Die Letzte Generation im Niedergang

Die Letzte Generation hat heute in zehn Städten „ungehorsame Versammlungen“ veranstaltet. Die Extremisten ließen Großes erwarten. Das Ergebnis war allerdings erbärmlich.

IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Mit zahlreichen Beiträgen in den sozialen Medien, einem Countdown auf ihrer Website und einer Pressekonferenz vor dem Schloss Bellevue hat die Letzte Generation ihre heutigen „ungehorsamen Versammlungen“ beworben: Eine neue Strategie, ein neues Protestkapitel und der Start in einen „Protestfrühling“ – solch große Worte haben die Klima-Extremisten geschwungen. Aber als sie sich am heutigen Samstag um 12 Uhr für ihre Versammlung auf die Straße setzten – ohne Kleber –, zeigte sich: Es waren leere Worte. Eigentlich geht die Letzte Generation unter.

In zehn Städten hat die Letzte Generation „ungehorsame Versammlungen“ veranstaltet. Eine davon in Berlin, auf der zentral gelegenen Warschauer Brücke. Berlin ist die Stadt, in der die Klima-Extremisten am aktivsten sind. Eigentlich. Mit Farbanschlägen aufs Kanzleramt oder Brandenburger Tor sowie zahlreichen Straßenblockaden waren sie im letzten Jahr ständig in den Medien. Da könnte man denken, dass es beim Start in den von ihnen bezeichneten „Protestfrühling“ voll wird auf der Warschauer Brücke. Aber nein: Die Polizei zählt gerade einmal 130 Extremisten. Zwei junge Mitglieder der Letzten Generation zählen, „wenn es hoch kommt 200“. Sie haben eigentlich mit 300 Extremisten gerechnet, sagen sie. Aber groß zu kümmern scheint es die beiden nicht: Sie trinken Tee und beobachten das Spektakel.

Einige Extremisten setzen sich auf die Straße, ziehen ihre Warnwesten an, halten ihre Banner und Plakate hoch, trinken Kaffee, werden von Polizisten von der Straße heruntergetragen oder -geschleift und gehen wieder auf die Straße. Die Polizei trägt sie wieder von der Straße und die Extremisten schreien teilweise „vor Schmerzen“. Nach ungefähr 15 Minuten hat die Polizei die Extremisten im Griff: Die Beamten umschließen die Extremisten in einen „Polizei-Kessel“.

Und da stehen die Klima-Extremisten dann in ihren nassen Hosen und dreckigen Jacken. Petrus war heute nicht auf der Seite der Letzten Generation: Es regnet, stürmt und ist kalt. Nicht das ideale Wetter, um sich auf eine Straße zu setzen und vor einer „Klimakatastrophe“ zu warnen. Oder um ein „Straßenfest mit ein paar Polizei-Rangeleien“ zu veranstalten, wie es bei einer Pressekonferenz der Letzten Generation angekündigt wurde.

Ein weißhaariger Extremist versucht trotzdem, eine solche Straßenfest-Atmosphäre zu schaffen: Auf einer Verkehrsinsel beginnt er, Gitarre zu spielen und zu singen: „Umweltalarm“ heißt einer seiner Songs. Der Musiker gibt sich große Mühe, Passanten und Gesinnungsgenossen zu animieren, im Takt zu klatschen und mitzusingen – straßenfestlich halt. Es klatschte aber niemand und es sang auch keiner mit.

Stattdessen schütteln viele Passanten nur die Köpfe und schmunzeln. Einige schauen sich das Spektakel an, andere sind genervt, nicht vorbeizukommen: Denn der Polizei-Kessel blockiert den Bürgersteig und den Fahrradweg. Manche kümmert die „ungehorsame Versammlung“ überhaupt nicht: Ein Lieferwagen hält vor der Straßenblockade, um Getränke an einen Kiosk zu liefern. Mit Kopfhörern im Ohr bringt er eine volle Palette Getränke zu dem Kiosk und kommt nach einigen Minuten mit leeren Kisten zurück. Er brauchte sich keine Gedanken zu machen, dass ihm Getränke aus dem offenstehenden Wagen gestohlen werden: Immerhin waren mindestens zwei Polizeieinheiten vor Ort, wie ein Beamter gegenüber TE sagt. Auf einen Klima-Extremisten kam also mehr als ein Polizist.

Das große Polizei-Aufgebot scheint die Letzte Generation einzuschüchtern: Jedenfalls setzten sich die meisten nicht auf die Straße, sondern liefen als „Hummeln“ herum. Sie verteilten Flyer oder Visitenkarten, machten Fotos und Videos oder erzählten Passanten, dass sie „Ehrlichkeit“ vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier fordern. Sie versuchten sogar, einigen Polizisten ihre Visitenkarten anzudrehen – ganz heimlich: „Sie sollen sich auch anschließen“, sagt eine „Hummel“. Eine andere „Hummel“ versucht, zwei Mädchen zu überzeugen, ein Statement zu einem Gerichtsverfahren gegen Extremisten der Letzten Generation zu schreiben: Derzeit läuft ein Verfahren wegen „krimineller Vereinigung“ gegen fünf Extremisten. Die beiden Mädchen lehnen verdutzt ab: Sie wüssten gar nicht, worum es bei dem Verfahren ginge.

