„Das Schweigen dröhnt laut“ – Nach Sylt gab es viele Worte, zu Bad Oeynhausen Stille

Die Berliner Politik reagiert nicht auf den Mord an einem 20-jährigen Mindener, bei einer einzigen Ausnahme. Im Fragen nach den Ursachen der sinnlosen Gewalttat kommt auch diese danach auf, ob das Kreuz, dass der junge Mann gut sichtbar getragen hat, dabei eine Rolle gespielt haben könnte

Screenprint via X (privat)

Zufällig geschah es in derselben Nacht. Eine Gruppe von Österreichern war zum Junggesellenabend nach München angereist und verbrachte den Samstagabend im Englischen Garten. Als sie den Chinesischen Turm verließen, liefen sie in eine größere Gruppe, wurden nach kurzem Wortgeplänkel in Streit und ein Handgemenge verwickelt. Unsicher bleibt, ob es um Platzhirsch-Allüren bei der mutmaßlichen Münchner Jugendlichengruppe ging oder um mehr, etwa Straßenkriminalität mit geplantem Raubcharakter. Man darf aber sicher sein, dass die Österreicher keinen Streit suchten. Gestohlen wurde ihnen nichts. Aber zwei von ihnen (32 und 35) blieben mit Stichwunden im Oberkörper zurück, die sie im Eifer des Gefechts zunächst nicht bemerkten, die aber laut SZ in einem Fall beinahe lebensgefährlich tief waren.

Man kann sich das Geschehen als genaue Parallele zum Fall Philippos vorstellen, nicht nur weil zwischen beiden nur wenige Stunden lagen. Es handelt sich schlicht um ein und dasselbe Phänomen. Auf Englisch spricht man von „thugs“ (Schläger, Schurke), was unbestimmt genug ist, auf Französisch sagen viele „la racaille“ (das Gesindel) zu dem soziologischen und kriminologischen Phänomen. Mehr oder minder spontane Gang- oder Bandenkriminalität ist der Ausdruck, der vielleicht am besten trifft, worum es geht.

Es passiert tagtäglich in allen größeren und auch schon kleineren Städten, in denen abends und nachts ohnehin oft der Hund begraben liegt. Was dort – etwa im Stuttgarter Zentrum – die hohe Konzentration der gefährlichen Klientel ausmacht, das leistet hier die Leere des öffentlichen Raums, den auch kleinere Gruppen besetzen können.

Von „Höchststrafe“ zum totalen Beschweigen

Man kann offenbar nicht erwarten, dass sich Politiker der Bundesebene zu jedem Verbrechen äußern, das irgendwo im Lande einer Mutter und einem Vater ihren Sohn oder ihre Tochter nimmt. Und doch geht es hier um ein Verbrechen von nationaler Bedeutung, das ja nicht einfach so passiert ist, weil Menschen in Deutschland so leben, wie sie eben leben. Diese Menschen, davon ist auszugehen, wurden ins Land hineingelassen von Politikern, denen die Grenzen nicht offen genug sein konnten und folglich das Land nicht unsicher genug sein konnte.

Und andererseits scheint es vollkommen normal und selbstverständlich zu sein, dass sich Spitzenpolitiker fast aller Block-Parteien pikiert, ja angeekelt zu einem Sing-Exzess beschwipster junger Leute auf Sylt äußerten. „Eklig“ war der Kommentar von Olaf Scholz. „Hier darf es keinerlei schleichende Normalisierung geben“, so die Worte von Nancy Faeser über das Sylt-Phänomen. Und die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, weiß dieser Tage: „Eine ‚Ausländer raus‘-Stimmung … beobachten wir nicht nur beim Feiern auf Sylt oder auf Volksfesten.“ Das ist gefährlich, aber für wen?

Schlimm war es auch, als im Januar den Politikern von AfD, Union und Werteunion angehängt werden sollte, genau eines Sinns mit Martin Sellner zu sein. Wochenlange Demo-Inszenierungen folgten. Der Mainstream redete sich den Mund fusselig und um Kopf und Kragen, wurde aber rechtlich zuletzt besiegt.

Beschwiegen werden dagegen die vielen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im eigenen Land, die doch jeden Tag passieren, sei es von kriminellen Ausländern gegen deutsche Bürger, die dabei Migrationshintergrund haben mögen oder auch nicht. Am Ende hat der Staat auch noch mit der Kriminalität von Zuwanderern gegen Zuwanderer zu tun, wie vielleicht auch im Fall des Selbstmord-Bombenanschlags auf ein Wettgeschäft in Solingen, begangen von einem Mann afrikanischer Herkunft.

Beim Sylter Vorfall war es so, dass Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) in lockerem Ton auch schon mal die „Höchststrafe“ für die drei bis vier Jugendlichen forderte. Bärbel Bas aus Duisburg ward zum aktuellen Fall nicht gehört. Kann man es ihr verdenken? Was sollte sie sagen außer, dass es ihr leid tut und ihre Partei dafür gesorgt hat, dass Deutschland auf diesem Weg ist?

