Berlin organisiert die Wahlwiederholung. Um das Vertrauen zu stärken, werden Beobachter der EU und der OSZE eingeladen. Bürgerämter sind geschlossen, denn die Mitarbeiter werden für die Organisation gebraucht. Und die Bürger werden bestraft, wenn sie ihre Amtsgänge nicht rechtzeitig erledigen können.
Wahlen sind eine schwierige Sache. In Berlin hat man erst seit zwei Generationen Erfahrung mit der Organisation von Wahlen, die manchmal sogar frei und geheim sind. Um das Vertrauen der Bürger in den korrekten Ablauf der Wahlen zu stärken, hat das Auswärtige Amt der Bundesregierung auf Bitte des Landeswahlleiters Stephan Bröchler Wahlbeobachter bei der Europäischen Union angefragt. Diese sollen die Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar 2023 kontrollieren.
„Mit der Wahlwiederholung können wir zeigen, dass wir aus Fehlern gelernt haben und Vertrauen in die Demokratie zurückgewinnen werden. Deshalb möchten wir uns der Beurteilung durch unabhängige Wahlbeobachtung stellen“, so Bröchler. Die Wiederholungswahlen sind eine „Herkulesaufgabe“, sagt er auf dem YouTube-Kanal des Landeswahlleiters. Die Probleme, die er aufzählt: qualitativ korrekter Druck von Wahlzetteln, Verteilung derselben an die Wahllokale, Schulungen für die Wahlhelfenden (der Wahlleiter gendert natürlich stramm) und die Schwierigkeit, geeignete Wahllokale zu organisieren.
Dabei klagt der Wahlleiter auf hohem Niveau. Das Berliner Wahldebakel war eine Mehrfachwahl: Wahlen zum Abgeordnetenhaus (Wahlalter 18 Jahre), Bezirksverordnetenwahlen (Wahlalter 16 Jahre), Bundestagswahl (Wahlalter 18 Jahre) und ein Volksentscheid (Wahlalter 16 Jahre) fanden gleichzeitig statt. Komplexer zu organisieren als eine Einfachwahl, aber auch nicht ein einmaliger Vorgang. Die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung finden immer gleichzeitig statt. Auch, dass gleichzeitig der Bundestag gewählt wurde, war schon 1961 und 1980 der Fall.
Die Bundestagswahl soll nur in 431 der 2.257 Berliner Wahlbezirke wiederholt werden, ein Datum steht noch nicht fest. Dabei sind in Berlin weit mehr als 431 Wahlbezirke betroffen. Tichys Einblick hatte die massiven Unregelmäßigkeiten, die mindestens an Wahlbetrug angrenzen, in detaillierter Recherche aufgedeckt. Vor dem Bundesverfassungsgericht läuft eine von Tichys Einblick und seinen Lesern finanzierte Klage, um eine Wiederholung in ganz Berlin zu erwirken.
Auch die Verwaltung von Berlin will alles richtig machen. Um der neuen Herausforderung einer Wahl gerecht zu werden, werden in Berlin viele Bürgerämter geschlossen. Das Personal wird benötigt, um die anstehenden Wahlen zu organisieren. Vorher musste man nur ein halbes Jahr warten, um einen Termin für die Anmeldung oder Ausstellung von Ausweispapieren zu erhalten. Termine wurden im Voraus für drei Monate vergeben, waren aber nie frei.
Nun sind einige Ämter geschlossen – den Bürgern kann eine noch längere Wartezeit offenbar zugemutet werden, während der Staat für das eigene Versagen die Hand aufhält. Und das alles, obwohl die Zahl der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst immer weiter steigt. Arbeiteten 2012 noch 186.315 Personen im öffentlichen Dienst Berlins, stieg die Zahl bis zu diesem Jahr auf 215.480, also um fast 16 Prozent, während die Einwohnerzahl der Stadt im gleichen Zeitraum um 9 Prozent gewachsen ist.
