Corona: Nur Erinnerung bringt Heilung

Die Corona-Maßnahmen haben die Gesellschaft gespalten: in Täter, Mitläufer und Opfer. Kein Wunder, dass viele die neuen Enthüllungen über das Robert-Koch-Institut (RKI) am liebsten ignorieren wollen. Doch durch Verdrängung wird unser krankes Land nicht gesund, sondern nur noch kränker.

picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer

„Die Mehrheit hat immer Recht, auch wenn sie Unrecht hat.“ Das sagte stets mein Ziehvater. Es hat einige schmerzhafte Jahre gedauert, bis ich begriff: Der plakative Satz hat mehr Tiefe, als man an der Oberfläche sehen kann.

Die meisten Menschen wollen nur ungern mit ihren eigenen Fehlern konfrontiert werden. Zwar heißt es, dass man vor allem aus Fehlern lernt – aber im richtigen Leben mag trotzdem kaum jemand eingestehen, wenn er etwas nicht richtig gemacht hat.

Das kann verschiedene Gründe haben: Scham, Reue, schlechtes Gewissen – alles Gefühle, denen man nicht gerne ausgesetzt ist und denen man sich schon gar nicht gerne freiwillig aussetzt. Weniger emotional kann es auch um sehr handfeste Dinge wie Haftung oder Strafverfolgung gehen. Also gibt man eigene Fehler nicht zu – nicht vor sich selbst und erst recht nicht vor anderen.

Das fällt umso leichter, je mehr Menschen denselben Fehler gemacht haben. Auf einen Einzelnen lässt sich leicht mit dem Finger zeigen, wenn er etwas falsch gemacht hat. Auf ein paar Wenige vielleicht auch noch. Wenn viele etwas falsch gemacht haben, wird es schon schwierig – wenn die Mehrheit etwas falsch gemacht hat, ist es unmöglich.

Die Mehrheit hat immer Recht, auch wenn sie Unrecht hat.

Wenn Parteien eine Wahlniederlage erleiden, hört man von den betroffenen Politikern seit jeher immer dieselben Sprachstanzen: Das Ergebnis müsse jetzt „schonungslos analysiert“ und „umfassend aufgearbeitet“ werden. Bitte glauben Sie diesen Blödsinn nicht. Etwas Derartiges wird nie passieren. Es ist reines Theater für das ahnungslose Publikum.

Eine Partei verliert, wenn sie Fehler macht. Das können kommunikative Fehler sein oder inhaltliche, meist ist es beides. Aber immer sind es Fehler, die das von der Mehrheit der Partei ausgewählte Personal gemacht hat. Die Verantwortung für die Niederlage trägt also die Parteimehrheit. Doch die wird niemals zugeben, kollektiv danebengelegen zu haben. „Schonungslose Analyse“ heißt im Parteisprech: „Wir suchen einen geeigneten Schuldigen weit weg von uns.“ „Umfassende Aufarbeitung“ bedeutet: „Wir bestrafen irgendwen, der zu schwach ist, um sich zu wehren.“

Die Mehrheit hat immer Recht, auch wenn sie Unrecht hat.

Man kann durchaus davon ausgehen, dass nicht wenige auch in der CDU/CSU selbst mittlerweile erkannt haben, dass Angela Merkel der schlechteste Kanzler war, den Deutschland nach dem Krieg hatte. Unter ihr kam die Bundesrepublik wirtschaftlich zum Stillstand, der demokratische Diskurs wurde systematisch erstickt, die staatlichen Institutionen wurden nahezu vollständig politisiert, einer grünen Bevölkerungsminderheit wurde maßgeblich mithilfe der öffentlich-rechtlichen Medien die kulturelle Hegemonie über das Land zugeschanzt. Und natürlich die Migration, ach je, die Migration …

Aber Angela Merkel, auch das gehört zur Wahrheit, hatte sich in der Partei nicht an die Macht geputscht. Sie wurde gewählt. Auch Bundeskanzlerin konnte sie nur werden, weil sie gewählt wurde. Folglich gibt es in der CDU bis heute viele, die Merkel mal unterstützt haben. Und im deutschen Wahlvolk gibt es viele, die Merkel mal gewählt haben. Nur sehr wenige von denen sind bereit, das als schweren Fehler zuzugeben. Also bekommt Angela Merkel weiter Bayerische Verdienstorden und Ehrendoktortitel, und ihre Gefolgsleute in der CDU verteidigen ihre verheerende Politik bis heute.

