Claudia Roth (Grüne): Den Bullen die Köppe einhauen oder die Fingerlein?

DIE WELT brachte gestern ein großes Interview mit Claudia Roth von den Grünen. Wieder einmal versucht sie, ihre Vergangenheit zu beschönigen. Diesmal stieß sie jedoch auf einen Journalisten – Ansgar Graw – , der kritisch nachfragte und sich nicht so leicht in die Irre führen ließ.

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DIE WELT brachte gestern ein großes Interview mit Claudia Roth von den Grünen. Wieder einmal versucht sie, ihre Vergangenheit zu beschönigen. Diesmal stieß sie jedoch auf einen Journalisten – Ansgar Graw – , der kritisch nachfragte und sich nicht so leicht in die Irre führen ließ. Hier der Auszug aus dem Interview:

WELT: In den Anfängen war das Verhältnis der Grünen zur parlamentarischen Demokratie nicht eindeutig. Jetzt sollen sie Verfassungsschützer werden. Auch Sie sind einen weiten Weg gegangen.
Roth: Da sprechen Sie jetzt die Falsche an. Ich bin aufgewachsen in einer radikaldemokratischen Familie und habe bei den Jungdemokraten begonnen.
WELT: … den Judos, einst FDP-Jugend. Aber Sie waren Managerin der linken Rockband Ton, Steine, Scherben, und die sangen über Hausbesetzer: „Wir haun den Bullen ihre Köppe ein.“
Roth: „Wir haun dem was auf die Fingerlein.“
WELT: „Köppe ein!“
Roth: „Fingerlein.“ Ich war ab 1982 Managerin von Ton, Steine, Scherben, und da wurde das jedenfalls so gesungen.
WELT: Wenn Sie es sagen. In der ursprünglichen Version des „Rauch-Haus-Songs“ von 1972 waren es die Köppe. Man sagte den Scherben auch Nähe zu den RAF-Terroristen nach.
Roth: In meiner Zeit haben die Scherben den gewalttätigen Weg nie mitgemacht. Sie sind nicht umsonst Mitte der 70er-Jahre aus diesem drogengeschwängerten, gewaltaffinen Berlin weggezogen nach Schleswig-Holstein. Damals habe ich die Band kennengelernt, und da gab es überhaupt keine Nähe zur RAF.

„Köppe einhauen“ oder nicht?

DIE WELT hat Recht. In dem Georg-von-Rauch-Haus-Song hieß es:

Letzten Montag traf Mensch Meier in der U-Bahn seinen Sohn
Der sagt: „Die woll’n das Rauch-Haus räumen, ich muss wohl wieder zu Hause wohnen.“
„Is ja irre“, sagt Mensch Meier „sind wa wieder einer mehr
In uns’rer Zwei-Zimmer-Luxuswohnung und das Bethanien steht wieder leer
Sag mir eins, ham die da oben Stroh oder Scheiße in ihrem Kopf?
Die wohnen in den schärfsten Villen, unsereins im letzten Loch
Wenn die das Rauch-Haus wirklich räumen, bin ich aber mit dabei
Und hau den ersten Bullen, die da auftauchen ihre Köppe ein.“

Claudia Roth behauptet, als sie Managerin der Band war, sei der Text anders gesungen worden. In Wikipedia gibt es einen eigenen Eintrag für das bekannte Lied. Da steht es genau umgekehrt, dass es nämlich ursprünglich „Fingerlein“ heißen sollte, später dann jedoch auf der veröffentlichten LP: „Und hau den ersten Bullen, die da auftauchen ihre Köppe ein.“ Jedenfalls ist das die Version auf der LP, die in der Zeit verkauft wurde, als Claudia Roth Managerin der Band war. Erst in dem 1999 veröffentlichten Sampler „Piano II“ wurde der Text geändert und es hieß dann statt „Und hau den ersten Bullen, die da auftauchen ihre Köppe ein“ „Und hau den ersten Bullen, die da auftauchen was auf ihre Fingerlein“. Das war 14 Jahre, nachdem die Band sich aufgelöst hatte, lange nach der Zeit von Claudia Roth.