Ist umgekehrt die Anteilnahme, Betroffenheit und das Engagement von Alice Weidel (AfD) im Fall Philippos allein der Tatsache geschuldet, dass sie aus dem 50 Kilometer entfernten Gütersloh stammt? Vielleicht auch, kaum nur.

„Schlägerei“ – Überschriften wie von ChatGPT geschrieben

Zum Problem gehören auch Medien, die sinnfrei Textbausteine aneinanderreihen, als würden die Überschriften mit ChatGPT geschrieben. So sprach der WDR von einer „Schlägerei“, die das Leben des 20-jährigen Philippos gekostet habe. Hatte der WDR Kenntnis vom genauen Hergang der Tat? Es dürfte aber das grundlose Zustechen in München, Englischer Garten, genau dem anlasslosen Schlagen und Treten in Bad Oeynhausen, Kurpark, entsprechen.

In den Kommentaren aus dem Umfeld von Philippos T. kommt das Bewusstsein einer Realität zum Vorschein, die in diesen Medien kaum abgebildet wird. „Ich verstehe nicht, dass Menschen Gewalt als Hobby haben. Ich verstehe nicht, dass Menschen so lange auf jemanden einschlagen, bis er so schwer verletzt ist“, sagt der Vater Dimitrios laut Bild. Und im Interview mit RTL West: „Für mich war und ist eine Welt zusammengebrochen. Ich hätte mir nie vorgestellt, dass so etwas passiert!“

— Esther Bockwyt (@estherbeeee) June 26, 2024

In einer Trauerbotschaft von Eltern aus Bad Oeynhausen, die wohl im Kurpark selbst angebracht wurde, heißt es: „Warum noch treten, wenn man schon am Boden liegt?? Das muß aufhören!“

Für die Mutter Ioanna S. ist klar: „Er wurde umgebracht, knallhart. Da hat sich keiner Gedanken gemacht!“ Aus ihrer Sicht war es „kaltblütiger Mord“. Gebete und kirchliche Weihen halfen nicht mehr, nachdem die böse Tat geschehen war.

Das Kreuz als Zielvorrichtung?

Den „Menschen im Lande“, wie Politiker früher gerne wohlig sagten, ist bewusst, dass die Dinge so liegen: Gewalt ist zum „Hobby“ von halbstarken Jugendlichen mit Migrationshintergrund („Südländer“ genannt, manchmal auch Orientalen) geworden. Sie treten weiter, auch wenn das Leben ihres Opfers in Gefahr ist. Man weiß nicht genau, warum. Ist es Hass? Aggressionsabbau?

Oder war es doch zielgerichtetes und brutales Attackieren gemäß dem Koran wie beim Messerattentat von Mannheim? Philippos trägt auf dem Photo, das ihn zusammen mit seiner Schwester zeigt, gut sichtbar ein Kreuz auf der Brust. Sollte dieses Zeichen vom Schutzamulett bereits zum Zielvisier geworden sein, ähnlich dem Davidstern oder der Kippa? Die allein Folgen für das Denken, für die Theorie vom Land quasi, wären ungeheuerlich, aber man darf bereits sicher sein, dass weder diese Regierung noch die Kirchen auf diese Möglichkeit eingehen werden, solange sie nicht als Schrift an der Wand steht.

Welt zitiert im Beitrag „Der Gewaltrausch von Bad Oeynhausen“ aus dem Polizeiprotokoll: „Laut Polizei hat sich der noch unbekannte Hauptverdächtige „plötzlich“ und „frontal“ auf den 20-Jährigen gestürzt, sodass dieser nach hinten umfiel und mit dem Hinterkopf auf den harten Boden aufschlug. Im vertraulichen Polizeibericht heißt es weiter: „Der nunmehr über dem Geschädigten sich befindende Tatverdächtige schlägt mehrfach mit der Faust gegen den Kopf.“
Auch den Begleitern des Tatverdächtigen sei es nicht gelungen, ihn von Philippos T. herunterzuziehen. Erst nach vielfachen weiteren Faustschlägen gegen den Kopf habe der Schläger von seinem Opfer abgelassen und liegengelassen, um den 19-Jährigen deutschen Begleiter von Philippos T. zu attackieren (….).“

Deutlich wird in jedem Fall die Verachtung für das Leben des anderen, der anscheinend zu einer anderen Gemeinschaft als man selbst gehört. Das Tötungsverbot in der eigenen Gruppe gibt es in den meisten Gesellschaften der Welt. Die multikulturelle Gesellschaft, wenn man den Begriff ernst nimmt, bringt hier eine Verunsicherung mit sich. Und das bekommen auch Menschen mit Migrationshintergrund, aber ohne innere Kluft zur deutschen Kultur, zu spüren.

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