Deutschland in der Weltkonkurrenz

Woran erkennt man die Konkurrenzfähigkeit eines Landes? Eine Matrix, die sie abbilden kann, muss „Kompetenz, Leben, Eigentum, Freiheit und Fruchtbarkeit“ enthalten. Für Deutschland offenbart sie bedenkliches.

© Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

John Locke (1632–1704) findet 1689 mit seinem Grundrechts-Katalog „Life, Health, Liberty, or Possessions” – verdichtet zur Kurzformel Life, Liberty, and Property – eine Matrix, mit der man die Entfernung der Nationen von einem Wohlstands-Maximum messen kann.

Die jüdische Ethik der Lebensheiligkeit, die vom Christentum ebenfalls angenommen wird, bildet als Rechtssicherheit eine entscheidende Säule der europäischen Zivilisation. Das in griechisch-römischer Tradtion stehende Eigentum – als immaterieller Titel neben dem materiellen Besitz – ermöglicht das Wirtschaften über bloßes Produzieren hinaus, weil es als Deckung Geld und als Pfand Kredit besichern kann. Dem Geldschaffer bringt die dafür erforderliche Blockierung seines Eigentums Zins. Das verpfändete Eigentum des Schuldners verschafft ihm Einkommen, dass zinsverdienend, also innovativ eingesetzt werden muss. Die Freiheit als Eigentum an der eigenen Person rundet das Ganze ab.

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So weit, so genial. Unausgesprochen aber hält Locke zwei Bedingungen für die universelle Gültigkeit seiner Formel für naturgegeben. Es handelt sich um Vermehrung und geistige Kompetenz. In Europa ist seit dem Ende des 15. Jahrhunderts von allen Varianten der Sexualität allein der eheliche Fortpflanzungsakt noch legal und ohne Sünde.

Da Locke zu diesem Vermehrungszwang so blind gehört wie der Fisch zum Wasser, kann er ihn nicht analysieren. Die Kompetenzunterschiede kann er nicht kennen, da sie erst seit Ende des 20. Jahrhunderts global gemessen werden. Er muss also eurozentrisch denken. Dass andere Menschen klüger sein könnten als Europäer und sich ihre Vermehrungsmuster von den abendländischen unterscheiden, kommt ihm nicht in den Sinn. Letztere bescheren damals das Personal für nicht endende Kriege und Welteroberung, sind heute jedoch kaum noch von Belang, da die lebenslange Konkurrenz beider Geschlechter auf Arbeitsmärkten die Kinderzahlen in allen eigentumsbasierten Nationen absenkt. Die Vernachlässigung des Kompetenzfaktors jedoch verdirbt fast alle ökonomischen Analysen. Eine Matrix, die globale Konkurrenzfähigkeit abbilden kann, muss also zu „Kompetenz, Leben, Eigentum, Freiheit und Fruchtbarkeit“ erweitert werden.

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In meinem Aufsatz „Dänemark, Niederlande, Schweden und Österreich sind der Last Man Standing der EU“ war zu zeigen, dass die immer noch hochrangige Kreditfähigkeit der EU verloren geht und eine Bankrottwelle droht, wenn sie nur noch von Deutschland allein gestützt wird, also die übrigen Triple A-Mitglieder beim Verschenken dreistelliger Milliardenbeträge nicht mitziehen.

Hier geht es um Deutschlands Potenzen, die jenseits von Corona und Europäischer Union ganz allein über seine Zukunft entscheiden. Dafür wird es mit den übrigen vier Mitgliedern des Quintetts verglichen, die bei den PCT-Patentanträgen des Jahres 2019 weltweit einsam an der Spitze stehen. Sie allein schaffen rund 208.000 der insgesamt 266.000 Anmeldungen.

Man erkennt in der nachstehenden Tabelle (grün für erste, blau für zweite Plätze), dass die drei ostasiatischen Mitglieder der Fünfergruppe bei den PCT-Anträgen eine rasant höhere Geschwindigkeit vorlegen als Amerika und Deutschland. Während Japan seine mit viel Häme bedachten „verlorenen Jahrzehnte“ erleidet (1991-2010; ab 1994 gezeigt), kann es seine PCT-Zahl rund um den Faktor 14 erhöhen. Das vergleichsweise gesegnet voraneilende Deutschland steht mit dem Faktor 4 keineswegs schlecht da und liegt doch um Klassen dahinter.