Die Mehrheit hat immer Recht, auch wenn sie Unrecht hat.

Das gilt auch für Corona.

In den knapp drei Seuchen-Jahren ist sehr vieles passiert, an das sehr viele heute lieber nicht mehr erinnert werden möchten. Nach offiziellen Zahlen haben sich 77,8 Prozent aller Einwohner in Deutschland mindestens eine Impfdosis spritzen lassen, also mehr als drei Viertel. Das waren laut Statistischem Bundesamt fast 66 Millionen.

Es ist menschlich verständlich und psychologisch nachvollziehbar, wenn sehr viele von ihnen nicht gerne hören möchten, dass sie womöglich einem grandiosen Hoax und ganz sicher einem PR-Coup der Pharma-Industrie aufgesessen sind und einer partiell wirkungslosen oder sogar gefährlichen Impfung zugestimmt haben.

Auch dürften viele rückblickend mindestens insgeheim durchaus ein schlechtes Gewissen in Bezug darauf haben, wie auch mit den vernünftigsten Gegnern der offiziellen Corona-Politik umgegangen wurde. Womöglich ist der eine oder die andere sogar etwas erschrocken über sich selbst: Weil man so bereitwillig mitgemacht hat bei der Hetze gegen Kritiker, bei der Stigmatisierung von mahnenden Wissenschaftlern und bei der sozialen Vernichtung von Ungeimpften.

Wer will schon gerne an die eigenen Fehler erinnert werden? Die Menschen sind halt wie die Leute. Deshalb wollen die meisten das Kapitel „Corona“ eben auch gerne so schnell wie möglich abschließen. Und das heißt: vergessen.

Doch jetzt kommen diese RKI-Files und rühren alles wieder hoch. Es ist erstaunlich zu beobachten, wie auch im rechten Lager – das sonst aus guten Gründen keine Gelegenheit auslässt, die Polit-Elite zu kritisieren – bei vielen wenig bis keine Neigung besteht, sich ernsthaft und ausgiebig damit zu befassen.

Corona, so scheint es, ist nurmehr ein Thema für Historiker.

Aber der Schein trügt.

Denn den Luxus, Corona einfach zu vergessen und auf ewig unter dem Mantel des Schweigens zu verstecken: Den haben viele Betroffene eben nicht. Die Bundesregierung selbst gibt zu, dass immer noch 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen teilweise massive psychische Probleme haben. Als Folge der Corona-Maßnahmen leiden sie besonders häufig an Despressionen sowie an Angst- und Essstörungen. Und dass bisher bundesweit erst knapp 500 Impfschäden amtlich anerkannt wurden, liegt nicht an fehlenden Verdachtsfällen, sondern an den absurd hohen Anforderungen, einen Corona-Impfschaden überhaupt geltend machen zu können.

Unstrittig sind Millionen von Bürgern von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Maßnahmen betroffen. Lockdowns haben die Innenstädte verödet, zahllose Existenzen zerstört und Lebenspläne vernichtet. Tausende verloren Arbeit und nicht selten auch gleich Haus und Hof, weil sie einfach nur weiter über ihren eigenen Körper entscheiden wollten und sich der Spritze verweigerten. Die Gerichtsprozesse laufen ja bis heute und werden noch lange weiterlaufen.

Ewig wirken werden die unfassbaren seelischen Verletzungen, die viele Menschen durch die Corona-Maßnahmen erleiden mussten. Hochzeiten fanden nicht statt – und wenn, dann ohne die Freunde. Runde Geburtstage, Abiturfeiern, im Prinzip alle wichtigen sozialen Ereignisse im Leben von Bürgern: abgesagt.

Am schlimmsten: Etwa 300.000 Menschen – sehr viele Alte, aber auch viele Kinder – starben einsam und allein, weil in ihrer Todesstunde selbst die engsten Angehörigen nicht zu ihnen gelassen wurden. Das war, mit Verlaub, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

„Nichts Menschliches ist mir fremd“, schreibt der antike Dichter Terenz. Natürlich ist es menschlich und verständlich, wenn eine Mehrheit der Bevölkerung nicht an die eigenen Fehler während der Corona-Zeit erinnert werden will. Daran ist auch nichts verwerflich. Aber ein paar Millionen Menschen ist großes Unrecht widerfahren, sie haben gelitten, und teilweise leiden sie bis heute.