Andreas Geisel war im letzten Jahr Innensenator von Berlin und damit verantwortlich für die Organisation der Wahlen. In dieser Funktion hat er nicht nur versagt, sondern auch nachträgliche Änderungen der Ergebnisse mit dem Rotstift angewiesen. Politische Verantwortung weist er von sich, das sei Aufgabe des Wahlleiters und der Bezirksämter gewesen. Der Chef versteckt sich hinter denen, die an seine Weisungen gebunden sind. Nun ist er nicht mehr Innensenator – aber Bausenator. Dort hat Rechtsbruch wengistens keine bundespolitischen Auswirkungen.
Oder, um es mit den Worten des Wahlleiters zu sagen: „Berlin kann Wahlen, jetzt erst recht“.
In eigener Sache: Tichys Einblick will die Verfassungsmäßigkeit auch der Bundestagswahlen in Berlin nun durch das Bundesverfassungsgericht prüfen lassen; wir halten dafür, dass auch nach den Wahlprüfungsgrundsätzen im Bund eine komplette Wiederholung auch der Bundestagswahl im Bundesland Berlin erforderlich ist, da insofern keine anderen Maßstäbe gelten können als für die Wahl zum Abgeordnetenhaus. Denn beide Wahlen fanden gleichzeitig, in denselben Wahllokalen, in denselben Wahlkabinen statt – wenn sie denn überhaupt stattfanden und die Wähler nicht zum Beispiel wegen der langen Schlangen wieder nach Hause gegangen waren.
Deshalb hat Roland Tichy, Herausgeber von TE, entschieden, eine Initiative zu gründen, die die Wiederholung der Bundestagswahl in allen Berliner Bezirken einklagen wird. Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird von dem namhaften Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau in Karlsruhe im Namen von zwei Tichys-Einblick-Lesern geführt. Unsere Leser haben bereits mit einer Formulierungshilfe von TE Antrag auf Wahlwiederholung gestellt und sind damit klageberechtigt. Die Klagefrist läuft am 10. Januar 2023 ab. Die Finanzierung hat „Atlas – Initiative für Recht und Freiheit“ übernommen.
Unterstützen Sie bitte die Öffentlichkeitsarbeit dieses Vorhabens.
Für Spenden haben wir bei der Commerzbank Köln das Konto mit der IBAN DE14 3704 0044 0543 2000 02 eingerichtet (Empfänger: TE Sonderkonto Rechtsstreitigkeiten).
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Bei der SPD scheint man sich sehr sicher zu sein, das Ereignis Wahl noch verschieben zu können. Vielleicht kennt man aber auch nur schon wieder die Wahlergebnisse; was nicht verwunderlich wäre. Ich hoffe sehr und wäre auch bereit finanzielle Unterstützung zu leisten, wenn TE auch diese Wahl kontrollieren würde. Schließlich brauchen wir zumindest eine Instanz, der man vertrauen kann.
Das ist echt großzügig von den Bayern, dass sie den Berlinern über 215000 Witzfiguren bezahlen, die mit wirklich allem, was mit ihren Aufgaben zu tun hat, heillos überfordert sind. Spaß beiseite: Wenn man sich das Führungspersonal aus Rechtsbrechern wie Ex-Innensenator Geisel ansieht, der die Berliner Polizei sogar auf alte Damen eindreschen ließ, wundert einen in Berlin überhaupt nichts mehr.
Mit „Berlinern“ hat das alles kaum etwas zu tun . Alt eingesessene Berliner stellen im Bundesland Berlin inzwischen eine kleine Minderheit dar, sehen Sie sich mal die Lebensläufe dieser Personen an, die große Mehrzahl von denen ist nicht in Berlin geboren und/oder aufgewachsen. Im öffentlichen Dienst des Bundeslandes Berlins sind richtige Berliner fast nicht mehr zu finden . Zudem ist der Wahlbetrug mit 100%-iger Sicherheit nicht auf Berlin beschränkt, er fand auch nicht erstmals bei der Wahl 2021 statt. In anderen Bundesländern und bei früheren Wahlen gab es auch Wahlbetrug , nur hat man da auf ein paar mathematische Grundsätze… Mehr
Oh, Wahlen sind angesagt. Das IST ja was ganz Neues, wie geht denn das? Klar, fuer den Genossen Geisel sicher Neuland, in der guten alten Zone war das unkompliziert. Aber mal ehrlich: Die Durchfuehrung IST ein einfach Ding, sagt jemand, der mehrfach als Wahlvorstand fungierte. Nur etwas Korrektheit & Gewissenhaftigkeit sind gefragt. Wir mokieren und ueber Staaten, in den Wahlbeoachter taetig werden, ueber Staten mit korrupten Regierungen, doch ein Blick auf die Hauptstadt & und die EU lassen uns den Spott rasch vergehen. Wir schwafeln von Werten, von good governance und sollten uns schaemen.