 

Dabei steigen Japans öffentliche Schulden bis 2019 auf 47 Prozent des nationalen Reichtums, während Deutschland mit 16 Prozent vergleichsweise glänzend dasteht. Die staatlichen Megabelastungen können dem Erfindungsboom nichts anhaben. Neugierig beobachtet man überdies die innovativen Potentiale bildungsferner Migranten in Westeuropa und den USA. Man betrachtet ihr millionenfaches Hereinholen mit Wohlwollen, kann als zu bewahrender Hightech-Standort dabei aber nicht mitmachen.

Wenn wir unsere erweiterte Locke-Matrix befragen, welche Faktoren die Westler ins Hintertreffen bringen, dann sind es nicht Leben, Eigentum und Freiheit. Da lassen sie China weit hinter sich. Kompetenz erweist sich als der Faktor (deshalb farbkräftiger gehalten), der alle übrigen durchschneidet wie ein Messer die Butter.

Man sieht zugleich, dass die Faktoren, die an China verstören und empören, zugleich Register sind, die der Gigant noch nicht gezogen hat. Er liegt beim wichtigsten Faktor mit an der Spitze und kann bei den anderen noch besser werden. Die Westler hingegen drücken jetzt schon auf alle Tuben. Und doch könnten sie bei der Kompetenz noch weiter zurückfallen. Die in der ersten Tabelle aufgeführten Innovationen stammen von Könnern, die bis Anfang der 1990er Jahre geboren werden. Bei der unten aufgeführten Kompetenz geht es um den Jahrgang 2005. Da mag Frankreich die weitere Richtung weisen. Dort schaffen es nur noch 25 von 1.000 Kindern in die beste Mathegruppe. Deutschlands tapfere 53 müssen also das letzte Wort nicht sein.


Im Lexikon ökonomischer Werke (Düsseldorf: Wirtschaft und Finanzen 2006), das 650 wegweisende Texte seit Hesiod vorstellt, ist G. Heinsohn (*1943) – neben dem 1994er Nobelpreisträger Reinhard Selten (1930-2016) – als einziger deutschsprachiger Autor mit drei Werken vertreten.

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Kommentare ( 16 )

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SpenglersPriest
4 Jahre her

Russland ist mathematisch sehr gut. Dennoch kein reiches Land. Gute Mthekenntnisse bedeuten nicht, dass man auchkreativ ist, sich gut verkaufen kann, Geschäftssinn und -ideen hat. Dass man gut ein Unternehmen gründen und erfolgreich führen kann.
Und was MINT-Kenntnisse angeht: davon braucht man nicht annähernd so viel, wie auf dem Arbeitsmarkt verfügbar ist.

Von Mathetestergebnissen auf wirtschaftlichen Erfolg zu schließen scheint mir zu einfach gedacht.

Thorsten
4 Jahre her

Wobei diese Zustände zu großen Teilen durch den dumm-deutschen Michel finanziert werden. (auch indirekt durch die Ölmilliarden und Hilfsprojekte).

Wenn da kein Geld mehr ankommt, dann ändert sich die Lage dramatisch.

Ego Mio
4 Jahre her

Freiheit und Eigentum wären tatsächlich Faktoren, die den Westen vor der Dominanz der Chinesen bewahren könnten, wenn sie denn im Westen noch eine Zukunft hätten. Leider geht die Richtung fast überall totalitärer Nanny-Staat, sogar in Heinsohns „Kompetenzfestungen“ Australien und Neuseeland.Die Unmündigkeit existiert tatsächlich, sie ist eingepflanzt und wird antrainiert, zusammen mit Neurosen, die die Westler an den sprichwörtlichen „eigenen Ästen, auf denen sie sitzen“ sägen lassen.

