Die Mitschuld der Lauwarmen

Der skandalöse Kampf zwischen der Italienerin Angela Carini und einem biologischen Mann ließ viele Zuseher erschrecken. Doch viele von uns haben mit lauwarmem Opportunismus dazu beigetragen, dass die Welt zu einem Ort wurde, an dem eine solche Farce möglich ist.

picture alliance / ZUMAPRESS.com | Ciro Fusco

Die Bilder der verzweifelten Angela Carini gingen um die Welt, ihre noch im Ring geäußerten Rufe, der Kampf gegen einen Mann sei unfair, wurden zum ikonischen Schnappschuss des anno 2024 regierenden Wahnsinns. Eine Frau wurde, im Namen der Gleichberechtigung, vor versammelter Weltöffentlichkeit der Prügel eines biologischen Mannes preisgegeben und weite Teile von Medien und Politik wagten es nicht, das Unrecht beim Namen zu nennen.

Bis auf natürlich all jene ohnehin bereits Geächteten, die bereits zuvor aus dem Kreis der Gerechten ausgeschlossen wurden, da sie diese oder jene geistige Verrenkung nicht mitgemacht haben. Joanne K. Rowling, berühmt für ihre Harry Potter Romane, z.B. wurde bereits vor Jahren zur Unperson erklärt, als sie den Schritt der permanenten Emanzipationsbewegung zur Gleichsetzung von Transpersonen zu echten Frauen nicht mitmachte. So war es ihr ein Leichtes, den jetzigen Skandal beim Namen zu nennen, nämlich dass Carini im Boxring auf einen Mann traf.

Ähnliche Reaktionen liest man nun vermehrt. Die Empörung darüber, wie es so weit kommen konnte, ist zwar echt, aber nicht immer ehrlich und reflektiert. Denn dass die Emanzipationsbewegung der Frau ausgerechnet damit an ihr Ende gelangt, dass Frauen nun im Boxring von Männern erniedrigt werden, entbehrt zwar nicht einer bitteren Ironie, ist aber vor allem nur das konsequente Ende der slippery slope, also der schiefen Ebene, vor der manche bereits vor Jahrzehnten warnten.

Denn ab dem Zeitpunkt, an dem Wahrheiten zugunsten von Gefühlen aufgegeben wurden, wurde der Grundstein für die 46 Sekunden der Schande im Pariser Boxring gelegt. Wer die grundlegenden Unterschiede zwischen Mann und Frau in Zweifel zog, weil es zu jenem Zeitpunkt bequem war zu behaupten, es gäbe nichts, was Männer könnten, das Frauen nicht genauso gut beherrschten, der trägt Mitschuld an jenem Abgleiten auf der schiefen Ebene, das zum Eklat von Paris führte. Gleiches gilt für all jene, die zur Aufweichung des Ehebegriffs beigetragen haben, als sie die komplementäre Ehe zwischen Mann und Frau gleichsetzten mit jeder erdenklichen Form einer längeren Beziehung zwischen allen und jedem.

Die Lauwarmen: opportun, konfliktscheu und mitschuldig

Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass die Schuld dafür alleine bei den ideologischen Vordenkern dieser Irrungen lag. Falsche Propheten und ideologische Blender gab es immer, ebenso wie einen fanatischen Kern von Anhängern solcher Ideologien. Doch keiner dieser Bewegungen wäre es je gelungen, gesellschaftlich Fuß zu fassen, ohne die Mithilfe all jener Lauwarmen, die aus Bequemlichkeit, Opportunismus oder Hedonismus manche Lügen durchgewinkt haben, anstatt deutlich Opposition zu beziehen.

Bereits Dante wies diesen Personen in seinem Inferno einen besonderen Platz zu, nämlich jenen zwischen dem Höllentor und der Hölle selbst, da weder der Himmel noch die Hölle diese Seelen wirklich haben wollten. Wer – wie eben diese Lauwarmen, die laut Dante „weder heiß, noch kalt“ waren – denkt, damit eigentlich ganz glimpflich davon käme, der sei gewarnt, denn auch diese Seelen werden für ihre Unentschlossenheit auf ewig von Mücken und Wespen gepiesackt.

Die Vorlage, dass wer an Himmel und Höllenstrafen ohnehin nicht glaubt, eben genau in diese Kategorie fällt, ist zwar einfach zu verwandeln, löst die Problematik aber nicht. Denn nicht nur die skandalöse Farce im Boxring, auch viele andere gesellschaftspolitische Entgleisungen der Gegenwart durchliefen zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Moment, an dem viele jener, die sich nun empören, bestimmte Grenzverschiebungen mit einem lapidaren „dann sollen sie halt“ ermöglichten, oder gar aktiv beförderten, da sie zum eigenen emanzipatorischen Vorteil gereichten.

