Atomausstieg: Der lange Schatten der Agora

Es war ein offenes Geheimnis: Der Atomausstieg wurde entgegen fachlicher Expertise und wirtschaftlicher Notwendigkeit von einem grünen Netzwerk durchgepeitscht. Es zeigen sich dieselben Muster wie bei der Graichen-Affäre. Entweder wusste Habeck darum – oder er hat sein Amt nicht im Griff.

IMAGO - Collage: TE

Das sollte niemanden überraschen: Der Atomausstieg in Deutschland beruhte auf manipulierten Papieren. Das Agora-Netzwerk im Bundesumweltministerium hat dabei ganze Arbeit geleistet. Schon früher hatte TE berichtet, dass insbesondere Patrick Graichen, damals die rechte Hand des Bundeswirtschaftsministers, beim Atomausstieg nur die Meinungen hören wollte, die den ideologischen Plan der Grünen rechtfertigten.

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Spätestens mit dem, was in den Medien als „Trauzeugenaffäre“ heruntergespielt wurde, in Wirklichkeit aber eine Agora-Affäre war, wurde einem breiten Publikum bekannt, was Monate und Jahre zuvor schon unabhängige Medien berichteten: nämlich, dass es einen Filzteppich in mehreren Ministerien gab, in dem sich NGOs, alte Weggefährten und Verwandte die Klinke in die Hand gaben. Zur Erinnerung: Graichen stürzte zuletzt nicht über einen Trauzeugen, sondern über die Überweisung mehrerer hunderttausender Euro an den BUND, dem seine Schwester Verena Graichen als stellvertretende Vorsitzende angehört.

Tichys Einblick hat dabei seit Beginn der Ampel-Regierung durchgehend und intensiv die Causa Agora am Beispiel Patrick Graichen belichtet. Bereits zu Beginn des Jahres 2022 wurde hier ausgeführt, wie etwa die Öko-Lobby ein dichtes Netzwerk zwischen NGOs und Ministerien gestrickt hatte. Im Zuge der Agora-Affäre wurden diese Erkenntnisse immer wieder erweitert und ausgeführt. TE hatte damit maßgeblichen und direkten Anteil am Sturz des Staatssekretärs.

Eine Liste mit solchen Beispielen ließe sich verlängern. Dazu gehört insbesondere das bis heute bestehende Netzwerk von Agora-Seilschaften in verschiedenen Ministerien, repräsentiert durch mehrere Staatssekretäre. Sie alle sind mit einer Denkfabrik verbunden, die Rainer Baake – ehemaliger Adlatus von Jürgen Trittin und die Graue Eminenz der Energiewende – ins Leben gerufen und die sein ehemaliger persönlicher Referent Patrick Graichen weitergeführt hat.

Dass es bis heute die „Trittin-Connection“ ist, die in den Beamtenstuben und der Partei das Sagen hat, belegt der Cicero mit einer eindrücklichen Darstellung:

Er [Habeck] ließ lieber stillgelegte Kohlekraftwerke reaktivieren und dachte über schwimmende Erdölkraftwerke nach, statt den Machtkampf mit Altvorderen wie Trittin zu wagen, die den Kampf gegen die Atomkraft als politisches Lebenswerk sehen. Diese Grünen – das machen die AKW-Akten aus Habecks Ministerium deutlich – haben über Jahrzehnte hinweg ein dichtes, filzartiges Netzwerk gebildet, das die deutsche Energiepolitik beherrscht.

Vor dem Hintergrund der von Cicero freigeklagten Geheimakten des Bundeswirtschaftsministeriums bekommen die beiden Personalien Graichen und Tidow neue Brisanz. Statt auf die Expertise der Fachleute zu hören, bauten sich die Agora-Leute ihre grüne Apologetik zusammen. „Und sie waren sich von vornherein einig: Ein Abrücken vom Atomausstieg darf es nicht geben. Fachliche Argumente, die dafürsprechen, sollten gar nicht erst bekannt werden“, schreibt Cicero.

Krönung war ein fünfseitiger Vermerk „Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs“ von Graichen. Er kam zum Ergebnis, dass der Atomausstieg nicht empfehlenswert sei. Das Papier strotzte vor Fehlern und Falschbehauptungen, wie selbst Gerrit Niehaus, Leiter der Abteilung „Nukleare Sicherheit, Strahlenschutz“, gegenüber Staatssekretär Tidow anmerkte. Dabei war Niehaus selbst nicht um „Korrekturen“ verlegen, wenn wissenschaftlicher Bericht und gewünschtes Ergebnis nicht zusammenpassten. Den ursprünglichen Vermerk „Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke – Mit der nuklearen Sicherheit verträgliche Szenarien“ hatte er selbst ins Gegenteil verdreht. Aus einer Empfehlung zur Laufzeitverlängerung wurde ein Abraten.

