Die deutschen Grundschulen haben eine Sprachenfrage

Die deutschkompetenten Schüler werden unterfordert, die anderen überfordert, und insgesamt sinkt das Niveau.

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Der CDU-Politiker Carsten Linnemann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, hat eine Diskussion um die Deutschkompetenz von Grundschülern angestoßen, Sein Vorschlag: Schüler, die kein oder kaum Deutsch sprechen, sollten nicht in Regelklassen eingeschult werden, sondern zunächst intensiven Deutschunterricht erhalten. Von links-grüner Seite wurde dieser Vorschlag sofort als „populistisches Getöse“ und „Stimmenfang im rechten Lager“ bewertet, ohne zu sagen, wie denn Kinder auf Deutsch erfolgreich unterrichtet werden sollen, wenn sie kein Deutsch können.

„Auf der Strecke bleiben die normalen, lernbegierigen Kinder“

Dass es in Deutschland eine Sprachenfrage an den Grundschulen gibt, ist unbestreitbar; denn ein Teil, häufig die Mehrheit der Schüler sind keine kompetenten Deutschsprecher. Das hat für den Unterricht zwei Folgen: Die deutschkompetenten Schüler werden unterfordert, die anderen überfordert, und insgesamt sinkt das Niveau. Eine Frankfurter Grundschullehrerin fasste in einem Leserbrief (FAZ 13. 2. 2017) die pädagogische Situation folgendermaßen zusammen:

„Eine durchschnittliche Klasse sieht heute so aus: Von 25 Kindern können ein Drittel nicht richtig Deutsch sprechen, etwa acht Kinder sind verhaltensauffällig, dazu kommen traumatisierte Flüchtlingskinder […]. Auf der Strecke bleiben die paar normalen, unauffälligen, lernbegierigen Kinder, […] weil man als Lehrerin keine Zeit für sie hat.“

Ist Deutschlernen kinderleicht?

Aber lernen Kinder nicht leicht und schnell eine zweite Sprache? Durchaus, wenn sie außerhalb der Familie ständig in Kontakt mit dieser Sprache sind, in sie gewissermaßen „eintauchen“. Diese „Immersion“ erfordert aber ein entsprechendes soziales Umfeld:

Zum Beispiel wuchs der Kabarettist Django Asül (geb. 1972 in Deggendorf) als Kind türkischer Eltern im niederbayerischen Hengersberg auf, und es blieb ihm dort, wie er rückblickend sagte, „gar nichts anderes übrig“ als die Sprache seiner Umgebung zu lernen, konkret: Bairisch und, später auf dem Gymnasium, Hochdeutsch.

Anders verlief die sprachliche Integration beim Fußballer Mesut Özil (geb. 1988 in Gelsenkirchen). In einem Interview (ZEIT-Magazin 28. 9, 2017) bedauerte er, als Kind nicht besser Deutsch gelernt zu haben:

„In der Familie haben wir nur türkisch gesprochen, meine Freunde waren Türken oder Libanesen. Deutsch sprachen eigentlich nur meine Lehrer. Die wenige Stunden am Tag, die ich ihnen zugehört habe, waren zu wenig, um die Sprache gut zu lernen.“

Sprachliche Integration in der Schule

Entscheidend für die sprachliche Integration eines fremdsprachigen Kindes ist also die Intensität des Kontaktes mit der Zweitsprache. In der Schule genügt es nicht, dass die Lehrer die Unterrichtssprache verwenden, auch die Mitschüler müssen es tun, zumindest die meisten. Als Faustregel gilt: Drei Viertel der Schüler sollten Muttersprachler der Unterrichtssprache sein. Einige britische Internatsschulen lassen, um die sprachliche Integration zu garantieren, maximal zehn Prozent Schüler nichtenglischer Muttersprache zu.

Sprachliche Integration über die Schule funktioniert nicht mehr, wenn – wie häufig in deutschen Großstädten – die Schüler überwiegend keine deutschen Muttersprachler sind. Das mangelnde Deutschniveau führt dann zu einem allgemeinen Qualitätsverlust des Unterrichtes. Manche Eltern deutschsprachiger Kinder haben dies erkannt und melden sie deshalb in einem Schulsprengel mit geringem Migrantenanteil an. Andere lösen das schulische Sprachproblem institutionell und schicken ihr Kind auf eine „International School“ mit Englisch als Unterrichtssprache oder eine deutsche Privatschule.

