Die nächste Meldestelle kommt bestimmt

Der Beauftragte Nr. 40 der Bundesregierung ist im Anmarsch. Diesmal soll es ein Polizeibeauftragter werden, der die Bundespolizei kontrolliert. Der ist so unabhängig wie ein Neugeborenes von der Muttermilch.

IMAGO / Funke Foto Services
Berlins erster Polizeibeauftragter Alexander Oerke, fotografiert am 05.August 2022.

Die Berliner Zeitung berichtet davon, dass ihr der Entwurf der Ampelregierung zu einem Polizeibeauftragtengesetz vorliegt. Darin soll eine Anlaufstelle für Beschwerden geschaffen werden. In Deutschland soll zwar ein Fachkräftemangel herrschen, das trifft jedoch nicht auf das Beauftragtenwesen zu. Allein die Bundesregierung beschäftigte im Jahr 2018 immerhin 39 Bundesbeauftragte. Hinzu kommen die vielen Ernannten in den Ländern, bis hin zu den Kommunen, die sich sogar „Fahrradbeauftragte“ leisten. Im Land Brandenburg beispielsweise wurde eine langjährige SPD-Abgeordnete in das Amt gewählt, die vor ihrer Politikerzeit als Krankenschwester und Pflegekraft gearbeitet hat. Die Chance auf eine externe autarke und unbelastete Person wurde damit vertan. Nicht nur zufällig gehört der märkische Ministerpräsident ebenfalls der Sozialdemokratie an.

Zu gern wird von „unabhängigen“ Polizeibeauftragten in Deutschland gesprochen. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt äußert unter anderem:

  1. „Der Polizeibeauftragte ist keine harmlose ‚Beschwerdestelle‘, sondern eine politisch gelenkte Ermittlungsbehörde, in der sämtliche Schutzrechte für Beschuldigte PVB entfallen.“
  2. „Der PB ist niemals ‚unabhängig‘, sondern von der Mehrheit im Parlament gewählt, er kann sofort wieder gefeuert werden. Deshalb wird er bei seinen ‚Ermittlungen‘ zu politisch gewünschten Ergebnissen kommen.

Dem muss man zustimmen. Es ist nun jedoch auch nicht so, dass es in der Polizei in manchen inneren Bereichen keine erheblichen Defizite gäbe. Die Behörden halten selbst eine ganze Reihe von haupt- und nebenamtlichen „Beauftragten“ vor, die bisher immer dadurch aufgefallen sind, weniger die Interessen und Rechte einzelner betroffener Beamter vertreten zu haben, sondern ausschließlich die der Behördenleiter. Das ist immer gut für deren Karriere und meistens schlecht für die, die sich Unterstützung erhofft hatten.

Wer als betroffener Bürger glaubt, durch einen der Polizeibeauftragten zu seinem Recht zu kommen, der sollte nicht zu viel Hoffnung in dieses Amt investieren. Es sei denn, er spielt einigen Politikern in die Karten, um damit ein negatives Pauschalurteil gegen die gesamte Polizei herbeizureden. Siehe ein unten genanntes Beispiel aus Berlin.

Demgegenüber stehen hochgejazzte „polizeiliche Einsatzprobleme“, die allesamt als Bettvorleger gelandet sind: Bei gewalttätigen Ausschreitungen durch Linke wuchsen die immer selben Akteure aus SPD, Linken und Grünen über sich hinaus. Aus Ungelernten und Fachfremden wurden urplötzlich Einsatzspezialisten für Großlagen, die die Polizei verurteilte, währenddessen es bei anderen Demonstranten gar nicht hart genug zugehen konnte.

Dieselbe Hoffnungslosigkeit dürfte auch auf die nicht wenigen Polizeibeamten zutreffen, die innerhalb ihrer Einrichtungen an eine unüberwindbare Wand aus Schweigen, Abwehr, Hierarchie und Behördendschungel stoßen, die es unmöglich macht, Konflikte zur beiderseitigen Zufriedenheit zu lösen und ihre Rechte durchzusetzen. Böse Zungen behaupten, so etwas würde es tatsächlich geben.