Das Mindeste, was sie verdienen, ist: die Wahrheit über die Corona-Zeit zu erfahren.

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Kommentare ( 82 )

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82 Comments
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Alexis de Tocqueville
1 Monat her

Interessante Frage ist das hier. Man kann durchaus davon ausgehen, dass nicht wenige auch in der CDU/CSU selbst mittlerweile erkannt haben, dass Angela Merkel der schlechteste Kanzler war, den Deutschland nach dem Krieg hatte. Unter ihr kam die Bundesrepublik wirtschaftlich zum Stillstand, der demokratische Diskurs wurde systematisch erstickt, die staatlichen Institutionen wurden nahezu vollständig politisiert, einer grünen Bevölkerungsminderheit wurde maßgeblich mithilfe der öffentlich-rechtlichen Medien die kulturelle Hegemonie über das Land zugeschanzt. Und natürlich die Migration, ach je, die Migration … Haben tatsächlich nicht wenige in der CDU Merkel als Fehler erkannt? Oder woll(t)en die es genau so? Denn wenn viele… Mehr

Last edited 1 Monat her by Alexis de Tocqueville
Sonny
1 Monat her

Wie oft schon habe ich im Bekanntenkreis gehört: „Ja heute. Heute würde ich mich auch nicht mehr (Corona-) impfen lassen.“ Das wird gesprochen mit einem kaum verhohlenen Ärger in der Stimme. Ich glaube das nicht. Der Wesenszug, sich unterzuordnen und alles zu schlucken, was die Obrigkeit anordnet, scheint den Menschen doch irgendwie angeboren zu sein, ganz besonders hier in Deutschland. Und dazu gehört auch die Denunziation, die Verächtlichmachung und die Hetze gegen diejenigen, die den Mut haben, dagegen aufzubegehren. Mein Menschenbild hat sich seit Corona extrem verändert. Mit dem Ergebnis, dass mir die meisten Menschen seitdem nun völlig egal sind.… Mehr

Last edited 1 Monat her by Sonny
Rob Roy
1 Monat her

Mir persönlich wurde nur Heilung bringen, wenn sämtliche Verantwortlichen in Politik und Wissenschaft vor Gericht stehen und zu Gefängnisstrafen verurteilt werden würden.
Vielleicht habe ich irgendwann alles vergessen, aber vergeben werde ich nicht.

Last edited 1 Monat her by Rob Roy
Raul Gutmann
1 Monat her

In vergangenen, bürgerlichen Zeiten hieß es: Abbitte setze Katharsis voraus.
Heute glaubt die Mehrheit im Sinn von „Geiz ist geil“, man bekomme auch wertvolles „umsonst“.
Doch dies ist ein Trugschluß.
Seit geraumer Zeit besteht die primäre innenpolitische Aufgabe der Politik darin, die Menschen vor sich selbst zu schützen; was vergessen scheint.

Last edited 1 Monat her by Raul Gutmann
Raul Gutmann
1 Monat her

Man kann durchaus davon ausgehen, daß nicht wenige auch in der CDU/CSU selbst mittlerweile erkannt haben.

Dies wäre schön, doch dafür gibt es aus der allgemein zugänglichen Öffentlichkeit keinen Beweis.

Carl22
1 Monat her

Ich höre immer nur das Mantra Spahn, Lauterbach, Merkel. Warum so wenig Seehofer? „Für das Kabinett Merkel IV wurde Horst Seehofer am 14. März 2018 zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat ernannt und hatte dieses Amt bis zum Abtritt des Kabinetts am 8. Dezember 2021 inne“ (wikip.) H.S.’s Ministerium hat im Mai 2020 den verdienten Referenten für Risikobewertung Stefan Kohn disziplinarisch beurlauben lassen. Offiziell wurde die Versendung seines Gutachtens per e-mail innerhalb des Ministeriums als schweres Dienstvergehen und Grund für die Beurlaubung angeführt. Dieser Sichtweise schloß sich am 17.März 2022 das Verwaltungsgericht Berlin an und hielt die endgültige… Mehr

Gerhard-66
1 Monat her

Was ist das für eine Gesellschaft..? Die ihre eigenen Kinder einsperrt bzw. opfert..? Und wir hatten Glück.. wir hatten einen Hund und einen Garten..
 