Schulische Apartheid

Diese – stillschweigende – schulische Apartheid wird im urbanen Milieu des „weltoffenen“ grünen Bürgertums schon länger praktiziert, allerdings nicht grundsätzlich (hier fordert man eine „Schule für alle“), sondern individuell begründet („Mein Kind ist so sensibel!“, „Die Freundin meiner Tochter geht auch auf diese Schule“). Inzwischen scheint die Tendenz, die staatlichen Schulen zu meiden, aber auch CDU-Wähler erreicht zu haben; Linnemann stellte hierzu fest:

„Bis tief hinein in die Mittelschicht erlebe ich Eltern, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken, weil das Niveau der staatlichen Schulen sinkt.“

Und was ist mit den Eltern aus den einfachen Schichten der deutschen Bevölkerung? Ihre Kinder müssen die schulischen Folgen der Massenmigration (er)tragen – was politisch niemand zu stören scheint. Aber es sind ja nur „Deutsche“.

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Kommentare ( 63 )

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manfred_h
5 Jahre her

Zitat: „Und was ist mit den Eltern aus den einfachen Schichten der deutschen Bevölkerung?“ > Ähm, die interessieren -so wie auch sonst- einen **. DENN wann und wie oft sieht man Politker, die sich auf ihren Reisen in die Gegenden begeben, wo die einfachen oder gar unteren deutschen Bevölkerungsschichten wohnen UND da dann auch noch mit den Pöbel & Pack intensive Gespräche führen?? UND sich sogar in ein s.g. Problemviertel begeben um sich auch dort mal die Sorgen u. Nöte der einfachen u. unteren deutschen Bevölkerungsschichten anzuhören, dass geht nun ja mal so gar nicht. STATT DESSEN begibt man sich… Mehr

manfred_h
5 Jahre her

Zitat: „Und was ist mit den Eltern aus den einfachen Schichten der deutschen Bevölkerung?“ > Ähm, die interessieren -so wie auch sonst- einen **. DENN wann und wie oft sieht man Politker, die sich auf ihren Reisen in die Gegenden begeben, wo die einfachen oder gar unteren deutschen Bevölkerungsschichten wohnen UND da dann auch noch mit den Pöbel & Pack intensive Gespräche führen?? UND sich sogar in ein s.g. Problemviertel begeben um sich auch dort mal die Sorgen der einfachen u. unteren deutschen Bevölkerungsschichten anzuhören, dass geht nun ja mal so gar nicht. STATT DESSEN begibt man sich als Politiker… Mehr

Ecke
5 Jahre her

Sie haben mit Ihrem Satz völlig Recht: Es sind ja nur „Deutsche“, wenn nicht gar dumm gehaltene „Deutsche“.
Aber das Problem, so neu ist das nicht. Wir hatten schon vor 2015 massive Schulprobleme, die durch einen hohen Anteil von Migrantenkinder und „Superlehrer“ entstanden sind.
Heute hat sich die Misere locker um zwei, drei Potenzen erhöht.

manfred_h
5 Jahre her
Antworten an  Ecke

Zitat: „Wir hatten schon vor 2015 massive Schulprobleme, die durch einen hohen Anteil von Migrantenkinder und „Superlehrer“ entstanden sind.“

> Richtig, Sie haben absolut Recht.
Doch jene die -auch- deswegen schon 2015/16 gewarnt und hingewiesen hatten das sich auch hier die Probleme arg verschärfen würden, wurden von den Bahnhofklatschern, Politikern u. Qualitätsmedien als Hetzer, Abgehängte u. Nazis bepöbelt. UND selbst heute noch werden die offensichtlichen Ursachen für diese Mißstände weitesgehend verschwiegen.

Philokteta
5 Jahre her

Ich meine, mich zu erinnern, daß Volker Beck (Grüne) vor ca. 3 1/2 Jahren den Vorschlag machte, Deutsche, die sich in ihrem Viertel nicht mehr wohlfühlen, sollten doch die dort gesprochene Sprache, etwa türkisch oder arabisch lernen.

Sonny
5 Jahre her

So lange die Politik sich nicht ändert, werden die Privatschulen einen großen RUN erleben. Wer will schon freiwillig aus lauter Gutmenschentum seinen Kindern die Zukunft versauen?

manfred_h
5 Jahre her
Antworten an  Sonny

Grad vor kurzem wurde ein Bericht gesendet indem gezeigt u. erklärt wurde das der Anteil der Privatschulen stark angestiegen ist ubd immer mehr Eltern ihre Kinder dort anmelden.

DOCH die Frage nach dem WARUM es heute immer mehr Privatschulen gibt und WARUM nun immer mehr Eltern ihre Kinder auf eine Privatschule geben, diese Frage wurde -na klar doch- NICHT gestellt u. beantwortet. Dass wäre dann ja so was voll Nazi .