Der Triumph des Misstrauens

Aber auch für die anderen Polizeibeamten sieht es nicht gut aus. Misstrauen der Regierung bestimmt die Agenda des Gesetzesentwurfs. Die Berliner Zeitung berichtet: Der Polizeibeauftragte des Bundes soll „alle Dienststellen und Räumlichkeiten der Polizei auch ohne Voranmeldung betreten dürfen, sollte das für seine Tätigkeit notwendig sein. Behörden und Gerichte wären dann verpflichtet, dem Beauftragten alle Dokumente und Akten auszuhändigen, die er verlangt. Der Beauftragte soll laut Gesetzentwurf unabhängig von etwaigen Straf- oder Disziplinarverfahren tätig werden dürfen. Er könnte also selbst dann aktiv werden, wenn die Staatsanwaltschaft noch zu dem Fall ermittelt.“

Offensichtlich orientiert man sich dabei an der Vorgehensweise des Landes Berlin: Dort sprach die GdP bereits in einem laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren von einer neuen Paralleljustiz. Die BZ schreibt: „Der Bürger- und Polizei-Beauftragte des Landes, Alexander Oerke, verschickte am 28. September Briefe an drei beteiligte Beamte. Unter der Überschrift ‚EILT! Anhörung‘ wird den Polizisten mitgeteilt, dass er die ‚näheren Umstände des Todes‘ untersuche. Zur weiteren Aufklärung ist eine persönliche Anhörung Ihrer Person beabsichtigt‘. Am 5. Oktober sollten sich die Beamten bitte um 11 Uhr in seinem Büro einfinden. Ohne Unterschrift und ohne Rechtsbelehrung landeten die Vorladungen bei den Betroffenen.“ Im offenkundigen übereifrigen Jagdfieber hatte es der Beauftragte „vergessen“, die Polizeibeamten darauf hinzuweisen, dass sie ausdrücklich nicht verpflichtet sind, dieser Vorladung zu folgen. Weitere Hintergründe zum „Todesfall Mutombo“ lesen Sie hier.

Zum Vorhaben der Bundesregierung hagelt es Kritik: Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag Alexander Throm (CDU) „sieht in dem Gesetzentwurf ein eindeutiges Zeichen des Misstrauens gegenüber unseren Sicherheitsbehörden“. Seine Devise lautet: „Rückendeckung statt Gegenwind für unsere Polizisten“.

Selbst die SPD-freundliche GdP äußert sich durch ihren Vorsitzenden der Bundespolizei Andreas Roßkopf zu den Plänen. „Die Polizeibeamten nehmen die Pläne als Generalverdacht der Politik gegen die Polizeibehörde wahr.“

Rainer Wendt bringt es auf den Punkt: „Darin manifestiert sich das tiefe Misstrauen der Regierung gegen die eigene Polizei. Die Stelle ist in Wahrheit eine Paralleljustiz, die sich nur gegen die Polizeien des Bundes richtet.“

Immer mehr Polizeibeamte kündigen ihren Job

Bis zum 30. September dieses Jahres haben allein in Rheinland-Pfalz 30 Polizeibeamte gekündigt. 2013 waren es im gesamten Jahr lediglich 13 gewesen. Es soll sich vor allem um junge Polizisten handeln. Die „Chancen“ stehen durch dieses erneute Misstrauensvotum „gut“, dass diese Zahlen in Deutschland weiter ansteigen. Jedenfalls, wenn die Politik durch immer neue gesellschaftlich einschneidende Entscheidungen dafür sorgt, dass die eingesetzten Polizisten kaum noch aus den Stiefeln kommen. Wenn man die Ursachenforschung für diese Kündigungswelle betreibt, kommt man schnell zum springenden Grund. Thomas Meyer, Landesvorsitzender der DPolG, spricht unter anderem davon, dass sich immer mehr Polizeibeamte durch die herrschende Politik „im Stich gelassen“ fühlen. Er ergänzt: „Der inneren Kündigung folgt zwangsläufig die formale Kündigung.“