Eine weitere „Hummel“ ist der ehemalige Zeit- und Spiegel-Journalist Raphael Thelen: Er ist seit letztem Jahr für die Letzte Generation aktiv und sprach bereits auf Pressekonferenzen der Gruppe. Er ist also einer derjenigen, die große „ungehorsame Versammlungen“ ankündigen und zum Mitmachen aufrufen – er selbst bleibt aber neben dem Protest stehen. Carla Hinrichs, als eines der bekanntesten Gesichter der Letzten Generation, lässt sich bei der Versammlung in Berlin gar nicht blicken. Die Extremisten im Polizei-Kessel rufen aus tiefster Kehle: „Du bist nicht allein.“ Sie hoffen anscheinend, dass Passanten miteinstimmen. Tun sie aber nicht. Irgendwie sind sie also doch allein.

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Kommentare ( 33 )

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Rainer Schweitzer
9 Monate her

Ich verstehe bis heute nicht, wie man die „Letzte Generation“ überhaupt je auch nur ansatzweise ernst nehmen konnte. Sie berufen sich auf „die Wissenschaft“, ohne auch nur im Ansatz zu verstehen, was Wissenschaft ist, wie sie funktioniert, was in ihr diskutiert wurde und wird oder wie die Klimamodelle funktionieren, welchen Zeithorizont sie haben, wo ihre Schachstellen sind und welche Relevanz ihre Prognosen haben. Hinzu kommen antidemokratische und antikapitalistische Herrschaftsphantasien, ohne daß sie auf ihre Freiheit und kapitalistischen Errungenschaften verzichten wollen. Alles, was sie je von sich geben haben ist einfach nur gequirlter Schwachsinn, ungebildet, uninformiert, unintelligent, stumpfsinnig besserwisserisch und narzisstisch.

KAB
9 Monate her

Es sind m.E. doch nur dumme Gestalten, die mit ihrem Leben nichts Sinnvolles
anzufangen wissen. Solange diese aus gewissen Töpfen gesponsort wurden,
lief es einigermaßen – man konnte das als eine Art Beruf mit Urlaubsanspruch
(z.B. auf Bali) betreiben. Dies scheint Gschichte geworden zu sein….

Axel Fachtan
9 Monate her

Piraten ? Heute bedeutungslos. die Basis ? Da ist nicht mehr viel. Alles hat seine Zeit. Nach den Klimaklebern wird sich schon auch was neues finden. Alles fließt. Panta rhei.

Plastic Joe
9 Monate her

Tja, nachdem Blackrock, JP Morgan & Co. sich von ESG und Klima-Aktivismus verabschiedet haben, fließt die Kohle aus diesen Kreisen offenbar auch nicht mehr so üppig wie die Jahre davor. Und dann ist man wieder ganz auf sich allein gestellt. Und die unbeteiligten Bürger hat das die ganzen Jahre zuvor genau so interessiert wie heute, nämlich gar nicht.

andreashofer
9 Monate her

Das war doch klar. Die „Aktivisten“ werden von Leuten finanziert, die jetzt erheblich bessere Einnahmequellen sehen. Ich habe immer eine militärische Komponente bei diesen Aktionen gesehen. Es war und ist Wirtschaftssabotage. Nun, die Abwanderung der „deutschen“ Industrie läuft, die Gewerkschaften begleiten das wohlwollend und die „deutschen“ Kulturschaffenden setzen sich gegen eventuelle Kritik mit ihren ihnen gegebenen machtvollen Worten ein. Die große Transformation – ein Bluff um mehr Geld verdienen zu können.

Last edited 9 Monate her by andreashofer
Juergen P. Schneider
9 Monate her

Liebe Mitglieder der letzten Generation, der Weltuntergang fällt aus und ihr könnt sagen, ihr habt das erreicht. 🙂 Also seid zufrieden und versucht endlich einmal etwas Sinnvolles aus euerem Leben zu machen. Es gibt Wichtigeres im Leben als eine herbeifantasierte Apokalypse und idiotischen Alarmismus. Zeugt doch einfach die nächste Generation, die wird dann zwar auch irgendwelchen absurden Ideen hinterherlaufen so wie ihr, aber vielleicht richtet sie dabei nicht so viel Schaden.

Haba Orwell
9 Monate her

> Musk hat hier möglicherweise aufs falsche Pferd gesetzt.

Chinesische Autofirmen bauen gerade Werke in Ungarn, wo die nationale Regierung wesentlich mehr Vernunft aufweist. Es ist nicht nur der (staatlich geförderte) Ökoterrorismus; die gesamte Wirtschaftspolitik mit Kindermärchen-Orientierung wurde unberechenbar. Es würde vermutlich nicht mal ausreichen, einen Habeck auszutauschen – wäre der Rest vernünftig, wäre ein Habeck undenkbar.

Kaltverformer
9 Monate her

Für mich sind die „Umwelt-Aktivisten“ einfach nur infantile Idioten, die mit ihrem Leben nicht klar kommen und deshalb ihre Mitmenschen terrorisieren.

GR
9 Monate her

Schön, daß das versandet. Und auch schön, daß sie nicht von Aktivisten, sondern von Extremisten reden. Samthandschuhe aus. Wer jemand anderen zwingt, etwas zu tun, das dieser will, ist ein Extremist oder Terrorist.

Perlentaucher10
9 Monate her

Sie sind schon fast niedlich in ihrer verbissenen grün/roten Ideologie. Der abgebildeten Protagonist ist ein Paradebeispiel der versprengten Reste.