Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe das Weltbild vieler Deutscher verändert, so Renate Köcher vom Allensbacher Institut. Der Glaube an Abrüstung als Mittel zum Frieden sei geschwunden. Josef Kraus hat sich die Studie näher angeschaut – und hätte sich mehr Tiefgang gewünscht.
„Deutsche wollen wehrhaften Frieden“, so überschreibt Renate Köcher, Direktorin des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD), ihren Beitrag vom 27. Mai 2022 im regelmäßig erscheinenden „FAZ-Monatsbericht“. Im Vorspann dazu heißt es: „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat das Weltbild vieler Deutscher verändert. Der Glaube an Abrüstung als Mittel zum Frieden ist geschwunden. Doch zwischen West und Ost gibt es signifikante Unterschiede.“
Wir haben uns die in diesem Beitrag referierten Zahlen genauer angeschaut und (vergeblich) versucht, Details dazu anhand des IfD-Netzauftrittes zu finden. Einige Details gefunden haben wir nur dort: Aber das sind Daten vom 1. Februar 2022, also rund drei Wochen vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine.
Also mussten wir uns mit den relativ wenigen Zahlen begnügen, die die Autorin Köcher in ihren FAZ-Text eingebaut hat. Wir kollationieren diese IfD-Zahlen/Angaben in von uns selbst erstellten Tabellen und reduzieren die Frage auf den Kern.
Ferner schreibt Renate Köcher mit Bezug auf Deutschland insgesamt und ohne Differenzierung nach West/Ost: „57 Prozent vertreten die Position, dass man bereit sein muss, sein Land und die Freiheit mit allen Mitteln zu verteidigen.“
So, recht viel schlauer sind wir jetzt auch nicht. Das sind Ergebnisse, wie man sie erwartet hatte. Die Zurückhaltung der Ostdeutschen in solchen militärpolitischen Fragen korreliert mit der Russlandaffinität vieler Ostdeutscher und hier wiederum mit ihrer Affinität zur AfD und zur Links-Partei. Beide Parteien sind in Sachen „Ukraine“ und Nato ja bei aller sonst weit entfernten politischen Verortung hier wenig voneinander entfernt. Und umgekehrt: Weil die „Grünen“ in Ostdeutschland keinen guten Stand haben, gibt es dort auch wenig Sympathisanten mit der neuen „grünen“ und im Moment gar nicht mehr so pazifistischen Sicherheitspolitik eines Robert Habeck, einer Annalena Baerbock oder eines Anton Hofreiter.
Sehr interessant wäre auch die Frage gewesen, die das Gallup-Institut weltweit gelegentlich stellt. Dort fragt man in über 60 Ländern: „Wären Sie bereit, für Ihr Land zu kämpfen?“ Die letztverfügbaren Daten haben wir aus dem Jahr 2015. Danach stehen unter den befragten 68 Ländern die islamisch geprägten ganz oben – mit Prozentanteilen von 70 bis über 90 Prozent. Deutschland liegt mit 18 Prozent auf Platz 66, knapp hinter Österreich (21 Prozent) und Italien (20 Prozent). Schlusslichter sind die Niederlande (15 Prozent) und Japan (11 Prozent).
Interessant – zum Teil aber auch lückenhaft – ist Renate Köchers zeitgeschichtlicher Rückblick auf die Haltung der Deutschen (hier West) zu Rüstungs- und Verteidigungsfragen. Die entsprechenden IfD-Daten zu damaligen Befragungen fassen wir ebenfalls in eigene Tabellen zusammen.
Diese Zahlen zeigen, welche Flexibilität den „Grünen“ mittlerweile zugestanden wird. Dass die „Grünen“ heute fast schon bellizistisch auftreten, hat ihre Wählerschaft nicht vergrault. Im Gegenteil: Die letzten beiden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und in NRW haben ihnen inmitten des Ukraine-Krieges zum Teil erhebliche Zuwächse gebracht. Man vergesse dabei nicht: Die „Grünen“ sind einst maßgeblich aus der Friedensbewegung hervorgegangen.
Etwas schief liegt Renate Köcher, wenn sie die deutsche Zustimmung zum Streit um den Nato-Doppelbeschluss zwischen 1979 und 1983 allein Helmut Kohl (CDU) zuschreibt und meint, die SPD habe damals eine „Kehrtwende ihrer Sicherheitspolitik“ vollzogen. Ohne das Verdienst Kohls zu schmälern: Es war Kanzler Helmut Schmidt (SPD), der die deutsche Zustimmung zum Nato-Doppelbeschluss initiierte. Sehr zum Leidwesen seiner SPD. Und auch heute fremdelt die SPD wieder mit Sicherheits- und Militärpolitik. Das Herumlavieren von Kanzler Scholz ist Beleg dafür.
IfD-Momentaufnahme hin oder her: Wir werden noch sehen, ob sich in Sachen Sicherheitspolitik/Nato/Bundeswehr tatsächlich unter den Deutschen wieder mehr „wehrhafter“ Realitätssinn ausbreitet. Abhängen wird das vom Ausgang des Krieges in der Ukraine und vor allem davon, welche monetären Auswirkungen dieser Krieg auf den Geldbeutel der Deutschen hat. Der stramme Pazifismus der Deutschen dürfte noch lange nicht gänzlich überwunden sein.