Wolfram_von_Wolkenkuckucksheim
4 Jahre her

Die Zeiten werden düster, wenn bedenkt, dass wir es ja keine deutschen, jüdischen oder vietnamesischen Kinder sind, die in den Schulen mehrheitlich hocken. Die Bildungsferne viele Araber und Türken in unserem Land, weist die Richtung. Ich habe neulich einem Sportkollegen meine kritische Einstellung zu der Masseneinwanderung offenbart. Ich sagte, ich sehe schwarz, weil viele dieser Menschen zwangsläufig in in unserer Volkswirtschaft scheitern werden. Sein Einwand: „Aber was ist mit deren Kindern?“ – Obwohl er von Berufs wegen weiß, wie es an den Schulen zugeht, glaubt er ernsthaft, dass diese Einwandererkinder, die jetzt erst mühsam deutsch lernen, reüssieren werden. Aber selbst… Mehr

Donostia
4 Jahre her

Sehr schön aufgeführte Analyse. Aber da fehlt mindestens noch die soziale Konditionierung. Korea ist bei der Kompetenz an der Spitze hat aber wahnsinge Probleme mit der sozialen Konditionierung. Vor ca. 10 Jahren hatte mein Betrieb eine Maschinenanfrage aus Korea. Die Ausschreibung war eindeutig, wie der Prozess zur Herstellung eines Gegenstands auszusehen hat. Hier in Europa war zur Herstellung des Gegenstandes ein anderer Prozess angesagt, der die Investitionskosten um ca. 20 – 25% geringer ausfallen ließ als der von den Koreanern vorgeschlagene Prozess, und das ohne Qualitätseinbußen. Also stellten wir unseren Prozess vor, weil wir ja den Auftrag für die Maschine… Mehr

Thorsten
4 Jahre her
Antworten an  Donostia

Bildung wird in D.land durch die Sozialisierung der Eltern determiniert, da das Schulsystem nur noch eine „Mangelverwaltung“ ist. Da ist es für „bildungsferne Migrantenclans“ zappenduster. Und wird es auf unabsehbare Zeiten auch bleiben.

Nibelung
4 Jahre her

Deutschland will Weltmarktführer in der Wasserstofftechnik werden, weil sie gemerkt haben daß sie mit der Batterietechnik kein Land gewinnen und Japan ist denen auf diesem Sektor schon Jahre voraus und nun verkaufen sie es hierzulande als große Erfindung und für wie dämlich halten sie eigentlich die Bürger, die ja nicht umsonst die Batterietechnik aus der Uneffizienz heraus ablehnen und sie damit in grüne Verlegenheit bringen, die auch noch in ihrer Frechheit nicht zu überbieten ist.

HGV
4 Jahre her
Antworten an  Nibelung

Lt. Welt Online hat sich Frau Schlunz entschieden, dem batterieelektrischen Antrieb den Vorzug zu geben. DUH und Grüne (Krischer) haben ihr das quasi ins Ohr geflüstert, da auch synthetische Kraftstoffe nur Verbrennermotoren weiter leben lassen. Nur Schade, dass sich die Asiaten gerade auf den Weg der Brennstoffzelle machen. Wenn man Minderqualifizierten die Entscheidung über technischen Entwicklungen überlässt, laufen wir vielleicht bald wieder alle zu Fuß oder fahren Fahrrad. Aber das ist dann auch Individualverkehr. Das Dogma vom ÖPNV hält sich in so manchem Gehirn, als ob es bereits ein Defekt ist.

Donostia
4 Jahre her
Antworten an  HGV

Die Brennstoffzelle betrieben mit Wasserstoff ist für mich ebenfalls ein Irrweg. Zumindest ist es weniger effizient (sehr teuer) als die heutigen Verbrennermotoren. Wie wird den Wasserstoff hergestellt? Genau durch Elektrolyse. Und was braucht man für Elektrolyse? Genau Strom. Demzufolge wird Strom nochmals umgewandelt in Wasserstoff. Da eine Energieumwandlung immer einen Wirkungsgrad <100% bedeutet ist es doch hirnriesig dies zu tun. Und wie wird nochmals der Strom hergestellt? Genau durch Gas-, Atom- oder Kohlekraftwerke und ein bisschen Windmühlen und Solarenergie. Heute schon gelingt es nicht den normalen Strombedarf ohne Elektroautos grundlastsicher mit alternativen Energien herzustellen. Und dann soll das auch noch… Mehr

Thorsten
4 Jahre her
Antworten an  Nibelung

Das ist nur „die nächste Sau durchs Dorf treiben“. Wie oft wurden schon Milliarden versenkt in „innovative Projekte“ versenkt? Solar, Wind und E-Auto sind noch aktuell.

