Pekings leise Drohung mit dem Stoff, aus dem die Energiewende ist

China verhängt neue Bestimmungen für seine Seltenen Erden. Ein Exportstopp ist das nicht. Aber ein feiner Wink, wie abhängig Europa von den Lieferungen ist. Schuld an der Abhängigkeit ist auch die grüne Doppelmoral.

picture alliance / Xinhua News Agency | Yin Bogu

Bereits seit Jahren hängt ein Damokles-Schwert über den Anhängern der grünen Ökonomie. Die Länder, die sich eine Transformation hin zum Energiewende-Wunderland erträumen, sind dieselben Länder, denen die Ressourcen fehlen, um dies auch zu ermöglichen. Eines der bekanntesten Phänomene ist dabei der Wettbewerb um Lithium, das bei E-Auto-Batterien Verwendung findet.

Während chinesische Staatskonzerne und Tesla auch direkte Hand auf die Lithium-Förderung gelegt haben, zierten sich die deutschen Konzerne. Sie hielten strikt daran fest, ihr Lithium auf dem Weltmarkt zu kaufen. Ein Versuch Deutschlands, wenigstens beim Wettrennen um das bolivianische Lithium mitzumachen, zerschlug sich mit dem Ende des damaligen Präsidenten Evo Morales. Er stürzte einige Monate nachdem nicht die Chinesen, sondern die Deutschen den Vorzug bei der Vergabe erhalten hatten.

Habeck, der Belehrbär, lobt sich selbst für seine China-Reise
Der Versuch Deutschlands, bei Verkehrs- und Energiewende vorne mitzuspielen, ohne über neokoloniale Ambitionen die dafür nötigen Rohstoffe zu sichern, setzt sich dieser Tage fort. Ähnlich wie beim Lithium handelt es sich auch bei den Metallen der Seltenen Erden (kurz: Seltene Erden) um so einen Engpassstoff für jene Technologien, die Deutschland fördern möchte. Denn der größte Anbieter ist China. Mit 70 Prozent der weltweiten Förderung dominiert die Volksrepublik den Markt.

Dass diese Abhängigkeit zu Problemen führen könnte, ist seit mindestens 20 Jahren bekannt. Gestört hat das die Fraktion derjenigen, die in China kein Imperium, sondern einen ehrlichen Händler erblicken, nie. Umso paradoxer ist das Weltbild jener, die zwar auf grüne Visionen setzen, aber andererseits China anfeinden. Man kann nicht grün sein und sinophob, außer, man möchte sich Daumenschrauben anlegen lassen.

Wer Strafzölle auf chinesische E-Autos erhebt, sollte sich also nicht darüber wundern, wenn der Drache kurz faucht. Bereits 2023 hat China die Metalle Germanium und Gallium mit Exportbeschränkungen belegt. Diese Woche unterzeichnete der chinesische Ministerpräsident Li Qiang ein Dekret, das illegalen Abbau der Metalle bestraft und betont, dass die Seltenen Erden dem Staat gehörten. Keine Einzelperson oder -organisation dürfe sie für sich beanspruchen. Das Damoklesschwert wird ein Stückchen gesenkt.

Laut Statistischem Bundesamt importierte Deutschland in der ersten Jahreshälfte 2022 rund 66 Prozent seiner Seltenen Erden aus China. Sie sind in die Fußstapfen von Seide und Porzellan getreten; jene Luxusprodukte, die man in Europa über Jahrhunderte nur aus dem Reich der Mitte beziehen konnte.

Seltene Erden sind zwar nicht an sich selten, jedoch in ihrer Konzentration. Sie kommen nur in kleinen Mengen vor, weswegen es kaum größere Lagerstätten gibt. Seltene Erden wie etwa Neodym gelten als Bausteine der Energiewende. Es steckt in Elektromotoren und in Windkraftanlagen.

Hightech-Wettbewerb
China baut eigene Halbleiterindustrie auf
Ähnlich wie bei Kobalt und Lithium lagert Europa den schmutzigen Abbau ins Ausland aus. So gilt der Abbau von Neodym als gesundheitsgefährdend, denn beim Schürfen der Seltenen Erden werden Radionuklide als Staub freigesetzt und gelangen so in die Lunge. In der Umgebung der Mine Bayan Obo, aus der 45 Prozent der weltweit produzierten Seltenen Erden herkommen, wurde etwa eine deutlich höhere radioaktive Belastung bei Beschäftigen sowie Bewohnern im Umland und selbst in der 150 Kilometer entfernten Millionenmetropole Baotou festgestellt.

Energieerzeugung hat also immer einen Preis. Mit diesem Problem dürften sich bald auch die Europäer auseinandersetzen. Zwar wurden im schwedischen Kiruna (1 Million Tonnen) und im norwegischen „Fensfeltet-Vorkommen“ (8,8 Millionen Tonnen) auch Lagerstätten in direkter Nähe gefunden. Doch der Aufbau einer intensiven Bergbauindustrie wie in der Inneren Mongolei ist eine langfristige wie kostspielige Intervention.

Ob insbesondere die grünen Vorreiter eine Diskussion um radioaktiv verseuchte Arbeiter und Umweltzerstörung für das eigene wohle Gewissen aushalten, wenn diese Faktoren nicht am Ende der Welt, sondern in nächster Nähe zum Tragen kommen, ist fraglich. Sonne und Wind schicken angeblich keine Rechnung. Politische Kurzsichtigkeit schon.

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Kommentare ( 22 )

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thommie2130
1 Tag her

China soll mal seine seltenen Erden behalten. Dann ist der Spuk mit den bescheuerten Windräder bald vorbei. Energiewende ade.

