Der dreifache Bluff beim Migrationsgipfel

Grenzkontrollen, die keine sind; Gesprächsangebote, bei denen das Ergebnis feststeht; und eine Standhaftigkeit bei der Migrationspolitik, die schon bei der nächsten Bundestagswahl keine Rolle mehr spielt. Über Parteigrenzen hinweg haben alle Beteiligten beim Migrationsgipfel geblufft.

picture alliance/dpa | Carsten Koall

Die letzten beiden Tage beherrschten Bluffs, Nebelgranaten und Teenagerallüren die Hauptrolle im Theater der bundesrepublikanischen Politik. Schon die von heute auf morgen verordneten Grenzkontröllchen weckten Misstrauen. CDU/CSU sollten früh feststellen, dass dieses Misstrauen begründet war. Unter dem Deckmantel der Kontrollen sollte die illegale Zuwanderung unter dem Schutzwort der Asylsuche weitergehen.

Mit dem Vorwand des islamistischen Anschlags von Solingen hat die Bundesregierung solche Kontrollen für gleich sechs Monate angekündigt, hielt sich aber bis zuletzt bedeckt, was die konkreten Inhalte angeht. Die Bundesregierung hat in einer Pressekonferenz – ohne die Union – ein „Maßnahmenpaket“ angekündigt, das noch in dieser Woche dem Bundestag vorgestellt werden soll:

  • Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf zukünftig biometrische Daten nutzen, um die Identität von Schutzsuchenden festzustellen.
  • Schutzsuchende, für die laut Dublin-Regelung ein anderer europäischer Staat zuständig ist, sollen künftig keine Sozialleistungen mehr erhalten, wenn der zuständige Mitgliedsstaat der Rückübernahme zugestimmt hat.
  • Eine „Dublin-Task Force von Bund und Ländern“ wird dafür Sorge tragen, dass mehr Schutzsuchende, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, in den zuständigen Staat überstellt werden können.
  • Bei Reisen ins Herkunftsland, die nicht unbedingt notwendig sind, erfolgt die Aberkennung des Schutzstatus.
Bluff I: Die Grenzkontrollen

Die offensichtlichste Nebelgranate, mit der die Ampel seit Montag wirft. Die Bundesinnenministerin hat dabei gemeinsam mit dem Kanzler nicht nur gegenüber Verhandlungspartnern, sondern auch gegenüber dem Bürger geblufft. Denn was nützen Grenzkontrollen, wenn der Modus der Zurückweisungen derselbe bleibt? Auf dem Gipfel hat die Regierung offenbart, dass jeder, der „Asyl“ ruft, weiterhin eingelassen wird. Das ist keine Änderung zu früher, sondern aktueller Stand.

Einzige Änderung: Schnellere „Rückkehr“ der Migranten in andere EU-Länder, die vom Eurodac-System erfasst wurden. Die Union hat nicht zu Unrecht eingeworfen: Dann würden die anderen EU-Staaten Migranten einfach nicht mehr registrieren. Das würde nur an der deutschen Grenze passieren. Fazit: Grenzkontrollen züchtigen höchstens heimkommende Urlauber und Pendler, die in Kufstein 20 Minuten im Stau stehen, damit man auf vorbildlichen Grenzschutz verweisen kann, ohne in der Praxis etwas zu ändern.

Bluff II: Das Angebot der Ampel

„Wir sind bereit, das Gespräch weiterzuführen“, so Bundesjustizminister Marco Buschmann. Das soll das Gesicht der Ampel wahren. Eine ähnliche Aussage kommt von Außenministerin Annalena Baerbock. Die Unionsvertreter seien einfach aufgestanden, obwohl über „viele Themen“ noch gar nicht gesprochen worden sei. Welchen Sinn haben aber solche Diskussionen, wenn der eigentliche Kernpunkt – nämlich die effektive Grenzkontrolle und Zurückweisungen – bereits erledigt ist? Die Union hat Recht, wenn sie solche Debatten für Zeitverschwendung hält.