Graichen, Tidow und Niehaus verteidigten damit Trittins und Baakes Erbe. Die Mechanismen sind hier aufgeschlüsselt, wie man sie auch schon aus der Vergangenheit kennt. Neu ist, dass sie mit dem Cicero-Bericht eine breite Öffentlichkeit erfahren und das grüne Netzwerk nicht mehr als Verschwörungstheorie gebrandmarkt werden kann. Zu offensichtlich sind Filz und Manipulation.

Bleibt die letzte Frage: Was wird aus Robert Habeck? Der Cicero sieht den Minister von den eigenen Mitarbeitern ausgetrickst und getäuscht. Er habe Entscheidungen getroffen, die auf falschen Grundlagen beruhten. Wie schon bei der Graichen-Affäre stellt sich da die Frage: Wenn das stimmt, dass ein Minister zum wiederholten Mal „Opfer“ seiner von ihm selbst gestrickten Netzwerke und von ihm eingestellten Mitarbeitern wird, wie geeignet ist er dann für dieses Amt? Und warum hat er sich nach der Graichen-Affäre nicht aller Agora-Leute entledigt? Warum arbeitet Tidow als Agora-Mann immer noch im Umweltministerium als Staatssekretär, warum wird Michael Kellner als Schwager Graichens nicht aus dem Wirtschaftsministerium versetzt?

Konsequenzen wurden keine gezogen. Die Aufklärung ausgebremst. Auch das kennt man aus den Vorgängen von vor einem Jahr. Habeck kann im Nachhinein, sollte es brenzlig werden, sich darauf verlassen, dass Tidow im Umweltministerium seinen Posten räumt, um wie bei Graichen seine eigene Haut zu retten. Dabei müsste klar sein: Ein Minister, der sein eigenes Haus nicht im Griff hat, ist nur dem Namen nach Minister. Dann sollte er ganz weg. Es bleibt aber bis zuletzt der Beigeschmack, dass man – wie es so oft in Ministerien der Fall ist – die Verantwortung auf die kleineren Glieder abwälzt, um den Dienstherrn zu schützen.

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Kommentare ( 147 )

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Schwabenwilli
7 Monate her

Wenn Habeck von nichts gewusst kamen soll, warum versuchte er dann die Herausgabe der Protokolle zu verhindern? Jetzt wird es dem gefeierten Graichen angehängt. Ich bin kein Freund der Atomkraftwerke aber diese drei hätten weiter betrieben werden müssen, wenigstens so lange bis der Ausbau von Wind, Sonne und Speichermedien das abschalten der KKWs ermöglicht hätten. Allerdings, nur um dann zu erkennen welche verheerenden Schäden Windmühlen an Umwelt und Gesundheit erzeugen. TE ist da ganz vorne mit dabei. Bei den PV Anlagen reichen meine Kenntnisse noch nicht aus ob Quadratkilometer schwarze Fläche welche die Sonneneinstrahlung, wie bei Eisflächen, nicht mehr in… Mehr

wackerd
7 Monate her

Nein! Der Atomausstieg beruhte nicht auf manipulierten Papieren. Er beruht auf einer zerstörerischen Ideologie, die jeder (der einigermaßen selbst denken kann!) seit Jahrzehnten im Grünen-Parteiprogramm nachlesen kann. PS Im Übrigen ist der gesamte Mist um den Einfluss des menschengemachten Klimawandels auf das „Weltklima“ (Was bitteschön soll das eigentlich sein?) eine einzige Manipulation der Menschen.

schwarzwaldmaedel
7 Monate her

Seit Jahren schaue ich keine Nachrichten mehr im ÖRR. Gestern aus Neugier, nichts keinen Ton. Wurde neulich vin Herrn Gniffke nicht betont, dass man mehr Geld braucht, weil die ÖRR die Verpflichtung haben zu informieren. Unglaublich, was hier vorgeht. Wäre mir sonst egal, aber man wird gezwungen für „Nicht-oder Falschinformationen zu bezahlen. Diese Ideologie getriebene Partei der Grünen, schrecken vor keinem Betrug zurück, um ihre Agenda durchzusetzen. Widerlich! Konsequenzen werden natürlich nicht gezogen. Der Bürger hat den Schaden, die anderen Parteien spielen mit.