Was genau funktioniert denn in Berlin ?
Ist es nicht so, dass in der Verwaltung, den Behörden, der Infrastruktur, den Schulen, Sportstätten, dem Wohnungsmarkt, dem Flughafen etc. etc genau genommen nichts funktioniert. Warum sollte das mit dem gleichen Personal bei Wahlen anders sein…..
Die Hauptstadt, auf die keiner stolz sein kann und im Ausland jeder darüber lacht. Gut gemacht, Berlin, du bist eine Schande fürs Land.
Ich kann Ihnen sagen, was in Berlin funktioniert. Die alten und eingesessenen Seilschaften. Zwar trifft man sich nun nicht mehr wie in den 70-ern im Puff, aber die Gang ist die selbe.
Ich finde, internationale Wahlbeobachter bei deutschen Wahlen sind mittlerweile ein must have. Was bei Bananenrepubliken anderer Kontinente seit langem selbstverständlich ist, sollte auch bei der Bananenrepublik des europäischen Kontinents selbstverständlich werden.
Internationale Wahlbeobachter kann man leicht austricksen. Das werden uns die Regierenden schon beweisen. Berlin muss in den Händen der SPD bleiben, damit der ganze Schmu der letzten Jahrzehnte, die ganzen Umbuchungen und Haushaltstricksereien nicht auffliegen, denn sonst würde die ganze SPD auffliegen. Selbstverständlich würden auch die anderen Parteien Schaden davontragen, denn Nehmen ist seliger den Geben.
Beobachter der EU und der OSZE sollen bei der Berlinwahl eingesetzt werden.
Das ist vergleichbar mit einer rechtlosen Bande, die sich von der anderen ihre Integrität bestätigen läßt und solange hier keine Parität im Interesse des Ganzen eingehalten wird, kann man nur schlimmstes erahnen, weil im Ergebnis dann noch günstigere Beurteilungen der amtierenden Regierung heraus kommt, als große Chance aller Systemveränderer, weil sie es einfach nicht lassen können.
ich habe meine kirchensteuer jetzt auf von mir gewählte spendenkonten „umgeleitet“.
Wahlen in Berlin sind problematisch, weil sich doch recht viele Berliner regelmäßig verwählen. Früher gab es dafür die Ostberliner Lösung, aber die hat sich nach der Wiedervereinigung immer noch nicht richtig im Westteil durchgesetzt.
„Wahlen sind eine schwierige Sache.“
Ja, sogar eine „schwindelerregende“ Sache 😉
„Wahlen sind eine schwierige Sache.“ Ja, insbesondere dann, wenn geschwindelt werden soll, damit der Eindruck einer verfassungsgemäßen demokratische Wahl, dahergeschwindelt werden soll. War schon bei SED Wahlen immer ein mühseliger Schwindel Kraftakt. Dazu müssen erst einmal die von den Parteien gefakten Wahlgesetze verfassungskonform gemacht werden, durch: Doppellkandidatur Verbot – als Direktmandat UND auf Parteiliste Parteilisten Verbot überhaupt – sind ausserhalb des öffentlichen Wahlvorgangs vorab veranstaltete Parteiwahlen, sind nicht „allgemein“ Parteiproporz Ausgleichmandate – Verbot, denn das sind Mandate mit denen das schon ausgezählte Stimmenergebnis, nach der Wahl abgeändert wird nach Parteiproporz, mit Kandidaten aus den Parteilisten. Vor allem können sie erst… Mehr