Zugleich hat die Bundesregierung klar gemacht, wo sie steht. Es werde „keinen nationalen Alleingang“ geben, betonten die Vertreter der Regierungsparteien. Wie soll man dann aber die seit 2015 allen europäischen Anrainern aufgezwungene Migrationspolitik nennen? Angela Merkel Entscheidungen von damals, die bis heute Dogma jeder deutschen Migrationspolitik sind, waren a priori ein Alleingang. Ob nun gegen Ungarn und Polen oder auch die Mittelmeerländer, denen Berlin freudig „Seenotretter“ finanzierte, obwohl man darum weder in Athen noch Rom gebeten hatte. Für eine gemeinsame EU-Politik könnte der Zug längst abgefahren sein, zumindest für diese Bundesregierung, die in den letzten Jahren mehrere europäische, migrationspolitische Projekte torpediert hat. Man wird die Zuwanderer weiterleiten, weil auf Berlin kein Verlass ist.

Bluff III: Die Standhaftigkeit der Union

CDU und CSU geben sich heute tapfer und prinzipientreu. Dabei sind sie es, die für die gegenwärtige Migrationskrise verantwortlich sind; eine Krise, die nicht mit der Ampel gekommen ist, sondern eine, die seit der Merkel-Ära andauert. Scholz, Faeser und Baerbock führen diesen Kurs nur fort. Die Union hatte über Jahre in der Regierung Zeit, eine Wende einzuschlagen. Selbst in der Opposition schafft sie es aber nicht, sich von Merkels Erbe zu distanzieren. Was soll also erst passieren, wenn die Union wieder an der Macht ist?

Dieselbe Union, die heute von einer „Grün-blockierten“ Ampel spricht, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit 2025 mit einem Teil dieser Ampel koalieren müssen. In den östlichen Bundesländern ist sie mittlerweile unausgesprochen zur Zusammenarbeit mit dem BSW oder gar der Linkspartei bereit. Solange die AfD hinter der Brandmauer steht, sind die Grünen als Mehrheitsbeschaffer nicht ausgeschaltet. Und sollte es zur Wiederauflage von Schwarz-Rot kommen, stellt sich dieselbe Frage wie vorher – wieso war die Wende nicht schon unter der letzten Großen Koalition möglich?

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Kommentare ( 72 )

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72 Comments
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Querdenker73
3 Monate her

Die drei Gesichter sagen alles: Blasser Betrug trotz Verfassungseid!

Silverager
3 Monate her

Deutschland könnte aus diesem Desaster herausfinden, aber mit der kommenden CDU/Grünen-Koalition wird genau das nicht passieren.

Alf
3 Monate her

Dieselbe Union, die heute von einer „Grün-blockierten“ Ampel spricht, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit 2025 mit einem Teil dieser Ampel koalieren müssen.
Das Kasperlegtheater wird in dieser Form nicht weitergehen.
Dafür wird (hoffentlich) der Wähler sorgen.

Silverager
3 Monate her
Antworten an  Alf

Sehr viele Wähler, deren einzige Informationsquelle der öffentlich-rechtliche Rundfunk (Radio und Fernsehen) ist, werden brav die „tapfere“ CDU wählen, die sich dann mit den Grünen im Koalitionsbett suhlt.

BellaCiao
3 Monate her

Schön das sich einige Anhänger der links-grünen Politblase heute wieder in den Kommentarbereichen austoben und fleißig down-voten.
Allen Lesern hier ist klar, dass noch viele Register gezogen werden, bevor die Regierung endlich in der Versenkung verschwindet.

Last edited 3 Monate her by BellaCiao
jopa
3 Monate her

Es ist Wahlkampfzeit in Brandenburg. Jetzt wird so getan als ob man das tun werde, was man in den letzten 20 Jahren hätte tun können und müssen aber nicht getan hat. Aber liebe Grünninnen, in 2 Wochen ist der Wahlkampf ausgestanden, die Vorwahlhektik und die Wahlversprechen erledigt und die Nationale Front wird sich einigen weiterhin nichts tun.

Querdenker73
3 Monate her
Antworten an  jopa

Und sie wird – wie gewohnt – aus ihren Niederlagen einen „Wählerauftrag“ zusammenlügen! Wie dem auch sei: Wer schwarz wählt, bekommt Rot/Grün! Hallo Brandenburger: Macht’s richtig!