Das ist in anderen Berufen ähnlich. Wenn das Gerüst aus Verantwortlichen nicht hinter seinen Mitarbeitern steht, verschlechtert das die Arbeitsatmosphäre. Jeder kann die Uhr danach stellen, um zu beobachten, wie die Krankenausfallzeiten sowie Kündigungen steigen. Da nützen auch auf die Dauer das „schöne Gehalt“ nichts und die vielen Hochglanzprospekte, die für neue Bewerber das Blaue vom Himmel versprechen. Der Arbeitsfrust steigt und bevor die Betroffenen irreparabel krank werden, erfolgt die Flucht aus den toxischen Umständen. Gerade jungen Polizeibeamten sind heutzutage Tür und Tor in anderen lukrativen Aufgabenfeldern weit geöffnet.

In einem Beruf zu arbeiten, in dem herrschende Teile der Politik den Polizeibeamten ständig mehr Probleme bereiten, die Verursacher jedoch ständig mit dem ausgestreckten Finger auf die vorgeschickten „Problemlöser“ durch einen Generalverdacht bis hin zur geplanten Beweislastumkehr zeigen, hält auf die Dauer nicht jeder aus.

Es ist davon auszugehen, dass das auch den Verfassern des Gesetzesentwurfs bekannt ist. Kollateralschäden werden billigend in Kauf genommen. Vielleicht sollte die Polizei einen „Politikerbeauftragten“ einführen, auf einen mehr oder weniger kommt es in dieser Zunft auch nicht mehr an.

Steffen Meltzer ist Autor des Buches „Ratgeber Gefahrenabwehr“ und Herausgeber „Die hysterische Republik“


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Kommentare ( 21 )

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Evero
1 Jahr her

Ich seh‘ es schon voraus. Sehr bald kommt das Ermächtigungsgesetz und die Wahlen werden ausgesetzt. Anders wird sich die DDR-Blockparteiencombo vor der 180-Gradwende der Politik in Berlin nicht mehr retten können.
Aber wer sich ideologisch so verrannt hat und nur noch schwarz und weiß erkennt, der neigt zu solchen totalitären Durchbrüchen.
Die AfD zieht als plakativer Bösewicht bei der Bevölkerung immer weniger, um euch den Arxxx und die Macht zu retten.

In memoriam:
Montagsdemonstrationen gegen das sozialistische DDR-Regime 1989 und die Demonsteationen und den Zusammenbruch der Biodiktatur nach Lebensmittelengpässen in Sri Lanka im Jahre 2022.

Last edited 1 Jahr her by Evero
eifelerjong
1 Jahr her

Mein Vorschlag:
Einen Beauftragten für Beschwerden über die Bundesregierung.
Dito je Bundesland einen, um sich über die jeweiligen Landesregierungen zu beschweren.
Selbstverständlich, mit „Beweislastumkehr“

Brauer
1 Jahr her

Orwell 1984 live und in Farbe. Dystopia lebt!

Farbauti
1 Jahr her

Kontrolleur, ein Beruf mit Zukunft. Künftig in allen Berufssparten.
MfG ihre Ampel

Evero
1 Jahr her
Antworten an  Farbauti

Völlig richtig. Achten Sie bitte einmal darauf. Die Sozis und die Grünen sind die Parteien, die die Kontrollbürokratie extrem hochgefahren haben. Sie schaffen vor allem oben lukrative Kontrollstellen, statt unten in der Produktion für die Sicherstellung der Prozesse zu sorgen.Es ist teuere, pure Symbolpolitik mit den Biolabels, mit den Gremien, die einen Kontrollwasserkopf generieren, der von allen bezahlt werden muss. Das Ergebnis ist, dass die Kleinen aufgeben, weil sich der Aufwand nicht lohnt und die großen Player (im Fall Bio die mit dem niedrigsten EU-Bio-Standard und Importwaren) die Gewinner sind. Özdemir will ja Deutschland auch zu einem zweiten Sri Lanka… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Evero
HRR
1 Jahr her

Ich plädiere dafür, einen neuen Beauftragten zu beauftragen, die Zunahme von Beauftragten, die epidemische Ausmaße angenommen hat, wo immer möglich, abzubauen, zumindest einzugrenzen oder besser ganz. zu verhindern. 