Was ist das für eine Gesellschaft..? Wo Oma und Opa, die „Stolz“ auf ihre Systemrelevantschaft waren am Geburtstag ihrer eigenen Enkelin.. nicht ihre „schwarze Seuchenmaske“ abnahmen..
 
Was ist das für eine Gesellschaft..?

cernunnos
1 Monat her

Das ist einfach nicht richtig. Die Mehrheit die ich kenne die sich haben spritzen lassen, haben das aus so banalen Gründen getan wie reisen zu können oder essen zu gehen. Wo ist da der Zwang? Diesen Testzwang habe ich auch durchlaufen. Und? War sehr nervend weil einem jeden Tag Lebenszeit gestohlen wurde (plus die täglichen Diskussionen mit dem Chef, ich solle doch endlich mal, dieser Mist jeden Tag mit dem Test kontrollieren, hätte er keine Lust), richtig, aber warum dann in die Spritze rennen? Ich kenne jemanden, der ohne Spritze kurz vor Vollendung der Ausbildung (KH) die Ausbildung nicht hätte… Mehr

Last edited 1 Monat her by cernunnos
Michael Palusch
1 Monat her
Antworten an  cernunnos

„Wo ist da der Zwang? Diesen Testzwang habe ich auch durchlaufen. Und? War sehr nervend…“ Ich kenne Leute, Pendler, die mussten sich über Wochen jeden Morgen spätestens 6:00Uhr und dann für mindestens 30min bei Wind und Wetter am Testcenter, welches sich leider, leider nicht unmittelbar am Arbeitsort befand, anstellen, um dann, wenn alles gut ging, mit dem 24h-Ausgangsschein in der Hand, pünktlich 7:30Uhr am Arbeitsplatz zu sein. „Ich kenne jemanden, der ohne Spritze kurz vor Vollendung der Ausbildung (KH) die Ausbildung nicht hätte abschließen können.“ Und ich kenne eine, die konnte ihre Ausbildung wegen der fehlenden Spritze nicht abschließen. Auch… Mehr

Last edited 1 Monat her by Michael Palusch
cernunnos
17 Tage her
Antworten an  Michael Palusch

Ich kenne Leute, Pendler, die mussten sich über Wochen jeden Morgen spätestens 6:00Uhr und dann für mindestens 30min bei Wind und Wetter am Testcenter, welches sich leider, leider nicht unmittelbar am Arbeitsort befand, anstellen“

Jo, musste ich auch. Wie gesagt, sehr nervend.

„Und ich kenne eine, die konnte ihre Ausbildung wegen der fehlenden Spritze nicht abschließen.
Auch das alles nur nervend, kein Zwang?“

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Maja Schneider
1 Monat her

Ihre Gedanken sind richtig und nachvollziehbar, trotzdem müssen alle Betroffenen und Kritiker weiter daran arbeiten, dass die ganze Wahrheit ans Licht kommt, und zwar, wie hier auch dargelegt, für die Millionen die gelitten haben, weil sie standhaft geblieben sind und nicht zu vergessen, auch für die, die noch leiden werden, weil die Langzeitwirkungen der gentherapeutischen Spritze bei weitem noch nicht bekannt sind. Ich erinnere nur an die nach wie vor zu hohe Übersterblichkeit, bei man sich von verantwortlicher Seite auffällig ziert, genauer hinzuschauen.

Stormaner
1 Monat her

Ich nehme aus der Coronazeit die Erkenntnis mit, dass die Mehrheitsgesellschaft entweder strukturell dumm ist oder schlicht einen schlechten Charakter hat. Das war sehr erhellend und hilft, die Geschichte der Menschheit zu verstehen. Leider macht dies auch wenig Hoffnung für die Zukunft. Nichtsdestotrotz bin ich der festen Überzeugung, dass niemand auf Dauer seiner gerechten Strafe entgehen wird, denn abgerechnet wird bekanntlich zum Schluss.