Deutschland ist seines Fortschritts und seiner Freiheit bis zur Selbstaufgabe überdrüssig. Kleingeist und Konformität, Begriffsdiktat und Denkzensur, Vakuum in den Köpfen - die Mission der 68er ist abgeschlossen, das Ziel gründlich verfehlt.
Der 1940 im Südbrandenburgischen geborene Marxist Alfred Willi Rudi Dutschke, kurz Rudi genannt, predigte der politischen Linken 1967 den „Marsch durch die Institutionen“. Gemeint damit war die schleichende Übernahme aller gesellschaftlich relevanten Positionen durch Marxisten oder dem Ideengut der Marxisten nahestehende Personen. Ziel Dutschkes und Genossen war es, alles zu vernichten, was auch nur den Hauch des Bürgerlichen in sich trug.
Ihnen diente dazu das Feindbild eines auf ihren eigenen Wurzeln beruhenden, kleinbürgerlichen Proletariats, welches bereits seit den zwanziger Jahren des Jahrhunderts die führenden Vertreter des Bürgertums in die innere oder äußere Migration getrieben hatte und später dann selbst vor dem organisierten Massenmord nicht zurückschreckte. Die deutsche Linke gab sich der Illusion hin, ihren eigenen, kleinbürgerlich-proletarischen Ursprung durch die propagierte Überwindung des ihnen selbst innewohnenden, intoleranten Kleingeists revolutionär abschütteln und so sich selbst von jeglicher Mitverantwortung für die deutsche Geschichte freisprechen zu können.
Mission abgeschlossen, Ziel verfehlt
Heute, kurz vor dem Jahreswechsel auf das Jahr 2016 und damit bald ein halbes Jahrhundert nach Dutschkes Parole, können wir feststellen: Aktion erfolgreich abgeschlossen – und dennoch oder gerade deshalb grandios gescheitert. Denn der Marsch durch die Institutionen sollte weniger dem Ziel dienen, verdiente Genossen und Gleichgesinnte an den Fleischtöpfen der Gesellschaft zu positionieren – das war nur ein nützlicher Nebeneffekt – sondern ein komplettes Volk umzuerziehen. Es ging um die Köpfe – nur nebenbei um die Töpfe.
68er und ihre geistigen Erben haben die Macht übernommen. Sie besetzen quer durch die Gesellschaft, quer durch Hierarchien und Unternehmen jene Positionen, die als Schaltstellen der Macht den Kurs der Gemeinschaft bestimmen. Sie waren dabei derart erfolgreich, dass heute selbst das Bundesjustizministerium – den Linken der 68er und ihren extremen Protagonisten der RAF kaum weniger verhasst als das Ministerium des Inneren – von einem bekennenden Linksaußen geführt wird, der erhebliche Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz hat und den Rechtsapparat nicht als unabhängiges Werkzeug der Rechtspflege, sondern als Instrument des Gesinnungsdiktats versteht.
Vizekanzler und Kanzler frönen trotz unterschiedlicher Parteizugehörigkeiten gemeinsam einer modernen Form des Sozialismus light einschließlich der Selbstaufgabe des ihnen anvertrauten deutschen Volkes durch unkontrollierte Masseneinwanderung und Dekultivierung nicht nur über die aktive Förderung archaisch-religiösen Gedankenguts.
Konformität allerorten
Was in der Staatsführung beginnt, setzt sich in den Medien, den Gerichten und den Institutionen fort. Nicht nur die öffentlich rechtlichen Radio- und TV-Anstalten, auf die sich die Politik das Durchgriffsrecht gesichert hat – auch die ehedem noch der Übernahme durch Sozialisten und Marxisten widerstehenden Printmedien des Bildungsbürgertums wie „Die Welt“ oder „Frankfurter Allgemeine“ sind heute fest in den sozialistischen Händen der dutschkeschen Nachfolgegeneration.
Gleiches gilt für große Teile der Lehrerschaft, die im Schulterschluss mit den 68ern das Bildungsniveau beständig absenkte und absenken musste, um das Abitur zum Volksschulabschluss zu machen. So werden die Universitäten mit Studenten gefüttert, die ähnlich ihren Professoren das Widerkäuen von Vorverdautem, die Beschäftigung mit dem Erkennbaren bei Ausblenden des nicht Erkennbaren sowie die Erhebung von pseudowissenschaftlichem Spartenlobbyismus wie einstmals der Rassenlehre und heute dem Genderismus als Lehrgegenstand zur Wissenschaft erklären und damit deren abendländisch-aristotelischen Anspruch zerstören.