Evero
1 Jahr her
Antworten an  HRR

Nee, nee. Es ist doch schlau von der Buntenregierung die Regierung an Beauftragte zu delegieren. Schon Pilatus hat sich so die Hände in Unschuld gewaschen.

flo
1 Jahr her

Man soll ja in der modernen Einwanderungsgesellschaft gegen niemanden einen Generalverdacht haben, gegen Muslime oder „Geflüchtete“ schon gar nicht. Der derzeitige Boom der „Meldestellen“ (Hass-und-Hetze-Initiativen, Antifeminismus, vier Meldestellen zu queerfeindlichen und rassistischen Vorfällen im Land NRW, Antidiskriminierungsstellen …), jetzt also eine Anlaufstelle für Beschwerden zur Polizei, dürfte aber sehr wohl auf einen Generalverdacht hinauslaufen. Wer meint, von der Polizei nicht korrekt behandelt worden zu sein, kann doch auch jetzt schon Anzeige erstatten. Hier wird augenscheinlich eine neue Paralleljustiz etabliert. Und wo es eine Beschwerdeinstanz gibt – das ist ein psychologisch-politisches Gesetz – , folgen … Beschwerden. Anzunehmen ist vor allem, dass… Mehr

Klaus Kabel
1 Jahr her

Die Nr. 40 erinnert mich vom Habitus (aus der Mode gekommener Mittelscheitel, Wagenradbrille – typisch für stehengebliebene Altlinke) an manchen Dummschwätzer, den ich als Dozent in meinen Fortbildungen erlebt habe. Diese zeichnen sich in der Regel durch viel Geschwätz und wenig Handlung aus, da sie eigentlich nichts können, diesaber mit vielen hohlen Phrasen zu kaschieren versuchen.

Last edited 1 Jahr her by Klaus Kabel
JuergenR
1 Jahr her

Wenn eine junge Polizistin, die gegenüber Coronademonstranten mit ihren Händen ein Herz formt, danach von Politikern und Vorgesetzten überaus rüde behandelt wird, muß man sich über eine allgemeine Dienstverdrossenheit bei der Polizei nicht wundern.

Bernd Bueter
1 Jahr her

Die Bundesländer kriegen ihre polizeilichen Nachwuchsklassen nicht mehr voll, trotz total gesenkter Anforderungen. Ich rate jedem ab, der sich bei mir erkundigt, sich in die Fänge der SPG/GdP-Polizei zu begeben. Bis in die kleinste Dienststelle haben Parteibuchhörige das Sagen. Aus Verfassungsrecht ist längst Parteirecht geworden. Grundrechte, FDGO, ja die gesamte Rechtstaatlichkeit spielt keine Rolle mehr. SPD Polizeipräsidenten, eigentlich mal als politische Beamte zur Neutralität verpflichtet, hetzen in NI offen gg die AfD und setzen Grundrechte ausser Kraft, um Parteigefällig zu sein. Diese Verfassungswidrigkeit tragen sie in ihre Behörden, belohnen die Mitmacher (Karriere-Analzäpfchen) und bringen die wenigen Neinsager zum Schweigen. Leichte… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Bernd Bueter
Evero
1 Jahr her
Antworten an  Bernd Bueter

Die Bundeswehr wurde auch nach Patrioten durchforstet, die willens waren, die Deutschen zu verteidigen. Die hat man als rechtsextrem verortet und entfernt.
Der Linksstaat scheitert gerade. Ist das schön!

kb
1 Jahr her

Ich finde es interessant, dass ich die selbsternannten Datenschützer z.B. wie der Herr Beckedahl etc. WAs geschieht den mit den Denuziantendaten?

Evero
1 Jahr her
Antworten an  kb

Die Daten werden in Stein gemeißelt und gesichert, damit jeder weinerliche Tropf nach 3000 Jahren noch erfahren kann, wie damals die Sozialisten wirksam für Unterdrückung der missliebigen Wahrheit gesorgt haben.