Die Wandlung: Nur „ins Knie schießen“

Auch die RAF-Nähe der Band ist keine Erfindung der WELT, und Claudia Roth stellt sich dumm, wenn sie so tut, als wisse sie davon nichts. In dem Buch „Keine Macht für Niemand: Geschichte der Ton, Steine, Scherben“ kann man auf Seite 106 nachlesen, dass die Band ursprünglich während ihrer Konzerte „Flugblätter und andere Propagandaschriften der RAF“ verteilte und gezielt Leute aufforderte, ihre Personalausweise zu „verlieren“, um sie dann an Untergetauchte – also an Terroristen – weiterzugeben.

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Später dann habe der Sänger der Band, Rio Reiser, seine Haltung modifiziert, so heißt es erklärend. Wobei Reiser es dann als „christliche Haltung“ ausgab, wenn man Menschen nur ins Knie schießen würde, statt sie zu töten: „Dazu muss ich auch noch sagen, war ja meine christliche Haltung auch unter anderem, ich schäme mich nicht, das zu sagen, von Karl May beeinflusst. Kennen die meisten Leute, wissen vielleicht, wenn sie Karl May gelesen haben, auch Old Shatterhand hat ja geschossen, aber der hat dann ins Knie geschossen.“ (Seite 107). Also ins Knie schießen statt die „Köppe einzuhauen“, das war die wundersame Wandlung in diesen Jahren.

Und auf Seite 122 des Buches heißt es, dass die Band 10.000 Katapulte aus Hongkong bestellte, weil man sie dem Album „Keine Macht für Niemand“ beilegen wollte. Den gewalttätigen Liedern sollten auch die entsprechenden Taten folgen.

Nichts gewusst?

Claudia Roth als Managerin der Band wusste und weiß von all dem nichts? Wie naiv muss man sein, um das glauben?! Ich werfe Claudia Roth nicht ihre Vergangenheit vor. Ich war als Teenager auch Maoist. Aber ich habe mich ehrlich und selbstkritisch damit auseinandergesetzt. Genau das kann man von ihr nicht behaupten. Claudia Roth hat, dies zeigt das Interview, noch heute ein völlig unkritisches und unehrliches Verhältnis zu ihrer Vergangenheit und idealisiert diese Band, die offen zur Gewalt gegen Menschen aufrief, immer wieder als harmlose linke Protestband. Von Distanz oder Selbstkritik keine Spur.

Zu Recht wäre die Empörung groß, wenn ein CDU-Politiker stolz erklären würde, er sei in seiner Jugend Manager einer rechtsextremen Skinhead-Rockband gewesen. Und der sich dann rausreden würde, angeblich hätte die Rockband nicht davon gesungen, dass man Türken „die Köpppe einhaun“ sollte, sondern die „Fingerlein“. Ich hoffe – und bin auch sicher -, dieser Politiker müsste wegen einer solchen Äußerung als Bundestagsvizepräsident sofort zurücktreten.

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Kommentare ( 110 )

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110 Comments
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nhamanda
6 Jahre her

Die kubische Expansion Claudia Roths verhält sich reziprok proportional zu ihrem Intellekt, um einen alten Pennälersatz abzuwandeln.
Claudias Trost: Gilt auch für einige andere Politiker.
Bürgers Wutfrage: Was nützt mir Claudias Trost?