In deutschen Gerichten sitzen marxistisch geprägte Richter, die – wie jüngst die Entscheidung des Bundessozialgerichts zum Hartz-IV-Anspruch aller EU-Bürger in Deutschland unterstrichen hat – mittlerweile jede Hemmung verloren haben, selbst den einfachen Bürger auszuplündern, wenn es darum geht, jene zu beglücken, die auch nicht ein Jota zum schwindenden deutschen Wohlstand beigetragen haben.
Auch die Kirchen blieben nicht verschont. Während sich die eine einem vorgeblichem Mainstream ein ums andere Mal beugt, konnte die andere dank ihrer fast schon hedonistischen Lust an der Entmystifizierung des Göttlichen von klerifizierenden 68ern gekapert und zur moralinsauren Institution weltbekehrender Gutmenschelei umfunktioniert werden.
Die Kunst, einst Schnittstelle von kreativer Avantgarde und bürgerlichem Fortschritts-Anspruch, verliert sich in der Verunstaltung der Werke früherer Epochen. Sie ergötzt sich in der Begeisterung für Scharlatane, die Butter in einer Wanne verrotten lassen, von der Decke hängende Gerätschaften als „Installationen“ feiern sowie schlecht gemachte Clips zum großartigen Impuls der Gegenwart verklären. Sie, diese ursprüngliche Ehe aus der Bereitschaft zur kreativen Provokation und dem Fortschrittsglauben menschlicher Schaffenskraft, wurde erfolgreich proletarisiert und damit marginalisiert. Derweil avanciert jener ursprünglich proletarische Bodensatz der Mimen mit nichts anderem als einer schauspielerischen Ausbildung und dem vermeintlichen Charisma der Bekanntheit zum welterklärenden Chefdenker in den unerwartet ehrlich „talkshow“ genannten Brainwashveranstaltungen.
Die Kunst ist damit ebenso für den kulturellen Niedergang charakteristisch, wie dieses jene fast schon abgöttische Verehrung irgendwelcher Sportler zelebriert, die aus der körperlichen Ertüchtigung und Freizeitgestaltung den Beruf des Großverdieners gemacht haben. Als Heroen des Körperkultes verdrängten sie jene Helden des Geistes aus der Wahrnehmung, die noch vor hundert Jahren als Forscher und Wissenschaftler mit ihren Taten und Erkenntnissen die Grundlagen für einen wirklichen Fortschritt der Menschheit legten. Parallelen drängen sich auf zu jenem Römischen Reich, dessen Plebs in der Verehrung der Gladiatoren erstarrte, während seine Kultur Stück um Stück von Barbarei zersetzt wurde und den Weg vom zivilisatorischen Anspruch der Antike in die geistige Enge des Mittelalters antrat.
Der Kleingeist hat Konjunktur
Vorbei ist es mit der kulturell-geistigen Überlegenheit Europas. Wohin wir blicken, dominiert das Diktat des Plebejers als vorgeblicher Mainstream einer sich überlegen wähnenden, linken Gesinnung. Kleingeistig; jedem Wissen und der sich ihm verschließenden Erkenntnis voller Abneigung gegenübertretend; Menge mit Qualität verwechselnd und platte Massenunterhaltung zur Kultur erhebend, wähnt sich der Plebs bei allem unbeirrt in dem Anspruch, mit seiner eigenen, geistigen Beschränktheit das Maß aller Dinge zu sein. War das Sinnen früherer Generationen des nach dem Mittelalter aus der Lethargie erwachenden Europas darauf gerichtet, den nachfolgenden Generationen auch unter eigenen Opfern ein Mehr an Wissen, ein Mehr an Vernunft, ein Mehr an Kultur zu hinterlassen, so beschränkt sich der europäische Mensch des frühen 21. Jahrhunderts als Homo präkariensis auf die ewige Gier des Proletariats, das Vermögen der höheren Stände sich zu eigen zu machen, um es hemmungslos zu verkonsumieren statt darauf die nächste Schicht der gesellschaftlichen Entwicklung und der menschlichen Kultur aufzurichten.
Philosophie, die einst den Weg des Menschen aus der Barbarei erst möglich machte, verkommt zu schlechter Fernsehunterhaltung, zu einem oberflächlichen Ich-weiß-was-Spiel ohne jeglichen Tiefgang. Jene Medien, die von ihren Schöpfern den Auftrag erhalten hatten, das geistige Niveau des Zuschauers zu heben, bewegen sich auf dem unteren Sockel dessen, was Nietzsche einst als durch „den höheren Menschen“ zu überwinden beschrieb. Nicht sie erhoben andere – sie senkten sich selbst herab und geben damit, ohne dieses zu merken, jeglichen Anspruch und damit sich selbst der Disposition anheim.
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