Fieselsteinchen
7 Monate her

Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen – so ein alter Kinderspruch oder “Dummheit schützt vor Strafe nicht”. Dass ein hochideologisierter Kinderbuchautor wenig bis kein Wissen zu Energiesicherheit und Energietechnik sowie wirtschaftlichen Prozessen hat, ist deutlich. Ich besitze auch nicht den verblendeten Größenwahn, anderen am Herzen rum operieren zu wollen, obwohl ich kein Herzchirurg bin. Die Schuld allein auf Graichen zu schieben, ist zu billig. Graichen – ein alter Habeck-Kumpel mag federführend sein, dass Habeck seine Entscheidungen ohne Gegenprüfung durchzieht, übrigens ganz im Einklang mit grüner Ideologie, obliegt seiner Verantwortung ganz allein. Gleiches trifft auch auf die verkniffene Melkerin/Postzustellerin im Umweltministerium zu. Das läuft… Mehr

Okko tom Brok
7 Monate her

Das Grüne Reich (Zellerzeitung) hat sich ein perpetuum mobile der Macht geschaffen, das sich aus unkontrollierter Medienmacht, unfassbarem Institutionenversagen und unverständlicher Ängstlichkeit des Wahlvolks speist. Sobald eine dieser drei „Säulen“ ausfällt, ist der Kippunkt erreicht.

Eberhard
7 Monate her

Es ist ja nicht der erste Betrug der Öko-Lobby. Sie haben über viele Jahre immer wieder mit Fake oder Halbwahrheiten, die risikoscheuen Deutschen in Angst und Schrecken versetzt. Nicht nur, wenn es um die Nutzung der Kernkraft geht. Aber auch da bereits z.B., als sie zigtausend Opfern eines Tsunamis immer wieder als Opfer einer nuklearen Katastrophe anführten. Auch Merkel nutzte dann den Ausstieg aus der Kernkraftnutzung, um mit einer von Ängsten geschüttelten naiven Mehrheit ihren Wahlsieg einzufahren. Die Folgen dieser betrügerischen grünen Connection werden nun nochmal durch ihre erschlichene Regierungsbeteiligung in das unermessbare katapultiert. Diese verbrannten und in den Sand… Mehr

Kassandra
7 Monate her
Antworten an  Eberhard

Der Wohlstand ist jedenfalls perdu – und wir alle tragen die Milliarden an Schuldenlast aus 16 Jahren Merkelzeit und der Ampel – wenn auch noch nicht öffentlich bekannt gegeben. Vom Prekariat aus der ganzen Welt, das pünktlich auf Alimentation wartet, gar nicht gesprochen.
Ich traue ihnen inzwischen zu, dass sie die nur einlassen, um uns im Fall des Falles ruhig zu halten wenn nicht gar zu erledigen, die in ihrem Kopf das Ding mit dem Ausmerzen aller Ungläubigen indoktriniert mitbringen.

Michaelis
7 Monate her

Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass die „Gesamtheit“ relevanter Unterlagen mittels Klagen der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden – undenkbar!!!!

Grumpler
7 Monate her

Wo ist der „Altvordere“ Jürgen T. eigentlich jetzt? War die Offenlegung der Akten bereits absehbar, daß er sich aus diesem Grund aus der Politik verabschiedet hat? Ist er noch im Land?

Michaelis
7 Monate her

Versteh ich nicht – die Mainstreampresse weiß nur Gutes und Positives über Habeck und seine Leistungen zu berichten. Ganz ehrlich, NUR POSITIVES!!!

a.bayer
7 Monate her

Ich vermute, dass am Ende dieser Affäre der noch schnellere Rückbau der AKW stehen wird (deren Weiterbetrieb, zumindest der sechs zuletzt vom Netz genommenen einige Fachleute für möglich halten). Da geht es den Grünen darum, während der verbleibenden anderthalb Jahre noch möglichst viele unumkehrbare Fakten zu schaffen. Wenn die FDP nicht die Reißleine zieht, werden die Grünen völlig unbeeindruckt weitermachen wie bisher. Ihre Wähler laufen ja nicht weg…

Kassandra
7 Monate her
Antworten an  a.bayer

Aber man fragt sich, wo sich solche Politiker noch sehen lassen können, nachdem ihnen jetzt seit Monaten das beständige „hau ab“ doch schon in den Ohren klingelt? Bunker sind auf Dauer wenig lustig. Auch auf größeren Latifundien wirds dann irgendwann langweilig – oder?

Grumpler
7 Monate her
Antworten an  a.bayer

Gut 30% ihrer Wähler sind weg. Der Rest ist der übliche harte Kern, den nix beeindruckt. Es mehren sich aber die Gerüchte, daß die Ampel noch dieses Jahr platzen könnte. Die FDP hat bei der Europawahl nicht viel, nämlich weniger als 5% zu erwarten. Es gibt zwar keine Hürde für das EU-Parlament, aber das Signal wäre deutlich. Neuwahlen im September in Verbindung mit einer der Landtagswahlen wäre denkbar. Zumal Merz dann sicherer Kanzlerkandidat wäre und die Merkelianer und der Söderianer ihm dann erwartungsgemäß vier Jahre lang nicht ins Gehege kommen könnten.

Last edited 7 Monate her by Grumpler