Zanzi
6 Jahre her

A propos „ins Knie schießen“ (Rio Raiser): Kneecapping war im nordirischen Bürgerkrieg noch in den 70er und 80er Jahren eine beliebte Art, Leute der falschen Seite fürs Leben zu Krüppeln zu machen. Das weiß Rio R. ganz genau. Ziemlich „christlich“ …

Robert Schmidt
6 Jahre her

Folgender Post ist heute auf Welt online bezüglich Claudia Roths „Wir müssen gemeinsam aufstehen gegen den Hass“ wieder einmal wegmoderiert worden – man kann nicht genug darauf aufmerksam machen, dass vielleicht einige wenige hundert politische Redakteure, wahrscheinlich noch mehr als unsere Bundestagsabgeordneten, die Politik durch Manipulation (z.B. Auswahl der Posts, der Artikel, der Interviewer, der Bilder, der Zitate usw.) bestimmen! „Laut Rotationsprinzip der damaligen Grünen müsste Frau Roth schon seit vielen Jahren herausrotiert sein, stattdessen klebt sie an der Macht und an den Pfründen. Sie sollte ein bisschen Konsequenz zeigen und gehen! … denn sie ist ganz wie damals von… Mehr

ChrisB
6 Jahre her

Bitte, gebt der Bundesempörungsbeauftragten keine Bühne mehr!

DK
6 Jahre her

Einem Subjekt dürfte man gar keine Bühne geben sondern vielmehr totschweigen lassen. Erst eine Bühne führt zum Bekanntheitsgrad und lässt Menschen auf sich aufmerksam werden. Bei den vielen Minderbemittelten da draußen findet man immer irgendwelche Unterstützer. Abschließend: Wer ist ein papageienhaft gekleideter Lügner der nur dummes Zeug redet, sich aufplustert, nicht viel Intelligenz inne hat, das deutsche Recht untergräbt, linksradikal ist, ein hohes Salär für Nichts kassiert, etc.? Jeder halbwegs denkende Mensch kennt die Antwort. Noch Fragen?

Thorsten
6 Jahre her

Wer schon mal lädierte Finger hatte, der weiß, dass es weh tut.

Wer nicht: einfach mal einen Polizisten fragen oder mit dem Hammer raufhauen.

Ignoranz und Gefühllosigkeit scheinen nicht offensichtlich weh zu tun…

Rosa Kafko
6 Jahre her

Grüne haben es mit der „Wahrheit“ noch nie genau genommen. Vor allem wenn es sie selbst betroffen hat.

Klaus Metzger
6 Jahre her

Auch bei den Grünen gilt, sobald sie was geworden sind und üppigst staatlich alimentiert werden, gilt es das mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Ob ein schwaches Gedächtnis oder eine glatte Lüge, wer kann das noch beweisen. Das „Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssten“ der Kanzlerin ist auch nichts anders.

JoergPlath
6 Jahre her

Zunächst fiel mir auch auf, dass es sich um einen Journalisten der besseren Sorte bei der „Welt“ handeln müsse. Als ich das dann in der Kommentarfunktion kommentieren wollte, verbunden mit der Anmerkung, dass genau dieses Herumlavieren von Roth und den Grünen, u. a. auch bei den Nebelkerzen vor einiger Zeit in Sachen parteiinterner Kindesmissbrauchsskandale, zur massiven Politikverdrossenheit beiträgt, wurde dieser Kommentar nicht veröffentlicht. Im Übrigen durchaus gängige Praxis bei diesem Blatt, in „Facebook“-Manier Netzzensur zu betreiben. Insofern muss ich das mit dem Journalisten von der besseren Sorte relativieren. Er ist auch abhängig vom damaligen strammlinken „Spiegel“-Chef und nunmehrigen „Welt“-Herausgeber Aust.… Mehr

Wolfgang 1860
6 Jahre her
Antworten an  JoergPlath

Zensur ist eine der Lieblingsbeschäftigung der MSM. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Sie brauchen nur mal Brzezinski wörtlich zu zitieren, dann sind sie schon weggezappt vom Zensor. Egal ob WELT, ZEIT oder SPON. Alles eine Soße.

Schwabenwilli
6 Jahre her

Es ist doch nicht die Frau Roth, es ist die Gesellschaft, die Wähler die es zulassen das eine drittklassige Kabarett Künstlerin Jahrzehntelang Politik in eine Industrienation mitgestalten kann.

Wolfgang 1860
6 Jahre her
Antworten an  Schwabenwilli

Drittklassig? Ist das nicht viel zu hoch gegriffen?