Das wird der nächste Rohrkrepierer …

HGV
4 Jahre her

Es wird in Deutschland keine Bildungsoffensive mehr geben, da wir bereits heute eine hohe Anzahl an hochqualifizierten Abiturienten haben. Und diese Zahl ist noch steigerungsfähig durch bereits ausgewählt Anti-Frustrationskonzepte und neue Bildungskonzepte. Die Heuchelei der Digitalisierung der Schulen mündet in Konzeptionslosigkeit, wie so etwas überhaupt stattfinden kann. Da werden Milliarden für Hardware und digitale Netze ausgegeben, ohne die Lerninhalte auf die Digitalisierung anzupassen. Virtuelle Klassenräume haben nichts mit einer Videokonferenz zu tun und Wikipedia nichts mit einem Geschichts- oder Geographiebuch. Digitalisierung müsste an der Uni im pädagogischen Studium beginnen, doch stattdessen werden Inhalte an den Zeitgeist angepasst. So wird der… Mehr

SpenglersPriest
4 Jahre her

Das klingt alles plausibel. Aber Deutschland hat, wie viele andere Länder auch, sehr viele Naturwissenschaftler, die keinen Job finden können, bzw. prekär beschäftigt sind. Es gibt also überhaupt keinen Bedarf an hochqualifizierten Leuten. Theoretisch kann man mit 1000 Physikern mehr erreichen als mit 100 Physikern. Oder mit 1000 Leuten die einen IQ jenseits der 130 haben als mit 100 Leuten mit einem IQ jenseits der 130. Aber für diese Leute muss man überhaupt auch erst einmal Arbeit haben. Ich, z.B., habe eine Naturwissenschaft studiert, summa cum laude promoviert, habe Auslandserfahrung, habe über 30 Publikationen in guten Journalen. Ich finde seit… Mehr

Schwabenwilli
4 Jahre her
Antworten an  SpenglersPriest

Ich möchte fragen wie es mit ihrem Beruf mit einer Arbeitsstelle im Ausland aussehen würde? Ich vermute sie haben Chemie studiert in der Tat sieht es damit in Deutschland mehr als miserabel aus. Der Staat hat schon seit Mitte der 70er Jahre die Infrastruktur für Wissenschaft und Forschung verkommen lassen. Anstelle dessen hat sich im ganzen Land ein überdimensionaler bürokratischer Wasserkopf entwickelt, Betriebswirte, Kontrolle, Sozialpädagogen und so weiter und so fort habe das Kommando übernommen, mitten drin sitzen wie die Made im Speck die alt 68er mit ihrer verquirlten Ideologie im Kopf. Schon seit Jahrzehnten leben wir in großen Teilen… Mehr

SpenglersPriest
4 Jahre her
Antworten an  Schwabenwilli

Richtig vermutet. Im Ausland sieht es auch nicht wirklich besser aus. Will man nicht an ziemlich extreme Orte gehen (Saudi Arabien, z. B.), ist da auch nicht viel zu finden. Die Unis sind in der Tat immer weniger Orte der Wissenschaft und Forschung. Der Wasserkopf wächst mit all den sich daraus ergebenen Effizienzeinbußen. Die dümmste Lösung wird umgesetzt, Quoten, bürokratischer Unsinn ohne Ende. Haltung wird auch immer wichtiger. Aktueller Fall: Hicksly in der Angewandten. Wäre vielleicht auch etwas für Tichys Einblick. Von daher würde es mich schon freuen wenn pragmatischere Kulturen uns abhängen würden, weil sie diesen Unsinn nicht machen.… Mehr

Donostia
4 Jahre her
Antworten an  SpenglersPriest

Diese pragmatischere Kulturen bilden keinen so großen Wasserkopf, weil sie es sich schlicht nicht leisten können. Der Wasserkopf und die Bürokratie ist ein Dekadenzproblem der westlichen Gesellschaften.

AlNamrood
4 Jahre her
Antworten an  SpenglersPriest

Mit 1000 MINT Abgängern DER HEUTIGEN Generation erreichen Sie wohl kaum irgendwas.