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Um für „sein“ Land und dessen Werte ggf. in den Krieg zu ziehen, um es zu verteidigen, müßte es erstens „mein“ Land sein (und nicht das von der Politik gekaperte und deformierte) und zweitens müßte es noch existente Werte geben, für die es sich lohnte, sie zu verteidigen. Wenn man solche Werte noch hätte, müßte weiterhin gewährleistet sein, daß man auf diese auch stolz sein darf. Es müßte also auch eine Liebe zum Land vorhanden sein und gepflegt werden. All das hat den Deutschen diese Deutschlandhasser-Kaste vom Schlage eines Habeck ausgetrieben. Die Resultate dieser Politik habe ich heute morgen wieder… Mehr
Für mich sind solche Statistiken nur ein trauriger Versuch die einstig gültige Meinung zu dem Thema , das am Ende die Demontage der Bundeswehr bedeutete und eine Schwächung der Nato nach sich zog. unter den Tisch zu kehren . Jetzt will man plötzlich wieder „ Wehrhaft“ sein da es den behaupteten „immer währende Frieden in Europa „ nicht gibt .. Hätte man immer diese Meinung der Wehrhaftigkeit gehabt ,wäre Putin vermutlich auch nicht in die Ukraine einmarschiert , zu groß wäre das Risiko gewesen mit einer massiv wehrhaften geschlossenen NATO ein Problem zu bekommen
Seltsam, der achtjährige Krieg der Marionetten in Kiew gegen die Bevölkerung im Donbass mit ca. 15.000 Toten hat gar nichts bei den Bundesbürgern bewirkt. Bei den Bundesbürgern hat sich offenbar noch nicht herumgesprochen, dass es keinen guten Krieg gibt.
»Die Zurückhaltung der Ostdeutschen korreliert mit der Russlandaffinität vieler Ostdeutscher«. Darin stehen sie im krassen Gegensatz zu anderen ehemaligen Ostblockstaaten. Stockholm-Syndrom?
»Der stramme Pazifismus der Deutschen dürfte noch lange nicht gänzlich überwunden sein.« Kanonenfutter für Kaiser und sozialistische Führer gern, Verteidigung von Freiheit und Demokratie doch eher zögerlich.
Für den normalen Westdeutschen stehen die USA eben nicht für „Wokeness, Cancel Culture und Konzernokratie“, sondern iPhone, Netflix, GoT, Hamburgers, Tesla, Popmusik, Wolkenkratzer, Monument Valley, Hotel California (die älteren ganz sicher) und wahlweise Donald Trump oder Obama und Biden. Und müßten sie emigrieren und hätten sie die Wahl nur zwischen den USA und Rußland, wählten auch 90 % aller Putinisten die USA. Sogar bei russischen Oligarschen fällt diese Wahl nicht anders aus. Auch Himmler ist mit seiner Politik der Ostsiedlung gänzlich gescheitert. Mag sein, daß für eine Minderheit gilt „es Oriente Lux“, der Blick der Deutschen ging und geht immer… Mehr
Propaganda lässt sich eben auch mit derartigen Umfragen praktizieren. Auf die Frage, ob man bereit ist, sein Land und die Freiheit zu verteidigen, kann man natürlich entsprechend antworten; denn es ist ja nur theoretisch. Aber was verteidigen heißt, wissen die heutigen Kriegstreiber alle nicht. Ich denke nur, dass ein Krieg in Europa Deutschland vernichten würde. Und wäre der Westen nicht so abgehoben mit Putin umgegangen, gäbe es keinen Krieg.
Der grüne Meinungswandel zu einseitiger Abrüstung und Abschreckung ist ziemlich entlarvend und genau das, was ich von der Partei gewohnt bin und von ihren Anhängern erwarte. Irgendwelchem unausgegorenen Blödsinn hinterher laufen, weil man sich so schön als friedensbewegter, politisch korrekter und nachhaltiger Gutmensch aufführen kann – aber sofort eine überzogene Kehrtwende, wenn das von Anfang an Absehbare eintritt und es mal sie selbst und nicht nur andere betrifft. Vorher nicht, und da lassen sie für ihren Wahn alles und jedes über die Klinge springen. Wird bei der Energiewende nicht anders sein, sobald sie ihre Handies nicht mehr laden können und… Mehr
So sehe ich das auch. Die Gutmenschenkinder – wenn sie denn kalte Hintern bekommen – werden dann erst merken, daß sie, die sich immer auf der „richtigen“ Seite der Geschichte verortet haben, Ihren fehlmeinend gleichgesinnten „Führern“ ebenso am Bobbes vorbeigehen, wie diejenigen, die bisher als „Rechte“ oder „Rechtsradikale“ verunglimpft wurden. Am Ende des Tages gibt es nur noch das platte Volk, zu dem sich dann auch die kriegslüsterne linksgrüne Presselandschaft gesellen darf und die sog. Elite, die für den Schmonzes verantwortlich ist. Bei einem fast sicher kommenden Blackout werden sich dann die aus allen Wolken fallenden Gutmenschen gegenseitig zerfleischen und… Mehr