fatherted
5 Jahre her

Das ist doch schon 40 Jahre lange bekannt. Als ich 1972 eingeschult wurde, hatten wir 2 Jugoslawische Mädchen die keine Wort Deutsch sprachen in der Klasse. Nach 4 Jahren Grundschule sprachen beide Mädchen fließend Deutsch….und die Gesamte Klasse war auf dem Wissensstand der 3. Klasse….während die Parallelklassen alle ein Jahr voraus waren. Ähnliches im Kindergarten der 80er Jahre in dem meine Mutter arbeitete….die Eltern ausländischer Kinder kamen und forderten dass ihr Kind neben einem Deutschen Kind sitzen solle…damit es besser Deutsch lerne….immerhin….nur das es in jeder Gruppe nur noch 2-3 Deutsche Kinder gab….das Ganze ist wahrlich nicht neu und schon… Mehr

manfred_h
5 Jahre her
Antworten an  fatherted

Zitat: „Die Deutschen, die Ihren Kindern noch eine halbwegs ordentliche Bildung zu Teil werden lassen wollen, schicken sie auf Privatschulen (….) Nur leisten muss man es sich können“ > Oder aber, man hat in heutiger Zeit das Glück sich eine teurere Wohnung in einer besseren Wohngegend erlauben/leisten zu können und das man dann auch eine solche Wohnung findet u. zugesprochen bekommt. So könnte es dann vllt auch mit eine Schule klappen wo die Buntheit (noch) nicht Einzug gehalten hat. ICH möchte HEUTE wirklich KEIN Kind sein das vor der Einschulung steht und bin mehr als froh das meine Schulzeit während… Mehr

Sonny
5 Jahre her

Mit ein bißchen gesundem Menschenverstand hätte man diese Verhältnisse ohne große Probleme vorhersehen können. Und ich bin sicher, dass man das auch vorhergesehen hat. Aber wie bei fast allem mittlerweile – der Politik war´s egal.

hagr
5 Jahre her
Antworten an  Sonny

Viele haben das vorhergesehen, aber zu viele eben nicht, oder wollten es nicht sehen und wollen es bis heute nicht sehen. So wie man sich mit einer falschen Unterschrift, mit einem falschen Click im Internet (z.B. CFD-Handel) ruinieren kann, so kann man eben auch mit einer falschen Entscheidung ein Land ruinieren. Nur, wenn einer Privatinsolvenz anmeldet, dann ist es sein Privatproblem und er wird nach einigen Jahren auch wieder raus gelassen. Bei einem Land ist das leider anders. Deshalb sollten imho auch möglichst nur Personen ein Land regieren, die im Privaten bewiesen haben, dass sie wenigstens verantwortlich mit der eigenen… Mehr

Karl Martell74
5 Jahre her

… der entscheidende Satz „es sind ja nur Deutsche“
Den dummen Deutschen kann man alles zu muten – aber wenn Ali, Hasan und Mohammed sich benachteiligt fühlen…!
Es ist nicht mehr zum aushalten

Kriemhild303
5 Jahre her

Das Problem könnte man lösen, indem man Förderklassen und Begabtenklassen einrichtet und außerdem Gymnasialempfehlungen nicht den Eltern überlässt, sondern den Lehrern.
Nach 1-2 Jahren auf der Real- oder Hauptschule könnte man ja nochmal schauen, ob ein Wechsel auf eine höhere Schule in Frage käme.

Sabsezander
5 Jahre her
Antworten an  Kriemhild303

Bitte nicht! Die Empfehlungen der Grundschulen sind derart unterschiedlich, dass ich mich auf ein Lehrerurteil nicht (mehr) verlassen will. Hinzu kommt, dass die Gymnasiasten den Realschülern bereits nach zwei Jahren Unterstufe (Klasse 5 und 6) derart voraus sind, dass sie von einem Kind, das bislang auf einer Gesamt- oder Realschule war, praktisch nicht mehr eingeholt werden können. Das würde nur einem überragend guten Schüler gelingen und der wäre dann ja ohnehin gleich zum Gymnasium gegangen. Wir hatten das hier alles bei Freunden von uns – der Junge konnte nach zwei Jahren Gesamtschule nicht aufs Gymnasium wechseln. Die Wissenslücken erwiesen sich… Mehr

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  Kriemhild303

Es funktionieren nur Aussiebungsprüfungen bei der eingehenden Schule. Die kann dann verantworten, wen sie annimmt.

Sabsezander
5 Jahre her

Das Problem geht viel tiefer, denn wir haben nicht nur ein Sprachenproblem, sondern grundsätzlich ein Grundschulproblem. Viele der jungen Lehrerinnen haben – mit Verlaub – einen Vollschuss. Entschuldigung, aber es wäre wirklich schön, wenn mal ein Journalist zu diesem Problem recherchieren würde. Nicht nur der immense Frauenüberschuss ist ein Problem, sondern dass eine spezielle „Sorte“ Frau offenbar eher geneigt ist, Lehramt Grundschule zu studieren als die Sorte „Mensch“, die wir dafür bräuchten, nämlich tatkräftige, robuste und energische Frauen und Männer, die auch schon eine gewisse Lebenserfahrung haben – muss ja nicht unbedingt im Schuldienst erworben sein… Stattdessen haben wir überwiegend… Mehr