Die unangenehme Reflexion eigener Privilegien

Denn es ist zu einfach, sich aus der Verantwortung zu nehmen, nur weil das einem selbst bequeme Maß an Dekonstruktion überschritten wurde. Wer sich mit dem Teufel ins Bett legt, um die natürliche Ordnung zu dekonstruieren, ist bestenfalls naiv, wenn er glaubt, sich mit einem „das habe ich so nicht gewollt“ herausreden zu können.

Es ist billig, sich über Mißstände zu empören, ohne aber deren Wurzeln in gewissen eigenen Privilegien zu hinterfragen. Viele Frauen haben mehr oder weniger bewusst vom Feminismus profitiert, als es darum ging, selbst Karriere zu machen, und erkennen nun mit Schrecken, dass der Feminismus seinem Wesen nach eben keineswegs das Wohl der Frau im Fokus hat, sondern nichts anderes ist als der neueste Anstrich sozialistischer Bewegungen, die die Dekonstruktion der natürlichen Ordnung zum Ziel hat. Ähnliches gilt für all jene verblendeten Männer, die konfliktscheu ihre eigene Bequemlichkeit über die Wahrheit stellten, in der Hoffnung, damit womöglich beim anderen Geschlecht punkten zu können.

Die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Pfad der natürlichen Ordnung verlassen wurde, ist ebenso wichtig wie unangenehm. Sie zwingt zu konsequenter Hinterfragung vieler moderner Selbstverständlichkeiten, die jahrzehntelang ein scheinbar harmloses Dasein fristeten, bevor sie sich nun als elementarer Baustein der jetzigen Eskalation offenbarten. Dies mit letzter Konsequenz zu hinterfragen, ist den Lauwarmen – entsprechend ihrem Naturell – ein Graus. Dennoch muss es getan werden. Denn frei nach Niemöller sei den Lauwarmen ins Stammbuch geschrieben:

Als sie die tradierten Rollenbilder von Mann und Frau abschafften,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Christ.

Als sie mittels Quotenregelungen Männer im Berufsleben benachteiligten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Mann.

Als die Pille die Sexualität von der Fortpflanzung loskoppelte,
habe ich geschwiegen,
ich war ja nicht frigide.

Als ein Mann eine Frau vor laufenden Kameras verprügelte,
gab es keinen gesellschaftlichen Konsens mehr,
der das verhindern konnte.

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Kommentare ( 79 )

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79 Comments
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Soistes
1 Monat her

Immerhin wurde jetzt bewiesen. Frauen brauchen Männer, um sie vor anderen Männern zu beschützen. (selbst wenn diese anderen Männer Schwächlinge unter ihren Geschlechtsgenossen sind). Der feministische Satz, „eine Frau braucht einen Mann so notwendig wie ein Fisch ein Fahrrad“ würde gewissermaßen handgreiflich vor den Augen der Welt falsifiziert.

Last edited 1 Monat her by Soistes
Memphrite
1 Monat her

Es ist für viele hart anzuerkennen aber der Großteil der westlichen Bevölkerung ist entweder dafür oder ist gleichgültig. Das ist das „spenglerische“ Endstadium der Zivilisation. Das es so schnell gekommen ist, hat selbst mich überrascht aber so ist es leider. Akzeptiert es das kein Rückweg mehr gibt. Der Ereignishorizont ist überschritten worden. Ich meine jeder konnte die Zeichen an den Wänden bei den Eröffnungsspielen in Paris erkennen. Was jetzt kommt ist eine neue Zeit. Der Zeitraum des Niedergangs und der Abwicklung der 500 jährigen Dominanz des Abendlandes. Die Frage ist nur, wird der „Westen“, also die US-Barbaren, mit einem nuklearen… Mehr

peter keller
1 Monat her

Der Autor übersieht, dass es hier gar nicht um eine Ordnung, sondern um ein Wollen handelt. Ausser den wirklich katastrophalen und vorgeschriebenen Quoten in den Gesetzen handelt es sich bei vom Autor kritisierten Zuständen um Sachlagen, bei denen die angeblich Geschädigten alle freiwillig mit Verve mitgemacht haben. Man muss sich als Frau oder Mann aber keineswegs für alles einsetzen sondern kann, darf und muss tatstächlich Desinteresse zeigen, gerade und voralle dort, wo Konflikte ausgetragen werden, bei denen die Teilnahme des Konfliktes explizit freiwillig ist!