Klaus D
3 Monate her

CDU und CSU geben sich heute tapfer und prinzipientreu. Dabei sind sie es, die für die gegenwärtige Migrationskrise verantwortlich sind….sicher ist nicht die CDU alleine verantwortlich aber sie hat vieles selber zu verantworten, wie Merkel 2015, und oder hat nichts dagegen getan. Interessant ist auch das sowohl unter Kohl und eben auch Merkel zum ende hin ihrer herrschaft es eine zwuanderungspitze gab*.

*Zu- und Fortzüge über die Außengrenzen Deutschlands (1950-2022)

https://www.bib.bund.de/DE/Fakten/Fakt/M01-Zuzuege-Fortzuege-Deutschland-ab-1950.html

joly
3 Monate her
Antworten an  Klaus D

Nur zur Erinnerung. es gab die Union vor Merkel und dann die Merkel mit allen und nun wieder die Union. Unser Migrationsproblem fing mit der Einwanderung der Türken an. Nachdem dann die Union die Reißleine zog wurde bei den Türken ein neues Geschäftsmodell optimiert: Biete Sohn für Dorftürkin für xxxx DM; bzw. biete meine jungfräuliche Tochter für Dorftürken für yyyy DM. Dazu gibt es Filme und Untersuchungen und der jämmerliche Versuch in türkischen Dörfern Bräute für Deutschtürken die deutsche Sprache beizubringen. Das gipfelte dann in „Kinder statt Inder“ im Koch`schen Wahlkampf. Und das sogar mit Erfolg. Unser Problem ist eine… Mehr

Caracalla
3 Monate her

Placebos wurden verteilt, Scheinlösungen präsentiert und Nebelkerzen gezündet. Das sich dieser Staat, der sich im wirtschaftlichen Niedergang befindet, immer noch um das Thema Migration streitet ist selbstmörderisch und verrückt. Jetzt war der Zeitpunkt da um die große Wende einzuleiten, aber sie wurde vertan.

andrea
3 Monate her

Das ist einfach nur eine Show des Oppositionsführers ohne jegliche Substanz. Wäre ihm sein Engagement gegen die illegale und schädliche Migrtaion ernst, würde er die dämliche Brandmauer zum Einsturz bringen, anstatt sie mit immer absurderen Anschuldigungen in Richtung AfD weiter aufzupolstern. Er wird wie der als Hardliner angetretene Berliner Bürgermeister enden, den wohlmeinende Journalisten quasi ins Amt geklagt haben. Wieso glauben noch so viele Menschen Unionspolitikern? Der traurige Ritter vom schwarzen Stein ist keinen Deut besser als seine von „Multikulti ist gescheitert“ zu „wir schaffen das“ und „die Wahl muss rückgängig gemacht werden“ Vorgängerin. Mag sein, dass die AfD an… Mehr

joly
3 Monate her
Antworten an  andrea

Merz hatte doch die Trumpfkarte in der Hand! Warum spielte er sie nicht aus?
Entweder grenzen zu und Illegale raus – oder Brandmauer weg und Kooperation mit der Alternative.

gmccar
3 Monate her
Antworten an  joly

Da kriegt er Ärger mit dem Chef vom Schwarzen Felsen.
Es ist doch zu offensichtlich, das die gesamte Flüchtlingsflut eine von externer Hand geplante Maßnahme ist, Deutschland gemäß hundert Jahre alter Entwürfe (Kalergi) zu vernichten bzw. den „Volksaustausch zu einer hellbraunen Rasse, ähnlich der Ägyptischen, mit IQ 90 “ entstehen zu lassen.

Der-Michel
3 Monate her

Ich kann nur jedem die Pressekonferenz der Ampel empfehlen. Das kann man beim ZDF finden wenn man: „pressekonferenz ampel 10.09.2024“ in eine Suchmaschine eingibt.

Der-Michel
3 Monate her

Ein echtes, erstes Zeichen für eine Änderung der sogenannten „Flüchtlingspolitik“ wäre ein Stop der Finanzierung aller NGOs, die sich im Schleppergeschäft betätigen.