Rob Roy
1 Tag her

„Die Sonne schickt uns keine Rechnung“.
China schon.
Eine unfassbar widersprüchliche, heuchlerische und dilletantische Politik, die Grün-Links da verzapft.

Peter Pascht
1 Tag her

„China verhängt neue Bestimmungen für seine Seltenen Erden“
Das ist noich gar nicht so schlimm. Seltene Erden kann manauch von woanders beziehen. Vorallemaht Deutschland selber hohe Lithiumresourcen selber die aber nicht erschlossen sind.
Wenn China keine Solarwellen mehr liefert ist die Grüne Ideologie im Ar….., denn 80% der in Deutschland verbauten Solarzellen kommen aus China.
Noch schlimmer wird es wenn China keine medizinischen Vorprodukte mehr nach Deutschland liefert, dann gibt es in Deutschland 80% der Medikamente nicht mehr.
Das sind die Früchte der Lohndumping-Globalisierung.

ktgund
1 Tag her

China muss nur ein Handelsembargo gegen die EU verhängen und die Lichter gehen aus. Die Westkrieger glauben zwar immer noch, man könne mit Feuerkraft alles lösen, in Peking hingegen weiß man, dass wahre Macht nicht aus Kanonenrohren kommt, sondern aus dem Geldbeutel.

Und so kann der Wertewesten zwar jedes Land der Welt ins Mittelalter zurückbomben und sich wundern, warum ihm weltweit der blanke Hass entgegenschlägt. Aber wenn es den Chinesen zu gefährlich wird, drehen sie der EU den Saft ab und dann war es das mit „westlichen Werten“.

Kuno.2
1 Tag her

Wenn China nicht liefert und den Gewinn einstreichen will, dann tut das eben Vietnam. Vietnam hat die zweithöchsten Vorkommen an Seltenen Erden weltweit. Danach folgt Brasilien.

Werner Geiselhart
2 Tage her

Immer wieder das gleiche Prinzip der grünroten Heuchler: Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an. Kohle- und Kernkraftwerke stilllegen und Kohle- und Kernkraftstrom aus dem Ausland beziehen. Energieintensive Industrien aus dem Land jagen, um angeblich CO2 einzusparen, diese erzeugen dann im Ausland wesentlich mehr CO2 als bei uns. Lieferkettengesetze produzieren, aber Kobalt aus Kinderarbeit akzeptieren. Dem Bürger das Reisen und das Fliegen verbieten wollen, selbst aber für 178km trotz Nachtflugverbot das Flugzeug benutzen. Der Bürger soll sich maximal mit warmem Wasser reinigen und pflegen dürfen, eine Ministerin gibt dafür 130.000€ aus. Millionen Migranten ins Land locken, und wenn’s… Mehr

Haba Orwell
2 Tage her

> Gestört hat das die Fraktion derjenigen, die in China kein Imperium, sondern einen ehrlichen Händler erblicken, nie.

Die Chinesen glauben an das konfuzianische Prinzip, dass Kooperation beiden Seiten Vorteile bringen sollte. Die Angelsachsen setzen hingegen auf einen Wettkampf, nach dem der Sieger sich alles nimmt – für Imperien sind vor allem die Briten und die verwandten Amerikaner zuständig.

Klar können die Chinesen auch hart verhandeln, dennoch ist das Grundprinzip anders als im Westen verbreitet.

Peter Pascht
1 Tag her
Antworten an  Haba Orwell

„Die Chinesen glauben an das konfuzianische Prinzip, dass Kooperation beiden Seiten Vorteile bringen sollte.“
Unsinn !!! Konfuzius war kein imperialistischer Kommunist.

Kampfkater1969
2 Tage her

Ein Gebiet, auf dem die DDR Respekt verdiente, war, dass sie ihre Produktion an den Rohstoffen ausrichtete, die sie hatte.
Es liegen in Deutschland Millionen von Tonnen Salz auf Halde. Damit kann man feuerfeste Natrium-Ionen Batterien herstellen. Für die Energiewende ist es nicht notwendig, hohe Leistungsdichten zu erreichen, sondern hier gilt eigentlich das Prinzip der billigsten Herstellung pro Leistungseinheit. Zudem machen wir uns mit dem Ausschluss der CO2 freien Stromerzeugung durch Kernkraft selbst das Leben schwer. Auch an radioaktiven Grundelementen hätten wir genug selbst. Aber das klingt ja alles nach Prepper, Reichsbürger und damit sehr weit rächts!

Helfried Petersen
2 Tage her

Im Westen bleibt unter dem Radar, dass infolge dieses Dekrets auch Enteignungen der Landbesitzer eine direkte Folge sind, denn es wurde der private Abbau und Handel verboten und festgelegt, dass der chinesische Staat Eigentümer der Seltenen Erden ist. Das ist besonders bitter für die Menschen in der Mongolei, die ohnehin nicht mit Reichtümern gesegnet sind, aber der Umweltsauerei des Abbaus ohnehin schon ausgesetzt werden.

prodemokratie
2 Tage her

Es gibt wohl eine neue Generation Akkus, in denen Natrium das Lithium ersetzt. Natrium ist in vielen Ländern der Erde verfügbar, eine große Marktmacht einiger weniger ist also nicht zu befürchten. 
Seltene Stoffe durch weniger seltene zu ersetzen ist eine von vielen Optionen, Recycling und Erschließung alternativer Vorkommen sind weitere.
Japan investiert z.b. in einen Fond zur Förderung seltener Erden. So investierten die staatliche „Japan Oil, Gas and Metals National Corporation“ und ein privater Partner in ein australisches Unternehmen, das so als Ersatzlieferant für Seltene Erden aufgebaut wurde.