Sonny
1 Monat her

Da sind schon ganz andere, vermeintliche Hochkulturen im Laufe der Geschichte von der Leinwand verschwunden. Die Dekadenz der Überheblichkeit.
Die echten Boxerinnen sollten überlegen, wenn schon Regeln nicht mehr wirklich gelten, mit Messern in den Boxring zu steigen. Hat sich doch anscheinend in der Welt draußen auch „bewährt“.
Die Frage ist nur, wie lange es dauert, bis der Zusammenbruch vollkommen und allumfassend stattfindet. Und ob ich das noch erlebe.

Rob Roy
1 Monat her

Bereits bei den Spielen 2016 in Rio gewannen im 800-Meter-Lauf der Frauen drei südafrikanischen Männer. Der Trickbetrug ist also nicht neu. Früher hat mand die Sportler ohne Ende gedopt – jetzt versucht man Männer in die Frauen-Wettbewerbe reinzudrücken.

MMK
1 Monat her

Ja, schon Jesus schwoll vor 2000 Jahren der Kamm mit diesen Lauwarmen: „Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach dass du kalt oder warm wärest Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“ (Offenbarung 3, 15-17). Und in der Bergpredigt nach Matthaus 5,37 hört sich das so an: »Ich aber sage euch, daß ihr überhaupt nicht schwören sollt … Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber Ist, das ist vom Übel.“

Lafevre
1 Monat her

Wie bestellt, so geliefert.

Raul Gutmann
1 Monat her

Falsche Propheten und ideologische Blender gab es immer, ebenso wie einen fanatischen Kern von Anhängern solcher Ideologien. Doch keiner dieser Bewegungen wäre es je gelungen, gesellschaftlich Fuß zu fassen, ohne die Mithilfe all jener Lauwarmen, die aus Bequemlichkeit, Opportunismus oder Hedonismus manche Lügen durchgewinkt haben, anstatt deutlich Opposition zu beziehen. Völlig richtig, doch auch die Mehrheit der „Unpolitischen“, Bequemen gab es schon immer. Der Unterschied besteht im Herrschafts- und Gesellschaftssystem. Bis 1918 bewahrte die Elite von Aristokratie und Klerus das Volk vor jenen „falsche Propheten und ideologischen Blender“, anschließend wirkten die in der Monarchie Sozialisierten nach. Mit Helmut Schmidt verließ… Mehr

Last edited 1 Monat her by Raul Gutmann
elly
1 Monat her

sämtliche Sportveranstaltungen interessieren mich nicht und ich habe erst hier auf TE erfahren, daß ein Mann, der sich als Frau ausgibt, eine Frau vor laufender Kamera verdroschen hat. Ich kann nicht bewerten, wieviele Personen den Umstand kannten, daß Mann gegen Frau boxt. Deshalb mag ich über das Schweigen nicht urteilen. Wohl aber über das wiederholte laute Schweigen der Frauenverbände. Regelmäßig prangern sie, zu Recht, häusliche Gewalt gegen Frauen an. Aber zu öffentlicher Gewalt gegen eine Frau im Namen Olympia, im Namen Sport schweigen sie. War es Mut von Frau Angela Carini sich öffentlich verdreschen zu lassen, um der Welt den… Mehr

maru
1 Monat her
Antworten an  elly

Sie müssen bei den Feministinnen unterscheiden. Sie meinen wahrscheinlich die Neo-Feministinnen bzw. intersektionale Feministinnen, die diese ganzen Auswüchse begrüßen.
Aber „Emma“ z.B. bezieht klar Position gegen den Trans-Hype. https://www.emma.de/artikel/transfrau-boxt-bei-olympia-ist-das-fair-341177.

alter weisser Mann
1 Monat her
Antworten an  maru

Emma wird dafür von modernen Feministinnen (m/w/d) ja fast schon auf der Gegenseite verortet.
Nicht neu in der Bewegung, erst hatten die Feministinnen tatsächlich harte Frauenthemen (Wahlrecht & Co.), dann kamen die Lesben in den Vordergrund und es entstand der Graben zu den Heten. Lesben verkörpern nun allerdings auch schon eine ganze Zeit ein Thema von gestern und zu gewohnt, um noch genug des gewollten Zündstoffs und Aufregungspotentials zu liefern. Heute muss man mindestens mit einer DragQueen in die Kita.

h.milde
1 Monat her

AKTUELL!
Nius.de schreibt, daß die GEBURTSURKUNDE des 1999 geboren sein wollende Boxers IMANE K. erst 2018(!) ausgestellt wurde!
Sachen gibt´s?

Marcel Seiler
1 Monat her
Antworten an  h.milde

Auch ich habe eine Geburtsurkunde, die das Amt erst Jahrzehnte nach meiner Geburt ausgestellt hat.