Argumente und Fakten zählen nicht und werden nicht zugelassen. Wenn diesen Kidis die Fakten ausgehen (und das geschieht sehr schnell), kommt eben die ganz große Keule (Rassisten, alte Säcke die der Jugend die Zukunft nehmen etc.pp). Es fehlt die Lebenserfahrung! Es fehlen die negativen Erfahrungen! Wohlgepampert und von den Eltern durchgefüttert demonstriert es sich eben ganz ungeniert. Eine ganze Generation von „Fehlgeleiteten“. Sie sind da eine echte Ausnahme! Machen Sie weiter so und gehen Sie den Diskussionen nicht aus dem Weg. Kostet… Mehr

Auswanderer
3 Jahre her
Antworten an  einteilvonjenerkraft

Sie sollten Sprachen lernen! Irgendwann muss man abhauen. Ich bin zwar gerade Rentner geworden, aber habe schon die letzten 10 Jahre daran gearbeitet mir ein zweites Standbein in Bezug auf Wohnung aufzubauen. Wir haben gerade 28 Grad C. Und es ist Winter! Ich bin auch gerade dabei hier weit weg ein zweites Einkommen aufzubauen! In ca. 6 Monaten ist es soweit, dass regelmässig die Unterhaltskosten lokal erwirtschaftet werden!

Jonas J
3 Jahre her
Antworten an  einteilvonjenerkraft

Ähnliche Erfahrungen gemacht. Merke aber auch am Campus, dass Nichtlinke einfach aus Angst die Klappe halten. Man möchte ja nicht ausgestoßen werden. Schade eigentlich, weil Linke wie Rechte durchaus genügend im Kopf haben, um auf Basis neue Ideen zu kommen.

Waehler 21
3 Jahre her

Wer weiter Wälder abhackt, Felder betoniert, das Regenwasser nicht versickern läßt und dann erklärt es gibt nur einen Schuldigen für die Erderwärmung. Der ist ein Rattenfänger oder blöd. Ja kein Zusammenhang mit der Überbevölkerung herstellen.
Die Klimagase sollen es sein. Wohlgemerkt Plural. Denn von diesen Gasen wird nur ein Gas mit Billiarden bekämpft.

Auswanderer
3 Jahre her
Antworten an  Waehler 21

Und diese Klimaangsthasen glauben, dass die anderen und vor allem die, die hierher kommen demnächst mit dem Fahrrad fahren? Für jeden PKW den wir hier Stillegen werden draussen in der weiten Welt 5-10 neue in Betrieb genommen! Gleiches gilt für die Kohlekraftwerke!

Kaltverformer
3 Jahre her

Die Grünen stehen nur dort wo sie stehen, weil sie die Medien mit ihren Parteigängern okkupiert haben.
Hätten wir noch tatsächlich Journalisten, die diese Bezeichnung auch verdienen, die den täglichen Schwachsinn hinterfragen würden, dann würden die Grünen schon lange auf das reduziert sein, was sie sind: Eine ideologisierte, linksfaschistische Minderheit.

Ursula Schneider
3 Jahre her

Ein wirklich köstlicher Beitrag von Air Türkis! Voller Witz, feinem Spott und kundiger Einfühlung in „grüne“ Seelen, die endlich als Macher zur Macht wollen. Dazu ein wahres Feuerwerk an treffenden Vergleichen, kabarettreifen Szenen und Angriffen auf die Lachmuskeln – von der Rettung der stumpfschnäuzigen, oberpfälzischen Purpur-Amsel über Trittins Abstieg vom flammenden proletarischen Weltrevolutionär zu Mr. Dosenpfand bis zu Annalenas „Blabliblub-Zusammenhalt-Rede“ mit bemühtem Dauerlächeln …
Einfach klasse – jeder Satz ein Treffer – großes Kompliment!